Baurecht

Anspruch auf Leistung einer Sicherheit gem. § 648a BGB

Aktenzeichen  5 U 190/17

Datum:
19.2.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 56164
Gerichtsart:
OLG
Gerichtsort:
Bamberg
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
BGB § 648a Abs. 1 S. 1 u. 2

 

Leitsatz

Es ist für den Anspruch auf Stellung einer Sicherheit nach § 648a BGB a.F. nicht erforderlich ist, dass der zu sichernde Vergütungsanspruch fällig ist. (Rn. 18) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

5 U 190/17 2018-01-18 Hinweisbeschluss OLGBAMBERG OLG Bamberg

Tenor

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Endurteil des Landgerichts Aschaffenburg vom 14.11.2017, Az.: 1 HKO 64/17, wird durch einstimmigen Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückgewiesen.
2. Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
3. Das in Ziffer 1 genannte Urteil des Landgerichts Aschaffenburg und dieser Beschluss sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte kann die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des vollstreckbaren Betrages abwehren, wenn nicht der Kläger vor der Zwangsvollstreckung Sicherheit in Höhe von 120% des zu vollstreckenden Betrages leistet.
4. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 73.958,50 € festgesetzt.

Gründe

I.
Der Kläger als Architekt begehrt von der Beklagten als Auftraggeberin die Erbringung einer Sicherheitsleistung gemäß § 648a BGB a.F. wegen der ihm für bereits erbrachte Architektenleistungen zustehenden Vergütung und wegen der ihm zustehenden Vergütung für aufgrund der Kündigung des Architektenvertrages durch die Beklagte nicht mehr zu erbringende Leistungen.
Der Kläger und die Beklagte schlossen am 11.09.2014 einen Architektenvertrag über die Erbringung der Arbeiten in den Leistungsphasen 1 bis 7 der HOAI zu einem Pauschalpreis von 60.000,00 € zzgl. Mehrwertsteuer ab. In der Folgezeit wurde der Kläger zusätzlich mit der Erbringung der Arbeiten nach der Leistungsphase 8 der HOAI beauftragt. Hierfür wurde als zusätzliche Vergütung ein Pauschalbetrag von 29.000,00 € zzgl. Mehrwertsteuer vereinbart. Die Beklagte leistete bisher Zahlungen in Höhe von 35.700,00 €. Mit Schreiben vom 19.07.2017 erklärte die Beklagte die Kündigung des Architektenvertrages.
Der Kläger hat in erster Instanz vorgetragen, dass ihm die Leistung einer Sicherung für die ihm aus der vertraglichen Vereinbarung anfallende Vergütung zustehe. Von der ihm aufgrund der Vereinbarung zustehenden Vergütung seien die schon erfolgten Zahlungen der Beklagten abzuziehen. Weiter seien für die durch die Kündigung des Vertrages ihm ersparten Aufwendungen in Höhe von 2.500,00 € wegen nicht angefallener Fahrtkosten und nicht verbrauchten Papiers abzuziehen. Zu dem verbleibenden Vergütungsbetrag seien 10% für dazugehörige Nebenforderungen aufzuschlagen. Insgesamt ergebe sich ein zu sichernder Betrag in Höhe von 73.958,50 €.
Der Kläger hat beantragt,
1.Die Klage wird in Ziffer 1 in Höhe eines Betrages von 2.975,00 € in der Hauptsache für erledigt erklärt.
2.Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger Sicherheit gemäß § 648a BGB in Höhe von 73.958,50 € zu leisten.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat in der ersten Instanz vorgetragen, dass dem Kläger kein Anspruch auf Sicherheitsleistung zustehe, da dieser die Höhe seiner Forderung nicht schlüssig dargelegt habe.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Vortrags der Parteien und der Feststellungen des Landgerichts wird gemäß § 540 Abs. 2 ZPO auf dessen Urteil und die Schriftsätze der Prozessbevollmächtigten beider Parteien Bezug genommen.
