Aktenzeichen 13 O 4288/18 Rae
BGB § 195, § 199 Abs. 1
RVG § 10 Abs. 1 S. 2
Leitsatz
Eine zwischen der Gesellschaft und ihrem Gläubiger geschlossene Verjährungsverzichtsvereinbarung bleibt im Grundsatz ohne Wirkungen auf die zeitliche Begrenzung der Nachhaftung des Gesellschafters. (Rn. 44 – 47) (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist für die Beklagte gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
Gründe
Die Klage ist unbegründet, da mögliche Ansprüche des Klägers gegen die Beklagte selbst bei Zugrundelegung des klägerischen Vortrages verjährt sind. Einer Beweisaufnahme dazu, ob die behaupteten Vergütungsansprüche des Klägers bestehen und ob die Voraussetzungen für eine Inanspruchnahme der Beklagten nach den §§ 171 Abs. 1, 172 Abs. 4 HGB vorliegen, bedarf es daher nicht. In der folgenden Darstellung wird, um die Verjährungsproblematik darlegen zu können und unbeschadet des Bestreitens der beklagten Partei, der klägerische Vortrag zu den Vergütungsansprüchen und zur Haftungsinanspruchnahme der Beklagten zugrunde gelegt.
A.
Verjährung der Ansprüche auf Zahlung der Anwaltsvergütung Vergütungsansprüche aus anwaltlichem Geschäftsbesorgungsvertrag unterliegen der regelmäßigen Verjährungsfrist von 3 Jahren (§ 195 BGB). Die Verjährungsfrist beginnt mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von dem Anspruch und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit Kenntnis erlangen müsste (§ 199 Abs. 1 BGB). Der Vergütungsanspruch entsteht mit Erteilung des Auftrags (§§ 675 Abs. 1, 611 Abs. 1 BGB). Er ist in Ermangelung einer vorrangigen vertraglichen Regelung jedenfalls dann zur Zahlung fällig, wenn der Anwalt die von ihm geschuldete Tätigkeit vollständig erbracht hat. Der Lauf der Verjährungsfrist ist nicht dadurch gehindert, dass der Anwalt keine Rechnung erteilt hat (§ 10 Abs. 1 S. 2 RVG). Vor diesem Hintergrund sind die vom Kläger behaupteten Vergütungsansprüche verjährt. Im Einzelnen gilt Folgendes:
I.
Rechnung-Nr. 1601555 Laut klägerischem Vortrag war der Kläger in dieser Angelegenheit von der … C1. AG & Co KG bzw. … Verwaltungs AG & Co KG mit der Abwehr von Schadenersatzansprüchen beauftragt, die von einem Anleger geltend gemacht wurden. Nach Korrespondenz zwischen den beteiligten Anwälten, hierunter dem Kläger, schlossen die Parteien am 19.07./23.07.2012 einen außergerichtlichen Vergleich. Die Tätigkeit des Klägers war mit Abschluss des Vergleichs beendet. Da der Kläger das Mandat selbst bearbeitete, hatte er Kenntnis von Grund und Höhe seines Vergütungsanspruchs gegenüber der … C1. AG & Co KG bzw. … Verwaltungs AG & Co KG als seiner Auftraggeberin. Die Verjährung begann danach am 01.01.2013 und endete zum 31.12.2015.
II.
Rechnung-Nr. 1601556 Laut klägerischem Vortrag war der Kläger in dieser Angelegenheit von der … C1. AG & Co KG bzw. … Verwaltungs AG & Co KG mit der Abwehr von Schadenersatzansprüchen beauftragt, die von einem Anleger geltend gemacht wurden. Nach Korrespondenz zwischen den beteiligten Anwälten, hierunter dem Kläger, schlossen die Parteien am 21.05./04.06.2012 einen außergerichtlichen Vergleich. Die Tätigkeit des Klägers war mit Abschluss des Vergleichs beendet. Da der Kläger das Mandat selbst bearbeitete, hatte er Kenntnis von Grund und Höhe seines Vergütungsanspruchs gegenüber der … C1. AG & Co KG bzw. … Verwaltungs AG & Co KG als seiner Auftraggeberin. Die Verjährung begann danach am 01.01.2013 und endete zum 31.12.2015.
