Bankrecht

Leistung offener Einlagen in der Liquidation der Gesellschaft

Aktenzeichen  7 U 3061/15

Datum:
27.1.2016
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2016, 131054
Gerichtsart:
OLG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
BGB § 286 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 4, § 705
HGB § 105 Abs. 3, § 149, § 160 Abs. 2

 

Leitsatz

1 Im Rahmen der Liquidation einer Gesellschaft sind die Gesellschafter zur Leistung ausstehender Einlagen nur dann verpflichtet, wenn diese zur Abwicklung der Gesellschaft erforderlich sind. (Rn. 26) (redaktioneller Leitsatz)
2 Die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die ausstehenden Einlagen nicht benötigt werden, trifft den Gesellschafter; der Liquidator hat aber im Rahmen seiner sekundären Darlegungslast die insoweit bedeutsamen Verhältnisse der Gesellschaft darzustellen, soweit er dazu imstande ist. (Rn. 28 – 29) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

35 O 5729/15 2015-08-12 Urt LGMUENCHENI LG München I

Tenor

1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts München I vom 12.08.2015, Az. 35 O 5729/15, teilweise aufgehoben und die Urteilsformel wie folgt neu gefasst:
2. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin einen Betrag in Höhe von 5.000,00 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus ab 25.03.2015 auf die Beteiligung mit der Vertragsnummer 2249 zu zahlen.
3. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin einen weiteren Betrag in Höhe von 600,00 Euro nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab 25.03.2015 zu zahlen.
4. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin einen Betrag in Höhe von 200,00 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit 02.04.2015, einen weiteren Betrag in Höhe von 200,00 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit 02.05.2015, einen weiteren Betrag in Höhe von 200,00 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit 02.06.2015 zu zahlen.
5. Im Übrigen bleibt die Klage abgewiesen und wird die Berufung zurückgewiesen.
6. Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.
7. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
8. Die Revision gegen dieses Urteil wird nicht zugelassen.

Gründe

I.
Die Klägerin – eine Publikumsgesellschaft in Liquidation – verlangt von dem Beklagten als mittelbarem Kommanditisten Teilzahlungen auf die Zeichnungssumme für die Vergangenheit und die Zukunft.
Der Beklagte beteiligte sich mit Beitrittserklärung vom 24.07.2006 (Anlage K 1) in Höhe von nominal 36.000,00 Euro zuzüglich 6% Agio als Treugeber-Kommanditist an der Klägerin, Treuhänderin war die I. Treuhandgesellschaft mbH (zum Treuhandvertrag vgl. Anlage K 4). Gemäß Zusatzvereinbarung vom 24.07.2006 (vgl. Anlage K 2) war die Nominalbeteiligungssumme nach einer Kontoeröffnungszahlung von 9.000,00 Euro zuzüglich 2.160,00 Euro Agio in monatlichen Teilbeträgen von 200,00 Euro über 15 Jahre (= 180 Monate) zu erbringen. Der Beklagte leistete Teilzahlungen bis einschließlich November 2012.
Mit Ziff. II, III des Bescheids vom 06.10.2011 (vgl. Anlage K 3) hat die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) unter Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit die Abwicklung der Klägerin gem. § 38 I 1 KWG angeordnet; diese Entscheidung wirkt gemäß § 38 I 2 KWG wie ein Auflösungsbeschluss gegen die Klägerin.
Die Klägerin erstellte eine Liquidationseröffnungsbilanz zum Stichtag 06.10.2011 (vgl. Anlage K 8).
Mit Vereinbarung vom 27.11.2014/28.11.2014 trat eine C. Treuhandgesellschaft mbH etwaige Ansprüche auf Zahlung der gezeichneten Einlagen gegen die jeweiligen Raten zahlenden Anleger an die Klägerin ab (vgl. Anlage K 9).
Ergänzend wird auf die tatbestandlichen Feststellungen des landgerichtlichen Urteils verwiesen.
