Bankrecht

Widerrufsinformation bei verbundenen Verträgen

Aktenzeichen  27 O 2658/19

Datum:
10.5.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 50228
Gerichtsart:
LG
Gerichtsort:
München I
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
ZPO § 128 Abs. 2
BGB § 355, § 356b Abs. 1, § 492 Abs. 2, § 495  Abs. 1, § 502
EGBGB Art. 247 § 6 Abs. 2 S. 1 u. S. 2

 

Leitsatz

1. Die Pflichtangaben müssen nicht notwendig im Darlehensantragsformular selbst enthalten sein. Diese können vielmehr auch „klar und verständlich“ in allgemeinen Geschäftsbedingungen erteilt werden. (Rn. 31) (redaktioneller Leitsatz)
2. Eine Widerrufsinformation zu einem verbundenen Vertrag ist nicht falsch, wenn sie auch über die Rechtsfolgen des Widerrufs bei nicht verbundenenen Verträgen belehrt und kenntlich macht, dass bei diesen andere Rechtsfolgen gelten. (Rn. 37 – 39) (redaktioneller Leitsatz)
3. Der ausdrückliche Verzicht der Beklagten auf die Geltendmachung von Sollzinsen im Vertrag steht nicht im Widerspruch zu den Ausführungen in der Widerrufsbelehrung, dass der Darlehensnehmer, soweit das Darlehen bereits ausbezahlt wurde, es spätestens innerhalb von 30 Tagen zurückzuzahlen und für den Zeitraum zwischen Auszahlung und Rückzahlung des Darlehens den vereinbarten Sollzins zu entrichten habe.  (Rn. 41) (redaktioneller Leitsatz)
4. Die Beklagte musste gemäß Art. 247 § 6 Nr. 3 EGBGB a.F. nicht die Europäische Zentralbank (EZB) als weitere Aufsichtsbehörde benennen. (Rn. 57) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
Beschluss
Der Streitwert wird auf 25.750,00 € festgesetzt.

Gründe

Die Klage hat in der Sache keinen Erfolg.
A.
Die Klagepartei konnte mit Schreiben vom 22.12.2017 nicht mehr wirksam den Widerruf des Darlehensvertrags erklären, weil die Widerrufsfrist zu diesem Zeitpunkt längst abgelaufen war.
I.
Bei dem streitgegenständlichen Darlehensvertrag vom 21.12.2015 handelt es sich um ein Verbraucherdarlehen im Sinne des § 491 Abs. 1 BGB (in der bei Vertragsschluss maßgeblichen Fassung vom 13.06.2014 bis 20.03.2016), sodass der Klagepartei ein Widerrufsrecht nach §§ 495 Abs. 1, 355 BGB (in der Fassung vom 13.06.2014 bis 20.03.2016 bzw. seit 13.06.2014) zustand.
II.
Die Widerrufsfrist war jedoch bei Erklärung des Widerrufs am 22.12.2017 längst abgelaufen. Die Voraussetzungen des Beginns der Widerrufsfrist gemäß § 356b Abs. 1, Abs. 2 BGB i.V.m. § 492 Abs. 2 BGB (in den Fassungen vom 13.06.2014 bis 20.03.2016) i.V.m. Art. 247 §§ 6 bis 13 EGBGB (in den entsprechenden Fassungen bis 20.03.2016) sind eingehalten.
1. Die der Klagepartei ausgehändigten und von ihr in der Anlage K1 vorgelegten Vertragsunterlagen enthalten alle gemäß § 492 Abs. 2 BGB a.F. i.V.m. §§ 6 bis 13 EGBGB a.F. erforderlichen Pflichtangaben.
Allgemein fordert das Gesetz für die Information des Verbrauchers über die Pflichtangaben, dass diese im Verbraucherdarlehensvertrag „klar und verständlich“ enthalten sein müssen (§ 492 Abs. 2 BGB i.V.m. Art. 247 § 6 Abs. 1, § 7 Abs. 1 EGBGB a.F.). Die Frage, ob Pflichtangaben „klar und verständlich“ formuliert sind, ist aus dem Horizont eines normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Verbrauchers zu beurteilen (BGH, Urteil vom 23.02.2016, XI ZR 101/15, NJW 2016, 1881, Rz. 33f.).
