Baurecht

Anspruch des Grundstücksnachbarn auf Wiederherstellung der Funktionstüchtigkeit der durch einen Brand freigelegten gemeinsamen Giebelwand: Vorliegen einer gemeinschaftlichen Grenzeinrichtung; Pflicht zur Dämmung der Wand; Übergang des Anspruchs auf die den Schaden regulierende Gebäudeversicherung

24837,,,,,,,,,,,,,,,,,,,,,,,,,,,,,,,,,,,,,,,,,,,,,,,,,,,,,,,,,,,,,,,,,,,,,,,,,,,,,,,,

Aktenzeichen  V ZR 12/19

Datum:
22.1.2021
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
BGH
Dokumenttyp:
ECLI:
ECLI:DE:BGH:2021:220121UVZR12.19.0
Normen:
§ 921 BGB
§ 922 S 3 BGB
§ 1004 Abs 1 S 1 BGB
§ 86 Abs 1 VVG
Spruchkörper:
5. Zivilsenat

Leitsatz

1. Wird ein Grundstück so geteilt, dass eine Giebelmauer, an die von beiden Seiten angebaut ist, auf der neuen Grundstücksgrenze steht, wird die Mauer hierdurch im Zweifel eine gemeinschaftliche Grenzeinrichtung im Sinne von § 921 BGB.
2. Brennt ein an eine gemeinsame Giebelmauer (Nachbarwand) angebautes Gebäude ab, so dass die Mauer freigelegt und in ihrer Funktionstüchtigkeit als Abschlusswand des Nachbargebäudes beeinträchtigt wird, hat der Nachbar einen Anspruch aus § 1004 Abs. 1 Satz 1 analog i.V.m. § 922 Satz 3 BGB gegen den Eigentümer des von dem Brand betroffenen Grundstücks auf Wiederherstellung der Funktionstüchtigkeit der Nachbarwand. Ob und gegebenenfalls in welchem Maß die Wand zu dämmen ist, hängt davon ab, ob und in welchem Umfang sie vor ihrer Freilegung (auch) die Funktion hatte, das Nachbargebäude vor Wärmeverlust zu schützen; dies ist nach den konkreten Umständen bei der Errichtung der Wand bzw. der Teilung des Grundstücks zu beurteilen oder gegebenenfalls nach dem Zustand, den die Wand aufgrund einer gemeinschaftlichen Ertüchtigung durch die Nachbarn zuletzt aufwies.
3. Der Anspruch des Nachbarn aus § 1004 Abs. 1 Satz 1 analog i.V.m. § 922 Satz 3 BGB auf Wiederherstellung der Funktionstüchtigkeit der durch einen Brand freigelegten gemeinsamen Giebelwand ist kein Ersatzanspruch i.S.v. § 86 Abs. 1 VVG; er geht nicht auf die Gebäudeversicherung des Nachbarn über, wenn diese den durch den Brand an seinem Gebäude entstandenen Schaden reguliert.

Verfahrensgang

vorgehend Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht, 12. Dezember 2018, Az: 4 U 118/17vorgehend LG Kiel, 15. Dezember 2017, Az: 13 O 147/17

Tenor

Auf die Revision der Beklagten und unter Zurückweisung der Anschlussrevision des Klägers wird das Urteil des 4. Zivilsenats des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts vom 12. Dezember 2018 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil der Beklagten entschieden worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand

1
Die Parteien sind Grundstücksnachbarn. Ihre Grundstücke sind im Wege der Teilung aus einem größeren Grundstück hervorgegangen. Auf diesem befand sich auf dem heute im Eigentum der Beklagten stehenden Grundstücksteil eine Scheune, an deren südliche Außenmauer etwa im Jahr 1930 das heutige Wohnhaus des Klägers angebaut wurde. Miteigentümer des ungeteilten Grundstücks waren Frau Sch.   und der Kläger. Sie ließen das Grundstück zum Zwecke der Realteilung vermessen und vereinbarten sodann die Aufhebung des Miteigentums dergestalt, dass der Kläger den südlichen Teil und Frau Sch.   den nördlichen Teil zu Alleineigentum erhielten. Der Teilungsvereinbarung zufolge verläuft die Grenze „zwischen dem Wohnhaus und der Scheune entlang der Außenmauer des Scheunengebäudes“. Nach der in der Urkunde aus dem Jahr 2000 in Bezug genommenen Flurkarte verläuft die Grenze zwischen den beiden Grundstücken im Bereich der Gebäude mittig durch die Gebäudetrennwand. Mit demselben notariellen Vertrag verkaufte Frau Sch.   ihr Grundstück an die Beklagten.
2
Im Jahre 2011 wurde die Scheune durch einen Brand stark beschädigt. Die Gebäudeversicherung des Klägers zahlte diesem zur Regulierung des durch den Übertritt des Feuers auf sein Wohnhaus entstandenen Schadens einen Betrag, in dem gutachterlich ermittelte Kosten für die Sanierung der Gebäudetrennwand von 50.824 € enthalten sind.
3
Der Kläger verlangt von den Beklagten mit mehreren Haupt- und Hilfsanträgen Maßnahmen zur Sanierung der Gebäudetrennwand. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat die Beklagten verurteilt, „diejenigen Maßnahmen zu ergreifen, die erforderlich sind, um das Gebäude des Klägers […] im Bereich der Gebäudetrennwand ausreichend gegen Witterung zu schützen, gegen Wärmeverlust zu dämmen und Feuchtigkeitsimmissionen abzuwehren“. Im Übrigen hat es die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der von dem Senat zugelassenen Revision möchten die Beklagten die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils erreichen. Mit der Anschlussrevision verfolgt der Kläger seinen u.a. auf Verurteilung der Beklagten zur Beseitigung der an der Gebäudetrennwand entstandenen Schäden gerichteten weiteren Klageantrag weiter. Die Parteien beantragen jeweils die Zurückweisung des gegnerischen Rechtsmittels.

Ähnliche Artikel

Bankrecht

Schadensersatz, Schadensersatzanspruch, Sittenwidrigkeit, KapMuG, Anlageentscheidung, Aktien, Versicherung, Kenntnis, Schadensberechnung, Feststellungsziele, Verfahren, Aussetzung, Schutzgesetz, Berufungsverfahren, von Amts wegen
Mehr lesen

IT- und Medienrecht

Abtretung, Mietobjekt, Vertragsschluss, Kaufpreis, Beendigung, Vermieter, Zeitpunkt, Frist, Glaubhaftmachung, betrug, Auskunftsanspruch, Vertragsurkunde, Auskunft, Anlage, Sinn und Zweck, Vorwegnahme der Hauptsache, kein Anspruch
Mehr lesen
Kommentare

Es wurde noch kein Kommentar zu diesem Artikel hinterlassen. Seien Sie der Erste und regen Sie eine Diskussion an.

Kommentar verfassen

Nach oben