III.
Rechnung-Nr. 1601557 Laut klägerischem Vortrag war der Kläger in dieser Angelegenheit von der … C1. AG & Co KG bzw. … Verwaltungs AG & Co KG mit der Abwehr von Schadenersatzansprüchen beauftragt, die von einem Anleger geltend gemacht wurden. Nach Korrespondenz zwischen den beteiligten Anwälten, hierunter dem Kläger, schlossen die Parteien am 31.10./08.11.2012 einen außergerichtlichen Vergleich. Die Tätigkeit des Klägers war mit Abschluss des Vergleichs beendet. Da der Kläger das Mandat selbst bearbeitete, hatte er Kenntnis von Grund und Höhe seines Vergütungsanspruchs gegenüber der … C1. AG & Co KG bzw. … Verwaltungs AG & Co KG als seiner Auftraggeberin. Die Verjährung begann danach am 01.01.2013 und endete zum 31.12.2015.
IV.
Rechnung-Nr. 1601558 Laut klägerischem Vortrag war der Kläger in dieser Angelegenheit von der … C1. AG & Co KG bzw. … Verwaltungs AG & Co KG mit der Abwehr von Schadenersatzansprüchen beauftragt, die von einem Anleger geltend gemacht wurden. Nach Korrespondenz zwischen den beteiligten Anwälten im März und April 2013, nahm der Kläger mit Schreiben vom 18.04.2013 abschließend Stellung. Die Tätigkeit des Klägers war ausweislich seines Vortrages mit der Versendung dieses Schreibens beendet. Da der Kläger das Mandat selbst bearbeitete, hatte er Kenntnis von Grund und Höhe seines Vergütungsanspruchs gegenüber der … C1. AG & Co KG bzw. … Verwaltungs AG & Co KG als seiner Auftraggeberin. Die Verjährung begann danach am 01.01.2014 und endete zum 31.12.2016.
V.
Rechnung-Nr. 1601559 Laut klägerischem Vortrag war der Kläger in dieser Angelegenheit von der … C1. AG & Co KG bzw. … Verwaltungs AG & Co KG mit der Einforderung rückständiger Zahlungen und der Abwehr von Schadenersatzansprüchen beauftragt, die von einem Anleger geltend gemacht wurden. Nach Korrespondenz zwischen den beteiligten Anwälten, hierunter dem Kläger, schlossen die Parteien am 13.06./16.06.2012 einen außergerichtlichen Vergleich. Die Tätigkeit des Klägers war mit Abschluss des Vergleichs beendet. Da der Kläger das Mandat selbst bearbeitete, hatte er Kenntnis von Grund und Höhe seines Vergütungsanspruchs gegenüber der … C1. AG & Co KG bzw. … Verwaltungs AG & Co KG als seiner Auftraggeberin. Die Verjährung begann danach am 01.01.2013 und endete zum 31.12.2015.
VI.
Rechnung-Nr. 1601560 Laut klägerischem Vortrag war der Kläger in dieser Angelegenheit von der … C1. AG & Co KG bzw. … Verwaltungs AG & Co KG mit der Abwehr von Schadenersatzansprüchen beauftragt, die von einem Anleger geltend gemacht wurden. Nach Korrespondenz zwischen den beteiligten Anwälten, hierunter dem Kläger, schlossen die Parteien am 06.06./13.06.2012 einen außergerichtlichen Vergleich. Die Tätigkeit des Klägers war mit Abschluss des Vergleichs beendet. Da der Kläger das Mandat selbst bearbeitete, hatte er Kenntnis von Grund und Höhe seines Vergütungsanspruchs gegenüber der … C1. AG & Co KG bzw. … Verwaltungs AG & Co KG als seiner Auftraggeberin. Die Verjährung begann danach am 01.01.2013 und endete zum 31.12.2015.