Die Klägerin ist der Auffassung, trotz der Liquidation der Gesellschaft sei der Beklagte, der nach dem Gesellschafts- und dem Treuhandvertrag einem Direktkommanditisten gleichgestellt sei, ihr gegenüber verpflichtet, weiterhin seiner vereinbarten Pflicht zur Zahlung der Beteiligungssumme nachzukommen.
Erstinstanzlich hat die Klägerin beantragt, den Beklagten zur Zahlung eines Betrags in Höhe von 5.000,00 Euro nebst Zinsen aus jeweils 200,00 Euro in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz jeweils seit dem 2. eines jeden Kalendermonats beginnend am 02.12.2012, sowie ab dem 01.01.2015 jeweils zur monatlichen ratierlichen Zahlung von 200,00 Euro nebst Zinsen (insgesamt 7.000,00 Euro) zu verurteilen. Hinsichtlich des genauen Wortlauts der erstinstanzlichen Anträge, auch des Hilfsantrags, wird auf den Tatbestand der landgerichtlichen Entscheidung verwiesen.
Der Beklagte hat Klageabweisung beantragt, er sei nicht passiv legitimiert, die Klägerin habe allenfalls Ansprüche gegen die Treuhänderin, die Abtretungsvereinbarung sei unwirksam, weil zu unbestimmt, auch von der Treuhänderin könne die Klägerin nicht mehr als die bereits geleisteten Einlagen verlangen, die Klägerin habe zudem nicht dargelegt, dass die Einlageleistung des Beklagten zur Abwicklung der Klägerin benötigt werde. Außerdem sei er im Vorfeld der Zeichnung über die Beteiligungsrisiken nicht aufgeklärt worden.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen.
Das Landgericht ist der Auffassung, der Beklagte habe im Innenverhältnis nicht die Stellung eines unmittelbaren Gesellschafters, dies ergebe sich aus den Regelungen des Gesellschafts- und Treuhandvertrags. Ein Anspruch stünde der Klägerin auch nicht aus abgetretenem Recht zu, da unabhängig von der Frage der Wirksamkeit der Abtretung auch dem Treuhänder keine Ansprüche mehr auf Einlagezahlungen gegen den Beklagten zustünden, da ein Kommanditanteil an der Klägerin immer nur in Höhe der schon tatsächlich erfüllten Einzahlungsverpflichtung bestehe.
Auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des landgerichtlichen Urteils wird ergänzend Bezug genommen.
Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin, die ihren erstinstanzlichen Vortrag wiederholt und vertieft. Ergänzend zur am 02.03.2015 erstellten und mit Schriftsatz vom 23.03.2015 (vgl. Bl. 41/51 d.A.) übermittelten Liquidationseröffnungsbilanz (vgl. Anlage K 8) legt die Klägerin den Lagebericht zum 31.12.2012 (vgl. Anlage K 9) vor und erläutert in ihrer Berufungsbegründung zudem einen zum 30.06.2015 erstellten Statusbericht, aus dem sich eine voraussichtlich verbleibende Liquidität von ca. 375.000,00 Euro unter Einbeziehung der bis zum Stichtag geleisteten Einlagen sowie der künftigen Verwaltungs-, Geschäftsführungs-, Rechts- und Beratungskosten zum 31.12.2018 ergibt (vgl. Berufungsbegründung vom 25.08.2015, Bl. 101/123 d.A.).