Dabei müssen die Pflichtangaben nicht notwendig im Darlehensantragsformular selbst enthalten sein. Diese können vielmehr auch „klar und verständlich“ in allgemeinen Geschäftsbedingungen erteilt werden (vgl. BGH, Urteil vom 4.7.2017, XI ZR 741/16).
a) Der Vertrag besteht vorliegend aus 11 Seiten, die fortlaufend mit „Seite 1 von 11“ bis „Seite 11 von 11“ nummeriert sind und so auch von der Klagepartei in der Anlage K1 vorgelegt worden sind.
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist die Einheit einer Urkunde selbst bei fehlender körperlicher Verbindung gewahrt, wenn eine fortlaufende Paginierung vorliegt (BGH, XII ZR 234/95, juris). Damit sind auch die „Europäische Standardinformation für Verbraucherkredite“ (Seite 1 bis 3), die „Informationen zu Ihrem Darlehensvertrag“ (Seite 4) sowie die Allgemeinen Darlehensbedingungen (Seite 10 und 11) Vertragsbestandteil.
Die Allgemeinen Darlehensbedingungen wurden durch die Hinweise auf Seite 5 des Darlehensantrags oben sowie auf Seite 7 direkt oberhalb der Unterschriftszeile auch wirksam in den Vertrag einbezogen.
Die Angaben sind in dem Vertrag auch übersichtlich und in ausreichend großer Schriftgröße enthalten, wie das Gericht anhand der vorgelegten Anlage K1 selbst feststellen kann. Die von der Klagepartei in diesem Zusammenhang zitierte Entscheidung des Landgerichts Stuttgart (Az. 14 O 340/17, K6) betrifft ersichtlich eine völlig andere Fallkonstellation, nämlich den verkleinerten Abdruck auf dem Format DIN A5, und ist schon deshalb nicht übertragbar. Auch die verwendete Sprache ist für den durchschnittlich verständigen Verbraucher nicht unverständlich. Die ohnehin nur völlig pauschale Rüge der Klagepartei ist für das Gericht nicht nachvollziehbar.
b) Die Pflichtangaben nach § 492 Abs. 2 BGB i.V.m. Art. 247 § 6 Abs. 2, § 12 Abs. 1 S. 2 BGB a. F. erfolgten ordnungsgemäß. Die der Klagepartei erteilte Widerrufsinformation entspricht den gesetzlichen Bestimmungen. Der Vertrag enthält Angaben zur Frist und anderen Umständen für die Erklärung des Widerrufs sowie einen Hinweis auf die Verpflichtung des Darlehensnehmers, ein bereits ausbezahltes Darlehen zurückzuzahlen und Zinsen zu vergüten. Der pro Tag zu zahlende Zinsbetrag ist angegeben. Im Übrigen kann sich die Beklagte auf die Gesetzlichkeitsfiktion durch unveränderte Übernahme des vorgesehenen Musters nach Art. 247 § 6 Abs. 2 S. 3, § 12 Abs. 1 S. 3 EGBGB a.F. berufen.
aa) Die von der Beklagten erteilte Widerrufsinformation ist anders als die Klagepartei meint nicht deswegen fehlerhaft, weil sie die Klagepartei unter der Überschrift „Widerrufsfolgen“ darüber belehrt, dass der Darlehensnehmer das Darlehen spätestens innerhalb von 30 Tagen zurückzuzahlen hat und für den Zeitraum zwischen der Auszahlung und der Rückzahlung des Darlehens den vereinbarten Sollzins zu entrichten hat, soweit das Darlehen bereits ausgezahlt wurde.
Zwar gilt diese Rechtsfolge in Fällen verbundener Verträge nicht. Jedoch weist die Beklagte zutreffend unter der Überschrift „Besonderheiten bei weiteren Verträgen“ in klarer und verständlicher Form darauf hin, dass im Fall eines verbundenen Vertrages der Darlehensgeber im Verhältnis zum Darlehensnehmer hinsichtlich der Rechtsfolgen des Widerrufs in die Rechte und Pflichten des Vertragspartners aus dem weiteren Vertrag eintritt, wenn das Darlehen dem Unternehmer bereits zugeflossen ist. Hiermit hat die Beklagte die Formulierung des Gesetzgebers in § 358 Abs. 4 S. 5 BGB (a.F.) übernommen und kann sich mit Erfolg darauf berufen, dass sie nicht genauer formulieren muss als der Gesetzgeber (vgl. allg. BGH, Urteil vom 22.11.2016, XI ZR 434/15), zumal diese von der Beklagten gewählte Formulierung auch in der gesetzlichen Musterbelehrung enthalten ist.
