Bankrecht

Unwirksamer Widerruf eines Verbraucherdarlehens zur Finanzierung des Erwerbs eines Kfz

Aktenzeichen  5 U 2598/19

Datum:
27.8.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 46272
Gerichtsart:
OLG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
ZPO § 524 Abs. 4, § 543 Abs. 2

 

Leitsatz

Der Umstand, dass eine Vielzahl von gleichgelagerten Klagen wegen verschiedener Autofinanzierungsdarlehensverträgen anhängig gemacht worden sind und werden, gibt einer Sache keine grundsätzliche Bedeutung. Klärungsbedürftig ist eine Rechtsfrage nur dann, wenn sie vom Bundesgerichtshof bisher nicht entschieden worden ist und von einigen Oberlandesgerichten unterschiedlich beantwortet wird (ebenso BGH BeckRS 2018, 22559). (Rn. 13 – 16) (red. LS Andy Schmidt)

Verfahrensgang

35 O 14445/18 2019-04-18 Endurteil LGMUENCHENI LG München I

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Endurteil des Landgerichts München I vom 18.04.2019, Aktenzeichen 35 O 14445/18, wird zurückgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
3. Das in Ziffer 1 genannte Urteil des Landgerichts München I ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.
4. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 22.189,54 € festgesetzt.

