Bankrecht

Schadensersatz wegen fehlgeschlagener Vermögensanlage, hier: Verstoß gegen § 54 KWG

Aktenzeichen  42 S 1920/15

Datum:
3.8.2016
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2016, 124438
Gerichtsart:
LG
Gerichtsort:
Würzburg
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
KWG § 1 Abs. 1 S. 2 Nr. 1, § 32 Abs. 1, § 54
BGB § 823 Abs. 2

 

Leitsatz

1 Handelt es sich bei dem angeblich verletzten Schutzgesetz um ein strafrechtliches, bei dessen Verletzung ein Verbotsirrtum nach der sogenannten Schuldtheorie nur entlastet, wenn er unvermeidbar war, so gilt dasselbe auch im Anwendungsbereich des § 823 Abs. 2 BGB. (Rn. 30) (redaktioneller Leitsatz)
2 Ein Verbotsirrtum ist unvermeidbar, wenn bei Rechtsanwälten Rechtsrat eingeholt wird und dieser mit einer – wenn auch später und von einem Dritten – eingeholten amtlichen Auskunft übereinstimmt. (Rn. 36 – 37) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

17 C 1123/14 2015-09-24 Endurteil AGWUERZBURG AG Würzburg

Tenor

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Amtsgerichts … vom 24.09.2015, Az. 17 C 1123/14, wird zurückgewiesen.
2. Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens und die durch die Nebenintervention verursachten Kosten zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Das in Ziffer 1 genannte Urteil des Amtsgerichts Würzburg ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
4. Die Revision gegen dieses Urteil wird zugelassen.

