Bankrecht

Rücktritt und Schadensersatzansprüche hinsichtlich eines Fremdwährungsdarlehens

Aktenzeichen  11 O 2101/15 Fin

Datum:
22.2.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 14564
Gerichtsart:
LG
Gerichtsort:
München II
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
KSchG § 3 Abs. 3
KWG § 32, § 53 b Abs. 1 S. 1
BWG § 33 Abs. 2 Ziff. 2
ZPO § 293
EGBGB Art. 27 Abs. 1
Rom-I Art. 28
BGB § 823 Abs. 2

 

Leitsatz

1 Das Nichteinhalten des Mitteilungsverfahrens nach § 53 b Abs. 2 und 2 a KWG berührt die Wirksamkeit der abgeschlossenen Geschäfte nicht.  (Rn. 89) (redaktioneller Leitsatz)
2 Die Regelung des § 53 b Abs. 2 KWG ist kein Schutzgesetz i.S.d. § 823 Abs. 2 BGB, weil die Regelung des Mitteilungsverfahrens nicht dem Verbraucherschutz dient. (Rn. 89) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Kläger haben die Kosten des Rechtsstreits je zur Hälfte zu tragen.
III. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Gründe

Die zulässige Klage ist unbegründet und daher abzuweisen. Die Kläger können weder Rückabwicklung des geschlossenen Fremdwährungsdarlehens noch Schadensersatz von der Beklagten verlangen. Dies gilt auch unter Berücksichtigung der nachgelassenen Schriftsätze vom 14. und 21.01.2019. Selbiges gilt schließlich auch für den weiteren Schriftsatz des Klägervertreters vom 18.02.2019. Ein Fall des § 156 ZPO lag hierin nicht begründet.
I.
Die Klage ist zulässig.
A)
Insbesondere ist das hier angerufene Landgericht München II gemäß § 1 ZPO i.V.m. § 71, 23 GVG sachlich und nach Art. 15 Abs. 1 lit. c, 16 Abs. 1 EuGVVO a.F. international wie örtlich zuständig.
B)
Auch im Übrigen sind Zulässigkeitshindernisse nicht ersichtlich.
Mit BGH-Urteil vom 16.05.2017, Az. XI ZR 586/15 ist der Feststellungsantrag der Kläger zulässig. Der Antrag unter Ziffer 2 des maßgeblichen Schriftsatzes vom 03.12.2018 ist mit Urteil des Oberlandesgerichtes München vom 02.11.2017, Az. 24 U 4366/16 ebenfalls zulässig.
II.
Die Kläger können die vorliegenden Anträge auch im Rahmen einer Klage geltend machen. Die Voraussetzungen einer sog. objektiven Klagehäufung nach § 260 ZPO liegen vor. Für sämtliche klageweise geltend gemachten Ansprüche ist das hiesige Recht zuständig und dieselbe Prozessart zulässig. Da auch kein Verbindungsverbot ersichtlich ist, liegen die Voraussetzungen des § 260 ZPO insgesamt vor.
III.
Die Klage ist allerdings unbegründet und war daher vollumfänglich abzuweisen.
A)
Die von den Klägern ins Feld geführten Kündigungsrechte sowie Schadensersatzansprüche richten sich nach österreichischem Recht.
1. Die Parteien haben unstreitig österreichisches Recht vereinbart. Dies ergibt sich aus Ziffer 7 der durch den streitgegenständlichen Vertrag in Bezug genommenen und von den Klägern gesondert unterzeichneten „Rahmenbedingungen für Finanzierungen“ Diese Rechtswahl ist auch zulässig.
2. Die Rom-I-Verordnung ist nicht anwendbar, da diese nur für ab dem 17.12.2009 abgeschlossene Verträge gilt (vgl. Art. 28 Rom-I-Verordnung). Die Kreditzusage der Beklagten datiert vom 22.02.2008 und wurde von den Klägern am 29.02.2008 angenommen. Vor diesem Hintergrund kommt es auf die Rom-I-Verordnung vorliegend nicht zur Anwendung.
