Baurecht

Architektenhonorar: Ermittlung der anrechenbaren Kosten bei Kündigung des Vertrags vor der Grundlagenermittlung

Aktenzeichen  73 O 1487/14

Datum:
30.8.2017
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2017, 148024
Gerichtsart:
LG
Gerichtsort:
Landshut
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
HOAI § 6 Abs. 1 Nr. 1
BGB § 631, § 649 S. 2, S. 3

 

Leitsatz

1 Wird ein Architektenvertrag bereits eine Woche nach Vertragsschluss durch den Besteller gekündigt, ohne dass eine Grundlagenermittlung durch den Architekten erfolgen konnte, so sind die anrechenbaren Kosten durch Schätzung der Baukosten für ein Bauobjekt zu ermitteln, welches nach durchgeführter Grundlagenermittlung realistischer Weise realisiert worden wäre.  (Rn. 17 – 18) (redaktioneller Leitsatz)
2 Die Regelung des § 649 S. 3 BGB aF (jetzt: § 648 S. 3 BGB) stellt keine gesetzliche Vermutung auf, die der Unternehmer zu widerlegen hat, sondern soll nur die sekundäre Darlegungslast des Unternehmers erleichtern.  (Rn. 23) (redaktioneller Leitsatz)
3 An die Substantiierungspflicht des Architekten hinsichtlich etwaiger Einkünfte durch anderweitigen Einsatz seiner Arbeitskraft gemäß § 649 S. 2 BGB aF sind keine zu hohen Anforderungen zu stellen. Hinsichtlich etwaiger Ersatzaufträge ist es daher ausreichend, wenn sich der Architekt dazu nachvollziehbar und ohne Widerspruch zu den Vertragsumständen ausdrücklich oder auch konkludent erklärt. Der Besteller kann nicht verlangen, dass der Architekt seine gesamte Geschäftsstruktur offen legt.  (Rn. 25) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 9.420,34 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 10.02.2014 zu zahlen.
2. Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.
3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
Beschluss
Der Streitwert wird auf 19.876,41 € festgesetzt.

