Baurecht

Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung einer Nachbarklage

Aktenzeichen  M 1 SN 18.3813

Datum:
29.1.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 13271
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 80 Abs. 5 S. 1, § 80a Abs. 3

 

Leitsatz

1 Keine Verletzung nachbarschützender Rechte bei Nachbarklage gegen Baugenehmigungen für den Neubau von zwei Einzelhandelsgeschäften und eines Imbisses. (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu tragen.
III. Der Streitwert wird auf 6.000 EUR festgesetzt.

Gründe

I.
Die Antragstellerin, eine im Außenbereich ansässige Landwirtin, begehrt die aufschiebende Wirkung ihrer Nachbarklage gegen drei der beigeladenen Bauherrin erteilten Baugenehmigungen für den Neubau von zwei Einzelhandelsgeschäften sowie eines Imbisses auf dem Grundstück FlNr. 449 Gemarkung … Das Vorhabengrundstück liegt in einem Gebiet, für das der Markt … einen Beschluss über die Aufstellung eines vorhabenbezogenen Bebauungsplans gefasst hat.
Die Antragstellerin ist Eigentümerin des Grundstücks FlNr. 504 Gemarkung … (sämtliche Flurnummern beziehen sich auf die Gemarkung …), auf der sie Landwirtschaft im Nebenerwerb betreibt. In der Mitte des Grundstücks FlNr. 504 befinden sich landwirtschaftlich genutzte Gebäude sowie ein Wohngebäude. Entlang der nördlichen Grenze des Grundstücks FlNr. 504 verläuft die Gemeindeverbindungsstraße O. Straße. Jenseits der Gemeindeverbindungsstraße in nördlicher Richtung befindet sich – ungefähr auf Höhe des Grundstücks FlNr. 504 – das Grundstück FlNr. 449, mit dem die übrigen Buchgrundstücke FlNrn. 452, 453 und 457 mittlerweile verschmolzen sind (im Folgenden: Vorhabengrundstück).
Am 7. März 2018 beschloss der Bau- und Werkausschuss des Marktes den vorhabenbezogenen Bebauungsplan „SO Einzelhandel/GE an der O. Straße“ (im Folgenden: vorhabenbezogener Bebauungsplan) samt Begründung und Umweltbericht als Satzung. Der Bebauungsplan sieht die Festsetzung eines Sondergebiets für den großflächigen Einzelhandel im Sinne des § 11 BauNVO sowie eines Gewerbegebiets gemäß § 8 BauNVO vor. In den textlichen Festsetzungen werden unter Nr. II.11. Maßgaben zur Entwässerung getroffen. Ferner enthält der Bebauungsplanentwurf Hinweise unter anderem zum Umgang mit der benachbarten Landwirtschaft, zum Immissionsschutz und zur Entwässerung. Von einer Bekanntmachung wurde wegen des noch anhängigen Verfahrens zur Änderung des einschlägigen Flächennutzungsplans abgesehen.
Mit Bauanträgen jeweils vom 23. Februar 2018 beantragte die Beigeladene erstens die Baugenehmigung für den Neubau eines Einzelhandelsgeschäftes (BT I), voraussichtlich eines Lebensmittelsupermarktes, zweitens die Baugenehmigung für den Neubau eines Einzelhandelsgeschäftes (BT II), voraussichtlich eines Drogeriemarktes, und drittens die Baugenehmigung für den Neubau eines Imbisses (BT III), auf dem Vorhabengrundstück.
In der Sitzung des Bau- und Werkausschuss des Marktes vom 7. März 2018 wurde das gemeindliche Einvernehmen zu den Bauanträgen der Beigeladenen nach § 33 BauGB erteilt.
Mit angegriffenen Bescheiden vom 25. Juni 2018 erteilte der Beklagte der Beigeladenen die Baugenehmigung für den Neubau eines Einzelhandelsgeschäftes (BT I – Gz. 4.40-B-252-2018), für den Neubau eines Einzelhandelsgeschäftes (BT II – Gz. 4.40-B-249-2018) und für den Neubau eines Imbisses (BT III – Gz. 4.40-B-244-2018).
Mit Telefax vom … Juli 2018 hat die Antragstellerin Klage erhoben und beantragt, die drei genannten Baugenehmigungen vom 25. Juni 2018 aufzuheben (M 1 K 18.3705).
Mit Schriftsatz vom … August 2018 hat die Antragstellerin zudem beantragt,
die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen.
Mit Schreiben vom 14. August 2018 hat der Antragsgegner auf den Antrag erwidert und beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Mit Telefax vom 21. August 2018 hat auch die Beigeladene auf den Antrag erwidert und beantragt ebenfalls, 13 den Antrag abzulehnen.