3. Damit ist im Rahmen der anzustellenden IPR-Prüfung von den Art. 27 – 39 EGBGB a.F. auszugehen. Ausweislich des Art. 27 Abs. 1 EGBGB a.F. ist eine Rechtswahl, wie sie vorliegend getroffen wurde, grundsätzlich zulässig. Die hiesige Rechtswahl wurde auch ausdrücklich geschlossen. Art. 29 EGBGB a.F. steht dieser Rechtswahl nicht entgegen. Der Anwendungsbereich dieser Norm ist nicht einschlägig. Denn es handelt sich vorliegend weder um einen Vertrag über die Lieferung beweglicher Sachen oder die Erbringung von Dienstleistungen noch um einen solchen zur Finanzierung eines derartigen Geschäfts.
Laut den informatorisch angehörten Klägern diente das hiesige Fremdwährungsdarlehen der Umfinanzierung eines vorhergehenden Fremdwährungsdarlehen bei der Bank A. AG. Ein derartiger Vertrag unterfällt dem Anwendungsbereich des Art. 29 Abs. 1 EGBGB a.F. nicht. Damit ist österreichisches Recht anwendbar, was sich letztlich auch aus dem Schreiben des Sachverständigen vom 02.03.2017 ergibt (Bl. 225/226 d.A.).
B)
Die Kläger sind vom streitgegenständlichen Fremdwährungsdarlehen nicht wirksam zurückgetreten. Ein entsprechendes Rücktrittsrecht besteht weder nach § 8 des österreichischen Bundesgesetzes über den Fernabsatz von Finanzdienstleistungen am Verbraucher (FernFinG) noch nach § 3 des österreichischen Bundesgesetzes vom 8. März 1979 mit den Bestimmungen zum Schutz der Verbraucher getroffen werden (KSchG).
1. Ausweislich des § 1 des österreichischen FernFinG gilt dieses Gesetz für Fernabsatzverträge über Finanzdienstleistungen zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher im Sinn des Konsumentenschutzgesetzes. § 1 Abs. 1 KSchG definiert unter Ziffer 1 den Unternehmer als jemand, für den das Geschäft zum Betrieb seines Unternehmens gehört. Unter Ziffer 2 wird der Verbraucher als jemand definiert, für den dies nicht zutrifft.
a) Die Tatbestandsvoraussetzungen sind vorliegend gegeben. Die Kläger sind unstreitig als Verbraucher zu qualifizieren. Die Beklagte ist als österreichisches Kreditinstitut Unternehmerin.
b) § 3 Nr. 1 des österreichischen FernFinG definiert den Fernabsatzvertrag als einen Vertrag, der unter ausschließlicher Verwendung eines oder mehrerer Fernkommunikationsmittel im Rahmen eines für den Fernabsatz organisierten Vertriebs- oder Dienstleistungssystems des Unternehmers abgeschlossen wird.
Nach dem klägerischen Vortrag erfolgte die gesamte Anbahnung des streitgegenständlichen Fernabsatzvertrages durch in Deutschland tätige Vermittler der S-ImmoFin. Laut den klägerischen Angaben im Rahmen deren informatorischen Anhörung im Termin vom 17.12.2018 kam es zu zwei Besprechungsterminen zwischen den Klägern und einem Vermittler der S-ImmoFin. Beim ersten Termin wurde seitens der S-ImmoFin ein Finanzierungsangebot unterbreitet. Später kam es sodann zu einem weiteren Treffen in den Geschäftsräumen der S-ImmoFin in Innsbruck. Dort erfolgte die schlussendliche Unterzeichnung der Finanzierungszusage. Laut den Klägern war hierbei immer derselbe Vermittler der S-ImmoFin zugegen. Nach dem eigenen klägerischen Vortrag ist das streitgegenständliche Darlehen damit aber nicht unter ausschließlicher Verwendung von Fernkommunikationsmitteln geschlossen worden. Mit dem vom Klägervertreter vorgelegten Rechtsgutachten des Herrn Professor Thomas P. vom 05.12.2016, das im Verfahren mit dem Az. 6 O 3090/15 vom Landgericht Nürnberg-Fürth eingeholt worden ist, scheidet damit ein Fernabsatzvertrag im Sinne des österreichischen FernFinG aus (vgl. Seite 19 des Rechtsgutachtens).