Angesichts der Tatsache, dass eine umfassende Belehrung über die Widerrufsfolgen von der Beklagten gar nicht geschuldet war, stellt sich bei der Überprüfung der verwendeten Belehrung der Beklagten nur die Frage, ob diese tatsächlich erteilte Belehrung zutreffend ist, was aus den oben genannten Gründen zu bejahen ist. Eine genauere Darstellung der Rückabwicklungsfolgen im Fall des verbundenen Vertrages war hingegen nicht geschuldet. Der klare und verständliche Hinweis der Beklagten darauf, dass im Fall des verbundenen Vertrages die Rückabwicklungsfolge der Rückzahlung des nicht an den Darlehensnehmer ausbezahlten Darlehens durch die Regelungen des verbundenen Vertrages modifiziert wird, ist nicht zu beanstanden. Hiermit wird hinreichend deutlich gemacht, dass die zuvor als allgemeiner Grundsatz aufgeführte Rückzahlungspflicht des Darlehensnehmers hinsichtlich der Darlehensvaluta im Fall des Widerrufs eines verbundenen Vertrages nicht greift.
bb) Der Darlehensvertrag klärt in der Widerrufsinformation auch zutreffend über den Tageszins nach Art. 247 § 6 Abs. 2 S. 1 EGBGB a.F. auf. Dem Verbraucher wird durch die Angabe, dass der pro Tag zu zahlende Zins „0,00 €“ betrage, klar und verständlich darüber informiert, dass er im Falle eines Widerrufs für den Zeitraum bis zur Rückzahlung des Darlehens keine Sollzinsen zu entrichten habe. Diese Regelung ist für den Verbraucher günstig und daher gerade nicht geeignet, ihn von der Ausübung seines Widerrufsrechts abzuhalten.
Der Verzicht der Beklagten auf die Geltendmachung von Sollzinsen steht auch nicht im Widerspruch zu den Ausführungen in der Widerrufsbelehrung, dass der Darlehensnehmer, soweit das Darlehen bereits ausbezahlt wurde, es spätestens innerhalb von 30 Tagen zurückzuzahlen und für den Zeitraum zwischen Auszahlung und Rückzahlung des Darlehens den vereinbarten Sollzins zu entrichten habe. Die Beklagte hat insoweit lediglich den in der Musterbelehrung ausdrücklich vorgesehenen Satz übernommen. Die Widerrufsbelehrung der Beklagten entspricht sowohl inhaltlich, als auch in der äußeren Gestaltung dem Muster in Anlage 7 zu Art. 247 § 6 Abs. 2 S. 3 EGBGB a.F. Der Beklagten kann es nicht zugemutet werden, durch Weglassen eines Satzes die Schutzwirkung des Musters zu verlieren.
Für den Verbraucher ist es zudem auch offensichtlich, dass die Beklagte einen vorgefertigten Text verwendet und in diesem zugunsten des Darlehensnehmers auf die üblicherweise vorgesehenen Sollzinsen verzichtet und diese daher auch nicht gezahlt werden müssen. Eine andere Deutung lässt diese klare Formulierung nicht zu.
Im Übrigen verweist das Gericht auf die Ausführungen des OLG Hamburg im Urteil vom 11.10.2017, 13 U 334/16, welches das von der Klagepartei zitierte Urteil des LG Hamburg aufgehoben hat.
cc) Die Beklagte kann sich hier im Übrigen jedenfalls auf die Schutzwirkung des Musters nach Anlage 7 zu Art. 247 § 6 Abs. 2 und § 12 Abs. 1 EGBGB a.F. berufen, da sie in hervorgehobener und deutlich gestalteter Form ein Formular verwendet hat, das dem Muster sowohl inhaltlich als auch in der äußeren Gestaltung vollständig entspricht.
