Baurecht

Anordnung der aufschiebenden Wirkung gegen eine Baugenehmigung aufgrund der Unvollständigkeit der Bauvorlagen bzw. der Unbestimmtheit der Baugenehmigung – heranrückende Wohnbebauung an metallverarbeitenden Betrieb

Aktenzeichen  M 8 SN 19.2706

Datum:
13.8.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 21990
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BauGB § 34
BauNVO § 15
VwGO § 80a Abs. 3 S. 2, Abs. 5 S. 1
BImSchG § 3

 

Leitsatz

1. Nachbarrechte können verletzt sein, wenn infolge der Unbestimmtheit einer Baugenehmigung bzw. der Unvollständigkeit, Unrichtigkeit bzw. Uneindeutigkeit der Bauvorlagen Gegenstand und Umfang der Baugenehmigung nicht eindeutig festgestellt und deshalb nicht ausgeschlossen werden kann, dass das genehmigte Vorhaben gegen nachbarschützendes Recht verstößt (vgl. VGH Mannheim BeckRS 2017, 135062). (Rn. 43) (redaktioneller Leitsatz)
2. Das Bestimmtheitsgebot verlangt in seiner nachbarrechtlichen Ausprägung, dass sich der Baugenehmigung und den genehmigten Bauvorlagen mit der erforderlichen Sicherheit entnehmen lassen muss, dass nur solche Baumaßnahmen und Nutzungen erlaubt sind, die Nachbarrechte nicht beeinträchtigen können. Wie weit das nachbarrechtliche Bestimmtheitserfordernis im Einzelnen reicht, beurteilt sich nach dem jeweils anzuwendenden materiellen Recht (vgl. OVG Münster BeckRS 2014, 55846) (Rn. 44) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung vom 24. April 2019, Az. …, wird angeordnet.
II. Die Antragsgegnerin und die Beigeladene haben die Kosten des Verfahrens je zur Hälfte zu tragen.
III. Der Streitwert wird auf 7.500,- EUR festgesetzt.

Gründe

I.
Die Antragstellerin wendet sich gegen eine der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung und begehrt die Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer hiergegen gerichteten Klage.
Die Antragstellerin ist Eigentümerin der Grundstücke Fl.Nrn. … und …, Gemarkung …, die zusammen unter der Adresse … geführt werden.
Auf dem Grundstück Fl.Nr. … steht ein Gebäude, in dem zu früheren Zeiten eine Glockengießerei betrieben wurde. Dieses Gebäude der ehemaligen Glockengießerei, in dem derzeit ein metallverarbeitender Betrieb untergebracht ist, wurde am 14. Februar 2017 als Baudenkmal in die Denkmalliste eingetragen. Nachdem die Antragsgegnerin bei einer Baukontrolle am 17. Februar 2017 festgestellt hatte, dass am Gebäude der ehemaligen Glockengießerei ohne denkmalschutzrechtliche Erlaubnis Veränderungen vorgenommen worden waren, verfügte sie am 17. Februar 2017 gegenüber der Antragstellerin die Baueinstellung. Die Antragstellerin hat hiergegen Klage erhoben (M 8 K 17.1080).
Auf dem Grundstück Fl.Nr. … stand ursprünglich eine Villa, die der Fabrikantenfamilie der ehemaligen Glockengießerei als Wohnhaus diente. Diese wurde jedoch inzwischen abgebrochen; das Grundstück ist derzeit unbebaut.
Südlich der Grundstücke … und … liegt an der …- und … das Grundstück Fl.Nr. …, Gemarkung …, das im Eigentum der Beigeladenen steht.
Das Gebiet liegt im Geltungsbereich eines einfachen Bebauungsplans nach § 30 Abs. 3 BauGB, der für das Grundstück Fl.Nr. … lediglich Baulinien an …- und … festsetzt. Östlich an dieses Grundstück angrenzend entlang der …, südlich der … und westlich der … sowie nördlich der Grundstücke Fl.Nrn. … und … befinden sich mehrstöckige Gebäude.
Im Jahr 2015 wurde hinsichtlich der Grundstücke Fl.Nrn. … und … eine Bauvoranfrage gestellt.
Mit Vorbescheid vom 29. Juli 2015 stellte die Antragsgegnerin daraufhin u.a. fest, dass sich die Zulässigkeit hinsichtlich der Art der Nutzung danach bestimme, ob sie nach den Festsetzungen der Baunutzungsverordnung zulässig wäre. Als maßgebliche nähere Umgebung werde die Bebauung östlich der … (Nr. … und 1a), nördlich der … (Nr. …) und die gegenüberliegende Bebauung … Nr. … … … … herangezogen. Von der Art der Nutzung sei das Gebiet als Allgemeines Wohngebiet (WA) einzustufen. Diese maßgebende Bebauung beiderseits der …n weise Wohngebäude mit fünf Geschossen und einem Dachgeschoss (V + D) auf. An der nördlichen Grundstücksgrenze befinde sich auf dem Nachbargrundstück Fl.Nr. … ein eingeschossiges bzw. in einem Teilbereich zweigeschossiges Grenzgebäude.
Mit Bescheid vom 27. Februar 2019 erteilte die Antragsgegnerin der Beigeladenen eine Teilbaugenehmigung für „Baugrube und Verbau“ für den Neubau eines Wohnheims mit 29 Wohnungen (107 Betten/Personen) und 36 Appartements (43 Betten/Personen) mit Tiefgarage auf dem Grundstück Fl.Nr. …, Gemarkung …, unter der aufschiebenden Bedingung der Vorlage des Standsicherheitsnachweises und der eventuell erforderlichen Konstruktionspläne und deren Prüfung und Freigabe durch den Prüfingenieur. Zudem wurde die Teilbaugenehmigung mit Auflagen versehen. Dabei wurde unter „2. Auflagen für Gesundheit und Umwelt – Immissionsschutz – Lärmschutz“ Folgendes bestimmt: „Die Bestimmungen der Sechsten Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Bundes-Immissionsschutzgesetz (Technische Anleitung zum Schutz gegen Lärm – TA Lärm) vom 26.08.1998 sind zu beachten. Die von dem Bauvorhaben einschließlich des zugehörigen Fahrverkehrs ausgehenden Geräusche dürfen nicht dazu beitragen, dass an den maßgeblichen Immissionsorten nach Ziffer 2.3 TA-Lärm die nachstehenden Immissionsrichtwerte überschritten werden: im Mischgebiet, in dem das Bauvorhaben selbst untergebracht ist, tagsüber 60 dB(A) (06.00 – 22.00 Uhr), nachts 45 dB(A) (22.00 – 06.00 Uhr); im südlich und westlich gelegenen Allgemeinen Wohngebiet tagsüber 55 dB(A) (06.00 – 22.00 Uhr), nachts 40 dB(A) (22.00 – 06.00 Uhr). Die Immissionsrichtwerte gelten auch dann als überschritten, wenn ein Messwert den entsprechenden Richtwert tagsüber um mehr als 30 dB(A) und nachts um mehr als 20 dB(A) überschreitet. Alle geräusch- oder schwingungserzeugenden Maschinen, Geräte, Anlagen und Anlagenteile sind dem Stand der Technik entsprechend gegen die Emission von Luft- und Körperschall sowie gegen die Übertragung von Schwingungen zu isolieren.“
Am 25. März 2019 erhob die Antragstellerin Anfechtungsklage gegen diese Teilbaugenehmigung (M 8 K 19.1422). Zur Begründung der Klage wurde u.a. ausgeführt, dass die Baugrube die künftige Abriegelung des Grundstücks Fl.Nr. … der Antragstellerin vorbereite, welches komplett hinter dem Bauvorhaben verschwinden werde. Das geplante Bauvorhaben werde insbesondere aufgrund seiner Höhe erdrückend auf das denkmalgeschützte ehemalige Glockengießereigebäude wirken und dieses im Sinne des Art. 6 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 2 Bayerisches Denkmalschutzgesetz beeinträchtigen – dies nicht zuletzt aufgrund des geplanten kommunen Anbaus an das Denkmal ab dem ersten Obergeschoss aufwärts. Des Weiteren verstießen die genehmigten Maßnahmen gegen das nachbarrechtliche Rücksichtnahmegebot.
Über diese Klage ist noch nicht entschieden.
