Aktenzeichen AN 1 K 15.00891
BayKAG BayKAG Art. 8
Leitsatz
Enthält die Rechtsgrundlage zur Erhebung einer Verbrauchsgebühr für nachweislich nicht einer Entwässerungsanlage zugeführtes Wasser – hier Gartenwasser – bis zu einer bestimmten Menge ein pauschales Abzugsverbot, greift dieses Verbot für die gesamte Menge nicht ein, wenn der pauschale Ansatz überschritten wird. (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
1. Der Gebührenbescheid der Beklagten vom 6.2.2015, Kundennummer …, Anwendernummer …, PK/Objekt/Inkasso: …/wird für die Abrechnung Kanal Tarif: KAN(K90) Zähler-Nr. bzw. Text: GARTENWA; in Höhe von 35,76 EUR aufgehoben.
2. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der festgesetzten Kosten abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Gründe
Die zulässige Klage ist begründet. Der Gebührenbescheid der Beklagten vom 6. Februar 2015 ist hinsichtlich der Berechnung von 35,76 EUR für eine Abwassermenge von 12 m³ für Gartenwasser rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 VwGO).
Der Gebührenbescheid ist rechtswidrig, soweit die Verbrauchsgebühr für das Kanalwasser auch für nachgewiesen nicht eingeleitetes Gartenwasser berechnet wurde. Nach § 10 Abs. 2 Satz 1 der Beitrags- und Gebührensatzung zur Entwässerungssatzung der Beklagten vom 30. Juni 2006 gilt als Abwassermenge die dem Grundstück zugeführte Wassermenge abzüglich der nachweislich auf dem Grundstück verbrauchten oder zurückgehaltenen Wassermengen, soweit der Abzug nicht nach Abs. 3 ausgeschlossen ist. Nach dessen Abs. 3 lit. a. sind Wassermengen bis zu 12 m³ jährlich vom Abzug nach Abs. 2 ausgeschlossen.
Ein Abzugsverbot nach § 10 Abs. 3 lit a. greift vorliegend nicht, weil ein Gartenwasserverbrauch von 14 m³ vom Kläger nachgewiesen wurde und somit eine „Wassermenge bis zu 12 m³ jährlich“ überschritten wird. § 10 Abs. 3 lit a. BGS-EWS kann auch nicht dahingehend ausgelegt werden, dass nur der 12 m³ übersteigende Teil in Abzug gebracht werden kann, weil andernfalls eine unverhältnismäßige Belastung des Verbrauchers erreicht würde. Könnte nur ein Abzug des über eine Menge von 12 m³ hinaus gehenden Verbrauchs erfolgen, wäre bei nur geringen Überschreitungen der Grenze der Einbau eines Zählers für einen Gebührenpflichtigen kaum wirtschaftlich sinnvoll. Im Falle des Klägers könnte durch den (kostenmäßig nicht unerheblichen) Einbau eines Zählers bei einem Gartenwasserverbrauch von 14 m³ nur eine Ersparnis von 5,96 EUR erreicht werden. Dies würde bewirken, dass erst bei wesentlicher Überschreitung von 12 m³ ein Kostenvorteil durch die Messung des nicht in die Kanalisation eingeleiteten Wassers entstehen würde, was eine faktisch deutlich höhere Bagatellschwelle bedeuten würde.
Auch aus Gleichheitsgesichtspunkten ist keine andere Auslegung geboten. Dass durch den vollständigen Abzug allen versickerten Gartenwassers ab Übersteigen der Grenze von 12 m³ eine nach Art. 3 Abs. 1 GG zu beurteilende Ungleichbehandlung erfolgt, ergibt sich notwendigerweise aus der in der Satzung getroffenen Begrenzungsregelung. Insoweit ist nicht die volle Abzugsfähigkeit aller Mengen über 12 m³, sondern die Nichtabziehbarkeit von Mengen unterhalb dieser Grenze rechtfertigungspflichtig.
Der Gartenwasserverbrauch von 14 m³ im Abrechnungszeitraum war auch trotz abgelaufener Eichung des Gartenwasserzählers zugrunde zu legen, weil die BGS-EWS der Beklagten anders als die Mustersatzung keine Pflicht zur Eichung und Verplombung vorsieht und die Beklagte nach ständiger Verwaltungspraxis die Messergebnisse auch ungeeichter Gartenwasserzähler als ausreichenden Nachweis ansieht.
Auf die rechtliche Zulässigkeit der Begrenzung des Abzugs nach § 10 Abs. 3 lit. a. BGW-EWS kommt es damit nicht mehr streitentscheidend an.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 161 Abs. 1, 154 Abs. 1 VwGO, der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 167 Abs. 2 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Gründe, die Berufung nach § 124 a Abs. 1 VwGO zuzulassen, liegen nicht vor.