VII.
Ergebnis
Zusammenfassend ist festzustellen, dass sämtliche nach dem Vortrag des Klägers möglichen Vergütungsansprüche zum 31.12.2015 bzw. zum 31.12.2016 verjährt sind.
B.
Einwendungen gemäß § 129 Abs. 1 HGB
Nach § 129 Abs. 1 HGB kann ein Gesellschafter einer offenen Handelsgesellschaft, der wegen einer Verbindlichkeit der Gesellschaft in Anspruch genommen wird, gegen die Inanspruchnahme diejenigen Einwendungen erheben, die auch der Gesellschaft zustehen. Diese Vorschrift findet nach § 161 Abs. 2 HGB auch auf die Kommanditgesellschaft Anwendung. Infolge dessen kann ein Kommanditist, der von einem Gesellschaftsgläubiger nach den §§ 172 Abs. 4 S. 2, 171 Abs. 1 HGB in Anspruch genommen wird, diejenigen Einwendungen erheben, die auch der Kommanditgesellschaft zustehen (vgl. Häublein, in BeckOK, HGB, Stand 15.07.2019, § 171 Rn. 4). Zu den danach möglichen Einwendungen gehört auch die Einrede der Verjährung.
Im vorliegenden Fall stand die Verjährungseinrede zunächst der … Hanseatische F. T1. GmbH zu, die sie aber (soweit ersichtlich) nicht erhoben hat. Infolge der Abtretung der Freistellungsansprüche gegen die Beklagte von der … Hanseatische F. T1. GmbH an den Kläger sind die Freistellungsansprüche mit den Zahlungsansprüchen des Klägers gegen die … Hanseatische F. T1. GmbH bei dem Kläger zusammengetroffen, der von da an Gläubiger aller Ansprüche war. Dies führte dazu, dass sich die Freistellungsansprüche in Zahlungsansprüche wandelten und der Kläger nunmehr die Bezahlung seiner Ansprüche unmittelbar von der Beklagten verlangen kann (vgl. BGH NJW 2018, 1873).
Dieser unmittelbare Zahlungsanspruch des Klägers gegen die Beklagte beruht darauf, dass sich die Vergütungsansprüche gegen die … Verwaltungs AG & Co KG für anwaltliche Tätigkeit, die Haftungsinanspruchnahme der … Hanseatische F. T1. GmbH nach §§ 172 Abs. 4 S. 2, 171 Abs. 1 HGB und die Freistellungsansprüche der … Hanseatische F. T1. GmbH gegen die Beklagte infolge Abtretung in der Person des Klägers als Gläubiger vereinigt haben. Infolge dessen ist auch die Beklagte nach den §§ 161 Abs. 2, 129 Abs. 1 HGB berechtigt, die ursprünglich der … Verwaltungs AG & Co KG und der … Hanseatische F. T1. GmbH zustehende Einrede der Verjährung zu erheben.
Danach stand der Beklagten das Recht zu, gegen den Kläger die Einrede zu erheben, dass dessen Vergütungsansprüche zum 31.12.2015 bzw. 31.12.2016 verjährt waren.
C.
Verjährungsverzichtsvereinbarung
Der Kläger hat mit der … Verwaltungs AG & Co KG und deren Komplementärin … Verwaltungs AG durch schriftlichen Vertrag vom 16.01./23.01.2014 vereinbart, dass die … Verwaltungs AG & Co KG und die … Verwaltungs AG bis einschließlich 31.12.2019 auf die Erhebung der Einrede der Verjährung im Hinblick auf „Honoraransprüche“ der Kanzlei Dr. M2., Ho. & Kollegen und des Klägers persönlich verzichten. Diese Verjährungsverzichtsvereinbarung hinderte nicht den Eintritt den Eintritt der Verjährung der hier streitgegenständlichen Vergütungsansprüche des Klägers, sondern führte nur dazu, dass die … Verwaltungs AG & Co KG und die … Verwaltungs AG bis 31.12.2019 gehindert sind, die Einrede der Verjährung zu erheben (vgl. hierzu Bach, in BeckOGK, BGB, Stand 01.10.2019, § 214 Rn. 64, 79).
