Aktenzeichen II ZR 184/19
Leitsatz
1. Eine im Zeitpunkt des Ausscheidens eines Kommanditisten noch offene Einlageverpflichtung ist grundsätzlich unabhängig von ihrer Fälligkeit eine rückständige Einlage im Sinne von § 167 Abs. 3 HGB. Daran ändert sich nichts, wenn der Gesellschaftsvertrag, nach dem ein Teil der Pflichteinlage bar geleistet und der andere Teil mit ausschüttungsfähigen Gewinnen verrechnet werden sollte, dahin geändert wird, dass ein Teil der noch offenen Pflichteinlage fällig wird, wenn sie durch die Geschäftsführung schriftlich eingefordert wird, und der Rest der Pflichteinlage eingefordert werden kann, wenn ein entsprechender Gesellschafterbeschluss gefasst wird.
2. Eine entsprechende Änderung des Gesellschaftsvertrags einer Kommanditgesellschaft kann mit der im Gesellschaftsvertrag vorgesehenen Mehrheit beschlossen werden und ist keine Beitragserhöhung, die der Zustimmung des Kommanditisten bedarf.
Verfahrensgang
vorgehend OLG München, 31. Juli 2019, Az: 7 U 649/19vorgehend LG München II, 18. Dezember 2018, Az: 8 O 2380/18
Tenor
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des 7. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 31. Juli 2019 wird, soweit sie sich gegen die Abweisung ihres Hilfsantrags auf Feststellung der Verpflichtung der Beklagten zur Zahlung des durch einen von der Wirtschaftsprüferkammer zu benennenden Wirtschaftsprüfer als Schiedsgutachter zu ermittelnden negativen Abfindungsguthabens richtet, als unzulässig verworfen. Die weitergehende Revision der Klägerin und die Revision der Beklagten werden zurückgewiesen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens werden der Klägerin zu 2/3 und der Beklagten zu 1/3 auferlegt.
Der Streitwert des Revisionsverfahrens wird auf 7.340 € festgesetzt.
Von Rechts wegen
Tatbestand
1
Die Klägerin, ein Filmfonds in Form einer Publikums-KG, nimmt die Beklagte als ehemalige Kommanditistin auf Zahlung eines Abfindungsfehlbetrags in Anspruch.
2
Die Beklagte beteiligte sich mit Beitrittserklärung vom 25. November 2003 als Direktkommanditistin mit einer Zeichnungssumme von 50.000 € zzgl. 3 % Agio an der Klägerin. Gemäß § 4 Nr. 3 des Gesellschaftsvertrags in der im Beitrittszeitpunkt geltenden Fassung (im Folgenden: GV aF) leistete sie zunächst nur 54 % der Zeichnungssumme zuzüglich Agio; die restlichen 46 % sollten in einem Betrag durch Verrechnung mit ausschüttungsfähigen Gewinnen erbracht werden. § 4 Nr. 3 GV aF lautete:
“3. Kommanditeinlagen der Treugeber und Direktkommanditisten:
Die Pflichteinlage eines Treugebers oder Direktkommanditisten beträgt mindestens EUR 15.000,00 zuzüglich eines Agio in Höhe von 3 % der Pflichteinlage und muss durch 5.000 teilbar sein. Die Treugeber und Direktkommanditisten sind verpflichtet, 54 % der Pflichteinlage zuzüglich eines Agio in Höhe von 3 % nach Maßgabe der nachfolgenden Bestimmungen als Bareinlage zu leisten. 46 % der Pflichteinlage werden zinslos fällig, wenn die Treugeber und Direktkommanditisten diesen Betrag in voller Höhe aus erwirtschafteten und zur Ausschüttung anstehenden Gewinnen der Gesellschaft leisten können. Sobald in dieser Höhe ausschüttungsfähige Gewinne zur Verfügung stehen, werden diese mit dem ausstehenden Teil der Pflichteinlage in gleicher Höhe verrechnet. Die Pflichteinlagen sind feste Kapitalanteile. Direktkommanditisten werden jeweils mit 103 % der Pflichteinlage … als Haftsumme im Handelsregister eingetragen.