Gründe

I.
Der Kläger macht gegen den Beklagten Schadensersatzansprüche wegen fehlgeschlagener Vermögensanlage geltend.
Die … (im Folgenden: …), eine Aktiengesellschaft mit Sitz in der … deren Verwaltungsratsmitglied der Beklagte war, hatte – grob vereinfacht – folgendes Geschäftskonzept entwickelt:
Sie kaufte von Kunden deren Kapitallebensversicherungen an, ließ sodann die Policen über Treuhänder kündigen und vereinnahmte von den Versicherungen die entsprechenden Zahlungen. Im Gegenzug verpflichtete sie sich, bestimmte Auszahlungen an ihre Kunden zu leisten, die über den Auszahlungen bei einer reinen Kündigung der jeweiligen Versicherung durch den Kunden selbst liegen sollten, insbesondere deshalb, weil die Auszahlungen erst zu einem späteren Zeitpunkt erfolgen sollten. Der überwiegende Geschäftsbetrieb der … erfolgte in … bzw. in …; in Deutschland bediente sich die … dabei der …, einer hundertprozentigen Tochtergesellschaft nach deutschem Recht. Die … bediente sich bei Entwicklung des Geschäftsmodells zwecks Klärung der Frage, ob dieses Geschäftsmodell der Zulassungspflicht nach dem KWG unterfällt, anwaltlicher Hilfe. Die Rechtsanwälte …, prüften die Erlaubnispflicht und kamen zu dem Ergebnis, dass es einer solchen Genehmigung nicht bedürfe. Die … und der Beklagte verfügten dementsprechend auch zu keinem Zeitpunkt über eine Erlaubnis nach § 32 KWG. In dem Prospekt der … zu der streitgegenständlichen Anlageform (Anlage K 1) heißt es sinngemäß, dass aus banktechnischen Gründen der Cashselect-Vertrag einen sogenannten qualifizierten Rangrücktritt enthält, d.h. die Kaufpreisforderung des Verkäufers im Rang hinter Forderungen anderer Gläubiger der … zurücktritt.
Am 17.11.2009 schloss die Klägerin mit dem Nebenintervenienten als Treuhänder einen „Geschäftsbesorgungs- und Abtretungsvertrag“ (Anlage K2) betreffend zweier Lebensversicherungen. Der Nebenintervenient kündigte die beiden Lebensversicherungen und schloss für die Klägerin im April 2010 einen Kauf- und Abtretungsvertrag mit der …. Dieser Vertrag enthielt einen qualifizierten Rangrücktritt. Der Rückkaufswert der beiden Lebensversicherungen betrug 7.491,19 €. Vereinbart wurde, dass die Klägerin 40 % des Erlöses sofort nach Auszahlung des Rückkaufwertes durch die Versicherung ausbezahlt bekommt. Darüberhinaus sollten nach 72 Monaten der zugesicherte Kaufpreis in Höhe von 8.989,42 € von der … geleistet werden.
Die Klägerin erhielt die Sofortzahlung in Höhe von 2.996,48 €. Weitere Zahlungen an die Klägerin erfolgten nicht.
Mit Schreiben vom 10.01.2011 teilte die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) dem damaligen Anwalt der …, Rechtsanwalt …, auf die Anfrage, ob eine Erlaubnispflicht nach dem KWG vorliegt, mit, dass das „Produkt 1“ „aufgrund des in § 6 des übersandten Kauf- und Abtretungsvertrages vereinbarten qualifizierten Rangrücktritts nicht den Tatbestand eines Einlagengeschäftes im Sinne des § 1 Abs. 1. Satz 2 Nr. 1 KWG erfüllt“ (vgl. Anlage B 1). Bei dem „Produkt 1“ handelte es sich um das hier streitgegenständliche Modell. Ihre diesbezügliche Rechtsauffassung teilte die BaFin allgemein auch in einem Merkblatt vom 04.08.2011 (Anlage B 2) und in einem Hinweis vom 21.09.2009 (Anlage B 3) mit.
Mit Verfügung vom 24.08.2012 ordnete die eidgenössische Finanzmarkaufsicht … wegen Fehlens der für die betriebenen Bankgeschäfte erforderlichen Erlaubnis mit sofortiger Wirkung die Auflösung und Liquidation der … an. Hintergrund war, dass die … nach Überprüfung zum Ergebnis gelangt war, es handle sich um genehmigungspflichtige Einlagengeschäfte.
Mit Schreiben vom 10.07.2012 teilte die BaFin der … mit, dass der Vertrieb von „Cashselect“, also dem hier gegenständlichen Geschäftsmodell, den Tatbestand des Einlagengeschäfts erfülle und somit erlaubnispflichtig nach § 32 KWG sei.