Eine Abweichung von den Gestaltungshinweisen Nr. (2a) und (6a) besteht nicht. Die Beklagte hat beide Gestaltungshinweise exakt übernommen. Die Rüge der Klagepartei erschließt sich nicht.
Weiter wurde mit der Angabe des Zinsbetrags mit „0,00 Euro“ im Rahmen der Widerrufsfolgen auch der Gestaltungshinweis Nr. (3) des Musters korrekt umgesetzt, denn dort heißt es nur, dass der genaue Zinsbetrag in Euro pro Tag einzufügen ist und Centbeträge als Dezimalstellen anzugeben sind. Diese Voraussetzungen sind aber auch bei der Angabe von „0,00 Euro“ erfüllt.
Soweit die Klagepartei sich darauf stützt, dass die Muster-Widerrufsinformation hinsichtlich der Widerrufsfolgen selbst missverständlich sei, ist dies nicht der Beklagten anzulasten. Die Beklagte kann sich auf die Gesetzlichkeitsfiktion des Musters berufen und muss nicht klarer als der Gesetzgeber im Muster formulieren.
c) Die Angaben zum Darlehensvermittler sind nicht zu beanstanden. Name und Anschrift des Darlehensvermittlers sind gemäß Art. 247 § 13 Abs. 1 EGBGB a.F. sowohl in der europäischen Standardinformation auf Seite 1 unter Ziffer 1 als auch auf Seite 5 und Seite 8 der Vertragsunterlagen jeweils oben links enthalten.
Ein Hinweis auf Provisionen an den Darlehensvermittler ist nicht erforderlich. Gemäß Art. 247 § 3 Abs. 1 Nr. 10 EGBGB sind dem Darlehensnehmer lediglich alle sonstigen Kosten, insbesondere in Zusammenhang mit der Auszahlung oder der Verwendung eines Zahlungsauthentifizierungsinstruments, mit dem sowohl Zahlungsvorgänge als auch Abhebungen getätigt werden können, sowie die Bedingungen, unter denen die Kosten angepasst werden können, mitzuteilen. Unter sonstige Kosten sind nur diejenigen zu verstehen, die bei ordnungsgemäßer Abwicklung im Zusammenhang mit dem Vertrag anfallen. Kosten aus einem separaten Vertrag wie etwa Provisionen sind nicht anzugeben (vgl. MüKo/Schürnbrand BGB 7. Aufl., § 491a Rn. 29).
Über den Umfang der Befugnisse des Darlehensvermittlers war im Kreditvertrag nicht zu informieren. Art. 247 § 13 Abs. 2 EGBGB a.F. betrifft den Darlehensvermittlungsvertrag, nicht den Kreditvertrag.
d) Die nach Art. 247 § 3 Nr. 11 EGBGB a.F. erforderlichen Angaben zum Verzugszinssatz und der Art und Weise seiner etwaigen Anpassung sind ebenfalls ordnungsgemäß im Vertrag aufgeführt.
Die Angaben sind in der „Europäischen Standardinformation für Verbraucherkredite“ (Seite 2 von 11 der Vertragsunterlagen), auf Seite 4 von 11 der Vertragsunterlagen unter Ziffer 5 (“Welche Folgen ergeben sich bei Zahlungsverzug“) sowie nochmals auf dem Darlehensantragsformular selbst (Seite 5 von 11 der Vertragsunterlagen) unter „Wichtige Hinweise“, „Ausbleibende Zahlungen“ enthalten. Dort heißt es „Für ausbleibende Zahlungen werden die gesetzlichen Verzugszinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszins pro Jahr (…) berechnet.“ Damit wird den Anforderungen an eine klare und verständliche Angabe Genüge getan.