Bereits mit Bauantrag vom 17. Juli 2018, geändert durch handschriftliche Eintragungen vom 28. Januar 2019 und 21. Februar 2019, hatte die Beigeladene die Erteilung einer Baugenehmigung für den Neubau eines Wohnheims mit 29 Wohnungen (107 Betten/Personen) und 36 Appartements (43 Betten/Personen) mit Tiefgarage auf dem Grundstück Fl.Nr. …, Gemarkung …, beantragt (Bl. … ff. BA- …). Gleichzeitig wurde die Erteilung von Ausnahmen/Befreiungen/Abweichungen beantragt (Bl. … … ff. BA- …).
Die Antragstellerin machte bereits während des Baugenehmigungsverfahrens Einwendungen gegen das geplante Bauvorhaben der Beigeladenen geltend (Bl. … ff. BA- …). Sie führte dabei unter anderem aus, dass sie sich aufgrund der heranrückenden Wohnbebauung in der Nutzung ihres Grundstücks beeinträchtigt sehe. Das ehemalige Glockengießereigebäude werde seit vielen Jahren von einem Mieter für seinen metallverarbeitenden Werkstattbetrieb genutzt. Sie fürchte nun aufgrund des dadurch hervorgerufenen Lärmpegels Beschwerden von Anwohnern mit der Folge, dass ihr die Umsetzung von Schallschutzmaßnahmen, unter Umständen sogar Betriebsbeschränkungen für den Betrieb ihres Mieters, auferlegt würden.
In einem internen Vermerk vom 21. Januar 2019 stellte die Antragsgegnerin hierzu fest, dass im Hinblick auf das Heranrücken der Wohnbebauung an die eindeutig gewerblich genutzte Glockengießerei-Halle (Werkzeug- und Heizungsteileherstellung) eine Schalluntersuchung erfolgen müsse, um genau abschätzen zu können, ob sich beide Nutzungen vertrügen bzw. durch Eigenschutz der Wohnbebauung verträglich werden könnten. Die Durchführung einer derartigen Schalluntersuchung und erst Recht deren Ergebnis ist den von der Antragsgegnerin vorgelegten Akten jedoch nicht zu entnehmen.
Mit Bescheid vom 24. April 2019 (Az.: …) erteilte die Antragsgegnerin der Beigeladenen die Baugenehmigung nach Plan Nr. … sowie Freiflächengestaltungsplan nach Plan Nr. …A für den Neubau eines Wohnheims mit 29 Wohnungen (107 Betten/Personen) und 36 Appartements (43 Betten/Personen) mit Tiefgarage auf dem Grundstück Fl.Nr. …, Gemarkung … Dieses Bauvorhaben besteht aus drei Gebäudeteilen: Randbebauung (4 Geschosse + Dachgeschoss) entlang der … (kommun angebaut an das Gebäude auf Fl.Nr. …), ein von dieser nach Norden auskragender zweigeschossiger Gebäudeteil, der kommun an das Gebäude der ehemaligen Glockengießerei angebaut werden soll, sowie Randbebauung (5 Geschosse + Dachgeschoss) entlang der … (grenzständig zu Fl.Nr. …). Die Baugenehmigung wurde gemäß Art. 60 und 68 Bayerische Bauordnung unter der aufschiebenden Bedingung der Vorlage und Prüfung des Standsicherheitsnachweises durch den Prüfingenieur erteilt. Es wurde zudem darauf hingewiesen, dass der Brandschutznachweis gemäß Bauantrag durch eine(n) von der Beigeladenen beauftragte(n) Prüfsachverständige(n) geprüft werde. Die Baugenehmigung wurde unter anderem mit folgenden Auflagen versehen: (1. Kfz-Stellplätze) Für dieses Bauvorhaben sei eine Anzahl von elf Stellplätzen für Kraftfahrzeuge erforderlich; somit seien elf Stellplätze real herzustellen. (3. Auflagen zur Gesundheit und Umwelt – Immissionsschutz – Lärmschutz) Die Bestimmungen der Sechsten Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Bundes-Immissionsschutzgesetz (Technische Anleitung zum Schutz gegen Lärm – TA Lärm) vom 26.08.1998 seien zu beachten. Die von dem Bauvorhaben einschließlich des zugehörigen Fahrverkehrs ausgehenden Geräusche dürften nicht dazu beitragen, dass an den maßgeblichen Immissionsorten nach Ziffer 2.3 TA-Lärm die nachstehenden Immissionsrichtwerte überschritten würden: im nördlichen rückwärtigen Bereich gälten die Richtwerte von tagsüber 60 dB(A) (06.00 – 22.00 Uhr), nachts 45 dB(A) (22.00 – 06.00 Uhr); im Übrigen, südlich, westlich und östlich die Werte von tagsüber 55 dB(A) (06.00 – 22.00 Uhr), nachts 40 dB(A) (22.00 – 06.00 Uhr). Die Immissionsrichtwerte gälten auch dann als überschritten, wenn ein Messwert den entsprechenden Richtwert tagsüber um mehr als 30 dB(A) und nachts um mehr als 20 dB(A) überschreite. Alle geräusch- oder schwingungserzeugenden Maschinen, Geräte, Anlagen und Anlagenteile seien dem Stand der Technik entsprechend gegen die Emission von Luft- und Körperschall sowie gegen die Übertragung von Schwingungen zu isolieren. (5. Auflagen des Denkmalschutzes) Vor Ausführung der Malerarbeiten sei ein Farbkonzept mit Angabe der geplanten Farbverteilung, der Farbtöne und des Farbmaterials vorzulegen und durch die Untere Denkmalschutzbehörde abnehmen zu lassen. Beginn und Abschluss der Arbeiten seien der Unteren Denkmalschutzbehörde rechtzeitig schriftlich mitzuteilen. Es werde darauf hingewiesen, dass sich das Vorhaben in der Nähe von Baudenkmälern im Sinne des Art. 6 Abs. 1 Satz 2 Bayerisches Denkmalschutzgesetz befinde. Zudem seien die Auflagen der Teilbaugenehmigung vom 27. Februar 2019 zu beachten. Ferner wurden Befreiungen wegen Überschreitung der Baulinie und Abweichungen gem. Art. 63 Abs. 1 Bayerische Bauordnung wegen Nichteinhaltung erforderlicher Abstandsflächen durch Überschreitung der Mitte der öffentlichen Verkehrsfläche zum südlich straßengegenüberliegenden Grundstück … 23-37 (Fl.Nr. …) sowie von der gem. § 3 Abs. 1 Garagen- und Stellplatzverordnung vorgesehenen zulässigen Rampenneigung erteilt. Unter dem Stichwort „Nachbarwürdigung“ wurde unter anderem ausgeführt, dass der Nachbar Fl.Nr. … und … Einwände zu dem Bauvorhaben vorgebracht habe (vgl. Bl. 73 ff. BA- …). Dem Einwand, dass das Vorhaben zu massiv sei und damit im Verhältnis zu seiner Umgebung bewältigungsbedürftige Spannungen begründen würde, könne nicht entsprochen werden. Das Vorhaben sei planungsrechtlich nach § 34 Abs. 1 i.V.m. § 30 Abs. 3 Baugesetzbuch (Baulinienplan) zulässig. Zur … und zur … seien mit einem einfachen Bebauungsplan Baulinien festgesetzt. Der Hauptbaukörper halte diese Baulinien ein. Das Vorhaben bleibe hinsichtlich der Anzahl der Geschosse, der Höhenentwicklung (Trauf- und Firsthöhe) und der überbaubaren Fläche im Rahmen der vorhandenen Umgebungsbebauung. Auch dem Einwand, dass eine Beeinträchtigung des denkmalgeschützten ehemaligen Glockengießereigebäudes (Fl.Nr. …) befürchtet werde, könne nicht entsprochen werden. Das Landesamt für Denkmalpflege habe dahingehend Stellung genommen, dass es in Anbetracht des Grundstücks Ecke …- … naheliegend sei, die begonnene Blockrandbebauung auch auf diesem Anwesen fortzusetzen. Auch im Hinblick auf die denkmalgeschützte Glockengießerei im rückwärtigen Bereich bestünden keine grundsätzlichen Bedenken, weil diese ihre Wirkung auch in der Vergangenheit nicht nach außen entfaltet habe. Ihre historische Bedeutung werde durch eine Verdichtung des Blockrandes nicht wesentlich zerstört. Auch dadurch, dass das Bauvorhaben naheliegenderweise höher ausfalle als das Baudenkmal selbst, werde das Baudenkmal nicht beeinträchtigt. Dies sei schon aufgrund der Lage im Quartiersinneren und der Entstehungsgeschichte vorgegeben.