Es mag zwar zutreffen, dass das auch nach österreichischem Recht der Anwendung der Vorschriften über den Fernabsatzvertrag nicht entgegensteht, wenn bei Vertragsschluss oder Anbahnung ein Bote beauftragt wird, der zwar dem Verbraucher in unmittelbarem persönlichen Kontakt gegenübertritt, jedoch über den Vertragsinhalt und insbesondere über die Beschaffenheit der Vertragsleistung des Unternehmers keine näheren Auskünfte geben kann und soll (vgl. BGH, Urt. v. 21.10.2004 – III ZR 380/03; BGHZ 160, 393). Derart untergeordnet war jedoch die Stellung der jeweiligen Vermittler der S-ImmoFin nach dem Vortrag der Kläger nicht. Vielmehr war es zu dem oben erwähnten, recht ausführlichen Besprechungsterminen mit den Vermittlern gekommen, wie in der Klageschrift umfassend dargestellt wird. Ergebnis der beiden Besprechungstermine war laut den Klägern, dass die S-ImmoFin, in deren Auftrag die Vermittler tätig waren, den Klägern vorläufige Finanzierungszusagen erteilte, denen eine Kreditzusage der Beklagten folgte.
Auch der bereits genannte Sachverständige Prof. P. lehnt ein Fernabsatzgeschäft im Sinne des FernFinG mit der Begründung ab, dass mit den Vermittlern der S-ImmoFin Vertreter des Unternehmens mit dem Verbraucher Vertragsverhandlungen geführt haben und eine physische Begegnung zwischen den Vertretern und dem Verbraucher stattfand. Dies schließt einen Fernabsatzvertrag aus, sofern es sich nicht lediglich um einen Boten handelt, der nur eine vorformulierte Nachricht des Unternehmers überbringt (vgl. Seite 17 des genannten Rechtsgutachtens). In dem von Prof. P. begutachteten Fall gab es – wie vorliegend bei den beiden Klägern – mehrere Besprechungstermine mit der S-ImmoFin. Prof. P. folgert daraus Folgendes: „Auch wenn es der S-ImmoFin allenfalls unmittelbar vor Vertragsschluss möglich gewesen sein sollte, Auskünfte zu bestimmten weiteren Darlehenskonditionen zu erteilen (…), geht das Handeln der S-ImmoFin über das eines bloßen Boten hinaus und entspricht nach gutachterlicher Einschätzung nach dem gegenwärtigen Stand der Akten und vorbehaltlich abweichender Feststellungen oder Einschätzungen durch das Gericht derjenigen eines Verhandlungsgehilfen. Eine bloße Botenstellung der S-ImmoFin liegt daher nicht vor. Damit liegen die Voraussetzungen vor, unter denen ein Fernabsatzgeschäft grundsätzlich zu verneinen ist“ (vgl. Seite 19 des Rechtsgutachtens).
Dieser mit Zitaten aus der österreichischen Literatur und von Entscheidungen des österreichischen OGH begründeten Einschätzung folgt das Gericht auch für den vorliegenden, hinsichtlich der Beteiligung der Vermittler der S-ImmoFin gleichgelagerten Fall. Vor diesem Hintergrund und mit Zustimmung beider Parteivertreter bedarf es daher der Einholung eines zusätzlichen Sachverständigengutachtens nach § 293 ZPO zum österreichischen Recht nicht.
Denn schon nach dem Vortrag der Kläger mangelt es vorliegend an einem Fernabsatzvertrag im Sinne des österreichischen FernFinG. Da die Vermittler der S-ImmoFin gerade nicht als bloße Boten zu qualifizieren sind, wurde der vorliegende Kreditvertrag gerade nicht unter ausschließlicher Verwendung von Fernkommunikationsmitteln geschlossen. Im Gegenteil gab es laut den Angaben der Kläger jedenfalls zwei persönliche Besprechungstermine mit Vertretern der S-ImmoFin. Dies lässt den Anwendungsbereich des österreichischen FernFinG entfallen.