Sie beantragt unter Aufhebung des angefochtenen Urteils zu erkennen:
1. Die Beklagtenpartei wird verurteilt, an die Klägerin einen Betrag in Höhe von 5.000,00 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 200,00 Euro seit dem 02.12.2012, aus weiteren 200,00 Euro seit dem 02.01.2013, aus weiteren 200,00 Euro seit dem 02.02.2012, aus weiteren 200,00 Euro seit dem 02.03.2013, aus weiteren 200,00 Euro seit dem 02.04.2013, aus weiteren 200,00 Euro seit dem 02.05.2013, aus weiteren 200,00 Euro seit dem 02.06.2013, aus weiteren 200,00 Euro seit dem 02.07.2013, aus weiteren 200,00 Euro seit dem 02.02.2012, 02.08.2013, aus weiteren 200,00 Euro seit dem 02.09.2013, aus weiteren 200,00 Euro seit dem 02.10.2013, aus weiteren 200,00 Euro seit dem 02.11.2013, aus weiteren 200,00 Euro seit dem 02.12.2013, aus weiteren 200,00 Euro seit dem 02.01.2014, aus weiteren 200,00 Euro seit dem 02.02.2013, aus weiteren 200,00 Euro seit dem 02.03.2014, aus weiteren 200,00 Euro seit dem 02.04.2014, aus weiteren 200,00 Euro seit dem 02.05.2014, aus weiteren 200,00 Euro seit dem 02.06.2014, aus weiteren 200,00 Euro seit dem 02.07.2014, aus weiteren 200,00 Euro seit dem 02.08.2014, aus weiteren 200,00 Euro seit dem 02.09.2014, aus weiteren 200,00 Euro seit dem 02.10.2014, aus weiteren 200,00 Euro seit dem 02.11.2014, aus weiteren 200,00 Euro seit dem 02.12.2014 auf die Beteiligung mit der Vertragsnummer 2249 zu zahlen.
2. Die Beklagtenpartei wird verurteilt, ab dem 01.01.2015 jeweils zum 01. eines Monats, 35 ratierliche Zahlungen zu je 200,00 Euro (insgesamt 7.000,00 Euro) nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem jeweiligen Folgetag auf die Beteiligung mit der Vertragsnummer 2249 an die Klägerin zu zahlen.
3. Hilfsweise wird beantragt festzustellen, dass in die Abfindungsrechnung der Parteien als unselbständiger Abrechnungsposten zugunsten der Klägerin eine Einlageforderung von 5.000,00 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 200,00 Euro seit dem 02.12.2012, aus weiteren 200,00 Euro seit dem 02.01.2013, aus weiteren 200,00 Euro seit dem 02.02.2013, aus weiteren 200,00 Euro seit dem 02.03.2013, aus weiteren 200,00 Euro seit dem 02.04.2013, aus weiteren 200,00 Euro seit dem 02.05.2013, aus weiteren 200,00 Euro seit dem 02.06.2013, aus weiteren 200,00 Euro seit dem 02.07.2013, aus weiteren 200,00 Euro seit dem 02.08.2013, aus weiteren 200,00 Euro seit dem 02.09.2013, aus weiteren 200,00 Euro seit dem 02.10.2013, aus weiteren 200,00 Euro seit dem 02.11.2013, aus weiteren 200,00 Euro seit dem 02.12.2013, aus weiteren 200,00 Euro seit dem 02.01.2014, aus weiteren 200,00 Euro seit dem 02.02.2013, aus weiteren 200,00 Euro seit dem 02.03.2014, aus weiteren 200,00 Euro seit dem 02.04.2014, aus weiteren 200,00 Euro seit dem 02.05.2014, aus weiteren 200,00 Euro seit dem 02.06.2014, aus weiteren 200,00 Euro seit dem 02.07.2014, aus weiteren 200,00 Euro seit dem 02.08.2014, aus weiteren 200,00 Euro seit dem 02.09.2014, aus weiteren 200,00 Euro seit dem 02.10.2014, aus weiteren 200,00 Euro seit dem 02.11.2014, aus weiteren 200,00 Euro seit dem 02.12.2014 und ab dem 02.01.2015 jeweils aus 200,00 Euro (insgesamt 7.000,00) in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem jeweiligen Folgetag auf den 1. eines Monats, einzustellen ist.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
In der Berufungsinstanz wiederholt und vertieft auch er sein erstinstanzliches Vorbringen; der Beklagte ist insbesondere der Auffassung, dass ein Anspruch auf ausstehende Einlagen nicht bestehe, da durch den von der Klägerin in der Berufungsbegründung vorgetragenen Statusbericht sich ergebe, dass die geltend gemachten Einlagen nicht (mehr) für die Durchführung der Liquidation benötigt würden.