Auch dem Einwand, dass von dem Vorhaben eine erdrückende Wirkung auf das Grundstück Fl.Nr. … ausgehe und das Rücksichtnahmegebot nach § 34 Abs. 1 Baugesetzbuch verletzt sei, könne nicht entsprochen werden. Planungsrechtlich sei auf dem Baugrundstück eine geschlossene Bebauung, entlang der Baulinie, zulässig. Die Höhenentwicklung und die Anzahl der Geschosse hielten sich im Rahmen der vorhandenen Bebauung der näheren Umgebung. Die nördlichen Abstandsflächen des Bauvorhabens fielen nicht auf das Nachbargrundstück Fl.Nr. …, sie würden auf dem eigenen Grundstück eingehalten.
Auch dem Einwand, dass anzuzweifeln sei, dass brandschutztechnische Anforderungen an einen Rettungsweg eingehalten würden, könne nicht entsprochen werden, da der Brandschutz vorliegend nicht im behördlichen Prüfungsumfang liege.
Ebenso wenig könne dem Einwand, dass die Nutzung des Grundstücks der Antragstellerin aufgrund der heranrückenden Wohnbebauung beeinträchtigt werde, entsprochen werden. Der Werkstattbetrieb befinde sich nach dem genehmigten Flächennutzungsplan der Antragsgegnerin in einem Mischgebiet. Dem entspreche auch die tatsächliche Nutzung. Für den Werkstattbetrieb seien die Bestimmungen der Sechsten Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Bundesimmissionsschutzgesetz (Technische Anleitung Lärm – TA Lärm) vom 26. August 1998 zu beachten. Die dort für ein Mischgebiet festgesetzten Immissionsrichtwerte seien somit einzuhalten. Durch das geplante Bauvorhaben rücke zwar die Wohnbebauung näher heran, nicht jedoch der maßgebliche Immissionsort nach TA-Lärm. Dieser liege bei unbebauten Flächen (derzeit sei die Fläche für das geplante Bauvorhaben unbebaut) an dem am stärksten betroffenen Rand der Fläche, wo nach dem Bau- und Planungsrecht Gebäude mit schutzbedürftigen Räumen erstellt werden dürften. Der maßgebliche Immissionsort für den metallverarbeitenden Werkstattbetrieb sei in beiden Fällen – also mit oder ohne Nachbarbebauung – derselbe. Die für den Werkstattbetrieb geltenden Immissionsrichtwerte würden durch das geplante Bauvorhaben auf dem Nachbargrundstück, welches sich im selben Mischgebiet befinde, auch nicht verändert. Daher sei auch das Gebot der Rücksichtnahme gewahrt.
Der Bescheid wurde den Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin mit Begleitschreiben vom 24. April 2019 am 27. April 2019 zugestellt.
Am 23. Mai 2019 erhob die Antragstellerin durch ihre Verfahrensbevollmächtigten Klage gegen die Baugenehmigung vom 24. April 2019 (M 8 K 19.2525). Die Klage wurde noch nicht begründet. Über sie ist noch nicht entschieden.
Mit Schriftsatz vom 28. Mai 2019 beantragte die Antragstellerin durch ihre Verfahrensbevollmächtigten unter Bezugnahme auf die im Baugenehmigungsverfahren erhobenen Einwendungen gegen das Bauvorhaben bei der Antragsgegnerin die Aussetzung der sofortigen Vollziehung der Baugenehmigung vom 24. April 2019 (Bl. … BA- …). Die Antragsgegnerin lehnte diesen Antrag mit Schreiben vom 29. Mai 2019 ab (Bl. … BA- …).
Mit Schriftsatz vom 4. Juni 2019, vorab per Telefax eingegangen am selben Tag, im Original mit Anlagen am 5. Juni 2019, beantragte die Antragstellerin durch ihre Verfahrensbevollmächtigten,
die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den der Beigeladenen erteilten Baugenehmigungsbescheid der Antragsgegnerin, Az.: …, vom 24. April 2019 anzuordnen.
Zur Begründung wurde unter anderem ausgeführt, dass der Bau auf dem nachbarlichen Grundstück begonnen habe und jedenfalls die Ausschachtungsarbeiten in vollem Gange seien. Der Titel der Baugenehmigung „Neubau eines Wohnheims mit 29 Wohnungen (107 Betten/Personen) und 36 Appartements (43 Betten/Personen) mit Tiefgarage (…- …)“ lasse nicht erkennen, worum es vorliegend gehe. Das Bauvorhaben bezwecke die Errichtung einer Unterkunft für Geflüchtete und Wohnungslose, für die bereits ein langfristiger Mietvertrag mit der Antragsgegnerin abgeschlossen worden sei. Dies bedeute, dass die Antragsgegnerin ein Projekt genehmigt habe, das in ihrem eigenen Interesse errichtet werde und sie deshalb dazu veranlasst habe, die Bedenken der Nachbarschaft nicht sachgerecht zu prüfen und zu würdigen. Die Antragstellerin wende sich nicht gegen die Unterbringung von Geflüchteten als solche, sondern gegen die übermäßige Dimensionierung der genehmigten Baulichkeiten in einem sehr engen Quartier, in das sich diese Baulichkeiten nicht einfügten. Das Bauvorhaben habe aufgrund seiner abriegelnden Ausmaße erdrückende Wirkung und verletze das Rücksichtnahmegebot. Das mehrere Gebäude umfassende Bauvorhaben der Beigeladenen zu einem Zweck, der im Quartier bislang nicht vorkomme, hätte zudem eine bauplanerische Vorbereitung unter Prüfung der Umweltauswirkungen, der sozialen Auswirkungen und der Konfliktbewältigung bedingt. Für die Erteilung einer Baugenehmigung nach der Vorschrift des § 34 Baugesetzbuch fehle es an den Tatbestandsmerkmalen der „Baulücke“ und des „sich Einfügens“. Das Bauvorhaben werde auch den Gebietscharakter unangemessen verändern, indem es die Parkplatznot verschärfen und im Ergebnis den Handwerksbetrieb auf dem Grundstück der Antragstellerin vertreiben werde – vertiefte Ermittlungen zur Emissionssituation hätten, soweit für die Antragstellerin ersichtlich, nicht stattgefunden. Ferner verstoße die Baugenehmigung gegen den denkmalrechtlichen Umgebungsschutz nach Art. 6 Abs. 2 Satz 2 Bayerisches Denkmalschutzgesetz, der gegenüber der Antragstellerin als Eigentümerin eines Denkmals drittschützend sei, da das Bauvorhaben in der unmittelbaren Umgebung des denkmalgeschützten Gebäudes der Antragstellerin situiert sein werde und dieses vollständig hinter dem massiven Neubau verschwinden werde. Außerdem scheine das Bauvorhaben zwar die gemäß Art. 6 Bayerische Bauordnung erforderlichen Abstandsflächen einzuhalten, erreiche jedoch die Ziele des Abstandsflächenrechts nicht. Schließlich sei die Einhaltung von Brandschutzvorschriften vor dem Erlass des Baugenehmigungsbescheides nicht geprüft worden. Es sei daher für die Antragstellerin nicht ersichtlich, wie eine Brandbekämpfung an dem ihr zugewandten, an die Glockengießerei kommun angrenzenden Wohngebäude solle erfolgen können.
Vor diesem Hintergrund werde deutlich, dass die Baugenehmigung nachbarschützende Rechtsvorschriften verletze und daher rechtswidrig sei. Das Interesse der Antragstellerin an der Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage überwiege das Vollzugsinteresse der Antragsgegnerin und der Beigeladenen, da an der Umsetzung eines rechtswidrigen Verwaltungsakts schon nach der Wertung des Gesetzes kein Interesse bestehe und aufgrund der voraussichtlich längeren Verfahrensdauer des Hauptsacheverfahrens nur über den Eilantrag effektiver Rechtsschutz erreicht werden könne.