Der Verzicht auf die Einrede der Verjährung, der von einer Kommanditgesellschaft im Hinblick auf Ansprüche eines Gläubigers der Gesellschaft erklärt wird, ist auch für Gesellschafter bindend, die akzessorisch für die Erfüllung der Ansprüche des Gläubigers haften (vgl. Bach, in BeckOGK, BGB, Stand 01.10.2019, § 214 Rn. 80). Bei der Inanspruchnahme eines Kommanditisten nach den §§ 172 Abs. 4 S. 2, 171 Abs. 1 HGB handelt es sich um eine solche akzessorische Haftung.
Vor diesem Hintergrund war die Treuhandkommanditistin … Hanseatische F. T1. GmbH im Hinblick auf die Inanspruchnahme durch den Kläger für Vergütungsansprüche gegenüber der … Verwaltungs AG & Co KG nach §§ 172 Abs. 4 S. 2, 171 Abs. 1, 161 Abs. 2, 129 Abs. 1 HGB bis 31.12.2019 gehindert, sich darauf zu berufen, dass die Vergütungsansprüche des Klägers nach den §§ 195, 199 Abs. 1 BGB zum 31.12.2015 bzw. zum 31.12.2016 verjährt sind.
Der Verjährungsverzicht bindet weitergehend auch die Beklagte als Treugeberkommanditistin im Hinblick auf die Erhebung der Einrede der Verjährung gegen die Freistellungsansprüche der Treuhänderin … Hanseatische F. T1. GmbH. Denn in § 5 des Treuhandvertrages ist geregelt, dass die Beklagte die Treuhänderin von allen Verbindlichkeiten freizustellen hat, die im Zusammenhang mit dem Halten und Verwalten des Kommanditanteils entstehen. Die Regelung enthält bezüglich des Umfangs der Freistellungsverpflichtung keine Einschränkungen. Sie kann daher nur so verstanden werden, dass die Treuhänderin umfassend von allen Verpflichtungen, die aus der Kommanditbeteiligung erwachsen, entlastet werden soll. Dieser Zweck kann aber nur erreicht werden, wenn der von der … Verwaltungs AG & Co KG erklärte Verzicht auf die Einrede der Verjährung die Beklagte als Treugeberin in dem gleichen Umfang bindet, wie die … Hanseatische F. T1. GmbH als Treuhänderin. Darüber hinaus handelt es sich bei einem Befreiungsanspruch um eine Anspruchsgrundlage, die nur in Abhängigkeit zu dem Anspruch des Dritten besteht, von dem befreit werden soll (vgl. Röver, in BeckOGK, BGB, Stand 15.10.2018, § 257 Rn. 23). Es handelt sich also auch insoweit um eine akzessorische Haftung in dem Sinne, dass die Geltendmachung eines Befreiungsanspruchs vom Bestehen und dem Umfang des Anspruchs des Dritten abhängig ist, von dem befreit werden soll. Schließlich entspricht es auch dem Sinn und Zweck eines Treuhandvertrages, dass die wirtschaftlichen Folgen einer treuhänderisch gehaltenen Beteiligung den Treugeber treffen und nicht den Treuhänder.
Vor diesem Hintergrund ist auch die Beklagte im Hinblick auf die Inanspruchnahme durch den Kläger für Vergütungsansprüche gegenüber der … Verwaltungs AG & Co KG nach §§ 172 Abs. 4 S. 2, 171 Abs. 1, 161 Abs. 2, 129 Abs. 1 HGB bis 31.12.2019 gehindert, sich darauf zu berufen, dass die Vergütungsansprüche des Klägers nach den §§ 195, 199 Abs. 1 BGB zum 31.12.2015 bzw. zum 31.12.2016 verjährt sind.
D.
