Bankrecht

Widerruf eines Darlehensvertrages

Aktenzeichen  40 O 18308/17

Datum:
26.7.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 52699
Gerichtsart:
LG
Gerichtsort:
München I
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
EGBGB Art. 245Art. 247 § 3 Nr. 2, Nr. 11, Nr. 13
BGB § 355, § 356b Abs. 1, § 491 Abs. 1,§ 492 Abs. 2, § 495 Abs. 1
RL 2008/48/EG Art. 10 Abs. 1
ZPO § 3, § 91, § 709 S. 1 u. 2

 

Leitsatz

Nach § 355 II 3 BGB a.F. genügt die Abschrift der Vertragserklärung des Verbrauchers, das ihm belassene Exemplar nicht von ihm unterzeichnet oder mit dem Abbild seiner Unterschrift versehen sein muss. (Rn. 26) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
Beschluss
Der Streitwert wird auf 32.365,00 € festgesetzt.

Gründe

Die zulässige Klage ist unbegründet. Dem Kläger stehen gegen die Beklagte keine Ansprüche auf Rückabwicklung des Darlehensvertrages zu, weil der vom Kläger mit Schreiben vom 10.08.2017 erklärte Widerruf verfristet und somit unwirksam war.
1. Zwischen den Parteien kam unstreitig ein Verbraucherkreditvertrag im Sinne des § 491 Abs. 1 BGB in der bei Vertragsschluss maßgeblichen Fassung vom 13.06.2014 bis 20.03.2016 (im Folgenden: a.F.) zustande. Dem Kläger stand damit grundsätzlich ein Widerrufsrecht gemäß §§ 495 Abs. 1, 355 BGB a.F. zu.
2. Bei Erklärung des Widerrufs am 10.08.2017 war die Widerrufsfrist allerdings längst abgelaufen. Vorliegend sind die Voraussetzungen für den Beginn der Widerrufsfrist gemäß § 356b Abs. 1, 2 BGB i.V.m. § 492 Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 247 §§ 6 bis 13 EGBGB a.F. gegeben.
a) Die Widerrufsfrist begann entsprechend § 356b Abs. 1 BGB in der vom 13.06.2014 bis 20.03.2016 geltenden Fassung (im Folgenden: a.F.) mit der Aushändigung einer Abschrift der klägerischen Vertragserklärung. Der Kläger hat unstreitig zwei Exemplare des Vertragstextes erhalten, von denen er eines unterzeichnete und an die Beklagte zurückgesandte, während er das weitere für seine Unterlagen behielt (Anlage K1).
Nach § 356b Abs. 1 BGB a.F. beginnt die Widerrufsfrist nicht, bevor der Darlehensgeber dem Darlehensnehmer eine für diesen bestimmte Vertragsurkunde, den schriftlichen Antrag des Darlehensnehmers oder eine Abschrift der Vertragsurkunde oder seines Antrags zur Verfügung gestellt hat.
Der Begriff „Vertragsurkunde“ bezeichnet nur das von beiden Vertragsparteien unterzeichnete schriftliche Original des Vertrags (BGH, Urteil vom 21.02.2017 – XI ZR 381/16). Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt. Jedoch genügt es ausweislich § 356b Abs. 1 BGB a.F. auch, wenn dem Darlehensnehmer eine Abschrift seines Vertragsantrags zur Verfügung gestellt wird.