Mit Beschluss des Gerichts vom 7. Juni 2019 wurde die Bauherrin und Adressatin der Baugenehmigung vom 24. April 2019 zum Verfahren beigeladen.
Mit Schriftsatz vom 18. Juni 2019 zeigten die Verfahrensbevollmächtigten der Beigeladenen deren Vertretung an und beantragten mit Schriftsatz vom 28. Juni 2019, den Antrag abzulehnen.
Der Antrag sei unbegründet. Bei dem streitgegenständlichen Bauvorhaben handle es sich entsprechend der dem Bauantrag beigefügten Nutzungsbeschreibung (vgl. Bl. … BA- …) um ein Wohnprojekt, bei dem die Antragsgegnerin Wohnraum für Personengruppen – hier: Flüchtlinge und Resettler – zur Verfügung stelle, die sich nicht ohne Weiteres am regulären Wohnungsmarkt Wohnraum verschaffen könnten. Dass diese nicht im Titel des Antrags benannt würden, sei unschädlich, da es bauplanungsrechtlich auf die Bewohnergruppe nicht ankomme. Dass die Antragsgegnerin das Projekt ohne sachgerechte Prüfung genehmigt habe, sei eine nicht näher dargelegte Behauptung. Unabhängig davon zeige der Text der Genehmigung ab Seite, dass sich die Antragsgegnerin dezidiert mit den Argumenten der Antragstellerin auseinandergesetzt habe, diese jedoch nicht zu einer abweichenden Beurteilung des Vorhabens geführt hätten.
Der Antrag sei abzulehnen, da die Hauptsacheklage ebenfalls ohne Erfolg bleiben werde. Selbst wenn für die Zulassung eines Vorhabens wie dem hiesigen die Aufstellung eines Bebauungsplans angezeigt gewesen wäre, übersehe die Antragstellerin, dass es nicht dem Nachbarn obliege, die Planungsbedürftigkeit eines Vorhabens geltend zu machen. Er könne sich nicht auf ein objektiv-rechtliches „Nicht Einfügen“ berufen, sondern nur, wenn hierdurch zugleich das Gebot der Rücksichtnahme verletzt würde.
Soweit die Antragstellerin mit ihren Ausführungen auf eine Verletzung des Gebietserhaltungsanspruchs abziele, liege diese schon deshalb nicht vor, weil sich die Nutzung des Vorhabens ohne Weiteres in die wohngeprägte nähere Umgebung einfüge. Wie in allen (auch) wohngeprägten Baugebieten der Baunutzungsverordnung sei die Nutzung als Wohnheim zulässig, da es sich bei einem Wohnheim auch im bauplanungsrechtlichen Sinne um ein Wohngebäude handle.
Soweit die Antragstellerin geltend mache, dass das Vorhaben nicht mit dem bereits in der Glockengießerei vorhandenen metallverarbeitenden Betrieb verträglich sei, besonders wenn dieser die Fenster geöffnet habe, sei fraglich, ob bei geöffneten Fenstern in der Glockengießerei mehr Immissionen auf das Vorhaben einwirkten als auf die nördliche Wohnbebauung, da das Glockengießereigebäude nach Süden und damit zum Vorhaben hin über keine Öffnungen verfüge. Selbst wenn das Vorhaben der Beigeladenen im Einwirkungsbereich der Immissionen des Betriebs auf dem Grundstück der Antragstellerin läge, habe diese nicht geltend gemacht, dass das genehmigte Vorhaben zu mehr Einschränkungen des Handwerksbetriebs führte als denjenigen, die bereits durch die in unmittelbarer Nähe vorhandene Bestandswohnbebauung impliziert würden.
Soweit die Antragstellerin pauschal behaupte, die Stellplatzsituation würde „chaotisch“ werden, wenn eine realistische Anzahl von Bewohnern über Kraftfahrzeuge verfügte, übersehe sie, dass derzeit ausschließlich eine Wohnheimnutzung genehmigt sei mit einer Zielgruppe, die in aller Regel über keinen eigenen Pkw verfüge. Im Übrigen habe die Regelung des Art. 47 Bayerische Bauordnung ebenso wie die darauf basierende Stellplatzsatzung keinen nachbarschützenden Charakter.
Weiterhin wurden Ausführungen zum Rücksichtnahmegebot im Hinblick auf den Grenzanbau und auf eine einmauernde oder erdrückende Wirkung sowie zum Denkmalschutz und zu den Abstandsflächen gemacht.
Mit Schreiben vom 4. Juli 2019 beantragte die Antragsgegnerin, den Antrag abzulehnen.
Zur Begründung wurden im Wesentlichen die Ausführungen des Bescheids vertieft. Weiterhin wurde dargelegt, dass sich die Zulässigkeit der geschlossenen Bauweise ebenfalls aus der Umgebung ergebe. Die Neubebauung entlang der … sei sogar niedriger als zulässig ausgeführt. Das Mittelgebäude hin zur ehemaligen Glockengießerei bleibe in seiner Höhe ebenfalls deutlich hinter der Höhe des Bestandsgebäudes zurück. Zudem weise die Halle keine Fenster in Richtung Neubebauung auf.
Soweit die Antragstellerin impliziere, dass sich die Neubebauung im Hinblick auf die Art der Nutzung nicht einfüge, sei auch dies unzutreffend. Bei der Neubebauung handle es sich um Wohnnutzung, die aufgrund der umgebenden nahezu überwiegenden Wohnnutzung unproblematisch sei. Im Hinblick auf die gewerbliche Nutzung der ehemaligen Glockengießereihalle entstünden keine Konflikte, weil diese zum einen keine Fensteröffnungen hin zur Neubebauung habe und zum anderen infolge der umgebenden Wohnnutzung keine Veränderung der Anforderungen an diese entstehe.
Mit Schriftsatz vom 12. Juli 2019 ergänzte die Antragstellerin ihren bisherigen Vortrag.
Mit Urteil vom 29. Juli 2019 hat das Bayerische Verwaltungsgericht München der Klage der Antragstellerin gegen die gegen sie verfügte Baueinstellung vom 17. Februar 2017 wegen fehlender Denkmaleigenschaft des ehemaligen Glockengießereigebäudes stattgegeben (M 8 K 17.1080).
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakte dieses Verfahrens sowie der Verfahren M 8 K … und M 8 K … sowie der vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.
II.
Der zulässige Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der in der Hauptsache erhobenen Anfechtungsklage hat Erfolg, da die in der Hauptsache erhobene Anfechtungsklage voraussichtlich Erfolg haben wird. Bei summarischer Prüfung ist eine für den Erfolg der Anfechtungsklage erforderliche Verletzung der Rechte der Antragsteller durch die Rechtswidrigkeit der angegriffenen Baugenehmigung vom 24. April 2019 gegeben (§ 113 Abs. 1 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO)).
1. Nach § 212a Abs. 1 Baugesetzbuch (BauGB) hat die Anfechtungsklage eines Dritten gegen die bauaufsichtliche Zulassung eines Vorhabens keine aufschiebende Wirkung. Legt ein Dritter gegen die einem anderen erteilte und diesen begünstigende Baugenehmigung eine Anfechtungsklage ein, so kann das Gericht auf Antrag gemäß § 80a Abs. 3 Satz 2 VwGO in entsprechender Anwendung von § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO die bundesgesetzlich gemäß § 212a Abs. 1 BauGB ausgeschlossene aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage ganz oder teilweise anordnen. Hierbei trifft das Gericht eine eigene Ermessensentscheidung darüber, welche Interessen höher zu bewerten sind – die für einen sofortigen Vollzug des angefochtenen Verwaltungsaktes oder die für die Anordnung der aufschiebenden Wirkung streitenden Interessen (vgl. Hoppe, in: Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 80 Rn. 88). Dabei stehen sich das Suspensivinteresse des Nachbarn und das Interesse des Bauherrn, von der Genehmigung sofort Gebrauch zu machen, grundsätzlich gleichwertig gegenüber. Im Rahmen dieser Interessenabwägung sind auch die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache als wesentliches, aber nicht alleiniges Indiz zu berücksichtigen (Hoppe, a.a.O., § 80 Rn. 85 ff.). Fällt die Erfolgsprognose zu Gunsten des Nachbarn aus, erweist sich die angefochtene Baugenehmigung also nach summarischer Prüfung gegenüber dem Nachbarn als rechtswidrig, so ist die Vollziehung der Genehmigung regelmäßig auszusetzen (vgl. BayVGH, B.v. 12.4.1991 – 1 CS 91.439 – juris). Hat dagegen die Anfechtungsklage des Nachbarn mit hoher Wahrscheinlichkeit keinen Erfolg, so ist das im Rahmen der vorzunehmenden und zu Lasten des Antragstellers ausfallenden Interessensabwägung ein starkes Indiz für ein überwiegendes Interesse des Bauherrn an der sofortigen Vollziehung der ihm erteilten Baugenehmigung (vgl. BayVGH, B.v. 26.7.2011 – 14 CS 11.535 – juris Rn. 18). Sind schließlich die Erfolgsaussichten offen, findet eine reine Abwägung der für und gegen den Sofortvollzug sprechenden Interessen statt (vgl. BayVGH, B.v. 26.7.2011, a.a.O.).