Verjährung der Freistellungsansprüche
Die Freistellungsansprüche der … Hanseatische F. T1. GmbH gegenüber der Beklagten aus § 5 des Treuhandvertrages in Verbindung mit § 257 Satz 1 BGB wurden zu dem Zeitpunkt fällig als die Verbindlichkeiten, von denen freizustellen war, entstanden sind (vgl. BGH NJW 2018, 1873). Die hier streitgegenständlichen Vergütungsansprüche sind nach Darlegung des Klägers in den Jahren 2012 und 2013 entstanden (vgl. oben Buchstabe A.). Dementsprechend sind die im Zusammenhang mit den Vergütungsansprüchen stehenden Freistellungsansprüche in den Jahren 2012 und 2013 fällig geworden.
Die Vergütungsansprüche sind in Ermangelung einer vorrangigen vertraglichen Regelung spätestens mit Beendigung der anwaltlichen Tätigkeit in den Jahren 2012 und 2013 fällig geworden (vgl. oben Buchstabe A.). Der Zeitpunkt zudem erstmals sowohl die Vergütungsansprüche als auch die zugehörigen Freistellungsansprüche fällig waren, ist der nach § 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB maßgebliche Zeitpunkt, ab dem die Verjährung der Freistellungsansprüche zu berechnen ist (vgl. BGH NJW 2018, 1873). Vor diesem Hintergrund sind die Befreiungsansprüche in Bezug auf die streitgegenständlichen Vergütungsansprüche im Sinne des § 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB in den Jahren 2012 und 2013 entstanden, so dass die Verjährung frühestens zum 01.01.2013 bzw. 01.01.2014 zu laufen begann.
Die Freistellungsansprüche der … Hanseatische F. T1. GmbH gegenüber der Beklagten aus § 5 des Treuhandvertrages in Verbindung mit § 257 Satz 1 BGB unterliegen gemäß § 195 BGB der regelmäßigen Verjährungsfrist von 3 Jahren. Über die Entstehung und Fälligkeit der Freistellungsansprüche in den Jahren 2012 und 2013 hinaus ist der Beginn der Verjährung gemäß § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB davon abhängig, dass der Gläubiger von den Ansprüchen und der Person des Schuldners Kenntnis hat oder ohne grobe Fahrlässigkeit haben müsste. Eine solche Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis würde erst ab dem Zeitpunkt vorliegen, ab dem die … Hanseatische F. T1. GmbH von den Vergütungsansprüchen des Klägers gewusst hat oder hätte wissen können und ihr klar war oder hätte klar sein müssen, dass eine Haftungsinanspruchnahme nach den §§ 172 Abs. 4 S. 2, 171 Abs. 1 HGB droht. Im vorliegenden Fall enthält der Vortrag der, als der Partei, die sich auf die Verjährung beruft darlegungs- und beweisbelasteten Beklagten keine Angaben dazu, wann die … Hanseatische F. T1. GmbH Kenntnis von der Entstehung der Vergütungsansprüche des Klägers und der drohenden Inanspruchnahme nach den §§ 172 Abs. 4 S. 2, 171 Abs. 1 HGB gehabt hat oder ohne grobe Fahrlässigkeit hätte haben können.
Aus dem klägerischen Vortrag ergibt sich lediglich, dass der Kläger die Ansprüche gegen die Treuhandkommanditistin und die beteiligten Treugeber seit dem Jahr 2018 verfolgt und er sich den Freistellungsanspruch am 26.02.2019 hat abtreten lassen. Danach wäre von einer Kenntnis der … Hanseatische F. T1. GmbH frühestens im Jahr 2018 auszugehen und es hätte die Verjährung nicht vor dem 01.01.2019 zu laufen begonnen (§ 199 Abs. 1 BGB). Vor diesem Hintergrund ist davon auszugehen, dass die Freistellungsansprüche nicht nach den §§ 195, 199 Abs. 1 BGB verjährt sind.
E.