Die Klägerin meint, ihr stehe ein Anspruch auf Schadensersatz nach § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 32 KWG zu, da weder die … noch der Beklagte über die zur Durchführung der Geschäfte nötige Genehmigung nach § 32 Abs. 1 KWG verfügte. § 32 KWG sei auch anwendbar, da die … in Deutschland über die … als Stellvertreter bzw. Empfangsboten tätig geworden sei. Die … habe Finanzdienstleistungen i.S.d. § 1 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 KWG erbracht. Sie sei als erlaubnispflichtiges Kreditinstitut anzusehen, weil sie in einem Umfang Bankgeschäfte betrieben habe, die einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Gewerbebetrieb erforderten. Die Einnahme von Publikumsgeldern stelle eine erlaubnispflichtige Tätigkeit i.S.d. § 32 KWG dar. Der Beklagte sei als Vertreter der … verpflichtet gewesen, die Erlaubnispflichtigkeit der Geschäfte zu prüfen. Dem sei er nicht nachgekommen und habe deshalb zumindest fahrlässig gehandelt. Dies habe der Beklagte gewusst bzw. hätte es wissen müssen. Der vereinbarte qualifizierte Rangrücktritt ändere daran nichts. Auf Auskünfte Dritter habe sich der Beklagte nicht verlassen dürfen. Seine Verantwortlichkeit ergebe sich aus der Stellung als alleiniges Verwaltungsratsmitglied der …. Der Beklagte hafte deshalb aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 32 KWG wegen des illegalen Betreibens des Einlagengeschäfts.
Der Schaden umfasse die Differenz aus Rückkaufswert und ausgezahltem Betrag sowie den entgangenen Gewinn, wobei von einer zu erwartenden Rendite von 2 % p.a. bei einer Alternativanlage auszugehen sei. Zu ersetzen habe der Beklagte auch außergerichtliche Rechtsanwaltskosten.
Die Klägerin beantragte in erster Instanz:
1.Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin einen Betrag in Höhe von 4.494,71 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 04.05.2013 zu zahlen, Zug um Zug gegen Übertragung der Rechte aus dem abgeschlossenen Kaufvertrag zwischen der Klägerin und der ….
2.Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin einen Betrag in Höhe von 561,84 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
3.Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin den verbleibenden Rest der entstandenen außergerichtlichen Geschäftsgebühr gemäß §§ 13, 14 Nr. 2300 VV RVG in Höhe von 339,75 € nebst 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte behauptet, er sei nicht die zentrale Person bei der … gewesen. Vielmehr sei er nur Verwaltungsratsmitglied und Aktionär zu 25 % neben … und … gewesen. Auch habe ihm die BaFin nicht mit Schreiben vom 10.07.2012 mitgeteilt, dass der Vertrieb von Cashselect den Tatbestand eines Einlagengeschäfts erfülle und damit erlaubnispflichtig sei.
Der Beklagte meint, das KWG sei auf die … als schweizerische Gesellschaft bereits nicht anwendbar. Zudem sei das Geschäftsmodell der … nicht nach § 32 Abs. 1 KWG erlaubnispflichtig gewesen, es handle sich um den Ankauf einer Lebensversicherung mit ratierlicher Auszahlung. Für ein Einlagengeschäft fehle es an der Annahme fremder Gelder. Der Begriff „Geld“ sei im Gesetz eng auszulegen. Der Gesetzgeber habe keinen Anlass gesehen, den „Geldbegriff“ im KWG weiter zu fassen. Davon gehe auch die Kommentarliteratur aus. Ein vergleichbarer Fall sei in der Rechtsprechung noch nicht entschieden worden.
Im Übrigen sei § 54 Abs. 1 KWG eine Strafnorm, die aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht über ihren Wortlaut hinaus ausgelegt werden dürfe.
Jedenfalls aber liege bei dem Beklagten ein „unabwendbarer Verbotsirrtum“ vor, da er sich anwaltlicher Hilfe bedient und von der BaFin im Januar 2011 die Auskunft erhalten habe, dass das Geschäftsmodell keiner Erlaubnis nach § 32 KWG bedürfe. Insoweit habe er jedenfalls einem unvermeidbaren Verbotsirrtum unterlegen.
Im Übrigen liege auch ein Tatbestandsirrtum seinerseits vor. Die Erlaubnispflicht nach § 32 Abs. 1 S. 1 KWG sei ein Tatbestandsmerkmal, über das er sich geirrt habe. Insoweit entfalle der Vorsatz, jedoch – aufgrund der Einholung der entsprechenden Negativauskunft nach § 4 KWG – auch der Fahrlässigkeitsvorwurf.
Zudem sei das Fehlen einer Erlaubnis nicht kausal für die Anlageentscheidung des Klägers gewesen.
Der qualifizierte Rangrücktritt sei auch nicht als allgemeine Geschäftsbedingung unwirksam, da die Klausel nicht nur im Vertrag, sondern auch in dem dem Kläger übermittelten Prospektmaterial (Anlage K 1) übermittelt worden sei.
Auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil wird im Übrigen Bezug genommen, § 540 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO.
Mit Urteil vom 24.09.2015, dem Klägervertreter am 30.09.2015 zugestellt, hat das Amtsgericht Würzburg die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, dass der Beklagte aufgrund eines unvermeidbaren Verbotsirrtum gem. § 17 StGB nicht hafte.
Mit Schriftsatz vom 30.10.2015, eingegangen beim Landgericht … am selben Tag, hat die Klägerin Berufung eingelegt und mit Schriftsatz vom 30.11.2015, eingegangen am selben Tag, begründet.