2. Dritte können sich gegen eine Baugenehmigung nur dann mit Aussicht auf Erfolg zur Wehr setzen, wenn die angefochtene Baugenehmigung rechtswidrig ist und diese Rechtswidrigkeit zumindest auch auf der Verletzung von Normen beruht, die gerade auch dem Schutz des betreffenden Nachbarn zu dienen bestimmt sind (vgl. BayVGH, B.v. 24.3.2009 – 14 CS 08.3017 – juris Rn. 20). Es genügt daher nicht, wenn die Baugenehmigung gegen Rechtsvorschriften des öffentlichen Rechts verstößt, die nicht – auch nicht teilweise – dem Schutz der Eigentümer benachbarter Grundstücke zu dienen bestimmt sind. Dabei ist zu beachten, dass ein Nachbar eine Baugenehmigung zudem nur dann mit Erfolg anfechten kann, wenn die Genehmigung rechtswidrig ist und diese Rechtswidrigkeit sich aus einer Verletzung von Vorschriften ergibt, die im Baugenehmigungsverfahren zu prüfen waren (vgl. BayVGH, B.v. 24.3.2009 – 14 CS 08.3017 – juris Rn. 20). Verstößt ein Vorhaben gegen eine drittschützende Vorschrift, die im Baugenehmigungsverfahren nicht zu prüfen war, trifft die Baugenehmigung insoweit keine Regelung und ist der Nachbar darauf zu verweisen, Rechtschutz gegen das Vorhaben über einen Antrag auf bauaufsichtliches Einschreiten gegen die Ausführung dieses Vorhabens zu suchen (vgl. BVerwG, B.v. 16.1.1997 – 4 B 244/96 – juris Rn. 3; BayVGH, B.v. 14.10.2008 – 2 CS 08.2132 – juris Rn. 3).
3. Dies zugrunde gelegt, überwiegt das Aussetzungsinteresse der Antragstellerin entgegenstehende Vollzugsinteressen. Denn die Klage der Antragstellerin wird nach summarischer Prüfung voraussichtlich Erfolg haben. Sie erweist sich voraussichtlich als zulässig und begründet. Der angefochtene Bescheid der Antragsgegnerin – die Baugenehmigung vom 24. April 2019 – ist rechtswidrig und verletzt die Antragstellerin dadurch auch in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Dies ergibt sich zwar mangels Denkmaleigenschaft des Gebäudes der ehemaligen Glockengießerei nicht aus einer Verletzung drittschützender denkmalrechtlicher Bestimmungen (vgl. hierzu BVerwG, U.v. 21.4.2009 – 4 C 3.08 – juris Rn. 5, 9, 14, 15 und 17; B.v. 4.8.2011 – 2 CS 11.997 – juris Rn. 4; B.v. 14.9.2017 – 4 B 28/17 – juris Rn. 5 ff.; BayVGH, U.v. 24.1.2013 – 2 BV 11.1631 – juris Rn. 21 ff.; U.v. 25.6.2013 – 22 B 11.701 – juris Rn. 21, 29 f.; B.v., 17.7.2013 – 14 ZB 12.1153 – juris Rn. 17), aber aus der Unvollständigkeit der Bauvorlagen bzw. der Unbestimmtheit der Baugenehmigung.
a) Eine Baugenehmigung ist gemäß Art. 68 Abs. 1 Satz 1 Hs. 1 Bayerische Bauordnung (BayBO) zu erteilen und darf daher auch nur erteilt werden, wenn dem Bauvorhaben keine öffentlich-rechtlichen Vorschriften entgegenstehen, die im bauaufsichtlichen Genehmigungsverfahren zu prüfen sind. Dies setzt voraus, dass das Bauvorhaben auf der Grundlage des Bauantrags und der Bauvorlagen (Art. 64 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 BayBO) am Maßstab der heranzuziehenden öffentlich-rechtlichen Vorschriften geprüft werden kann. Denn Art. 64 Abs. 2 Satz 1 BayBO bestimmt, dass mit dem Bauantrag alle für die Beurteilung des Vorhabens und die Bearbeitung des Bauantrags erforderlichen Unterlagen (Bauvorlagen) einzureichen sind. Art, Umfang und Inhalt der vorzulegenden Bauvorlagen ergeben sich dabei aus der Bauvorlagenverordnung (BauVorlV), Art. 80 Abs. 4 BayBO. Die vorgelegten Bauvorlagen und die in ihnen enthaltenen Angaben müssen dabei vollständig, richtig und eindeutig sein (vgl. Gaßner, in: Simon/Busse, BayBO, Art. 64 Rn. 75 ). Zudem müssen Baugenehmigungen nach Art. 37 Abs. 1 Bayerisches Verwaltungsverfahrensgesetz (BayVwVfG) inhaltlich hinreichend bestimmt sein, sodass sie vollständig, klar und unzweideutig sind. Dies bedeutet, dass die im Genehmigungsbescheid getroffene Regelung und damit auch der Inhalt, die Reichweite und der Umfang der genehmigten Nutzung für die Beteiligten des Verfahrens – gegebenenfalls nach Auslegung – eindeutig zu erkennen sein müssen (vgl. BayVGH, B.v. 16.4.2015 – 9 ZB 12.205 – juris Rn. 7; B.v. 20.3.2018 – 15 CS 17.2523 – juris Rn. 30). Unvollständigkeiten, Ungenauigkeiten und sonstige Unrichtigkeiten in den eingereichten Bauvorlagen gehen daher zu Lasten des Bauherrn (vgl. Gaßner, in: Simon/Busse, BayBO, Art. 64 Rn. 80 ). Vor diesem Hintergrund darf, wenn sich bei der Prüfung durch die Behörde herausstellt, dass die Bauvorlagen inhaltlich unrichtige Angaben enthalten bzw. widersprüchlich oder sonst als Entscheidungsgrundlage für die Baugenehmigung ungeeignet sind, die Baugenehmigung nicht erteilt werden (vgl. Gaßner, in: Simon/Busse, BayBO, Art. 64 Rn. 80 ; VG München, B.v. 28.11.2017 – M 8 SN 17.4766 – juris Rn. 57; B.v. 16.5.2018 – M 8 E 18.1233 – juris Rn. 32).