Diese Voraussetzung ist dadurch erfüllt, dass der Kläger die in Anlage K1 vorgelegte Kopie des Vertrages bzw. des Vertragsantrages erhalten hat. Entgegen der klägerischen Auffassung bedurfte es keiner Unterschriften auf diesen Unterlagen. So heißt es bereits in Art. 10 Abs. 1 der Richtlinie 2008/48/EG vom 23. April 2008, dass Kreditverträge auf Papier oder auf einem anderen dauerhaften Datenträger erstellt werden und alle Vertragsparteien eine Ausfertigung des Kreditvertrags erhalten. In Art. 3 lit. m RL/2008/48 erfolgt die Legaldefinition des Begriffes dauerhafter Datenträger: Jedes Medium, dass es dem Verbraucher gestattet, an ihn persönlich gerichtete Informationen derart zu speichern, dass er sie in der Folge für eine den Zwecken der Informationen angemessene Dauer einsehen kann, und das die unveränderte Wiedergabe der gespeicherten Informationen ermöglicht. Die Gesetzesmaterialien (Bundestagsdrucksache 16/11643, S. 80) führen dazu Folgendes aus: „Eine Abschrift ist unabhängig von ihrer Herstellung jedes Dokument, das den Vertragsinhalt wiedergibt, ohne dass es besonderer förmlicher Zusätze, wie beispielsweise einer Unterschrift, bedarf. So ist Artikel 10 Abs. 1 Satz 2 der Verbraucherkreditrichtlinie zu verstehen, der von einer „Ausfertigung“ spricht.“
Diese Sichtweise bestätigte der europäische Gerichtshof in seinem Urteil vom 9.11.2016 (Az. C-42/15): „Zweitens ist zu der Frage, ob ein auf Papier erstellt Kreditvertrag nach den im Recht des betreffenden Mitgliedstaats vorgesehenen Modalitäten von den Parteien unterzeichnet werden muss, darauf hinzuweisen, dass Art. 10 Abs. 1 Unterabsatz 1 der Richtlinie 2008/48 keinen Verweis auf das innerstaatliche Recht enthält und die Begriffe „auf Papier“ und „dauerhafter Datenträger“ in dieser Bestimmung daher eine eigenständige Bedeutung haben. Ihre Auslegung kann nicht durch innerstaatliche Vorschriften über die Form, die bei der Erstellung von Kreditverträgen zu beachten ist, bestimmt werden… Wie schon aus dem Wortlaut von Art. 10 Abs. 1 der Richtlinie 2008/48 hervorgeht, bezieht sich der Begriff „auf Papier“ auf das Medium, auf dem der Kreditvertrag erstellt wird, ohne dass die Unterzeichnung dieses Papiers gefordert wird.“
Und auch der BGH bestätigt in seinem Urteil vom 27.02.2018 (Az. XI ZR 160/17): „Weil nach § 355 II 3 BGB a.F. die Abschrift der Vertragserklärung des Verbrauchers genügt, muss das ihm belassene Exemplar nicht von ihm unterzeichnet oder mit dem Abbild seiner Unterschrift versehen sein.“
Überdies hielt der Kläger in dem Moment, in dem er die Vertragsurkunden für die Bank unterschrieben hatte, eine eigene Abschrift seine Erklärung in den Händen, unabhängig davon, ob er das für ihn bestimmte Exemplar ebenfalls unterschrieben hat. Ein beiderseits unterschriebenes Vertragsexemplar musste dem Kläger nicht ausgehändigt werden, was aus § 492 Abs. 1 Satz 2 BGB folgt. Zudem stünde der Auffassung des Klägers auch § 242 BGB entgegen. Die Kläger verhält sich vertragswidrig, wenn er entgegen des ausdrücklichen Hinweises das für ihn ausgefertigte Exemplar nicht unterzeichnet, so dass er daraus auch keine Rechte herleiten kann.
Den Anforderungen des § 356b Abs. 1 BGB a.F. ist mithin Genüge getan.
b) Dem Kläger sind auch die gemäß § 492 Abs. 2 BGB i.V.m. Art. 27 §§ 6 bis 13 EGBGB a.F. erforderlichen Pflichtangaben ordnungsgemäß mitgeteilt worden. Die vom Kläger gerügten Fehler liegen nicht vor.