Vor diesem Hintergrund steht den Klägern auf Grundlage des § 8 des österreichischen FernFinG gerade Kündigungsrecht zu.
2. Selbiges gilt im Ergebnis für das auf § 3 Abs. 1 österreichisches KSchG gestützte Kündigungsrecht.
a) Ausweislich des Satzes 1 der zitierten Vorschrift hat der Verbraucher ein Rücktrittsrecht für den Fall, dass er seine Vertragserklärung weder in den vom Unternehmer für seine geschäftlichen Zwecke dauernd benützten Räumen noch bei einem von diesem dafür auf einer Messe oder einem Markt benützten Stand abgegeben hat.
Gemäß den Anlagen B 1 b und B 1 e erfolgte die Vertragsunterzeichnung in Innsbruck. Hierauf angesprochen gaben die Kläger im Rahmen ihrer informatorischen Anhörung im Termin vom 17.12.2018 an, dass sie ihre Vertragserklärung tatsächlich in Innsbruck abgeben haben. Dies in Büroräumlichkeiten der S-ImmoFin.
Damit mangelt es an den oben dargelegten Voraussetzungen des § 3 Abs. 1 S. 1 KSchG.
Ausweislich des bereist genannten Rechtsgutachtens des Herrn Prof. P. werden nach der österreichischen Rechtsprechung Räume von Vermittlungspersonen den Räumlichkeiten des Unternehmers für die Zwecke des § 3 Nr. 1 KSchG grundsätzlich gleichgestellt (vgl. Seite 22 des Rechtsgutachtens). Dem folgend bejaht Prof. P. in dem für das Landgericht Nürnberg-Fürth erstatteten Gutachten die grundsätzliche Anwendbarkeit des § 3 Abs. 1 Nr. 1 KSchG in dem von ihm begutachteten Fall gerade damit, dass die Kläger ihre Vertragserklärung nicht in den Räumen der S-ImmoFin abgegeben haben, sondern zuhause (vgl. Seite 23 des Rechtsgutachtens). In contrario folgt hieraus, dass die Vertragserklärung durch die beiden hiesigen Kläger in den Räumen der S-ImmoFin in Innsbruck gerade doch in dem vom Unternehmer für seine geschäftlichen Zwecke dauernd benützten Räumen abgegeben wurde, sodass der Schutzbereich des § 3 Abs. 1 S. 1 KSchG bereits nicht eröffnet ist. Anders als der Klägervertreter schriftsätzlich vorgetragen hat, ist damit ein Vertragsschluss bei den Klägern zuhause widerlegt. Wie diese im Rahmen ihrer informatorischen Anhörung angaben, gab es zwar einen ersten Besprechungstermin bei ihnen zuhause. Die maßgebliche Vertragsunterzeichnung erfolgte allerdings ausweislich ihrer eigenen Angaben in den Büroräumlichkeiten der S-ImmoFin in Innsbruck. Hierfür haben sie sich extra nach Innsbruck begeben.
Da die Frage zur Auslegung des österreichischen Rechts durch das von den Klägern vorgelegte Gutachten des Sachverständigen Prof. P. bereits beantwortet ist, bedarf es der Einholung eines weiteren Gutachtens hierzu nicht. Nach Auffassung des Gerichtes ist diese Rechtsfrage mit dem zitierten Rechtsgutachten zu beantworten (so auch OLG München, Urt. v. 02.11.2017, Az. 24 U 4366/16).
Schon deshalb entfällt damit auch ein Rücktrittsrecht der Kläger auf Basis des § 3 österreichisches KSchG.
b) Überdies scheitert der Rücktritt der Kläger vorliegend am Ausnahmetatbestand des § 3 Abs. 3 Nr. 1 KSchG.
Ausweislich der zitierten Norm steht dem Verbraucher ein Rücktrittsrecht nicht zu, wenn er selbst die geschäftliche Verbindung mit dem Unternehmer oder dessen Beauftragten zwecks Schließung dieses Vertrages angebahnt hat. Soweit Letzteres zu bejahen ist, fehlt es an dem für Haustürgeschäfte charakteristischen Überrumpelungseffekt, und es besteht kein Grund, ein Rücktrittsrecht einzuräumen. Bei alledem genügt es für eine Anbahnung durch den Verbraucher im vorgenannten Sinne nach dem ausdrücklichen Wortlaut der zitierten Ausnahmevorschrift, wenn der Verbraucher Verbindung zu einem Beauftragten des Unternehmens aufgenommen hat (vgl. Seite 23 des Rechtsgutachtens).