Verjährung der Haftungsinanspruchnahme der Beklagten nach § 159 Abs. 1 bis 3 HGB
I. Möglicher Anspruch des Klägers
Geht man mit dem Kläger davon aus, dass er offene Vergütungsansprüche gegen die … Verwaltungs AG & Co KG in Höhe von 10.018 Euro hat, die Beklagte Ausschüttungen in Höhe von 10.018 Euro erhalten hat, zur Zeit der Ausschüttungen der ihr zuzurechnende Kapitalanteil unter die Kommanditeinlage herabgesunken war, die Minderung des Kapitalanteils unter die Einlage zur Zeit der Beendigung der Liquidation mehr als 10.018 Euro betrug und die Treuhänderin ihre Freistellungsansprüche an den Kläger abgetreten hat, so könnte er die Beklagte nach den §§ 171 Abs. 1, 172 Abs. 4 Satz 2 HGB auf Zahlung in Höhe von 10.018 Euro in Anspruch nehmen.
II. Verjährung nach § 159 Abs. 1 bis 3 HGB
Eine solche Inanspruchnahme ist aufgrund Verjährung nicht mehr möglich.
1. Anwendbarkeit des § 159 HGB
Die Gesellschafterhaftung nach den §§ 171 Abs. 1 und 172 Abs. 4 S. 2 HGB ist während des Bestehens der Kommanditgesellschaft ein sogenannter unverjährbarer Haftungsstatus. Im Fall der Auflösung der Gesellschaft bleibt diese Haftung als zeitlich begrenzte Nachhaftung bestehen (vgl. Schmidt, in MüKo HGB, 4. Aufl. 2019, § 172 Rn. 77). Ansprüche gegen einen Gesellschafter aus Verbindlichkeiten der Gesellschaft verjähren gemäß §§ 161 Abs. 2, 159 Abs. 1 HGB in fünf Jahren. Die Verjährung beginnt gemäß §§ 161 Abs. 2, 159 Abs. 2 HGB mit dem Ende des Tages, an dem die Auflösung in das Handelsregister des für den Sitz der Gesellschaft zuständigen Gerichts eingetragen wird. Wird ein Anspruch eines Gläubigers erst nach Eintragung der Auflösung fällig, so beginnt gemäß §§ 161 Abs. 2, 159 Abs. 3 HGB die fünfjährige Verjährungsfrist mit der Fälligkeit dieses Anspruchs. Für die Haftungsinanspruchnahme eines Kommanditisten durch einen Gesellschaftsgläubiger nach § 172 Abs. 4 S. 2 HGB gilt § 159 Abs. 1 bis 3 HGB entsprechend (vgl. OLG Hamm, NZG 2017, 1104). Da die Beklagte nach Abtretung des Freistellungsanspruchs von der … Hanseatische F. T1. GmbH an den Kläger anstelle der Kommanditistin auf Rückgewähr der Ausschüttungen in Anspruch genommen wird, kann sich die Beklagte wie die Kommanditistin auf die Einrede der Verjährung nach § 159 Abs. 1 bis 3 HGB berufen.
2. Auflösung der Kommanditgesellschaft
Die … C1. AG & Co KG bzw. … Verwaltungs AG & Co KG wurde gemäß §§ 161 Abs. 2, 131 Abs. 1 Nr. 2 HGB durch Gesellschafterbeschluss vom 10.12.2012 mit Wirkung zum 31.12.2012 aufgelöst. Die Eintragung des Auflösungsvermerks erfolgte am 26.02.2013 im Handelsregister des zuständigen Amtsgerichts Hamburg. Das Amtsgericht Hamburg war zuständig, weil sich der Sitz der … Verwaltungs AG & Co KG in Hamburg befand.
3. Berechnung der Verjährung
Die Verjährung der Nachhaftung der Gesellschafter für im Jahr 2012 fällig gewordenen Vergütungsansprüche des Klägers gegen die … Verwaltungs AG & Co KG begann danach am 27.03.2013 und endete mit Ablauf des 26.03.2018 (§§ 187 Abs. 2, 188 Abs. 2 BGB).