aa) Soweit der Kläger meint, der Darlehensvertrag enthalte nicht die notwendige Pflichtangabe zur Art des Darlehens (Art. 247 § 6 Abs. 1 Nr. 1, § 3 Nr. 2 EGBGB a.F.), folgt das Gericht dieser Auffassung nicht. Die Pflichtangabe zur Art des Darlehens ist in den Vertragsunterlagen enthalten. In den Gesetzesmaterialien (Gesetzesentwurf zur Umsetzung der Verbraucherkreditrichtlinie vom 21.1.2009, BT-Drs. 16/11643, S. 123) heißt es hierzu: „Nach Nummer 2 muss die „Art des Darlehens“ angegeben werden. Dies entspricht Artikel 5 Abs. 1 Satz 4 Buchstabe a, Artikel 6 Abs. 1 Satz 2 Buchstabe a der Verbraucherkreditrichtlinie. Nummer 2 umfasst auch die „Produktbeschreibung“ aus dem Europäischen Standardisierten Merkblatt für grundpfandrechtlich gesicherte Verbraucherdarlehensverträge. Bei der „Art“ kann zunächst zwischen Darlehensverträgen und anderen entgeltlichen Finanzierungshilfen unterschieden werden. Die Vertragsart kann deshalb zum Beispiel auch als „Leasingvertrag“ bezeichnet werden. Die Art kann sich aber auch auf die nähere Ausgestaltung des Darlehens beziehen, z.B. ein befristetes oder unbefristetes Darlehen mit regelmäßiger Tilgung oder Tilgung am Ende der Laufzeit. Auch die besonderen Formen, die in §§ 503 bis 505 BGB-E genannt werden, stellen Darlehensarten dar.“
Die Beklagte hat diese Pflichtangabe vorliegend an mehreren Stellen erteilt. Zum einen findet sich die Angabe in dem von der Beklagten verwendeten Muster nach Anlage 4 zu Art. 247 EGBGB „Europäische Standardinformation für Verbraucherkredite“. Dort ist ausdrücklich die Kreditart angegeben (Anlage B1, S. 1 von 10). Weiter findet sich auf Seite 4 von 10 unter Ziffer 1. (Anlage B2) nochmals eine klare Beschreibung des Inhalts des Darlehensvertrags.
Die „Europäische Standardinformation für Verbraucherkredite“ sowie die „Informationen zu Ihrem Darlehensvertrag“ wurden vorliegend – was ausweislich Erwägungsgrund Nr. 30 der Richtlinie 2008/48/EG vom 23.04.2008 ausdrücklich zulässig ist – als Teil des Darlehensvertrags ausgehändigt und sind damit selbst Bestandteil dieses Vertrages. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist die Einheit einer Urkunde gewahrt, wenn eine fortlaufende Paginierung vorliegt (BGH, Urteil vom 24.9.1997 – XII ZR 234/95). Dies ist, wie sich aus den Anlagen B1 bis B3 zusammen mit der Anlage K1 ergibt, durch die erfolgte fortlaufende Paginierung hier der Fall. Die Angaben liegen also keineswegs nur in (separaten) vorvertraglichen Informationen oder in sonstigen Dokumenten vor, sondern sie sind in der Vertragsurkunde selbst enthalten. Sie befinden sich zudem für den Verbraucher leicht auffindbar und übersichtlich gestaltet gleich auf den ersten Seiten der Vertragsunterlagen, sodass der Voraussetzung einer „klaren und verständlichen“ Angabe Genüge getan ist. Beachtlich sind vorliegend auch die Allgemeinen Darlehensbedingungen, zumal auf selbige direkt oberhalb der Unterschriftenzeile ausdrücklich hingewiesen wurde (BGH, Urteil vom 04.07.2017 – XI ZR 741/16).
Im Übrigen sind auch auf dem (vom Kläger als Anlage K1 als erste Seite des Vertrags vorgelegten) Darlehensantragsformular auf Seite 5 von 10 oben die Angaben „Darlehensantrag Ratenkredit“ enthalten, sowie weiter unter „Zahlungsplan“ die Laufzeit und die einzelnen Tilgungsraten. Die Art des Darlehens ist auch hieraus klar ersichtlich.
bb) Entgegen der Auffassung des Klägers war eine etwaige Vermittlungsprovision des Händlers nicht im Darlehensvertrag anzugeben. Nach Art. 247 § 6 Abs. 1 Nr. 1, § 3 Nr. 10 EGBGB sind „alle sonstigen Kosten, insbesondere in Zusammenhang mit der Auszahlung oder der Verwendung eines Zahlungsauthentifizierungsinstruments“ anzugeben. Der Sinn der Information besteht nach den Gesetzesmaterialien darin, dem Darlehensnehmer einen Überblick über die sonstigen Kosten eines Darlehensvertrags zu verschaffen. Darunter fallen alle Gebühren, Auslagen und sonstigen Kosten, die der Darlehensnehmer im Zusammenhang mit dem Vertrag zu tragen hat. Fallen weitere Kosten in einem separaten Vertrag an, sind diese Kosten jedoch nicht bei Nr. 10 anzugeben (Gesetzesentwurf zur Umsetzung der Verbraucherkreditrichtlinie v. 21.1.2009, BT-Drs. 16/11643, S. 124).