Gründe

Die Parteien streiten über den Widerruf eines von der beklagten Bank gewährten Verbraucherdarlehens zur Finanzierung des Erwerbs eines Kfz.
Der Darlehensvertrag datiert vom 28.06.2016 (vgl. Anl. K 1), der Widerruf erfolgte am 04.07.2018 (Anl. K 2). Wegen der weiteren Einzelheiten wird gemäß § 540 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO auf die Feststellungen des landgerichtlichen Urteils Bezug genommen.
Der Kläger hat in erster Instanz beantragt,
1.Der Kläger schuldet ab seiner Widerrufserklärung vom 04.07.2018 aus dem mit der Beklagten zwecks Finanzierung des Fahrzeuges des Herstellers: …, 5- Türer, Fahrgestell-Nummer: … abgeschlossenen Darlehensvertrag zu der Finanzierungs-Nr.: … weder Zins- noch Tilgungsleistungen gemäß § 488 Abs. 1 Satz 1 BGB.
2.Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger einen Betrag in Höhe von 4.802,93 € nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der EZB hieraus zu zahlten nach Herausgabe des Fahrzeuges des Herstellers: …, 5-Türer, Fahrgestell-Nummer: … nebst Fahrzeugschlüsseln und -papieren durch den Kläger an die Beklagte.
3.Es wird festgestellt, dass die Beklagte mit der Annahme des Kraftfahrzeuges des Herstellers: …, Typ/Modell: …, 5- Türer, Fahrgestell-Nummer: … sich in Verzug befindet.
4.Die Beklagte wird verurteilt an den Kläger vorgerichtliche Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 1.171,67 € nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der EZB hieraus seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und für den Fall, dass die Klage zugesprochen werden sollte, hilfsweise folgenden Widerklageantrag gestellt:
Es wird festgestellt, dass der Kläger verpflichtet ist, der Beklagten Wertersatz für den Wertverlust des …, Fahrgestell-Nummer: … zu leisten, der auf einen Umgang mit dem Fahrzeug zurückzuführen ist, der zur Prüfung der Beschaffenheit, der Eigenschaften und der Funktionsweise nicht notwendig war.
Der Kläger hat beantragt,
die Hilfswiderklage abzuweisen.
Das Landgericht hat die Klage durch dem Kläger am 26.04.2019 zugestellten Endurteil vom 18.04.2019 abgewiesen, weil der Widerruf verfristet gewesen sei. Dagegen wendet er sich mit seiner am 24.05.2019 eingelegten Berufung, die er am 26.06.2019 begründet hat. Er trägt insbesondere vor, mangels ordnungsgemäßer Erteilung der Pflichtangaben habe die Widerrufsfrist nicht zu laufen begonnen. Es sei unzureichend über die Berechnungsmethode des Anspruchs auf Vorfälligkeitsentschädigung, des einzuhaltenden Verfahrens bei Kündigung des Vertrages, über die Auszahlungsbedingungen, zur Art des Darlehens und zu den Widerrufsfolgen belehrt worden. Die Widerrufsbelehrung sei widersprüchlich und irreführend.
Nachdem der Kläger zunächst beantragt hatte das Ersturteil abzuändern und nach seinen erstinstanzlichen Anträgen zu erkennen beantragte er nach Zahlung der Schlussrate an die Beklagte am 05.08.2019 den Rechtsstreit bzgl. des Klageantrags Ziffer 1. für erledigt zu erklären und unter Aufhebung des Ersturteil:
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger einen Betrag in Höhe von 22.376,93 € nebst Zinsen in Höhe von 5-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der EZB hieraus zu zahlen nach Herausgabe des Fahrzeuges des Fabrikats: .., Typ/Modell: …, 5-Türer, Fahrgestell-Nummer: … nebst Fahrzeugschlüsseln und -papieren durch den Kläger an die Beklagte.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Senat hat den Kläger mit seinem am selben Tag zugestellten Beschluss vom 02.07.2019 darauf hingewiesen, dass er beabsichtige, die Berufung durch Beschluss gem. § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen. Die Widerrufsinformation samt Pflichtangaben sei ordnungsgemäß erteilt worden. Insbesondere seien die Angaben zur Vorfälligkeitsentschädigung, zum einzuhaltenden Verfahren bei Kündigung, zu den Auszahlungsbedingungen, zur Art des Darlehens und zu den Widerrufsfolgen ordnungsgemäß erteilt worden. Die dem Kläger erteilte Widerrufsbelehrung werde durch die Angabe 0.00 € weder unrichtig, noch undeutlich.
Dazu hat der Kläger mit Schriftsatz vom 19.08.2019 mitgeteilt, dass er mit der seitens des Senats vertretenen Rechtsauffassung (naturgemäß) nicht einverstanden sei und unter Hinweis auf das am 28.05.2019 verkündete Urteil des OLG Düsseldorf (Az.: 9 U 77/18) beantragt, die Revision zuzulassen.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf das Ersturteil, die im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie den bereits zitierten Senatsbeschluss Bezug genommen.
II.
Die Berufung gegen das Endurteil des Landgerichts München I vom 18.04.2019, Aktenzeichen 35 O 14445/18, ist gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil nach einstimmiger Auffassung des Senats das Rechtsmittel offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung nicht geboten ist.
Zur Begründung wird auf den vorausgegangenen Hinweis des Senats Bezug genommen. Zur Sache selbst wurden auf diese Hinweise keine weiteren Einwendungen erhoben. Es wurde lediglich bei Änderung der Klageanträge ausdrücklich beantragt, die Revision zuzulassen.
Die mit Schriftsatz vom 19.08.2019 angekündigte Klageänderung wird entsprechend § 524 Abs. 4 ZPO mit Erlass des Beschlusses nach § 522 Abs. 2 ZPO wirkungslos (siehe BGH, Urteil vom 24. Oktober 2013 – III ZR 403/12 -, BGHZ 198, 315-327, Rn. 8; BGH, Beschluss vom 06. November 2014 – IX ZR 204/13 -, Rn. 2, juris).
Dem Antrag des Klägers auf Zulassung der Revision war nicht zu entsprechen, da die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen. Der Umstand, dass eine Vielzahl von gleichgelagerten Klagen wegen verschiedener Autofinanzierungsdarlehensverträgen anhängig gemacht worden sind und werden, gibt der Sache keine grundsätzliche Bedeutung. Klärungsbedürftig ist eine Rechtsfrage nur dann, wenn sie vom Bundesgerichtshof bisher nicht entschieden worden ist und von einigen Oberlandesgerichten unterschiedlich beantwortet wird (BGH, Beschluss vom 15.8.2018, XII ZB 32/18 Rn.4). Soweit sich der Kläger auf die Entscheidung des OLG Düsseldorf im Urteil vom 28.05.2019 (9 U 77/18) beruft, wurden dort die Ansprüche wegen Verwirkung nicht zugesprochen. Soweit in einem obiter dictum aufgrund der Angabe von „0,00 Euro“ ein Belehrungsfehler angenommen wurde, begründet dies keine Divergenz. Denn die Revision ist zur Sicherung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung wegen Divergenz nur zuzulassen, wenn in der Entscheidung des Berufungsgerichts ein abstrakter Rechtssatz aufgestellt wird, der von einem in anderen Entscheidungen eines höheren oder eines gleichgeordneten Gerichts aufgestellten – tragendem – abstrakten Rechtssatz abweicht. Ein Rechtssatz, von dem abgewichen wird, liegt damit noch nicht vor (siehe BGH, Beschluss vom 14. Februar 2019 – I ZR 84/18 -, Rn. 4, juris; BGH, Beschluss vom 20. Dezember 2018 – IX ZR 81/16 -, Rn. 7, juris).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Die Feststellung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit des angefochtenen Urteils erfolgt gemäß §§ 708 Nr.10, 711 ZPO.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wurde in Anwendung der §§ 47, 48 GKG bestimmt.

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