Aus Gründen der Transparenz ist nicht die konkrete Angabe des Verzugszinssatzes erforderlich (LG Heilbronn, Urteil vom 24.01.2018, Ve 6 O 311/17 m.w.N.; Mülller-Christmann in Nobbe, Kommentar zum Kreditrecht, 2. Auflage 2018, Art. 247 § 3 EGBGB Rn. 8; a.A. Bülow/Arzt, Verbraucherkreditrecht, 9. Auflage 2016, § 492 Rn. 128; Renner in Staub-HGB, 5. Auflage, Bankvertragsrecht, 5. Abschnitt Rn. 619; Schürnbrand in Münchener Kommentar, 7. Auflage 2017, § 491a BGB Rn. 31). Zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses ist offen, ob und wann der Darlehensnehmer jemals in Verzug gerät (vgl. Merz in Kümpel/Wittig, Bank- und Kapitalmarktrecht, 10. Teil Kreditgeschäft mit Verbrauchern, 10. Auflage 2011, Rn. 10.196). Die Ermittlung des zum maßgeblichen Zeitpunkt geltenden Zinssatzes ist dem verständigen Verbraucher möglich und zumutbar, da der jeweilige Basiszinssatz eindeutig durch die Deutsche Bundesbank festgelegt wird und dem Verbraucher ohne weiteres zugänglich ist. Selbst die Zwangsvollstreckung aus einem Titel mit einer derartigen Angabe ist möglich. Die Beklagte war nicht gehalten, präziser oder umfassender als der Gesetzgeber zu formulieren (vgl. BGH, Urteil vom 22.11.2016, XI ZR 434/15).
e) Die Berechnungsmethode des Anspruchs auf Vorfälligkeitsentschädigung ist ebenfalls entsprechend Art. 247 § 7 Nr. 3 EGBGB a.F. im Vertrag enthalten. Die erforderlichen Angaben befinden sich unter Ziffer 4 der „Europäischen Standardinformation für Verbraucherkredite“ sowie unter Ziffer 4.3 der Allgemeinen Darlehensbedingungen der Beklagten.
Es ist ausreichend, dass die Beklagte hier „nur“ auf die vom Bundesgerichtshof vorgeschriebenen finanzmathematischen Rahmenbedingungen verwiesen und die maßgeblichen Faktoren aufgezählt hat. Die Angabe einer konkreten Berechnungsformel war dagegen nicht erforderlich. Schon dem Gesetz ist nicht zu entnehmen, dass hier eine konkrete Formel anzugeben wäre. Gefordert wird vielmehr nur die „Angabe der Berechnungsmethode“. Damit wird dem gesetzgeberischen Ziel, dass der Verbraucher die Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung nachvollziehen und seine Belastung im Fall einer vorzeitigen Darlehensablösung zutreffend abschätzen kann (Gesetzesentwurf zur Umsetzung der Verbraucherkreditrichtlinie, BT-Drs. 16/11643, S. 87) hinreichend Rechnung getragen. Schließlich heißt es auch in dem Muster nach Anlage 4 zu Art. 247 § 2 EGBGB nur „Festlegung der Entschädigung (Berechnungsmethode) gemäß § 502 BGB“. Von der Beklagten ist aber keine genauere Formulierung als vom Gesetzgeber zu erwarten.
Für den Verbraucher ist aus den Angaben der Beklagten klar ersichtlich, wo die Obergrenze der Vorfälligkeitsentschädigung liegt und nach welchen maßgeblichen Faktoren sie sich berechnet. Dies genügt. Nach der Gesetzesbegründung war erforderlich, dass „der Darlehensnehmer die Berechnung der Entschädigung nachvollziehen und seine Belastungen, falls er sich zur vorzeitigen Rückzahlung entschließt, zuverlässig abschätzen kann“ (BT-Drs. 16/11643, S. 87). Dazu kommt, dass die konkrete mathematische Formel so abstrakt und schwer verständlich ist, dass sie einem normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Verbraucher keinen zusätzlichen Informationsgewinn im Vergleich zu dem Hinweis auf die Anwendung der Berechnungsmethode des BGH mit den wesentlichen Parametern bietet (vgl. LG Heilbronn, Urteil vom 30.01.2018, 6 O 358/17). Soweit dies das LG Berlin in der von der Klagepartei zitierten Entscheidung anders gesehen hat, folgt dem das Gericht aus den genannten Gründen nicht.
f) Die Beklagte musste gemäß Art. 247 § 6 Nr. 3 EGBGB a.F. nicht die Europäische Zentralbank (EZB) als weitere Aufsichtsbehörde benennen.
