Aktenzeichen 2 O 3148/17
Leitsatz
1. Zur Darlegung der Forderung des Insolvenzverwalters gegen die Kommanditisten auf Erstattung empfangener Ausschüttungen ist es ausreichend, wenn der Insolvenzverwalter die Insolvenztabelle vorlegt mit festgestellten Forderungen, die nicht aus der Insolvenzmasse befriedigt werden können (Anschluss an BGH BeckRS 2011, 29866). (Rn. 35) (redaktioneller Leitsatz)
2. In der Insolvenz der Gesellschaft wirkt die Feststellung einer Forderung gegen die insolvente KG mittelbar auch gegen die persönlich haftenden Gesellschafter und schneidet ihnen die Einwendungen ab. (Rn. 37) (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
1. Das Versäumnisurteil des Landgerichts München II vom 07.03.2018, Az.: 2 O 3148/17, bleibt aufrechterhalten.
2. Die Beklagte trägt die weiteren Kosten des Rechtsstreits.
3. Die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil des Landgerichts München II vom 07.03.2018, Az.: 2 O 3148/17, darf nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags fortgesetzt werden.
4. Der Streitwert wird auf 11.000,00 € festgesetzt.
Gründe
Die Klage ist begründet.
Auf den form- und fristgerecht erhobenen Einspruch der Beklagten gegen das Versäumnisurteil hin war dieses daher aufrechtzuerhalten (§ 343 S. 1 ZPO).
Der Kläger kann von der Beklagten die geltend gemachte Zahlung nach §§ 172 Abs. 4, 171 Abs. 1, Abs. 2 HGB verlangen. Eine Übertragung des Rechtsstreits auf die Kammer war nicht veranlasst. Die Voraussetzungen des § 348 Abs. 3 S. 1 ZPO liegen nicht vor. Die Sache hat weder besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art noch grundsätzliche Bedeutung. Eine übereinstimmende Beantragung der Parteien liegt nicht vor.
I.
Die Klage ist begründet.
Die Einwendungen des Beklagtenvertreters dringen nicht durch.
1. Der Kläger ist aktivlegitimiert. Der Kläger kann die Beklagte gemäß § 171 Abs. 2 HGB als Prozessstandschafter der Gesellschaftsgläubiger in Anspruch nehmen.
2. Eine Interessenkollision des Insolvenzverwalters liegt nicht vor. Die Beklagte hat auch eine solche nicht konkret dargetan.
3. Nach §§ 171 Abs. 1, 172 Abs. 4 S. 1, 161 Abs. 2, 129 Abs. 1 HGB, 178 Abs. 3 InsO hat die Beklagte die erhaltenen Ausschüttungen in Höhe von 11.000,00 € an den Kläger zurückzuzahlen.
Die Beklagte hat im Zeitraum 2005 bis 2008 Ausschüttungen in Höhe von 11.000,00 € erhalten, obwohl die Insolvenzschuldnerin keine Gewinne erzielt hat.
Dadurch ist die Kommanditeinlage der Beklagten herabgemindert worden. Die Beklagte kann sich nicht darauf berufen, dass sie im Innenverhältnis zur Insolvenzschuldnerin einen Anspruch auf Ausschüttung hatte. Dies folgt aus dem Gedanken des § 172 Abs. 3 HGB. Danach ist eine Vereinbarung der Gesellschafter, durch die einem Kommanditisten die Einlage erlassen oder gestundet wird, den Gläubigern gegenüber unwirksam. Dies gilt entsprechend für eine Vereinbarung hinsichtlich einer Ausschüttung trotz eingetretener Verluste.
Es bedurfte auch keines Gesellschafterbeschlusses für die Geltendmachung des streitgegenständlichen Anspruchs. Dieser Anspruch ergibt sich aus dem Gesetz. Zur Geltendmachung ist der Insolvenzverwalter berechtigt (§ 171 Abs. 2 HGB).