Das Landgericht hat die Beklagte dazu verurteilt, dem Kläger Sicherheit gemäß § 648a BGB in Höhe von 73.958,50 € zu leisten und festgestellt, dass der Rechtsstreit erledigt ist, soweit der Kläger Sicherheit gemäß § 648a BGB in Höhe von 2.975,00 € gefordert hat.
Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, dass der Kläger ausreichend schlüssig dargelegt habe, wie sich die ihm zustehende Vergütung berechne und in welcher Höhe er aufgrund der ausgesprochenen Kündigung des Architektenvertrages Kosten erspart habe. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten der Begründung wird auf das Urteil des Landgerichts Aschaffenburg Bezug genommen.
Die Beklagte hat mit Schriftsatz ihres Bevollmächtigten vom 22.11.2017, eingegangen beim Oberlandesgericht am 23.11.2017, gegen das ihrem Bevollmächtigten am 20.11.2017 zugestellte Endurteil Berufung eingelegt und diese zugleich begründet.
Zur Begründung führt die Beklagte aus, dass dem Kläger kein Anspruch auf Stellung einer Sicherheitsleistung zustehe, da der Kläger die ihm zustehende, zu sichernde Vergütung nicht schlüssig dargelegt habe. Dabei komme es nicht darauf an, ob es sich um eine Vergütung für erbrachte Leistungen vor oder nach Ausspruch der Kündigung für nicht mehr erbrachte Leistungen handele. Die schlüssige Darlegung der behaupteten Vergütung müsse zu dem Zeitpunkt vorliegen, in welchem der Kläger die Leistung der Sicherheit verlange. Zu diesem Zeitpunkt sei dies hier nicht erfolgt. Zur Schlüssigkeit des Vortrages in Bezug auf die zu sichernden Vergütungsansprüche gehöre auch, dass deren Fälligkeit dargelegt werde. Die Fälligstellung des Vergütungsanspruches des Klägers erfordere die Vorlage einer prüfbaren Abrechnung nach der HOAI. Diese gelte auch, wenn der Vertrag vorzeitig beendigt worden sei. Eine solche prüfbare Abrechnung des Klägers für seine behauptete Vergütung liege nicht vor. Es sei zudem nicht ausreichend, nur die ersparten Aufwendungen schlüssig darzulegen. Es müsse vielmehr der gesamte Vergütungsanspruch schlüssig dargelegt werden. Der Kläger habe zudem vor der Erteilung des Auftrages erklärt, dass er für nicht erbrachte Leistungen keine Vergütung verlange. Eine Sicherheitsleistung könne daher von ihr, der Beklagten, nicht verlangt werden.
Die Beklagte beantragt,
Unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Aschaffenburg vom 14.11.2017, Az.: 1 HK O 64/17, wird die Klage abgewiesen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur Begründung trägt der Kläger vor, dass bereits mit dem Abschluss eines Vertrages, der Bau- oder Architektenleistungen zum Gegenstand habe, eine Sicherheitsleistung gemäß § 648a BGB gefordert werden könne und auch vom Besteller gestellt werden müsse. Für die Schlüssigkeit der Klage reiche es aus, die vertraglichen Vereinbarungen zu der Vergütungshöhe darzulegen. Dies sei in ausreichendem Maße erfolgt. Soweit wegen der durch die Beklagte ausgesprochenen Kündigung von ihm Leistungen nicht hätten erbracht werden können, seien die von ihm ersparten Aufwendungen schlüssig dargelegt worden. Ein Verzicht auf Teile der ihm zustehenden Vergütung für nicht erbrachte Leistungen, wie die Beklagte erstmals in der Berufungsbegründung behauptet, sei von ihm, dem Kläger, zu keinem Zeitpunkt erklärt worden. Dieser Vortrag sei zudem verspätet.
Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die Schriftsätze ihrer Bevollmächtigten Bezug genommen.
II.