Im Hinblick auf die anwaltliche Tätigkeit des Klägers im März/April 2013 (vgl. oben Buchstabe A. Ziffer IV.) gilt, dass die Tätigkeit mit dem Verfassen und Versenden des Schriftsatzes vom 18.04.2013 beendet war. Der Vergütungsanspruch des Klägers war danach jedenfalls ab dem 19.04.2013 fällig. Die Verjährung der Nachhaftung der Gesellschafter für diesen Vergütungsanspruch begann danach am 20.04.2013 und endete am 19.04.2018 (§§ 187 Abs. 2, 188 Abs. 2 BGB).
Der Kläger hat erst am 24.08.2018 einen Mahnbescheid beantragt, der am 28.09.2018 erlassen und am 09.10.2018 zugestellt wurde. Die Verjährung war aber bereits vor dem 24.08.2018 eingetreten, so dass sie durch die Zustellung des Mahnbescheids nicht mehr gehemmt werden konnte.
4. Wirkung der Verjährung nach § 159 HGB
Bei der Regelung der Verjährung nach den §§ 159 Abs. 1 bis 3 HGB handelt es sich um eine Sondervorschrift, die die Haftungsansprüche gegenüber den Gesellschaftern ohne weitere Voraussetzungen auf eine Verjährungsfrist von höchstens fünf Jahren begrenzt (vgl. Klimke, in BeckOK, HGB, Stand 25.07.2019, § 159 Rn. 1, 11).
a) Vergütungsansprüche
Im vorliegenden Fall sind die Vergütungsansprüche schon früher, nämlich zum 31.12.2015 bzw. 31.12.2016 verjährt. Auf diese kürzere Verjährung kann sich die Beklagte infolge des Verjährungsverzichtsvertrages vom 16.01./23.01.2014 (vgl. oben Buchstabe C.) allerdings nicht berufen.
Der Verjährungsverzichtsvertrag vom 16.01./23.01.2014 betrifft allerdings nur den Verzicht auf die Einrede der Verjährung im Hinblick auf die Vergütungsansprüche aus anwaltlicher Tätigkeit. Dieser Vertrag führt daher nicht dazu, dass sich die Beklagte nicht auf die Verjährung nach § 159 Abs. 1 bis 3 HGB berufen kann. Diese beruht auf folgenden Gründen:
Aus dem Wortlaut des Verjährungsverzichtsvertrages ergibt sich, dass der Verjährungsverzicht nur für „Honoraransprüche“ des Klägers und der Kanzlei Dr. M2., Ho. und Kollegen gegenüber der … Verwaltungs AG & Co KG und der … Verwaltungs AG gilt. Die Haftung von Kommanditisten nach den §§ 172 Abs. 4 S. 2, 171 Abs. 1 HGB und die Verjährungsfrist für die Nachhaftung nach § 159 Abs. 1 bis 3 HGB werden in dem Vertrag nicht erwähnt. Dies spricht dafür, dass der Verzicht auf die Einrede der Verjährung nur für die Vergütungsansprüche gelten sollte, nicht aber für die Nachhaftung der Kommanditisten. Hinzu kommt, dass weder die … Hanseatische F. T1. GmbH als Treuhandkommanditistin, noch die Beklagte am Abschluss des Verzichtsvertrages beteiligt waren. Sie sind insbesondere nicht Vertragsparteien und auch nicht als Dritte in den Vertrag einbezogen.