Bei den vom Kläger behaupteten Vermittlungsprovisionen würde es sich zum einen schon nicht um Kosten in diesem Sinne handeln (vgl. MüKoBGB/Schürnbrand, 7. Auflage 2016, § 491a Rn. 33). Zum anderen sind nach dem unbestritten gebliebenen Vortrag der Beklagten schon gar keine Kosten zu Lasten der Klagepartei für die Vermittlung des Darlehensvertrages angefallen.
cc) Die nach Art. 247 § 6 Abs. 1 Nr. 1, § 3 Nr. 11 EGBGB a.F. erforderlichen Angaben zum Verzugszinssatz und der Art und Weise seiner etwaigen Anpassung sowie gegebenenfalls anfallenden Verzugskosten sind ebenfalls ordnungsgemäß im Vertrag aufgeführt.
Die Angaben sind in der „Europäischen Standardinformation für Verbraucherkredite“ (Anlage B1, Seite 2 von 10 der Vertragsunterlagen), auf Seite 4 von 10 der Vertragsunterlagen (Anlage B2) unter Ziffer 5 („Welche Folgen ergeben sich bei Zahlungsverzug“) sowie nochmals und insbesondere auch auf dem Darlehensantragsformular selbst (Anlage K1, Seite 5 von 10 der Vertragsunterlagen) unter „Wichtige Hinweise“, „Ausbleibende Zahlungen“ enthalten. Dort heißt es: „Für ausbleibende Zahlungen werden die gesetzlichen Verzugszinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszins pro Jahr (…) berechnet.“
Damit wird den Anforderungen an eine klare und verständliche Angabe Genüge getan.
Aus Sicht des Gerichts ist hier nicht die konkrete Angabe des Verzugszinssatzes erforderlich. Der Verzugszins ist durch die Angabe von „fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz pro Jahr“ vielmehr ausreichend angegeben. Soweit dies in der Literatur teilweise anders gesehen wird, folgt dem das Gericht nicht. Eine Verpflichtung zur Angabe einer absoluten Zahl lässt sich weder dem Gesetzestext noch der Gesetzesbegründung oder der zugrunde liegenden Verbraucherkreditrichtlinie entnehmen und würde zudem reinen Formalismus ohne Informationsvorteil für den Verbraucher darstellen. Informationsgehalt für den Verbraucher hat nur die zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses unbekannte Höhe des Verzugszinssatzes zum Zeitpunkt des Vorliegens der Verzugsvoraussetzungen und nicht der Verzugszinssatz zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses (vgl. LG Heilbronn, Urteil v. 30.01.2018 – 6 O 358/17). Der Gesetzgeber selbst definiert in § 288 Abs. 1 Satz 2 BGB den Verzugszinssatz für das Jahr mit 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz. Mehr kann von einer Bank nicht verlangt werden, denn der Unternehmer muss nicht genauer formulieren als der Gesetzgeber selbst (BGH, Urteil vom 22.11.2016 – XI ZR 434/15). Auch dem Muster der Anlage 4 zu Art. 247 § 2 EGBGB ist nichts Entgegenstehendes zu entnehmen.