Ein Nachbar hat zwar keinen materiellen Anspruch darauf, dass der Bauantragsteller einwandfreie und vollständige Bauvorlagen einreicht (vgl. Gaßner, in: Simon/Busse, BayBO, Art. 64 Rn. 84 m.w.N. ). Nachbarrechte können aber dann verletzt sein, wenn infolge der Unbestimmtheit einer Baugenehmigung bzw. der Unvollständigkeit, Unrichtigkeit bzw. Uneindeutigkeit der Bauvorlagen Gegenstand und Umfang der Baugenehmigung nicht eindeutig festgestellt und deshalb nicht ausgeschlossen werden kann, dass das genehmigte Vorhaben gegen nachbarschützendes Recht verstößt (vgl. BayVGH, U.v. 20.5.1996 – 2 B 94.1513 – BayVBl. 1997, 405 f.; B.v. 5.12.2001 – 26 ZB 01.1775 – juris Rn. 11 m.w.N.; VGH Mannheim, B.v. 23.11.2017 – 3 S 1933/17 – juris Rn. 8). Dies gilt insbesondere auch dann, wenn eine Verletzung des Rücksichtnahmegebots zu Lasten des Nachbarn nicht ausgeschlossen werden kann (vgl. BayVGH, B.v. 31.10.2016 – 15 B 16.1001 – juris Rn. 4; B.v. 5.7.2017 – 9 CS 17.603 – juris Rn. 13; jeweils m.w.N.). Wenn die Baugenehmigung selbst oder die der Baugenehmigung zugrunde liegenden Bauvorlagen wegen Ungenauigkeiten, Unvollständigkeiten oder Uneindeutigkeiten keine Entscheidung zulassen, ob die Anforderungen derjenigen Vorschriften gewährleistet sind, die zum Prüfprogramm des konkreten bauaufsichtlichen Verfahrens gehören und die Nachbarschutz vermitteln, kann dies zur Aufhebung der Baugenehmigung wegen einer Nachbarrechtsverletzung führen (vgl. BayVGH, U.v. 26.6.1999 – 1 B 97.3174 – juris Rn. 16; B.v. 31.10.2016 – 15 B 16.1001 – juris Rn. 4). Betrifft die Unbestimmtheit, Unvollständigkeit oder Unrichtigkeit der Bauvorlagen solche Vorschriften, deren Verletzung im konkreten Fall subjektiv-öffentliche Abwehrrechte des jeweiligen Antragstellers begründen können, ist eine Rechtsverletzung des jeweiligen Antragstellers hierdurch zu bejahen (vgl. BayVGH, U.v. 28.6.1999 – 1 B 97.3174 – juris Rn. 16; B.v. 5.12.2001 – 26 ZB 01.1175 – juris Rn. 11 m.w.N.).
Das Bestimmtheitsgebot verlangt in seiner nachbarrechtlichen Ausprägung, dass sich der Baugenehmigung und den genehmigten Bauvorlagen mit der erforderlichen Sicherheit entnehmen lassen muss, dass nur solche Baumaßnahmen und Nutzungen erlaubt sind, die Nachbarrechte nicht beeinträchtigen können. Ist eine Baugenehmigung in dieser Hinsicht inhaltlich nicht hinreichend bestimmt, führt dies zu einem Abwehrrecht des Nachbarn, wenn sich die Unbestimmtheit gerade auf solche Merkmale des Vorhabens bezieht, deren genaue Festlegung erforderlich ist, um eine Verletzung nachbarrechtlicher Vorschriften auszuschließen und – zusätzlich – wenn die insoweit mangelhafte Baugenehmigung aufgrund dessen ein Vorhaben zulässt, von dem der Nachbar konkret unzumutbare Auswirkungen zu befürchten hat. Wie weit das nachbarrechtliche Bestimmtheitserfordernis im Einzelnen reicht, beurteilt sich nach dem jeweils anzuwendenden materiellen Recht (OVG Münster, U.v. 6.6.2014 – 2 A 2757/12 – juris Rn. 73; OVG Lüneburg, B.v. 26.1.2012 – 1 ME 226/11 – juris Rn. 22).
b) Unter Anwendung dieser Grundsätze ist die der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung vom 24. April 2019 rechtswidrig und verletzt dadurch auch die Antragstellerin in ihren Rechten.
aa) Die Baugenehmigung vom 24. April 2019 wurde für das streitgegenständliche Vorhaben als Sonderbau im Sinne von Art. 2 Abs. 4 Nr. 11 BayBO erteilt, so dass gem. Art. 60 Satz 1 Nr. 1 BayBO insbesondere die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens nach §§ 29 bis 38 BauGB zum Prüfungsmaßstab gehört.
bb) Die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens richtet sich vorliegend nach § 30 Abs. 3 BauGB i.V.m. § 34 BauGB, da kein (qualifizierter) Bebauungsplan für das streitgegenständliche Grundstück besteht, sondern nur ein Baulinienplan und das streitgegenständliche Grundstück im Übrigen im unbeplanten Innenbereich liegt. Die Annahme, dass eine „Baulücke“, womit wohl „ein im Zusammenhang bebauter Ortsteil“ im Sinne von § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB gemeint ist, fehle, so dass es sich bei dem streitgegenständlichen Grundstück (ggf. auch zusammen mit dem Grundstück Fl.Nr. …) um einen sog. Außenbereich im Innenbereich handelte, ist angesichts der Größe der unbebauten Fläche und der sie umgebenden sowohl zahlreichen als auch massiven und insofern weiträumiger prägenden Bebauung fernliegend und wurde wohl auch deshalb von der Antragstellerin lediglich knapp behauptet, jedoch nicht ansatzweise näher begründet. Im Übrigen wäre dies auch nachbarrechtlich irrelevant.
cc) Die streitgegenständliche Baugenehmigung genügt den Anforderungen an den Umfang der Bauvorlagen bzw. an die Bestimmtheit einer Baugenehmigung hinsichtlich des Rücksichtnahmegebots in Bezug auf den Lärm (und evtl. auch auf die Schwingungen), die von dem im Glockengießereigebäude der Antragstellerin befindlichen metallverarbeitenden Betrieb ausgehen und damit auf das streitgegenständliche Vorhaben einwirken können, nicht. Denn anhand der Baugenehmigung und auch der ihr zugrunde liegenden Bauvorlagen lässt sich nicht feststellen, dass das Bauvorhaben durch den vom Anwesen der Antragstellerin ausgehenden und auf das streitgegenständliche Bauvorhaben einwirkenden Lärm (und evtl. auch durch von dem metallverarbeitenden Betrieb ausgehende Schwingungen) keinen unzumutbaren Belästigungen aussetzt wird, die zumindest nach Errichtung des Bauvorhabens möglicherweise nur noch durch Veränderungen am oder im Gebäude der ehemaligen Glockengießerei oder durch Einschränkungen des dort befindlichen Betriebs beseitigt werden können. Ein Verstoß gegen das zum Prüfungsumfang der vorliegenden Baugenehmigung gehörende Gebot der Rücksichtnahme zu Lasten der Antragstellerin kann insofern nicht ausgeschlossen werden, was zur Rechtswidrigkeit der Baugenehmigung und zur Verletzung von subjektiven Rechten der Antragstellerin führt.
Dabei kann dahinstehen, ob das Rücksichtnahmegebot vorliegend § 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 15 Abs. 1 Satz 2 Baunutzungsverordnung (BauNVO) oder aber dem Begriff des Einfügens in § 34 Abs. 1 BauGB zu entnehmen ist, da seine Anforderungen in beiden Fällen inhaltlich identisch sind (vgl. BayVGH, B.v. 12.9.2013 – 2 CS 13.1351 – juris Rn. 4). Insofern kann auch offenbleiben, ob die Annahme, das streitgegenständliche Vorhaben liege in einem faktischen Mischgebiet im Sinne von § 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 6 Baunutzungsverordnung (BauNVO), zutreffend ist. Dies ist nicht nur angesichts der im Vorbescheid der Antragsgegnerin vom 29. Juli 2015 zu findenden Einschätzung, dass das Gebiet von der Art der Nutzung als (faktisches) Allgemeines Wohngebiet (WA) einzustufen sei, zweifelhaft. Auch nach den im Eilverfahren zur Verfügung stehenden Erkenntnismitteln und dem Vortrag der Beteiligten besteht der Anschein einer überwiegenden Wohnbebauung im gesamten Geviert, die der Annahme eines Mischgebiets (zur Notwendigkeit einer gleichwertigen und gleichgewichtigen Mischung von Wohnen und nicht störendem Gewerbe, die bei einem deutlichen Übergewicht einer der Nutzungsarten nicht mehr besteht, vgl. BVerwG, B.v. 11.4.1996 – 4 B 51/96 – juris Rn. 5 f.) ebenso wie der Annahme eines zweigeteilten Gebiets in Form eines Mischgebiets im Norden bis zur ehemaligen Glockengießerei und eines Allgemeinen Wohngebiets westlich, südlich und östlich davon entgegensteht.
aaa) Ein nach § 34 Abs. 1 BauGB zu beurteilendes Vorhaben kann, auch wenn sich seine Zulässigkeit hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung nach § 34 Abs. 2 BauGB beurteilt und nach den dort in Bezug genommenen Vorschriften der Baunutzungsverordnung allgemein oder ausnahmsweise zulässig ist, trotz Erfüllung der (weiteren) Einfügenskriterien des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB im Einzelfall gleichwohl unzulässig sein, wenn es die gebotene Rücksichtnahme auf sonstige, d.h. vor allem auf die in seiner unmittelbaren Umgebung vorhandene Bebauung fehlen lässt (vgl. BVerwG, U.v. 25.2.1977 – IV C 22.75 – juris Rn. 24 ff.).