Die zulässige Berufung der Beklagten gegen das Endurteil des Landgerichts Aschaffenburg vom 14.11.2017, Az.: 1 HKO 64/17, ist gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil nach der einstimmigen Auffassung des Senats das Rechtsmittel offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung zukommt und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordern. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung ist nicht geboten.
Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Leistung einer Sicherheit in Höhe von 73.958,50 € gemäß § 648a Abs. 1 Sätze 1 u. 2 BGB a.F.
Zur Begründung wird auf die Ausführungen des Senats im Hinweis unter Ziffer I. Bezug genommen. Die Stellungnahme der Beklagten im Schriftsatz ihres Bevollmächtigten vom 07.02.2018 gibt – auch nach erneuter Überprüfung des Sach- und Rechtslage – keinen Anlass davon abzuweichen. Die Ausführungen treffen weiterhin zu. Ergänzend ist im Hinblick auf die Stellungnahme der Beklagten im Schriftsatz ihres Bevollmächtigten vom 07.02.2018 darauf hinzuweisen, dass es für den Anspruch auf Stellung einer Sicherheit nach § 648a BGB a.F. nicht erforderlich ist, dass der zu sichernde Vergütungsanspruch fällig ist. Dies ergibt sich schon aus Sinn und Zweck dieses Anspruches, der eine Sicherheit für den Unternehmer, d.h. hier für den Kläger als Architekten, gewähren soll, damit er die ihm zustehende Vergütung, wenn alle tatsächlichen und rechtlichen Voraussetzungen für ihre Geltendmachung vorliegen, auch tatsächlich erhält. Vorausgesetzt wird also grundsätzlich nur das Bestehen solcher Ansprüche oder die Möglichkeit ihrer Entstehung, nicht jedoch deren Fälligkeit oder sofortige Durchsetzbarkeit (vgl. hierzu auch Palandt, BGB, 77. Auflage § 650 f Rn. 7). Zum schlüssigen Vortrag der dem Kläger zustehenden Vergütung ist es nicht erforderlich, dass eine prüfbare Schlussrechnung nach den Grundsätzen der HOAI vorliegen muss. Die von der Beklagten im Schriftsatz ihres Bevollmächtigten vom 07.02.2018 zitierten Entscheidungen des BGH vom 19.06.1986, Az.: VII ZR 221/85; vom 18.12.1997, Az.: VII ZR 155/96 und vom 21.03.2013, Az.: VII ZR 58/12 betreffen jeweils Klagen des Werkunternehmers auf Zahlung des ihm zustehenden Restwerklohnes bzw. Architektenhonorars. Die darin enthaltenen Rechtsgrundsätze, auf denen die Beklagte abstellt, sind daher auf die vorliegende Klage auf Leistung von Sicherheit gem. § 648a BGB a.F. durch den Architekten nicht anwendbar.
Der Kläger kann daher von der Beklagten die Leistung einer Sicherheit in Höhe von 73.958,50 € verlangen. In Höhe von 2.975,00 € ist die Hauptsache erledigt, da die Kündigung des Vertrages nach Eintritt der Rechtshängigkeit der Klage erfolgt ist und bis dahin kein Abzug ersparter Aufwendungen (2.500,00 € zzgl. Mwst.) für nicht mehr zu erbringende Leistungen vorzunehmen war.
Die gegen das Urteil des Landgerichts gerichtete Berufung der Beklagten hat daher offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg. Eine mündliche Verhandlung über die Berufung ist nicht geboten. Sie verspricht weder neue Erkenntnisse noch ist sie aus prozessualen Fairnessgründen erforderlich.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
IV.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren beträgt 73.958,50 €.

Jetzt teilen:

Ähnliche Artikel

Bankrecht

Schadensersatz, Schadensersatzanspruch, Sittenwidrigkeit, KapMuG, Anlageentscheidung, Aktien, Versicherung, Kenntnis, Schadensberechnung, Feststellungsziele, Verfahren, Aussetzung, Schutzgesetz, Berufungsverfahren, von Amts wegen
Mehr lesen