Für den Verbraucher ist weiter aus der Formulierung „über dem jeweiligen Basiszinssatz“ die Art und Weise der Anpassung des Verzugszinssatzes ersichtlich, nämlich dass sich der Verzugszinssatz allein bei Änderung des Basiszinssatzes ändern wird. Dem Informationsinteresse des Verbrauchers wird damit Genüge getan, ohne dass es einer näheren Erläuterung des Basiszinssatzes an dieser Stelle bedurft hätte. Dem Verbraucher sollen die Informationen zur Verfügung gestellt werden, die für ihn zur Abschätzung der Folgen eines etwaigen Zahlungsverzugs erforderlich sind. Es ist dem durchschnittlich verständigen Verbraucher aber ausgehend von den Angaben im Darlehensantragsformular ohne Weiteres möglich und zumutbar, den für ihn geltenden Verzugszinssatz bzw. dessen Änderung unter Bezugnahme auf den Basiszinssatz zu ermitteln. Daher ist es aus Sicht des Gerichts auch unschädlich, dass sich ein Hinweis auf die Ermittlung und Bekanntmachung des Basiszinssatzes nur in Ziffer 3.3 der Allgemeinen Darlehensbedingungen der Beklagten befindet, ohne dass auf diesen Abschnitt konkret hingewiesen wurde.
dd) Die Pflichtangabe zum Bestehen oder Nichtbestehen eines Widerrufsrechts (Art. 247 § Abs. 1 Nr. 1, § 3 Nr. 13 EGBGB a.F.) befindet sich in der dem Muster entsprechenden „Europäischen Standardinformation für Verbraucherkredite“, welche als Teil der Vertragsunterlagen ausgehändigt worden ist (Anlage B1, Seite 3 von 10). Ein weiterer Hinweis findet sich auf Seite 4 der Vertragsunterlagen unter „Informationen zu Ihrem Darlehensvertrag“ (Anlage B2), welche ebenfalls Bestandteil der Darlehensvertragsunterlagen ist. Beide Hinweise befinden sich damit – ohne dass es hierauf entscheidend ankäme – sogar noch vor der Unterschrift des Darlehensnehmers auf Seite 6. Sie sind auch klar und verständlich. Im Übrigen wird unmittelbar vor der Unterschrift unter der Überschrift „Unterschrift Darlehensantrag“ sogar nochmals auf das Widerrufsrecht Bezug genommen.
ee) Die für den Darlehensgeber zuständige Aufsichtsbehörde ist entsprechend Art. 247 § 6 Abs. 1 Nr. 3 EGBGB a.F. auf Seite 5 des als Anlage K 1 vorgelegten Darlehensantrags mit … benannt. Ob das Gesetz überhaupt erfordert, dass eine weitere Aufsichtsbehörde auch benannt wird, kann vorliegend dahinstehen. Der Kläger ist der Behauptung der Beklagten, dass die Europäische Zentralbank zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses nicht zuständige Aufsichtsbehörde war, nicht entgegen getreten.
ff) Die Pflichtangabe zur Berechnungsmethode der Vorfälligkeitsentschädigung nach Art. 247 § 7 I Nr. 3 EGBGB a.F. findet sich auf Seite 3 der Vertragsunterlagen.
„Dem Kreditgeber steht bei vorzeitiger Rückzahlung eine Entschädigung zu.“
Daneben finden sich die wesentlichen Berechnungsmethoden für eine angemessene Vorfälligkeitsentschädigung. Weitere Hinweise auf die Vorfälligkeitsentschädigung finden sich auf dem Darlehensantrag unter wichtige Hinweise, in den „Informationen zu Ihrem Darlehensvertrag“ unter Punkt 6, sowie in den ADB unter Punkt 4.3.
Für den Verbraucher ist daraus ersichtlich, wo die Obergrenze für eine mögliche Vorfälligkeitsentschädigung liegt und wie die wesentlichen Parameter, nach denen sich diese berechnet, aussehen. Der Darlehensnehmer kann seine maximale Belastung so zuverlässig einschätzen. Im Übrigen wäre Rechtsfolge einer nicht ordnungsgemäßen Angabe über die Berechnungsmethode der Vorfälligkeitsentschädigung gemäß § 502 Abs. 2 Nr. 2 BGB a.F., dass der Anspruch der Beklagten auf Zahlung der Vorfälligkeitsentschädigung ausgeschlossen wäre.
c) Auch die von der Beklagten verwendete Widerrufsinformation begegnet keinen rechtlichen Bedenken.