Die bloße Tatsache also, dass die Anbahnung über die S-ImmoFin und nicht mit der Beklagten direkt erfolgte, steht einer Anbahnung im Sinne des § 3 Abs. 3 Nr. 1 KSchG mithin nicht entgegen. Nach der einschlägigen Rechtsprechung des OGH ist allerdings eine sog. kongruente Anbahnung erforderlich. Damit ist gemeint, dass der Verbraucher gerade wegen derjenigen Geschäftsverbindung zum Anbieter Kontakt aufgenommen haben muss, die dem späteren Vertragsabschluss zugrunde liegt. Damit reicht ein allgemeiner Informationswunsch ohne Bezug zu einem bestimmten Produkt an den Anbieter gerade nicht.
Von der österreichischen Rechtsprechung für eine kongruente Anbahnung bejaht wurde beispielsweise ein Fall, in dem ein Kunde den Kontakt mit einer Bank aufnahm, weil er mit seinen bisherigen Sparbuchzinsen nicht mehr zufrieden war und eine Neuanlage anstrebte, was sodann zum Erwerb argentinischer Staatsanleihen führte, die nach drei Beratungsgesprächen zur Erzielung einer Hebelwirkung zum Teil durch einen Kredit mit Schweizer Franken finanziert wurde (vgl. zu allem Seite 23 ff. des Rechtsgutachtens).
Vor diesem Hintergrund lässt es Prof. P. für eine kongruente Anbahnung genügen, wenn sich die Kläger wegen einer bestimmten Umschuldung in einer konkreten Größenordnung um eine Verbindung zur S-ImmoFin bemüht haben.
Dies ist im vorliegenden Fall zu bejahen. Die Kläger gaben im Rahmen ihrer informatorischen Anhörung an, dass sie eine Umfinanzierung ihres vorhergegangenen Fremdwährungsdarlehen bei der Bank A. AG angestrebt hatten. Vor diesem Hintergrund haben sie sich online nach einer günstigen Umschuldung umgesehen und sich in einem entsprechenden Portal angemeldet. In diesem haben sie nach eigenen Angaben ihre persönlichen Angaben hinterlassen sowie den entsprechenden Kreditbedarf. Laut Klägern hat sich erst hieran anschließend ein Vertreter der S-ImmoFin bei diesen gemeldet.
Vor diesem Hintergrund wird man auf unter Zugrundelegung des Gutachtens des Herrn Prof. P. zu dem Ergebnis gelangen, dass vorliegend ein Fall sogenannter kongruenten Anbahnung zu bejahen ist. Die Kläger sind nicht wegen eines bloßen Informationswunsches auf die S-ImmoFin gestoßen. Ihnen ging es vielmehr darum, einen konkreten Finanzierungsbedarf umzufinanzieren. Das hiesige Fremdwährungsdarlehen sollte einen vorangegangenen Fremdwährungskredit ablösen. Nach Auffassung des Gerichts und unter Zugrundelegung der Grundsätze im österreichischen Recht sowie der österreichischen Rechtsprechung liegt hierin nach Auffassung der erkennenden Kammer ein kongruentes Anbahnen i.S.d. § 3 Abs. 3 Nr. 1 KSchG. Auch deshalb scheidet ein Rücktrittsrecht der Kläger im vorliegenden Fall aus.
c) Die Fragen der Verwirkung bzw. des Rechtsmissbrauchs waren vor diesem Hintergrund nicht entscheidungserheblich und konnten daher offen bleiben.
C)
Schadensersatzansprüche stehen den Klägern gegen die Beklagte ebenfalls nicht zu.
1. Für einen behaupteten Schadensersatzanspruch wegen Verstoßes gegen die Verpflichtung zur Angabe des effektiven Jahreszinses nach § 33 Abs. 2 Ziff. 2 des österreichischen Bankwesengesetzes (BWG) fehlt es schon an einem schlüssigen Vortrag der Kläger.