Die … Verwaltungs AG & Co KG und die … Verwaltungs AG waren auch nicht berechtigt, zu Lasten der Treuhandkommanditistin und der Beklagten die Einrede der Verjährung im Hinblick auf die Nachhaftung nach § 159 Abs. 1 bis 3 HGB auszuschließen. Eine solche Vereinbarung würde einen unzulässigen Vertrag zugunsten Dritter darstellen. Insofern bestehen entscheidende Unterschiede zwischen den Vergütungsansprüchen des Klägers und seiner Kanzlei gegenüber der … Verwaltungs AG & Co KG und der Nachhaftung der Kommanditisten. Die Vergütungsansprüche, soweit sie bestanden, ergaben sich aus anwaltlichen Geschäftsbesorgungsverträgen des Klägers bzw. seiner Kanzlei mit der … Verwaltungs AG & Co KG. Daher waren der Kläger und seine Kanzlei einerseits und die … Verwaltungs AG & Co KG andererseits berechtigt, ihre gegenseitigen Rechte und Pflichten durch Zusatzvereinbarungen zu diesen Verträgen ergänzend zu regeln. Im Rahmen dieser Regelungsbefugnis stand es ihnen auch frei, einen befristeten Verzicht auf die Einrede der Verjährung zu vereinbaren. Das Recht die Einrede der Verjährung aufgrund der nach § 159 Abs. 1 bis 3 HGB zeitlich begrenzten Nachhaftung geltend zu machen, steht demgegenüber nur den Gesellschaftern zu, nicht aber der Gesellschaft. Es handelt sich also um eine Rechtsposition der Gesellschafter, die einer Regelung durch die Gesellschaft entzogen ist, soweit nicht Gesellschafter im Einzelfall einer Einschränkung ihrer Rechtsposition, etwa durch den Verzicht auf die Einrede der Verjährung zustimmen. Im vorliegenden Fall hat die Komplementärin … Verwaltungs AG als einzige Gesellschafterin den Verjährungsverzichtsvertrag unterschrieben und damit den Verzicht auf die Einrede der Verjährung erklärt. Eine Bindung anderer Gesellschafter, namentlich der Treuhandkommanditistin … Hanseatische F. T1. GmbH, an diesen Vertrag folgt daraus aber ebenso wenig wie eine Bindung der Treugeber.
Der vereinbarte Verzicht auf die Einrede der Verjährung wird auch nicht bedeutungslos dadurch, dass die er für die Verjährungsfrist nach § 159 Abs. 1 bis 3 HGB nicht gilt. Zum einen sind die … Verwaltungs AG & Co KG und die … Verwaltungs AG bis zum 31.12.2019 gehindert, die Einrede der Verjährung im Hinblick auf die behaupteten Vergütungsansprüche geltend zu machen. Zum anderen hat der Verjährungsverzicht dazu geführt, dass sich die Treuhandkommanditistin … Hanseatische F. T1. GmbH und die Beklagte wegen der Akzessorietät der Haftung nach den §§ 172 Abs. 4 S. 2, 171 Abs. 1 HGB nicht auf die kürzere Verjährung der Vergütungsansprüche zum 31.12.2015 bzw. 31.12.2016 berufen können (vgl. oben Buchstabe C.).
b) Freistellungsansprüche
Im Hinblick auf die an den Kläger abgetretenen Freistellungsansprüche ist davon auszugehen, dass diese nicht nach den §§ 195, 199 Abs. 1 BGB verjährt waren (vgl. oben Buchstabe D.). Allerdings beinhaltet § 159 Abs. 1 bis 3 HGB eine Sondervorschrift zur Verjährung, welche die Nachhaftung der Gesellschafter für Gesellschaftsverbindlichkeiten auf eine Frist von fünf Jahren ab dem Zeitpunkt der Eintragung der Auflösung der Gesellschaft im Handelsregister und, falls die Verbindlichkeit später entstanden ist, auf eine Frist von fünf Jahren ab dem Zeitpunkt der Fälligkeit dieser Verbindlichkeit begrenzt (vgl. Klimke, in BeckOK, HGB, Stand 25.07.2019, § 159 Rn. 1, 11).
Danach ist die Verjährung der Freistellungsansprüche gemäß § 159 Abs. 1 bis 3 HGB spätestens mit Ablauf des 26.03.2018 bzw. 19.04.2018 eingetreten (vgl. oben Buchstabe E. Ziffer II. 3.). Der Verjährungsverzichtsvertrag vom 16.01./23.01.2014 steht der Erhebung der Einrede der Verjährung auch insoweit nicht entgegen (vgl. dazu bereits oben Buchstabe E. Ziffer II. 4. a).
F.
Kosten, vorläufige Vollstreckbarkeit
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf § 709 ZPO.