Die Beklagte kann sich insoweit jedenfalls auf die Schutzwirkung des Musters in Anlage 7 zu Art. 247 § 6 Abs. 2 und § 12 Abs. 1 EGBGB in der Fassung vom 20.09.2013, gültig 13.06.2014 bis 20.03.2016, berufen, da sie gegenüber dem Kläger ein Formular (Anlage K 1) verwendet hat, das dem Muster sowohl inhaltlich als auch in der äußeren Gestaltung vollständig entspricht.
aa) Mittels der Einführung des Art. 245 EGBGB a.F. hat der Gesetzgeber den Verordnungsgeber der BGB-Informationspflichten-Verordnung ermächtigt, das vom Verordnungsgeber geschaffene Muster für die Widerrufsbelehrung einem Streit über seine Gesetzmäßigkeit zu entziehen (BGH VIII ZR 378/11 unter Verweis auf BT-Drucks. 14/7052, S. 208). Die Reichweite der Gesetzlichkeitsfiktion ist mithin Art. 247 § 6 Abs. 2 S. 3, 5 EGBGB zu entnehmen („Enthält der Verbraucherdarlehensvertrag eine Vertragsklausel in hervorgehobener und deutlich gestalteter Form, die dem Muster in Anlage 6 entspricht, genügt diese den Anforderungen der Sätze 1 und 2. Der Darlehensgeber darf unter Beachtung von Satz 3 in Format und Schriftgröße von dem Muster abweichen.“) Damit definiert § Art. 247 § 6 Abs. 2 S. 3, 5 EGBGB in den Grenzen der Verordnungsermächtigung die Grenze der für den Erhalt der Gesetzlichkeitsfiktion unschädlichen Abweichungen.
Dem entsprechend kann sich der Unternehmer auf die Schutzwirkungen des Art. 247 § 6 Abs. 2 S. 3, 5 EGBGB berufen, wenn er gegenüber dem Verbraucher ein Formular verwendet, das dem Muster für die Widerrufsbelehrung in der jeweils maßgeblichen Fassung sowohl inhaltlich als auch in der äußeren Gestaltung vollständig entspricht (so die st. Rspr. – vgl. BGH XI ZR 33/08, BGH XI ZR 156/08, BGH XI ZR 349/10, BGH VII ZR 122/06, BGH III ZR 252/11, BGH VIII ZR 219/08, BGH III ZR 83/11, BGH II ZR 109/13, BGH III ZR 440/13, BGH I ZR 168/14).
Unterzieht der Unternehmer dagegen das vom Verordnungsgeber entworfene Muster einer eigenen inhaltlichen Bearbeitung, die über das nach Art. 247 § 6 Abs. 2 S. 3, 5 EGBGB a.F. Erlaubte hinausgeht, verliert er die Schutzwirkung.
Gemäß der durch Art. 247 § 6 Abs. 2 S. 3, 5 EGBGB a.F. gesetzten Grenze lassen Anpassungen, die den vom Gesetzgeber selbst als unschädlich anerkannten Abweichungen ihrer Qualität nach entsprechen, ohne die Deutlichkeit der Belehrung zu schmälern, die Gesetzlichkeitsfiktion unberührt. Zu solchen unbedenklichen Anpassungen rechnen zum Beispiel das Einrücken oder Zentrieren von Überschriften, der Verzicht auf eine Einrahmung oder deren individuelle Gestaltung. Ebenfalls bleibt die Gesetzlichkeitsfiktion erhalten, wenn der Unternehmer die Widerrufsbelehrung im Text einem konkreten Verbrauchervertrag zuordnet oder ohne Abstriche bei der Verständlichkeit des Textes Begriffe des Musters durch Synonyme ersetzt. Ebenso geht die Gesetzlichkeitsfiktion nicht verloren, wenn der Unternehmer von sich selbst nicht in wörtlicher Übereinstimmung mit dem Muster in der dritten Person Singular, sondern in der ersten Person Plural spricht oder wenn er vom Darlehensnehmer nicht mustergemäß in der dritten Person Singular spricht, sondern ihn in direkter Anrede anspricht (BGH a.a.O.). Greift der Unternehmer dagegen dadurch in das Muster ein, dass er Gestaltungshinweise des Musters oder sonstige Bearbeitungshinweise – auch in Form von Fußnoten – in den Belehrungstext übernimmt, oder auf die Angabe der vom Verordnungsgeber für das Muster im entsprechenden Gestaltungshinweis verbindlich vorgegebenen ladungsfähigen Anschrift verzichtet, unterzieht er es einer inhaltlichen Bearbeitung, die über das für den Erhalt der Gesetzlichkeitsfiktion Erlaubte hinausgeht (BGH a.a.O.).