Auf Seite 5 informiert die Beklagte klar und verständlich über die zuständige Aufsichtsbehörde i.S.v. Art. 247 § 6 Abs. 1 Nr. 3 EGBGB a.F., nämlich über die Zuständigkeit der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin). Nicht erforderlich war darüber hinaus die Nennung der Europäischen Zentralbank (EZB). Die Pflichtangaben dienen im Allgemeinen dem Verbraucherschutz, die Angabe der für den Darlehensgeber zuständigen Aufsichtsbehörde im Besonderen dazu, dass der Verbraucher weiß, an wen er sich bei Missachtung von Verbraucherschutzvorschriften wenden kann. Dafür ist die BaFin die allein zuständige Aufsichtsbehörde (vgl. Roth, in: Langenbucher/Bliesener/Spindler, Bankrechtskommentar, 2. Aufl. 2016, 15. Kap., Art. 247 § 6 EGBGB Rn. 5). Die EZB gilt gem. Art. 9 Abs. 1 S. 1 der Verordnung (EU) Nr. 1024/2013 des Rates vom 15. Oktober 2013 zur Übertragung besonderer Aufgaben im Zusammenhang mit der Aufsicht über Kreditinstitute auf die Europäische Zentralbank ausschließlich zum Zweck der Wahrnehmung der ihr nach Art. 4 Abs. 1 und 2 und Art. 5 Abs. 2 übertragenen Aufgaben als zuständige Behörde. Dazu gehört gem. Art. 4 Abs. 1a i.V.m. Art. 14 die Zulassung eines Kreditinstituts, nicht aber der Verbraucherschutz. Vielmehr findet sich in Erwägungsgrund (28) der Hinweis, dass dieser eine nationale Aufgabe bleibt.
Gegen das Erfordernis der Angabe auch der EZB spricht in systematischer Hinsicht auch, dass Art. 246b § 1 Abs. 1 Nr. 2 EGBGB ausdrücklich von der für die Zulassung des Darlehensgebers zuständigen Aufsichtsbehörde spricht. Da Art. 247 § 6 Abs. 1 Nr. 3 EGBGB a.F. diesen Zusatz gerade nicht enthält, folgt aus einem Umkehrschluss, dass diese Aufsichtsbehörde hier nicht genannt werden muss.
g) Die Angabe des Rechts des Darlehensnehmers, das Darlehen vorzeitig zurückzuzahlen, Art. 247 § 6 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 3 Abs. 1 Nr. 14 EGBGB a.F., ist ebenfalls nicht zu beanstanden.
Die Angabe findet sich ohne den von der Klagepartei beanstandeten Zusatz unter Ziffer 4 der Europäischen Standardinformation (Seite 3 der Vertragsunterlagen), unter Ziffer 6 der „Informationen zu Ihrem Darlehensvertrag“ (Seite 4 der Vertragsunterlagen) sowie im Darlehensantragsformular auf Seite 5 unter „Wichtige Hinweise“. Für den verständigen Verbraucher ist damit klar und eindeutig, dass es sich vorliegend um einen Verbraucherdarlehensvertrag handeln muss, wie er in den allgemein gehaltenen Allgemeinen Darlehensbedingungen unter Ziffer 4.1 genannt wird. Eine unzulässige Prüfungspflicht vermag das Gericht hier nicht zu erkennen.