Die Regelung des § 33 Abs. 2 Ziff. 2 BWG lautet im maßgeblichen Zeitraum wie folgt:
„Unbeschadet der Wirksamkeit des Rechtsgeschäftes bedürfen Verbraucherkreditverträge der Schriftform. Das Kreditinstitut hat bei Abschluss eines Verbraucherkreditvertrages dem Verbraucher eine in deutscher Sprache abgefasste Ausfertigung des Vertrages auszuhändigen. Auf Verlangen des Kreditwerbers hat das Kreditinstitut diesem einen Entwurf des in Aussicht genommenen Vertrages auszuhändigen. Der Verbraucherkreditvertrag hat zumindest folgende Angaben zu enthalten:
„1. …
2. Den effektiven Jahreszinssatz in arabischen Ziffern an auffallender Stelle des Vertrages, …“.
Wie der effektive Jahreszinssatz zu bestimmen ist, ergibt sich aus Abs. 4 der genannten Vorschrift.
Die vorliegende Kreditzusage an die beiden Kläger enthält keine entsprechende Angabe über den effektiven Jahreszins. Stattdessen findet sich unter der Überschrift „Information für Verbraucher gemäß § 33 BWG“ Folgendes:
„Da der Zinssatz für die erste Zinsperiode bei Inanspruchnahme mit Ihnen gesondert vereinbart wird, können wir Ihnen die Informationen für Verbraucher gemäß BWG (u.a. effektiver Jahreszinssatz, Gesamtbelastung, etc.) erst zu diesem Zeitpunkt bekanntgeben. Über Ihren Wunsch sind wir bei Kreditanspruchnahme gern bereit, Ihnen diese Daten gesondert schriftlich mitzuteilen.“
Auch wenn vor diesem Hintergrund der effektive Jahreszinssatz entgegen § 33 Abs. 2 Ziff. 2 BWG den Klägern gegenüber nicht bekanntgegeben wurde, würde dieser Verstoß kein Rücktrittsrecht der Kläger begründen. Es käme allenfalls ein Schadensersatzanspruch unter dem Gesichtspunkt der sog. culpa in contrahendo in Betracht, der neben der Verletzung der Informationspflicht insbesondere die Kausalität der Pflichtverletzung für einen hieraus resultierenden Schaden voraussetzt (vgl. Seite 39 des bereits mehrfach zitierten Rechtsgutachten des Herrn Prof. P.).
Die Kläger haben allerdings weder einen Schaden vorgetragen noch Tatsachen dargelegt, aus denen sich ein Kausalzusammenhang zwischen der behaupteten Pflichtverletzung und einem etwaigen Schaden ergibt. Insbesondere sind die vorgelegten Kreditgutachten Rackwitz insoweit unergiebig, weil sie nur die Berechnung der Rückzahlungsbeträge für den Fall eines Rücktritts nach § 8 FernFinG oder § 3 KSchG enthalten.
Auch die später vorgelegte Berechnung der Kontendetektei Möntmann (Anlage K 27), wonach bei einem Darlehen Nr. 288-344-220/03 vom 24.08.2007 über 116.000,00 € mit einem (nominalen) Zinssatz von 4,2080% sich ein effektiver Jahreszins von 8,3928% und sogar unter Berücksichtigung von Tilgungsträger und Gebühren von 13,5727% ergeben soll, ist unergiebig. Ein etwaiger Zusammenhang zwischen dem dort genannten Darlehensvertrag und dem hiesigen Darlehensvertrag ist nicht ersichtlich. Der streitgegenständliche Fremdwährungskredit über 295.000,00 € datiert vom 29.02.2008. Die vom Klägervertreter vorgelegte Berechnung betrifft also einen gänzlich anderen Vertrag.