Auf die in 2. Instanz gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 27.01.2016 wird Bezug genommen.
II.
Die Berufung der Klägerin hat zum Teil, nämlich bezüglich der Einlagezahlungen für den Zeitraum vom 01.12.2012 bis 01.06.2015 (mithin 31 Raten, d.h. 6.200,00 Euro) Erfolg; entgegen der Auffassung des Landgerichts ist die Klage in der Hauptsache teilweise begründet.
Der Anspruch der Klägerin gegen den Beklagten auf Zahlung der noch nicht entrichteten Raten betreffend die vereinbarte Einlagesumme folgt dem Grunde nach aus § 705 BGB, §§ 105 III, 160 II HGB.
1. Entgegen der Auffassung des Beklagten und des Erstgerichts steht der Klägerin ein Direktanspruch gegen den Beklagten auf Leistung der Einlage zu. Ausweislich der Berufungsbegründung stützt sich die Klägerin auf einen eigenen Zahlungsanspruch. Der Senat stützt sich hierbei auf die maßgeblichen Regelungen im Gesellschafts-und Treuhandvertrag, die die Annahme rechtfertigen, dass die Treuhandkommanditisten den Direktkommanditisten gleichgestellt sind und der Anspruch auf Leistung der Einlage der Klägerin und nicht der Treuhandkommanditistin zusteht.
Ausdrücklich und explizit regelt § 4 Abs. 1 S. 1 des Gesellschaftsvertrags, dass die Regelungen „analog“ auch für Anleger gelten, die sich als Treugeberkommanditisten beteiligen. Zwar obliegt die Verwaltung gem. § 4 Abs. 1 S. 2 und S. 3 des Gesellschaftsvertrags der Anteile der mittelbaren Gesellschafter dem Treuhänder, gem. § 3 des Treuhandvertrags handelt der Treuhänder jedoch nach Weisung des Treugebers. Dass der Treuhänder gegenüber der Gesellschaft die aus der Beteiligung erwachsenen Gesellschafterrechte im eigenen Namen ausübt und es sich um ein „optionales Weisungsrecht“ der Treugeber handelt, begründet nach Auffassung des Senats keine besonders starke Stellung des Treuhänders. Auch die Regelung in § 4 Abs. 2 des Treuhandvertrags, wonach der Treugeber berechtigt ist, die dem Treuhänder nach dem Gesellschaftsvertrag zustehenden Kontrollrechte selbst auszuüben, spricht für eine Gleichstellung der Treugeber mit unmittelbaren Gesellschaftern. Dass die unmittelbare Ausübung der Kontrollrechte durch den Treugeber eine Vollmacht der Treuhänderin voraussetzt, gibt keinen Anlass für eine abweichende rechtliche Bewertung der Gesellschafterstellung, da sich aus den Regelungen unzweifelhaft ergibt, dass der Treuhänder zur Erteilung der Vollmacht verpflichtet ist.
Unabhängig davon regelt die Beitrittserklärung nebst Zusatzvereinbarung (vgl. Anlagen K 1 und K 2) die Zahlungsverpflichtung des Beklagten gegenüber der Klägerin ausdrücklich und unmissverständlich. Damit kommt es auf das Bestehen einer aus dem vom Treuhänder gehaltenen Kommanditanteil ableitbaren gesellschaftsrechtlichen oder quasigesellschaftsrechtlichen Rechtsbeziehung der Parteien nicht an (vgl. OLG Karlsruhe Beschluss vom 28.07.2015, Az: 15 U 115/14). Ausweislich der Zusatzvereinbarung zur Beitrittserklärung sind Vertragspartner die Klägerin einerseits und der Beklagte andererseits. In der Zusatzvereinbarung sind die geschuldeten Zahlungen bzw. die Zeichnungssummen explizit dargelegt. Dass die Zahlungen auf das Konto der Treuhänderin zu leisten sind, steht der Annahme eines Zahlungsanspruchs der Klägerin nicht entgegen. Die Regelung ist vielmehr auch im Hinblick auf § 5 des Treuhandvertrags so zu verstehen, dass eine unbedingte Zahlungsverpflichtung des Beklagten in dem Sinne besteht, dass zunächst der Beklagte als Treugeber zur Zahlung der vereinbarten Beiträge an den Treuhänder verpflichtet ist und dass der Treuhänder nachfolgend die geleisteten Zahlungen bei der Klägerin einzubringen und hierdurch seinen Kommanditanteil entsprechend zu Gunsten des Beklagten zu erhöhen hat. Der Treuhänder fungiert insoweit als Einziehungsermächtigter, die Forderung selbst verbleibt bei der Gesellschaft (vgl. Palandt, BGB, 75. Auflage, § 398 Rdnr. 32).