…
Eine Verpflichtung zur Leistung von Nachschüssen oder sonstiger die Pflichteinlage zuzüglich Agio übersteigenden Zahlungen oder zur Teilnahme an Kapitalerhöhungen, die die übrigen Gesellschafter und Treugeber beschließen, besteht nicht. Dies gilt auch im Fall vorheriger vertragsgemäßer Entnahmen, die nicht durch Gewinne gedeckt sind, so daß in dieser Weise zurückbezahlte Kapitaleinlagen nicht als Pflichteinlagen wieder einzulegen sind.”
3
Am 24. Juli 2012 beschloss die Gesellschafterversammlung, § 4 Nr. 3 Abs. 1 Satz 3 wie folgt zu ersetzen:
“6 % der Pflichteinlage werden zinslos fällig, wenn sie durch die Geschäftsführung der Gesellschaft zum Zwecke der Durchsetzung der steuerlichen Interessen sowie zur Bestandswahrung der Gesellschaft schriftlich eingefordert werden; der Rest der ausstehenden Pflichteinlage kann nur zinslos eingefordert werden, wenn ein entsprechender Gesellschafterbeschluss gefasst wird.”
4
Mit Schreiben vom 27. Januar 2014 stellte die Klägerin 6 % der Pflichteinlage fällig und forderte die Beklagte zur Einzahlung von 3.000 € auf. Die Beklagte kam dieser Aufforderung nicht nach und schied nach ordentlicher Kündigung ihrer Beteiligung zum 31. Dezember 2014 aus der Klägerin aus.
5
Die Klägerin hat die Beklagte mit der Behauptung, der unter Einbezug der Nachforderung von 3.000 € auf den 31. Dezember 2014 ermittelte Abfindungsfehlbetrag der Beklagten betrage 7.340 €, auf Zahlung dieses Betrags nebst Zinsen in Anspruch genommen. Hilfsweise hat sie die Feststellung begehrt, dass die gegenüber der Beklagten geltend gemachte Einlageforderung in Höhe von 3.000 € im Rahmen der Berechnung des Abfindungsguthabens der Beklagten als unselbständiger Rechnungsposten zu ihren – der Klägerin – Gunsten zu berücksichtigen ist. Für den Fall, dass das Gericht von der Anwendbarkeit der in § 23 Nr. 6 GV enthaltenen Schiedsgutachterklausel zur Ermittlung der Höhe des Abfindungsguthabens ausgehen sollte, hat sie außerdem hilfsweise beantragt, entsprechend §§ 356, 431 ZPO eine Frist zur Einholung des Gutachtens zu setzen.
6
Das Landgericht hat den Zahlungsantrag wegen der von der Beklagten erhobenen Schiedsgutachtereinrede unter Ablehnung der von der Klägerin hilfsweise beantragten Fristsetzung als derzeit unbegründet und den Hilfsfeststellungsantrag mangels Feststellungsinteresses als unzulässig abgewiesen. Mit der Berufung hat die Klägerin ihre erstinstanzlichen Schlussanträge weiterverfolgt sowie außerdem hilfsweise die Feststellung beantragt, dass die Beklagte verpflichtet ist, an sie das durch einen von der Wirtschaftsprüferkammer München zu benennenden Wirtschaftsprüfer als Schiedsgutachter zu ermittelnde negative Abfindungsguthaben zu zahlen. Das Berufungsgericht hat dem Hilfsantrag auf Feststellung einer Einlageforderung von 3.000 € als Rechnungsposten in die Berechnung des Auseinandersetzungsguthabens stattgegeben und die Berufung der Klägerin im Übrigen mit der Klarstellung zurückgewiesen, dass die Klage als derzeit unbegründet abgewiesen bleibt.
7
Mit ihren vom Berufungsgericht zugelassenen Revisionen verfolgen beide Parteien ihre Berufungsanträge weiter.
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