h) Entgegen der Ansicht der Klagepartei ist die Pflichtangabe zur Art des Darlehens gemäß Art. 247 § 6 Abs. 1 Nr. 1, § 3 Nr. 2 EGBGB a.F. in den Vertragsunterlagen enthalten. In den Gesetzesmaterialien (Gesetzesentwurf zur Umsetzung der Verbraucherkreditrichtlinie v. 21.1.2009, BT-Drs. 16/11643, S. 123) heißt es hierzu:
„Nach Nummer 2 muss die „Art des Darlehens“ angegeben werden. Dies entspricht Artikel 5 Abs. 1 Satz 4 Buchstabe a, Artikel 6 Abs. 1 Satz 2 Buchstabe a der Verbraucherkreditrichtlinie. Nummer 2 umfasst auch die „Produktbeschreibung“ aus dem Europäischen Standardisierten Merkblatt für grundpfandrechtlich gesicherte Verbraucherdarlehensverträge. Bei der „Art“ kann zunächst zwischen Darlehensverträgen und anderen entgeltlichen Finanzierungshilfen unterschieden werden. Die Vertragsart kann deshalb zum Beispiel auch als „Leasingvertrag“ bezeichnet werden. Die Art kann sich aber auch auf die nähere Ausgestaltung des Darlehens beziehen, z. B. ein befristetes oder unbefristetes Darlehen mit regelmäßiger Tilgung oder Tilgung am Ende der Laufzeit. Auch die besonderen Formen, die in §§ 503 bis 505 BGB-E genannt werden, stellen Darlehensarten dar.“
Die Beklagte hat diese Pflichtangabe vorliegend an mehreren Stellen erteilt. Zum einen findet sich die Angabe in dem von der Beklagten verwendeten Muster nach Anlage 4 zu Art. 247 EGBGB „Europäische Standardinformation für Verbraucherkredite“. Dort ist ausdrücklich die Kreditart angegeben (Anlage K1, S. 1). Weiter findet sich auf Seite 4 von 11 unter Ziffer 1 (Anlage K1) nochmals eine klare Beschreibung des Inhalts des Darlehensvertrags.
Die „Europäische Standardinformation für Verbraucherkredite“ sowie die „Informationen zu Ihrem Darlehensvertrag“ wurden hier – was ausweislich Erwägungsgrund Nr. 30 der RL 2008/48/EG vom 23. April 2008 ausdrücklich zulässig ist – als Teil des Darlehensvertrags ausgehändigt und sind damit selbst Bestandteil dieses Vertrages.
Im Übrigen sind auch auf dem (von der Klagepartei in K1 als erste Seite des Vertrags vorgelegten) Darlehensantragsformular auf Seite 5 von 11 oben die Angaben „Darlehensantrag Ratenkredit“ enthalten, sowie weiter unter „Zahlungsplan“ die Laufzeit und die einzelnen Tilgungsraten. Die Art des Darlehens ist auch hieraus klar ersichtlich.
i) Das Aufrechnungsverbot in Ziffer 10.3 der ADB führt ebenfalls nicht dazu, dass die Widerrufsfrist hier nicht angelaufen wäre.
Soweit die ADB unter Ziffer 10.3. eine Aufrechnung nur mit unbestrittenen bzw. rechtskräftig festgestellten Forderungen zulassen, ist diese Klausel nach dem Urteil des BGH vom 20.3.2018 (XI ZR 309/16) zwar unwirksam. Diese Entscheidung ist jedoch nicht in einem Widerrufsverfahren ergangen, sondern es handelte sich um die Klage eines Verbraucherschutzverbandes, der als qualifizierte Einrichtung nach § 4 UKlaG eingetragen war, und betraf die Klauselkontrolle der Allgemeinen Darlehensbedingungen.
Der BGH hat demgegenüber in seinem Urteil vom 16.12.2015 (IV ZR 71/14) im Zusammenhang mit einem Darlehenswiderruf ausgeführt:
„Entgegen dem Vorbringen der Revisionserwiderung war die Widerrufsbelehrung – den Abschluss des Darlehensvertrags als Fernabsatzgeschäft unterstellt – auch nicht in einer Zusammenschau mit dem „Wichtige[n] Hinweis“ undeutlich. Der vorformulierte Hinweis war aus der maßgeblichen Sicht eines durchschnittlichen Kunden (…) verständlich. Darüber hinaus wird eine formal und inhaltlich den gesetzlichen Anforderungen genügende Widerrufsbelehrung nicht dadurch undeutlich, dass die Vertragsunterlagen an anderer, wie hier drucktechnisch nicht hervorgehobener Stelle einen inhaltlich nicht ordnungsgemäßen Zusatz enthalten“.
Die in Ziffer 10.3. der ADB enthaltene Einschränkung der Aufrechnungsmöglichkeit auf unbestrittene bzw. rechtskräftige Forderungen bezieht sich (anders als z.B. die Nennung von Pflichtangaben) nicht auf die Widerrufsinformation, sondern kommt nur in den Fällen zum Tragen, in denen der Darlehensnehmer mit eigenen Forderungen aufrechnen möchte. Dies kann sich im Falle eines Widerrufs erst nach erfolgter Widerrufserklärung auswirken. Dass ein verständiger Darlehensnehmer sich dadurch von einem Widerruf abhalten lassen würde, sieht das Gericht nicht.