2. Der Beklagte kann auch nicht mit Erfolg einwenden, ein Einzahlungsanspruch bestehe deshalb nicht, weil keine Einlagen ausstünden, da sich die Einlagepflicht nach der „erfüllten und nicht nach der gezeichneten Summe“ richte. Es wäre widersinnig anzunehmen, die Einzahlungspflicht bestünde unabhängig von der vertraglichen Vereinbarung nur in Höhe der bereits geleisteten Zahlungen. Ausweislich der Beitrittserklärung (vgl. Anlage K 1) beteiligt sich der Beklagte an der Klägerin mit einer explizit genannten Beteiligungssumme von 36.000,00 Euro. Dass in der Zusatzvereinbarung (vgl. Anlage K 2) monatliche Teilbeträge von 200,00 Euro vereinbart sind und gem. § 2 Abs. 1 des Treuhandvertrags sich die Höhe des anteilig für den Treugeber gehaltenen Kommanditanteils nach der durch den Treugeber entsprechend der Beitrittserklärung erfüllten Einzahlungsverpflichtung bestimmt, ändert an der zwischen den Parteien vereinbarten (ratierlichen) Einzahlungspflicht nichts.
3. Auch der Einwand einer außerordentlichen Kündigung bzw. Zurechnung der fehlerhaften Beratung greift nicht. Ausweislich des in der Berufungsbegründung vorgelegten Beratungsprotokolls, das sich auf die streitgegenständliche Beteiligung bezieht und vom Beklagten unterzeichnet ist, hat der Beklagte bestätigt, dass er den Emissionsprospekt mit Risikohinweisen erhalten hat und diese Gegenstand der Beratung gewesen sind. Er kann daher mit dem pauschalen Vortrag, es habe durch den Vermittler keine Risikoaufklärung stattgefunden, nicht durchdringen. Hinzu kommt, dass auch die Beitrittserklärung ausdrückliche Risikohinweise enthält.
4. Der Zahlungspflicht des Beklagten steht schließlich auch nicht entgegen, dass sich die Klägerin in Liquidation befindet. Trotz Eintritt der Liquidation besteht die Klägerin als Gesellschaft fort (Staub/Habersack, HGB, 5. Aufl., § 145 Rn. 13). Es ändert sich lediglich der Gesellschaftszweck; an die Stelle des auf Betrieb des Handelsgeschäfts gerichteten Zwecks tritt der auf Abwicklung und Vollbeendigung der Gesellschaft gerichtete Zweck (Staub/Habersack, HGB, 5. Aufl., § 145 Rn. 16). Aufgabe der Liquidatoren ist es in diesem Stadium, offene Forderungen der Gesellschaft einzuziehen und in verteilungsfähiges Vermögen umzuwandeln, indem – wie hier – der Schuldner auf Leistung an die Gesellschaft in Anspruch genommen wird (Staub/Habersack, HGB, 5. Aufl., § 149 Rn. 18).