Im Berufungsverfahren hat die Klägerin beantragt:
Das Endurteil des Amtsgerichts … vom 24.09.2015, Aktenzeichen 17 C 1123/14 wird abgeändert und der Beklagte verurteilt
1.an die Klägerin einen Betrag in Höhe von 4.494,71 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 04.05.2013 zu zahlen, Zug um Zug gegen Übertragung der Rechte aus dem abgeschlossenen Kaufvertrag zwischen der Klägerin und der ….
2.an die Klägerin einen Betrag in Höhe von 561,84 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen
3.an die Klägerin den verbleibenden Rest der entstandenen außergerichtlichen Geschäftsgebühr gemäß §§ 13, 14 Nr. 2300 VV RVG in Höhe von 339,75 € nebst 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Klägerin rügt unter Wiederholung ihres erstinstanzlichen Vortrags im Übrigen insbesondere, dass das Amtsgericht zu Unrecht einen unvermeidbaren Verbotsirrtum angenommen hätte.
Der Beklagte und der Nebenintervenient haben unter Verteidigung des erstinstanzlichen Urteils beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
II.
1. Die zulässige Berufung der Klägerin ist unbegründet.
Die Klägerin hat gegen den Beklagten keinen Anspruch auf Schadensersatz nach § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. §§ 32 Abs. 1, 54 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 KWG a.F..
Es vermag dahinstehen, ob die … für das hier vorliegende Geschäftsmodell trotz vereinbarten Rangrücktritts einer Erlaubnis nach § 32 KWG bedurft hätte.
Jedenfalls befand sich nämlich der Beklagte in einem unvermeidbaren Verbotsirrtum, so dass sein Verschulden entfällt.
Die Schadensersatzhaftung nach § 823 Abs. 2 BGB setzt Verschulden voraus. Verschulden im zivilrechtlichen Sinne jedoch liegt nur vor, wenn der Täter vorsätzlich oder zumindest fahrlässig handelte. Dabei ist zu beachten, dass das Schutzgesetz, gegen das der Beklagte verstoßen haben soll, hier eine Strafvorschrift, nämlich § 54 KWG, ist. Im Zivilrecht gilt zwar grundsätzlich die sogenannte Vorsatztheorie, wonach zum Vorsatz auch das Bewusstsein der Rechtswidrigkeit gehört, so dass bei einem Verbotsirrtum eine Haftung entfällt; handelt es sich jedoch um ein strafrechtliches Schutzgesetz, bei dessen Verletzung ein Verbotsirrtum nach der sogenannten Schuldtheorie nur entlastet, wenn er unvermeidbar war, so gilt dasselbe auch im Anwendungsbereich des § 823 Abs. 2 BGB (BGH Urteil vom 15.05.2012, Az.: VI ZR 166/11 – zit. nach JURIS, dort RdNr. 22 m.w.N.). Soweit hier § 32 Abs. 1 Satz 1 KWG a.F. verletzt ist, handelt es sich zwar nicht um ein Strafgesetz. Da seine Missachtung aber in § 54 Abs. 1 Nr. 2 KWG a.F. unter Strafe gestellt wird, muss auch bezüglich eines etwaigen Verbotsirrtums der Vorsatz in Übereinstimmung mit dem Strafrecht beurteilt werden (BGH a.a.O.). Hält der Täter des § 54 KWG seine Geschäfte für rechtlich zulässig und nicht erlaubnispflichtig, so stellt dies aus strafrechtlicher Sicht einen Verbotsirrtum (§ 17 StGB) dar, der die Tat nur dann als entschuldigt erscheinen lässt, wenn er unvermeidbar war (BGH a.a.O. RdNr. 23 m.w.N.; OLG Bamberg, Beschluss vom 24.02.2015, Az.: 4 U 170/14).
Unvermeidbarkeit ist hierbei anzunehmen, wenn der Täter genügende Erkundigungen über eine Erlaubnispflicht eingezogen hat, vorzugsweise durch Einholung einer Auskunft der Erlaubnisbehörde (BGH a.a.O.; OLG Bamberg a.a.O.).
Die Kammer hat mit Terminsverfügung vom 16.03.2016 den Beklagten – entsprechend den Hinweisen des OLG … in einem Parallelverfahren – u.a. darauf hingewiesen, dass der Beklagte zur Darlegung eines unvermeidbaren Verbotsirrtums weiter vorzutragen habe, insbesondere die an die BaFin versandten Unterlagen sowie die schriftlichen Auskünfte der Rechtsanwälte … vorzulegen habe.
Mit Schriftsatz vom 18.04.2016 hat der Beklagte vortragen lassen, dass die streitgegenständlichen Verträge von den Rechtsanwälten … entworfen und u.a. auch auf die Frage einer Vereinbarkeit mit dem KWG geprüft worden seien. Beide Anwälte, welche auf dem Gebiet des Banken- und Kapitalmarktrechts, wie auch auf dem Gebiet des Vertragsrechts spezialisiert seien, seien zu dem Ergebnis gekommen, dass aufgrund des vertraglich vereinbarten qualifizierten Rangrücktritts der Tatbestand des erlaubnispflichtigen Einlagengeschäfts nicht erfüllt sei. Die benannten Rechtsanwälte sowie ein Schreiben des Rechtsanwaltes Markus Saller vom 16.03.2012 wurden als Beweismittel angeboten. Der Vortrag des Beklagten blieb in der Folge unbestritten. Der klägerische Vortrag beschränkte sich auf die – aus den Verfahren in erster Instanz bekannte – Mitteilung, dass „aussichtsreiche Vertragsverhandlungen“ geführt würden – sowie auf den Verweis auf ein weiteres Urteil des Kammergerichts.