2. Auch die Voraussetzung des § 356b Abs. 1 BGB a.F. ist erfüllt. Die Klagepartei hat unstreitig die in der Anlage K1 vorgelegten Unterlagen erhalten. Damit wurde ihr eine Abschrift ihres schriftlichen Antrags zur Verfügung gestellt. Entgegen der Ansicht der Klagepartei muss der Kreditnehmer kein Dokument in Händen halten, das die Unterschrift beider Vertragsparteien enthält.
Zwar bezeichnet der Begriff „Vertragsurkunde“ nur das von beiden Vertragsparteien unterzeichnete schriftliche Original des Vertrags (BGH XI ZR 381/16). Demgegenüber ist es jedoch nicht erforderlich, dass auch die „Abschrift“ unterzeichnet ist.
In den Gesetzesmaterialien (Gesetzesentwurf zur Umsetzung der Verbraucherkreditrichtlinie v. 21.1.2009, BT-Drs. 16/11643, S. 80) wird hierzu ausgeführt:
„Eine Abschrift ist unabhängig von ihrer Herstellung jedes Dokument, das den Vertragsinhalt wiedergibt, ohne dass es besonderer förmlicher Zusätze, wie beispielsweise einer Unterschrift, bedarf. So ist Artikel 10 Abs. 1 Satz 2 der Verbraucherkreditrichtlinie zu verstehen, der von einer „Ausfertigung“ spricht.“
Das der Klagepartei ausgehändigte Exemplar der Vertragsunterlagen stellt eine Abschrift der Vertragserklärung der Klagepartei dar. Es gibt unstreitig den Vertragstext wieder, welcher von der Klagepartei unterzeichnet worden ist. Nach Unterschriftsleistung der Klagepartei auf der für die Beklagte bestimmten Vertragserklärung dokumentiert das der Klagepartei überlassene Exemplar aber ihre Vertragserklärung und wird damit zur Abschrift ihres Vertragsantrags (vgl. BGH, Urteil v. 27.2.2018, XI ZR 160/17, Rz. 30, juris). Für den Fristlauf nach § 356b Abs. 1 BGB (a.F.) ist es danach unerheblich, ob die Abschrift vor oder nach Vertragsschluss ausgehändigt wird. § 492 Abs. 3 BGB a.F. betrifft nicht das Anlaufen der Widerrufsfrist.
III.
Mangels wirksamen Widerrufs besteht der Darlehensvertrag nach Erklärung des Widerrufs fort. Entsprechend sind die empfangenen Leistungen auch nicht rückabzuwickeln. Ein Annahmeverzug der Beklagten ist nicht gegeben.
IV.
Das Gericht hat – entsprechend der Vorgabe des BGH, wonach die Übereinstimmung von vorformulierten Widerrufsbelehrungen mit höherrangigem Recht eine Rechtsfrage ist und ohne Bindung an das Parteivorbringen zu untersuchen ist (BGH, Urteil vom 20.06.2017 – XI ZR 72/16, BeckRS 2017, 120503) – die streitgegenständliche Widerrufsinformation auch über die von dem Kläger beanstandeten Passagen hinaus überprüft, indes keinen, den Lauf der Widerrufsfrist hindernden Fehler feststellen können. Die 14-tägige Widerrufsfrist wurde damit ordnungsgemäß in Gang gesetzt, sodass sie bei Erklärung des Widerrufs durch die Klagepartei längst abgelaufen war. Nach alledem ist die streitgegenständliche Widerrufsinformation nicht zu beanstanden, so dass der Klage kein Erfolg beschieden ist.
Auf die Frage, ob Verwirkung eingetreten ist bzw. sich das Verhalten der Klagepartei als rechtsmissbräuchlich darstellt, kommt es nach den obigen Ausführungen nicht mehr an. Über die Hilfswiderklage war nicht mehr zu entscheiden.
B.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit aus § 709 ZPO.
C.
Der Streitwert ist mit dem Nettodarlehensbetrag festzusetzen. Dies entspricht dem wirtschaftlichen Interesse der Klagepartei, die gestellt werden möchte, als hätte sie den Vertrag nie abgeschlossen.

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