bb) Die Angabe des Zinsbetrages mit „0,00 €“ im Rahmen der Widerrufsfolgen setzt den Gestaltungshinweis (3) des Muster korrekt um und ist auch – entgegen der Auffassung des Klägers – nicht irreführend. Das OLG Hamburg hat hierzu ausgeführt: „Die Ausführungen dazu, dass im Falle des Widerrufs für den Zeitraum zwischen der Auszahlung und der Rückzahlung des Darlehens der vereinbarte Sollzins gezahlt werden müsse, machen die Widerrufserklärung der Beklagten nicht undeutlich. Für den Verbraucher ist vielmehr offensichtlich, dass es sich um einen Formulardarlehensvertrag handelt, der – auch damit der Darlehensgeber die Gesetzlichkeitsfiktion für sich in Anspruch nehmen kann, welcher er sich bei einem Weglassen dieses Satzes begeben würde – für verschiedene Vertragsgestaltungen offen sein muss. Die Formulierung zu den Widerrufsfolgen ist auch nicht dazu geeignet, einen Verbraucher von der Ausübung des Widerrufsrechtes abzuhalten“ (OLG Hamburg, Urteil vom 11.10.2017 13 U 334/16). Das Gericht schließt sich den zutreffenden Ausführungen des OLG Hamburg an. Im Gestaltungshinweis (3) des Musters heißt es, wie die 22. Kammer des Landgerichts München bereits im Urteil vom 16.03.2018, Az. 22 O 15198/17 ausgeführt hat, „hier ist der genaue Zinsbetrag in Euro pro Tag einzufügen, Centbeträge sind als Dezimalstellen anzugeben“. Das Gericht schließt sich der Argumentation der 22. Zivilkammer insoweit an, dass es Sache der Beklagten ist, wenn für den Zeitraum zwischen Auszahlung und Rückzahlung des Darlehens bei vollständiger Inanspruchnahme des Darlehens keine Zinsen erhebt und sich dies sogar zu Gunsten des widerrufenden Darlehensnehmers auswirkt. Dadurch wird die Widerrufsbelehrung nicht fehlerhaft. Es würde nach Ansicht des Gerichts auch gegen Treu und Glauben, § 242 BGB verstoßen, wenn der Darlehensnehmer aus einer für ihn günstigen Regelung ein Widerrufsrecht konstruieren wollte. Nicht damit zu verwechseln ist die Frage der Kausalität. Bei fehlerhaften Belehrungen kommt es tatsächlich nach ständiger BGH-Rechtsprechung nicht darauf an, ob dieser Fehler für den Darlehensnehmer kausal für die Nichtausübung des Widerrufsrechtes war. Hier liegt der Fall jedoch anders, da hier kein Fehler vorliegt, sondern eine abweichende Zinsangabe, die sich letztlich zu Gunsten des Darlehensnehmers im Falle einer Rückzahlung auswirken würde.
cc) Mit der Passage zur Wertersatzpflicht des Darlehensnehmers hat die Beklagte zulässigerweise von der Möglichkeit des Gestaltungshinweises (6c) Gebrauch gemacht.
Die 14-tägige Widerrufsfrist wurde damit ordnungsgemäß in Gang gesetzt, sodass sie bei Erklärung des Widerrufs durch den Kläger etwa zwei Jahre nach Vertragsschluss längst abgelaufen war.
3. Auf die Fragen des Rechtsmissbrauchs und der Verwirkung sowie einer etwaigen Wertersatzpflicht des Klägers kommt es daher nicht mehr an.
Die Klage war abzuweisen.
II. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.
III. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 S. 1 und 2 ZPO.
IV. Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 3 ZPO und richtet sich nach der Höhe des Fahrzeugkaufpreises (Nettodarlehensbetrag zuzüglich Anzahlung).

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