4. Der Kläger hat hinreichend Gläubigerforderungen dargetan. Der Anspruch aus §§ 172 Abs. 4, 171 Abs. 1, 2 HGB ist zwar dann nicht begründet, soweit die Haftsumme zur Befriedigung der Gesellschaftsgläubiger nicht benötigt wird. Anhaltspunkte dafür liegen jedoch nicht vor. Substantielle Einwände gegen den Vortrag des Klägers zu den Gläubigerforderungen hat die Beklagte nicht erhoben.
Zur Darlegung der Forderung ist es ausreichend, wenn der Kläger die Insolvenztabelle vorlegt mit festgestellten Forderungen, die nicht aus der Insolvenzmasse befriedigt werden können (BGH, Beschluss vom 18.10.2011 – II ZR 37/10, BeckRS 2011, 29866 Rn. 9 mwN; Urt. v. 22.3.2011 – II ZR 100/09, BeckRS 2011, 09689 Rn. 20 und BGHZ 109, 334 = NJW 1990, 1109 [1111]; BGH NZI 2018, 442, beck-online).
Der Kläger hat die Insolvenztabelle mit festgestellten Forderungen von Gesellschaftsgläubigern iHv 575.170,14 € Euro vorgelegt. Die zur Insolvenztabelle festgestellten Forderungen können nicht aus der Insolvenzmasse befriedigt werden. Die Angabe einer Reihenfolge der in der Insolvenztabelle enthaltenen Forderungen hinsichtlich ihrer Geltendmachung durch den Kläger ist nicht erforderlich. Einer solchen Angabe bedarf es im vorliegenden Fall nicht, da die nach Insolvenzeröffnung vom Insolvenzverwalter einzuziehende Hafteinlage nur noch zur gleichmäßigen (anteiligen) Befriedigung der berechtigten Gläubiger verwendet werden darf (vgl. BGH, Beschluss vom 18.10.2011 – II ZR 37/10, BeckRS 2011, 29866 Rn. 9; BGHZ 42, 192 [194] = NJW 1964, 2407; BGH NZI 2018, 442, beck-online).
Die Feststellung der Gesellschaftsschuld in der Insolvenz der Gesellschaft nach § 178 Abs. 3 InsO wirkt gegen die Beklagte als Kommanditistin, §§ 161 Abs. 2, 129 Abs. 1 HGB. Nach § 178 Abs. 3 InsO hat die Eintragung in die Tabelle die Wirkung eines rechtskräftigen Urteils. In der Insolvenz der Gesellschaft wirkt die Feststellung einer Forderung gegen die insolvente KG mittelbar auch gegen die persönlich haftenden Gesellschafter und schneidet ihnen die Einwendungen ab (EBJS-Hillmann HGB, § 129 Rz. 5 – 7, Beck-Online). Daher kommt es auf die von der Beklagten mit Nichtwissen bestrittene Forderungsanmeldung nicht an. Aus der von der Beklagten zitierten Entscheidung des Reichsgerichts (RGZ 51, 33, 40) ergibt sich nichts Gegenteiliges. In dieser Entscheidung ging es um die Beantwortung der Frage, ob die noch rückständigen Einlagen der Kommanditisten zur Deckung der Gesellschaftsschulden erforderlich seien.
Das Bestreiten der Gläubigerforderungen ist unbeachtlich, da die Beklagte diese Einwendung aufgrund der Wirkungen der widerspruchslosen Feststellung der Forderungen in der Insolvenztabelle nach §§ 129 I, 161 II HGB abgeschnitten ist. Die Schuldnerin könnte sich mit dieser Einwendung gegen ihre Inanspruchnahme nicht zur Wehr setzen (BGH NZI 2018, 442, beck-online).
Ebensowenig zielführend sind die Einwendungen der Beklagten, es fehle eine ausreichende Substantiierung, Erfüllung sei eingetreten, die Einredeverjährung werde erhoben und es stehe eine vorsätzliche sittenwidrige Schädigung im Raum. Die Beklagte hat hierzu schon nicht konkret vorgetragen. Im Übrigen haftet sie nach §§ 161 Abs. 2, 129 Abs. 1 HGB.
5. Der Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 286, 288, 291 BGB.
II.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus §§ 91, 344 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 S. 3 ZPO.