Gemäß § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO sind die in den §§ 2 bis 14 BauNVO aufgeführten baulichen und sonstigen Anlagen unzulässig, wenn von ihnen Belästigungen oder Störungen ausgehen können, die nach der Eigenart des Baugebiets im Baugebiet selbst oder dessen Umgebung unzumutbar sind, oder wenn sie solchen Belästigungen oder Störungen ausgesetzt sind. § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO stellt eine besondere Ausprägung des Rücksichtnahmegebots dar und ergänzt insoweit die §§ 2 bis 14 BauNVO, was nicht nur für durch einen Bebauungsplan festgesetzte Baugebiete gilt, sondern auch für unbeplante Gebiete, deren Eigenart gemäß § 34 Abs. 2 BauGB einem Plangebiet der Baunutzungsverordnung entspricht (vgl. BVerwG, B.v. 16.12.2008 – 4 B 68/08 – juris Rn. 4).
bbb) Inhaltlich zielt das Gebot der Rücksichtnahme darauf ab, Spannungen und Störungen, die durch unverträgliche Grundstücksnutzungen entstehen können, möglichst zu vermeiden. Welche Anforderungen das Gebot der Rücksichtnahme begründet, hängt wesentlich von den jeweiligen Umständen des Einzelfalls ab. Je empfindlicher und schutzwürdiger die Stellung desjenigen ist, dem die Rücksichtnahme im gegebenen Zusammenhang zugutekommt, umso mehr kann er eine Rücksichtnahme verlangen. Je verständlicher und unabweisbarer die mit dem Vorhaben verfolgten Interessen sind, umso weniger braucht derjenige, der das Vorhaben verwirklichen will, Rücksicht zu nehmen. Für eine sachgerechte Bewertung des Einzelfalls kommt es wesentlich auf eine Abwägung zwischen dem, was einerseits dem Rücksichtnahmebegünstigten und andererseits dem Rücksichtnahmeverpflichteten nach Lage der Dinge zumutbar ist, an (vgl. BVerwG, U.v. 25.2.1977 – 4 C 22.75 – juris Rn. 22; U.v. 28.10.1993 – 4 C 5.93 – juris Rn. 17; U.v. 23.9.1999 – 4 C 6.98 – juris Rn. 20; U.v. 18.11.2004 – 4 C 1/04 – juris Rn. 22; U.v. 29.11.2012 – 4 C 8/11 – juris Rn. 16; BayVGH, B.v. 12.9.2013 – 2 CS 13.1351 – juris Rn. 4). Bei der Interessengewichtung spielt es eine maßgebliche Rolle, ob es um ein Vorhaben geht, das grundsätzlich zulässig und nur ausnahmsweise unter bestimmten Voraussetzungen nicht zuzulassen ist, oder ob es sich – umgekehrt – um ein solches handelt, das an sich unzulässig ist und nur ausnahmsweise zugelassen werden kann. Bedeutsam ist ferner, inwieweit derjenige, der sich gegen das Vorhaben wendet, eine rechtlich geschützte wehrfähige Position inne hat (vgl. BVerwG, B.v. 6.12.1996 – 4 B 215/96 – juris Rn. 9 m.w.N.). Das Rücksichtnahmegebot ist dann verletzt, wenn unter Berücksichtigung der Schutzwürdigkeit des Betroffenen, der Intensität der Beeinträchtigung und der wechselseitigen Interessen das Maß dessen, was billigerweise noch zumutbar ist, überschritten wird (vgl. BVerwG, U.v. 25.2.1977 – IV C 22.75 – juris Rn. 22).
Hinsichtlich der Zumutbarkeit von Belästigungen kann grundsätzlich auf die Begriffsbestimmungen des Bundesimmissionsschutzgesetzes (BImSchG) zurückgegriffen werden (vgl. BVerwG, U.v. 25.2.1977 – 25.2.1977 – IV C 22.75 – juris Rn. 22; BayVGH, B.v. 15.11.2011 – 14 AS 11.2305 – juris Rn. 29). Immissionen im Sinne von § 3 Abs. 2 BImSchG, zu denen u.a. Geräusche und Erschütterungen gehören, sind grundsätzlich unzumutbar und verletzen das Rücksichtnahmegebot, wenn sie geeignet sind, erhebliche Belästigungen im Sinne des § 3 Abs. 1 des Bundesimmissionsschutzgesetzes (BImSchG) für die Nachbarschaft hervorzurufen (ständige Rspr., vgl. z.B. BVerwG, U.v. 27.8.1998 – 4 C 5.98 – juris Rn. 30; BayVGH, B.v. 27.12.2017 – 15 CS 17.2061 – juris Rn. 26; B.v. 31.8.2012 – 14 CS 12.1373 – juris Rn. 31). Immissionen, die das immissionsschutzrechtlich zulässige Maß nicht überschreiten, begründen dagegen auch keine Verletzung des baurechtlichen Rücksichtnahmegebots, das insoweit keinen andersartigen oder weitergehenden Nachbarschutz vermittelt (vgl. BVerwG, U.v. 30.9.1983 – 4 C 74/78 – juris Rn. 11 u. 14). Bereits bei der Erteilung einer Baugenehmigung ist sicherzustellen, dass bei der Nutzung des genehmigten Vorhabens keine derartigen Belästigungen entstehen bzw. dieses solchen ausgesetzt ist. Das Maß der gebotenen Rücksichtnahme hängt von den besonderen Umständen des Einzelfalls ab. Gegeneinander abzuwägen sind die Schutzwürdigkeit des Betroffenen, die Intensität der Beeinträchtigung, die Interessen des Bauherrn und das, was beiden Seiten billigerweise zumutbar oder unzumutbar ist (vgl. BayVGH, B.v. 18.10.2017 – 9 CS 16.883 – juris Rn. 24 m.w.N.; B.v. 20.3.2018 – 15 CS 17.2523 – juris Rn. 40; B.v. 9.7.2012 – 22 CS 12.575 – juris Rn. 32 m.w.N.). Als Grundlage hierfür müssen folglich unter anderem die Art der von einem Bauvorhaben ausgehenden, aber auch auf dieses einwirkenden Beeinträchtigungen und ihre Intensität ermittelt werden. Im vorliegenden Fall weisen die Bauvorlagen und auch die Baugenehmigung selbst insoweit Defizite auf.
ccc) Die streitgegenständliche Baugenehmigung berücksichtigt zwar grundsätzlich, dass mit dem streitgegenständlichen Vorhaben eine dem Wohnen jedenfalls ähnliche Nutzung (vgl. BayVGH, B.v. 4.7.2018 – 9 ZB 17.1986 – juris Rn. 6) an das durch einen metallverarbeitenden Betrieb genutzte Anwesen der Antragstellerin auf dem Grundstück Fl.Nr. … (ehemalige Glockengießerei) heranrückt und diese Lärmimmissionen, die von dem metallverarbeitenden Betrieb ausgehen, ausgesetzt sein wird (S. … der Baugenehmigung). Allerdings ist ihr nicht zu entnehmen, dass die Intensität der von dem nachbarlichen Betrieb ausgehenden Lärmbeeinträchtigung vollständig und zutreffend ermittelt wurde. Dies gilt unabhängig davon, ob die Annahme, dass der maßgebliche „Immissionsort für den metallverarbeitenden Werkstattbetrieb“ – gemeint ist offensichtlich der Immissionsort bezüglich der von dem metallverarbeitenden Betrieb ausgehenden und auf das Bauvorhaben einwirkenden Immissionen, der in jedem Fall auf dem Vorhabengrundstück der Beigeladenen liegt – gemäß A.1.3 Buchstaben a und b der Sechsten Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Bundesimmissionsschutzgesetz vom 26. August 1998 (Technische Anleitung zum Schutz gegen Lärm – TA-Lärm) (GMBl 1998, S. 503, geändert durch Verwaltungsvorschrift vom 1.6.2017) mit und ohne Bebauung des Grundstücks Fl.Nr. … derselbe ist, zutreffend ist. Denn weder die Bauvorlagen noch die Baugenehmigung gehen auch nur ansatzweise auf die sich angesichts des kommunen Anbaus des Bauvorhabens an das Werkstattgebäude der Antragstellerin geradezu aufdrängende und für die Intensität der Lärmbeeinträchtigung der auf dem Grundstück der Beigeladenen geplanten Nutzung relevante Problematik ein, dass es wegen des Anbaus insbesondere von als Appartements zu nutzenden Räumen (vgl. Grundriss 1. OG) „Wand an Wand“ zum Werkstattbetrieb in der ehemaligen Glockengießerei – neben den bereits bislang auf die Umgebung der ehemaligen Glockengießerei einwirkenden Lärmimmissionen – zu einer besonderen Übertragung des durch den metallverarbeitenden Betrieb verursachten Lärms und möglicherweise auch von durch den Betrieb verursachten Schwingungen auf die heranrückende Nutzung kommen kann. Insofern ist eine Verletzung des Rücksichtnahmegebots nicht von vornherein ausgeschlossen.