Besonderheiten gelten freilich für die Beitreibung von noch ausstehenden Beiträgen der Gesellschafter, da deren Leistung im Hinblick auf den werbenden Zweck der Gesellschaft versprochen wurde. Die Leistung ausstehender Beiträge ist seitens des einzelnen Gesellschafters nur noch dann geschuldet, wenn sie zur Verwirklichung des neuen Gesellschaftszwecks, also zur Liquidation nötig sind (Staub/Habersack, HGB, 5. Aufl., § 149 Rn. 21).
Hiervon ist im vorliegenden Fall jedoch nur zum Teil auszugehen.
Grundsätzlich kann der Liquidator nicht darauf verwiesen werden, er müsse (vorrangig) andere Schuldner der Gesellschaft oder die Beklagten nur anteilig in Anspruch nehmen; vielmehr steht es im pflichtgemäß auszuübenden Ermessen des Liquidators, zu entscheiden, ob und in welchem Umfang er von welchem Kommanditisten die Einlagen einfordert (BGH v. 05.11.1979 – II ZR 145/78, juris Rn. 20). Für einen relevanten Ermessensfehlgebrauch der Liquidatoren der Klägerin ist indessen nichts ersichtlich.
Im Ausgangspunkt zu Recht hat der Beklagte eingewandt, dass zwar der Kommanditist die Darlegungs- und Beweislast dafür trägt, dass seine Einlage nicht zur Abwicklung benötigt wird, dass aber der Liquidator die insoweit bedeutsamen Verhältnisse der Gesellschaft darzustellen hat, soweit er dazu imstande ist (st. Rsp.; s. z.B. BGH v. 03.07. 1978 – II ZR 54/77, juris Rn. 16; v. 05.11.1979 -II ZR 145/78, juris Rn. 14; OLG Frankfurt v. 07.11.2012 – 1 U 64/12, juris Rn. 11 f; ebenso Ebenroth / Boujong – Hillmann, HGB, 3. Aufl., § 149 Rn. 16).
Der Klägerin obliegt hiernach die sekundäre Darlegungs- und Beweislast. Aus dem eigenen Vortrag der Klägerin in der Berufungsbegründung und insbesondere aus den Angaben zum Statusbericht ergibt sich jedoch, dass zum Stichtag 30.06.2015 Einlagen nicht (mehr) zur Abwicklung der Liquidation benötigt werden. Spätestens ab diesem Zeitpunkt schuldet der Beklagte keine (ratenweise) Einlagezahlungen mehr. Dass, ab wann und in welcher Höhe bereits vor dem Stichtag die Einlagezahlungen des Beklagten für die Abwicklung der Liquidation nicht mehr erforderlich waren, trägt der Beklagte nicht hinreichend vor.
Zwar ergaben sich aus dem als Anlage K 7 vorgelegten Auszug aus der Jahresbilanz zum 31.12.2012 über insgesamt 5.201.584,54 Euro Forderungen an Kreditinstitute von rund 1,9 Mio. Euro und ein Leasingvermögen von rund 2,09 Mio. Euro, aber auch offenstehende Einlageforderungen in Höhe von rund 1,07 Mio. Euro. Dem stehen auf der Passivseite ein Jahresfehlbetrag von rund 566.000 Euro und Rückstellungen in Höhe von rund 2,44 Mio. Euro gegenüber, die im Einzelnen erläutert werden.
Hieran zeigte sich zunächst, dass ohne Einforderung der ausstehenden Einlagen eine Durchführung der Liquidation nicht möglich erschien, weil ohne die Einlagen die Passiva der Gesellschaft die Aktiva bei weitem überstiegen.
Aufgrund des in der Berufung erfolgten Vortrags zur „aktuellen Lage“, der sich auf den zum 30.06.2015 erstellten Statusbericht bezieht, ergibt sich jedoch ein anderes Bild. Danach verbliebe der Gesellschaft eine Liquidität nach Kosten zum 31.12.2018 in Höhe von mehr als 375.00,00 Euro und dies selbst für den Fall, dass keine weiteren Einlagezahlungen mehr erfolgen, d.h. ohne künftige Kapitaleingänge, und unter Berücksichtigung der anfallenden Kosten. Berücksichtigung fanden hingegen die bereits zum Stichtag geleisteten Einlagen.