Am 29. Januar 2019 fand die mündliche Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht München statt.
Wegen des Verlaufs der mündlichen Verhandlung wird auf die Niederschrift, wegen der weiteren Einzelheiten auf die Gerichts- und Behördenakten des vorliegenden Eilverfahrens sowie des Hauptsacheverfahrens (M 1 K 18.3705) und im Übrigen auf den Tatbestand des in jenem Verfahren am 29. Januar 2019 ergangenen Urteils verwiesen (§ 117 Abs. 3 VwGO in Verbindung mit § 122 VwGO).
II.
1. Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Nachbarklage gemäß § 80a Abs. 3 Satz 2 VwGO in Verbindung mit § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO ist zulässig, jedoch unbegründet.
a) Nach § 212a Abs. 1 BauGB haben Widerspruch und Anfechtungsklage eines Dritten gegen die bauaufsichtliche Zulassung eines Vorhabens keine aufschiebende Wirkung. Legt ein Dritter gegen die einem anderen erteilte und diesen begünstigende Baugenehmigung einen der genannten Rechtsbehelfe ein, so kann das Verwaltungsgericht auf Antrag gemäß § 80a Abs. 3 Satz 2 VwGO in entsprechender Anwendung des § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO die bundesgesetzlich gemäß § 212a Abs. 1 BauGB ausgeschlossene aufschiebende Wirkung des jeweiligen Rechtsbehelfs ganz oder teilweise anordnen.
Hierbei trifft das Gericht eine eigene Ermessensentscheidung darüber, ob die für einen sofortigen Vollzug des angefochtenen Verwaltungsaktes sprechenden Interessen oder die für die Anordnung der aufschiebenden Wirkung streitenden Interessen höher zu bewerten sind. Im Rahmen dieser Interessenabwägung hat das Verwaltungsgericht insbesondere zunächst die Erfolgsaussichten der Hauptsache als Indiz heranzuziehen, wie sie sich aufgrund der summarischen Prüfung im Zeitpunkt der Entscheidung darstellen. Wird die Klage voraussichtlich erfolglos bleiben, so überwiegt regelmäßig das öffentliche Interesse am Sofortvollzug das private Interesse des Antragstellers, da kein schutzwürdiges Interesse daran besteht, von dem Vollzug eines rechtmäßigen Verwaltungsaktes verschont zu bleiben (vgl. Hoppe in Eyermann, VwGO, 15. Aufl., 2019, § 80, Rn. 76).
b) Gemessen an diesen Maßstäben fällt die gemäß § 80a Abs. 3 Satz 2 VwGO in Verbindung mit § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO vorzunehmende Interessensabwägung zu Lasten der Antragstellerin aus, da deren Klage voraussichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat. Die mit Bescheiden des Antragsgegners vom 25. Juni 2018 erteilten Baugenehmigungen sind – nach summarischer Prüfung – rechtmäßig und verletzen die Antragstellerin nicht im Sinne von § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO in nachbarschützenden Rechten.
Hinsichtlich der Begründung wird auf die Entscheidungsgründe des Urteils vom gleichen Tage in der Hauptsache zu der Klage der Antragstellerin (M 1 K 18.3705) entsprechend § 117 Abs. 5 VwGO in Verbindung mit § 122 VwGO Bezug genommen (vgl. Schenke, Kopp/Schenke, VwGO, 24. Aufl. 2018, § 117 Rn. 23 und 16 u. § 122 Rn. 6 a.E.).
2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO sowie § 162 Abs. 3 VwGO in Verbindung mit § 154 Abs. 3 VwGO analog. Die Antragstellerin hat als unterliegender Teil nach § 154 Abs. 1 VwGO die Kosten des Verfahrens zu tragen. Es entspricht der Billigkeit im Sinne von § 162 Abs. 3 VwGO, ihr auch die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen aufzuerlegen, da diese sich durch den Sachantrag, den Antrag der Antragstellerin auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung abzulehnen, einem eigenen Kostenrisiko ausgesetzt hat.
3. Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 1 GKG in Verbindung mit Nrn. 1.5 und 9.7.1 des Streitwertkatalogs.

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