Wie auch schon in den bereits von der Kammer gem. § 522 Abs. 2 ZPO entschiedenen Fällen steht für die Kammer daher aufgrund des unbestrittenen Vortrags des Beklagten fest, dass die zugrundeliegenden Vertragsklauseln einer fundierten anwaltlichen Prüfung unterzogen worden und für mit dem KWG vereinbar erachtet worden sind. Mangels Bestreiten der Klägerseite ist dabei auch davon auszugehen, dass die Prüfung die Frage der zivilrechtlichen Wirksamkeit der Rangrücktrittsklausel umfasst hatte.
Dem Vortrag der Klägerin in der Berufungsbegründung, dass der Beklagte im Hinblick auf den Verbotsirrtum die Beweislast trage, weil die Klägerin das Vorliegen eines Verbotsirrtums substantiiert bestritten habe, vermag die Kammer aufgrund des in diesem Verfahren klägerseits erfolgten bzw. wie oben dargestellt nicht erfolgten Vortrags nicht folgen. Soweit in der Berufungsbegründung aus Tatbeständen anderer – hier nicht bekannter – Entscheidungen zitiert wird, kann dies der Klägerin nicht zum Erfolg verhelfen, da der bloße Verweis auf andere Zivilverfahren nach dem zivilprozessualen Beibringungsgrundsatz den eigenen Sachvortrag nicht ersetzen kann. Soweit aus den Entscheidungsgründen anderer Urteile zitiert wird, gilt dies umso mehr, da schon nicht mitgeteilt wird, aufgrund welcher zivilprozessualer Grundlage die Entscheidung erging.
Auf die eingeholten Auskünfte durfte sich der Beklagte auch verlassen, zumal die von diesen erteilte Rechtsauskunft nicht nur gut vertretbar war, sondern offensichtlich auch mit der (damaligen) Auffassung der BaFin übereinstimmte. Im Auftrag der … nämlich holte ein Rechtsanwalt – zusätzlich zu der eigenen Überprüfung – noch eine Auskunft über die Erlaubnispflicht bei der hierfür zuständigen BaFin ein. Diese teilte der … schriftlich im Januar 2011 mit, dass das Geschäftsmodell, das einen qualifizierten Rangrücktritt beinhaltet, also das hier gegenständliche, keiner Erlaubnis bedarf. Dass keine „Genehmigung“ der BaFin für das gegenständliche Geschäft vorlag, ändert daran nichts. Einer solchen bedurfte es nämlich nicht, auch nicht eines Negativtestats nach § 4 KWG. Die BaFin erteilte der … jedoch nicht nur lediglich eine abstrakte Rechtsauskunft, sondern sie beurteilte gerade anhand von Unterlagen das von der … verwendeten Geschäftsmodell.
Es liegen auch keine Anhaltspunkte dafür vor, dass der Beklagte – jedenfalls zum damaligen Zeitpunkt – hätte erkennen können und müssen, dass die Auskunft seiner beauftragten Rechtsanwälte und die (spätere) der zuständigen Behörde falsch sein könnte. Von einer Privatperson, auch wenn sie Vorstand ist, kann nicht mehr erwartet werden, als Rechtskundige zuzuziehen und zusätzlich noch die zuständige Behörde zu kontaktieren. Bei anderem Ergebnis der rechtlichen Prüfung wäre es dem Beklagten unschwer möglich gewesen, noch vor dem hier streitgegenständlichen Geschäftsabschluss entweder die Erlaubnis nach KWG einzuholen oder aber – im Falle der Verweigerung – vom Geschäft Abstand zu nehmen.
Er handelte also – zivilrechtlich gesehen – nicht vorsätzlich und auch nicht fahrlässig.
Dass die BaFin deutlich nach dem hiesigen Vertragsschluss, nämlich im Juli 2012, ggf. ihre Auffassung geändert haben könnte, ist irrelevant für die Annahme des Verbotsirrtums.
Auch berührt die Frage, ob der qualifizierte Rangrücktritt im Einzelfall wirksam vereinbart worden ist, die Frage der Erlaubnispflicht des Geschäftsmodells nicht (OLG Bamberg a.a.O.).
Eine andere Anspruchsgrundlage ist nicht ersichtlich. Insbesondere liegen die Voraussetzungen einer vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung durch den Beklagten nicht vor, § 826 BGB. Es wurden bereits keine Tatsachen vorgetragen, aus denen sich ein vorsätzliches, sittenwidriges Verhalten des Beklagten ergeben soll.
2. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 97, 101 ZPO.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 10 ZPO.
Die Revision war zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zuzulassen, § 543 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 ZPO.gericht

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