Unter der Überschrift „Auflagen zur Gesundheit und Umwelt“ wird zwar die Beigeladene durch die streitgegenständliche Baugenehmigung – wie bereits in der Teilbaugenehmigung vom 27. Februar 2019 – verpflichtet, alle geräusch- und schwingungserzeugenden Maschinen, Geräte, Anlagen und Anlagenteile dem Stand der Technik entsprechend gegen die Emission (Hervorhebung durch das Gericht) zu isolieren. Gerade auch unter Berücksichtigung der unmittelbar vorangehenden Auflage, der entsprechend die vom Bauvorhaben ausgehenden (Hervorhebung durch das Gericht) Geräusche nicht zur Überschreitung bestimmter Immissionsrichtwerte beitragen dürfen, sowie der Formulierung der Verpflichtung der Beigeladenen zur Isolierung von Anlagen gegen die Emission von Schall und die Übertragung von Schwingungen (vgl. die Definition des Begriffs der Emission in § 3 Abs. 3 BImSchG) bezieht sich diese Verpflichtung zur Isolierung gegen die Emission jedoch eindeutig und ausschließlich auf von dem streitgegenständlichen Grundstück ausgehenden Lärm, nicht dagegen (auch) auf Immissionen, die von außen, z.B. ausgehend von dem auf dem Grundstück der Antragstellerin befindlichen Betrieb und dortigen Maschinen u.Ä., auf das streitgegenständliche Vorhaben einwirken, also immittieren. Diese Immissionen hätten jedoch – wie die Antragsgegnerin ausweislich ihres Vermerks vom 21. Januar 2019 grundsätzlich auch selbst erkannt hat – im Hinblick auf das Gebot der Rücksichtnahme, d.h. konkret im Hinblick auf die Zumutbarkeit dieser Belästigung für die Antragstellerin, einer näheren Untersuchung in Form eines Gutachtens und entsprechenden Berücksichtigung in der Baugenehmigung bei der Prüfung des Rücksichtnahmegebots, ggf. auch in Form des Erlasses entsprechender Auflagen zum Zwecke des Eigenschutzes der Antragstellerin vor diesen Immissionen, bedurft. Da die Anforderungen des Rücksichtnahmgebots zum Prüfungsumfang des Baugenehmigungsverfahrens gehören, muss bereits in dessen Rahmen abschließend geprüft werden, ob das zu genehmigende Vorhaben unzumutbaren Belästigungen im Sinne von § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO ausgesetzt ist und, falls ja, ob diese durch in Abwägung mit den Interessen des emitierenden Nachbarn zumutbare Vorkehrungen des Bauherrn („Eigenschutz“) auf ein zumutbares Maß beschränkt werden können.
Die streitgegenständliche Baugenehmigung und auch die ihr zugrunde liegenden Unterlagen, insbesondere auch die Bauvorlagen, gehen jedoch nicht – wie geboten – näher auf eine eventuelle Übertragung von Schall und Schwingungen, die von dem in der ehemaligen Glockengießereiwerkstatt ansässigen Betrieb ausgehen und sich naheliegenderweise über die entsprechend den Bauplänen kommun aneinandergebauten nördlichen bzw. südlichen Außenwände des geplanten Bauvorhabens bzw. der Glockengießerei übertragen, ein. Sie lassen daher keine Entscheidung darüber zu, ob auch in dieser Hinsicht die Anforderungen des Rücksichtnahmegebots in seiner nachbarschützenden Dimension und damit von Vorschriften gewährleistet sind, die zum Prüfprogramm des konkreten bauaufsichtlichen Verfahrens gehören und zudem Nachbarschutz vermitteln. Dies führt zur Rechtswidrigkeit der Baugenehmigung und einer dadurch bedingten Verletzung subjektiv-öffentlicher Rechte der Antragstellerin und damit zur Aufhebung der Baugenehmigung (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO) (vgl. BayVGH, U.v. 28.6.1999 – 1 B 97.3174 – juris Rn. 16). Daher überwiegt auch ihr Suspensivinteresse die entgegenstehenden Interessen an der sofortigen Vollziehbarkeit der streitgegenständlichen Baugenehmigung. Ihre Aussetzung ist zur Verhinderung vollendeter Tatsachen und damit zur Gewährung effektiven Rechtsschutzes angesichts der nach summarischer Prüfung bestehenden Rechtswidrigkeit der Baugenehmigung und der dadurch bedingten Verletzung subjektiv-öffentlicher Rechte der Antragstellerin geboten.
Es kommt daher nicht entscheidungserheblich darauf an, ob das streitgegenständliche Vorhaben unter dem Aspekt einer erdrückenden bzw. einmauernden Wirkung tatsächlich rücksichtslos ist oder die streitgegenständliche Baugenehmigung vom 24. April 2019 in sonstiger Hinsicht Rechte der Antragstellerin verletzt. Ohne Entscheidungserheblichkeit und ohne Rücksicht auf die Frage des Drittschutzes wird ergänzend darauf hingewiesen, dass es jedenfalls zweifelhaft erscheint, ob sich das streitgegenständliche Vorhaben entsprechend seinem Gesamterscheinungsbild hinsichtlich des Maßes der baulichen Nutzung, insbesondere angesichts seiner Grundfläche, tatsächlich in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt (vgl. BVerwG, 8.12.2016 – 4 C 7/15 – juris Rn. 20).
c) Die aufschiebende Wirkung der Klage der Antragstellerin gegen die der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung vom 24. April 2019 ist aufgrund der Unvollständigkeit der Bauvorlagen bzw. der Unbestimmtheit der Baugenehmigung insgesamt und nicht nur teilweise, d.h. insbesondere nicht nur hinsichtlich des von dem entlang der … nach Norden bis zur südlichen Außenwand der ehemaligen Glockengießerei auf dem Grundstück Fl.Nr. … auskragenden Bauteils, anzuordnen. Denn das streitgegenständliche Bauvorhaben ist insofern nicht objektiv teilbar. Dies folgt schon allein daraus, dass das Bauvorhaben nicht aus mehreren, baulich voneinander unabhängigen selbständigen Gebäuden besteht, sondern der kommun an das Gebäude der ehemaligen Glockengießerei angrenzende Gebäudeteil ein unselbständiger und mit diesem verzahnter Teil des von der Beigeladenen zur Genehmigung gestellten Gesamtgebäudes ist. Das Gericht ist, auch im Rahmen eines von einem Nachbarn initiierten Verfahrens des einstweiligen Rechtsschutzes, nicht befugt, gleichsam an Stelle des Bauherrn das von diesem zur Genehmigung gestellte Vorhaben zu ändern und damit gleichsam umzuplanen (vgl. OVG Saarlouis, B.v. 22.10.1996 – 2 W 30/96 – juris Rn. 5; Dirnberger, in: Simon/Busse, BayBO, Art. 66 Rn. 612 ).
4. Nach alledem ist dem Antrag mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1, § 159 Satz 1 VwGO stattzugeben. Der Beigeladenen waren die Kosten anteilig aufzuerlegen, da sie einen Antrag gestellt hat (§ 154 Abs. 3 VwGO).
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetz (GKG) i.V.m. Nr. 9.7.1 und Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013.

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