Die Behauptung der Kläger, diese hätten bei ordnungsgemäßer Belehrung über einen derart hohen effektiven Jahreszinssatz vom Vertragsschluss Abstand genommen, entbehrt vor diesem Hintergrund jeder Grundlage. Es kann daher offenbleiben, ob sich die Beklagte zurecht darauf beruft, dass die Angabe eines effektiven Jahreszinssatzes wegen der Abhängigkeit von dem bei Inanspruchnahme des Darlehens erst zu vereinbarenden Zinssatzes für die erste Zinsperiode nicht möglich gewesen sei oder ob sie – wie der Sachverständige Prof. P. meint (vgl. Seite 44 seines Gutachtens) – an den konkreten anfänglichen effektiven Jahreszins, etwa unter Annahme einer sofortigen Beanspruchung des Darlehens, hätte angeben müssen.
2. Ein Schadensersatzanspruch der Kläger auf Grundlage des § 33 des deutschen Kreditwesengesetzes (KWG) i.V.m. § 823 Abs. 2 BGB scheidet ebenfalls nach dem oben Ausgeführten aus. Es fehlt insoweit aber bereits an den tatbestandlichen Voraussetzungen eines solchen Schadensersatzanspruches.
Die Regelung des § 32 des KWG stellt zwar ein Schlussgesetz i.S.d. § 823 Abs. 2 BGB dar (vgl. Palandt/Sprau, BGB, § 823, Rn. 68). Ein Verstoß gegen die genannte Norm scheidet jedoch aus, weil die Beklagte als Unternehmen mit Sitz in einem anderen Staat des europäischen Wirtschaftsraums ohne Erlaubnis durch die Aufsichtsbehörde über eine Zweigniederlassung oder im Wege des grenzüberschreitenden Dienstleistungsverkehrs Bankgeschäfte in Deutschland betreiben durfte. Dies ergibt sich aus § 53 b Abs. 1 S. 1 KWG. Zwar ist das Notifizierungsverfahren nach § 53 b Abs. 2 und 2 a KWG zu beachten. Zivilrechtlich berührt das Nichteinhalten des Mitteilungsverfahrens aber eben sowenig die Wirksamkeit der abgeschlossenen Geschäfte wie das Fehlen einer Erlaubnis. Die Regelung des § 53 b Abs. 2 ist im Übrigen kein Schutzgesetz i.S.d. § 823 Abs. 2 BGB, weil die Regelung des Mitteilungsverfahrens nicht dem Verbraucherschutz dient (Boos/Fischer/Schulte-Mattler/Vahldiek, KWG, § 53 b, Rn. 115).
D)
Ein etwaiges Widerrufsrecht der Kläger verhilft diesen ebenfalls nicht zum Erfolg.
Die Widerrufsbelehrung räumt den Finanzierungsnehmern (also den Klägern) jeweils ein Recht zum Widerruf der auf Abschluss des Finanzierungsvertrages gerichteten Willenserklärung ohne Angabe von Gründen ein. Ausweislich der als Anlage K 3 vorgelegten Belehrung beginnt die Frist, wenn der/die Finanzierungsnehmer diese Belehrung und den Finanzierungsvertrag erhalten, unterzeichnet und (auch über einen Dritten) an die E1. Bank der österreichischen S2. AG abgeschickt oder ihr übergeben hat.
Ausweislich der Anlage B 1 b haben die Kläger die Widerrufsbelehrung am 29.02.2008 unterzeichnet. Am selben Tag haben sie auch die Kreditzusage unterschrieben. Damit ist der Finanzierungsvertrag in diesem Moment zustande gekommen. Die Kläger haben am selben Tag die unterzeichnete Erklärung an die S-ImmoFin in deren Büroräume in Innsbruck übergeben. Dies steht einer Übergabe an die Beklagte gleich. Vor diesem Hintergrund ist die zweiwöchige Widerrufsfrist unabhängig vom konkreten Datum der Widerrufserklärung abgelaufen. Auch beim frühestmöglichen Zeitpunkt für die Kläger ist die 14-tägige Widerrufsfrist verstrichen.
E)
Mangels Hauptanspruchs waren auch die vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten nicht zuzusprechen. Die darüber hinaus geltend gemachten Zinsen teilen als Nebenforderung das Schicksal dieser Forderung.
IV.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91, 100 Abs. 1 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 S. 1, S. 2 ZPO.

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