Damit ergibt sich aus dem klägerischen Vortrag selbst, dass nach dem Stichtag (30.06.2015) grundsätzlich geschuldete Teilbeträge von Gesellschaftern derzeit nicht mehr zur Abwicklung der aufgelösten Gesellschaft erforderlich sind und daher vom Liquidator nicht mehr eingefordert werden können. Änderungen im Liquiditätsstatus der Klägerin in der Zukunft können eine andere Beurteilung erfordern.
Dem steht auch die von der Klägerin zitierte Entscheidung des BGH vom 05.11.1979 (NJW 1980, 1522) nicht entgegen. Die Entscheidung bezieht sich auf rückständige Einlagen und verneint eine Pflicht des Liquidators, den für die Abwicklung der Gesellschaft benötigten Betrag auf alle Gesellschafter zu verteilen und für die rückständigen Einlagen alle Gesellschafter gleichmäßig heranzuziehen, weil dies die Abwicklung der aufgelösten Gesellschaft erheblich erschweren würde und diese Aufgaben im Allgemeinen erst nach Erledigung der Abwicklung gemäß § 149 HGB vorgenommen werden könnten. So liegt der Fall vorliegend nicht. Da ausweislich § 2 des Treuhandvertrags sich die Höhe des anteilig für den Treugeber gehaltenen Kommanditanteils nach der durch den Treugeber entsprechend der Beitrittserklärung erfüllten Einzahlungsverpflichtung bestimmt, sieht der Senat darin, dass ab Juli 2015 keine Notwendigkeit mehr für (ratierliche) Einlagezahlungen besteht und damit keine Einlagezahlungen mehr erfolgen müssen, ein Problem/Erschweren der Abwicklung der aufgelösten Gesellschaft nicht.
5. Der Beklagte schuldet daher die bis 30.06.2015 noch offenstehenden Raten, mithin die monatlichen Raten von Dezember 2012 bis Juni 2015 (31 Raten), d.h. insgesamt 6.200,00 Euro. Der Beklagte hat unstreitig die monatlichen Raten bis einschließlich November 2012 bezahlt und danach keine Zahlungen mehr geleistet. Weitere noch offene Raten, d.h. ab Juli 2015, und künftige, ab Februar 2016, schuldet der Beklagte nicht (mehr).
6. Zinsen auf die bereits fälligen Raten stehen der Klägerin indes nicht pauschal gem. § 286 II Nr. 1 BGB ab dem jeweiligen Folgetag des jeweiligen Ratenfälligkeitstages zu. Da sich – wie gezeigt – mit der Liquidation der Gesellschaftszweck der Klägerin verändert hat, und da es somit von der Erforderlichkeit der Einlage der Beklagten für die Abwicklung abhing, ob diese Einlage noch geschuldet war, und da die Klägerin die dies bestätigende Jahresbilanz (vgl. Anlage K 7) erst mit Schriftsatz vom 23.03.2015 vorgelegt hat, hatte der Beklagte, der bis zu diesem Zeitpunkt über seine Zahlungspflicht im Ungewissen sein durfte, die unterbliebene Ratenzahlung nicht zu vertreten, § 286 IV BGB. Verzug trat daher erst mit der Fälligkeit der auf April 2015 entfallenden Rate ein; im Übrigen war die Klage abzuweisen.
7. Da kein Anspruch der Klägerin auf (ratierliche) Einlageleistungen ab dem Juli 2015 mehr besteht, ist auch der Hilfsantrag, soweit er diesen Zeitraum erfasst, nicht begründet.
Kosten: §§ 91 I, 92 I 1, 97 ZPO;
Vorläufige Vollstreckbarkeit: §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.
Die Zulassung der Revision kommt nicht in Betracht; Rechtsfragen grundsätzlicher Natur sind nicht zu entscheiden.
Vorsitzender Richter Richter Richterin am Oberlandesgericht am Oberlandesgericht am Oberlandesgericht Verkündet am 27.01.2016 Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle

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