Gründe

Die zulässige Klage erweist sich als teilweise begründet. Die Klägerin hat im tenorierten Umfang einen Anspruch gegen den Beklagten gemäß § 649 BGB.
1. Ein Architektenvertrag gemäß §§ 631 ff. BGB ist zwischen den Parteien zustande gekommen. Der Zeuge H. hat in seiner uneidlichen Einvernahme vom 07.10.2015 glaubhaft angegeben, zum Abschluss eines derartigen Vertrages im Auftrag der Klägerin berechtigt zu sein. Glaubhaft gab der Zeuge an, dass der Beklagte ihm im Termin die als Anlage K 2 vorgelegten Pläne gab und er, nachdem es sich um kein Standardhaus handelte, hierzu keine Kostenschätzung und kein Angebot habe abgeben können. In solchen Fällen sei zunächst ein Architekt zu beauftragen, wobei bei späterer Erstellung des Bauwerks durch die Firma L. GmbH die Kosten von dieser übernommen werden, nicht jedoch bei selbständiger Realisierung des Bauprojekts. Die Angaben des Zeugen H. in diesem Punkt waren widerspruchsfrei und wurden ruhig, sachlich und glaubwürdig vorgetragen. Von einer ausreichenden Bevollmächtigung geht das Gericht aufgrund der glaubhaften Angaben des Zeugen aus, so dass es auf die Frage, ob ein ohne ausreichende Vollmacht abgeschlossener Vertrag durch nachträglich durch entsprechende Genehmigung der Klägerin wirksam geworden ist, gar nicht mehr ankommt.
Weiterhin ist auszuführen, dass nach dem eindeutigen Wortlaut des Planungsauftrages (Anlage K 1) die Klägerin, bzw. deren Architekturbüro Vertragspartner des Beklagten werden sollte und wurde. Soweit die Beklagtenseite abstellend auf die Angaben des Zeugen H., die Firma L. GmbH würde mit mehreren Architekten zusammenarbeiten und die Klägerin würde das Ganze koordinieren und entscheiden, welcher Architekt das Vorhaben plant, hieraus den Schluss zieht, dass noch gar kein Vertrag zustande gekommen ist, da der Vertragspartner des Beklagten noch nicht bestimmt war, kann dem nicht gefolgt werden. Dem steht der eindeutige Vertragswortlaut entgegen, weshalb die mit Schriftsatz vom 11.05.2016 angebotenen Zeugen auch nicht zu hören waren. Im Übrigen lassen sich die Angaben des Zeugen auch widerspruchsfrei mit der von der Klägerin in bestimmten Fällen vorgenommenen Einschaltung von Subplanern in Einklang bringen.
2. Der Architektenvertrag ist unstreitig durch den Beklagten telefonisch gekündigt worden.
3. Damit ist die Klägerin berechtigt, vom Beklagten die vereinbarte Vergütung zu verlangen,
§ 649 Abs. 1 Satz 2 BGB. Diese basiert nach der vertraglichen Regelung auf den Grundlagen des § 6 HOAI, wobei die anrechenbaren Kosten auf Basis einer Kostenberechnung nach DIN 276 ermittelt werden sollen. Ebenso wurde die Honorarzone III und der Mittelsatz der Honorartafel zu § 34 HOAI vereinbart.
Die anrechenbaren Kosten eines Bauobjekts sind grundsätzlich auf der Grundlage der Kostenberechnung oder, sofern nicht vorliegend, auf der Grundlage der Kostenschätzung zu bestimmen, § 6 Abs. 1 Ziffer 1 HOAI. Der Klägerseite ist dabei dahingehend Recht zu geben, dass hier eine objektive Berechnung vorzunehmen ist. Im vorliegenden Fall besteht jedoch die Problematik, dass das Bauvorhaben unmittelbar nach Vertragsabschluss ohne jegliche Leistung der Architektin, also auch ohne die Grundlagenermittlung nach Leistungsphase 1, durch den Beklagten abgebrochen wurde. Eine Kostenermittlung, die der Berechnung des Architektenhonorars zugrunde gelegt werden kann, besteht daher denklogisch nicht. Durch die Klägerin kann daher lediglich eine überschlägige Kostenschätzung (Grobschätzung) vorgelegt werden (vgl. Werner in Werner/Pastor, Der Bauprozess, 15. Aufl., RdNr. 982 a).
Dies hat die Klägerin zwar getan. Allerdings geht diese Kostenschätzung zur Überzeugung des Gerichts von falschen Parametern aus. Nachdem der Vertrag durch den Beklagten zu einem extrem frühen Zeitpunkt gekündigt wurde, eine Grundlagenermittlung unstreitig noch nicht stattgefunden hat und als Grundlagen für eine Grobschätzung lediglich zwei nicht verwirklichte, sehr unterschiedliche Vertragsangebote einer Fertighausfirma und eine äußerst laienhaft gezeichnete Skizze des Beklagten selbst, welche für einen objektiven Betrachter jeden Bezug zur Realität vermissen lässt, vorliegen, sind diese Grundlagen nach Ansicht des Gerichts nicht geeignet, um hierauf eine seriöse objektive Ermittlung der anrechnenbaren Kosten stützen zu können. Vielmehr sind in Fällen wie dem vorliegenden die anrechenbaren Kosten zu schätzen, d.h. es sind durch Schätzung die Baukosten für ein Bauobjekt zu ermitteln, welches nach durchgeführter Grundlagenermittlung realistischerweise realisiert worden wäre.
Hierbei geht das Gericht nach durchgeführter Beweisaufnahme davon aus, dass kein Bauprojekt realisiert worden wäre, welches auch nur annähernd im Bereich der von der Kläger angegebenen anrechenbaren Kosten von 777.875,00 € bewegt hätte. Dies ergibt sich bereits daraus, dass die finanziellen Mittel des Beklagten begrenzt waren, was dieser durch Vorlage seiner Bezügeabrechnung (Anlage B 4) nachgewiesen hat. Auch wurde durch den Beklagten das Angebot der Firma L. GmbH vom 20.12.2011 (Anlage K 9), welches von Gesamtbaukosten (also inklusive Mehrwertsteuer und Architektenkosten) in Höhe von 598.860,00 € ausging, nicht realisiert. Die als Anlage K 2 vorgelegte Skizze des Beklagten lässt darüber hinaus jede realitätsnahe Auseinandersetzung mit dem Thema Bauen vermissen und entspricht vielmehr der irrealen Wunschvorstellung des Beklagten, welcher das Bauprojekt ersichtlich unvorbereitet und mit extremer Naivität anging. Dies ist bei Blick auf die als Anlage K 2 vorgelegte Skizze auch für einen objektiven Betrachter erkennbar, zumal dieser sich auch die Frage stellen muss, weshalb zur Realisierung eines Bauprojektes, bei welchem Geld anscheinend überhaupt keine Rolle spielt, ein Unternehmen aufgesucht wird, welches Fertighäuser baut und vertreibt. Zur Überzeugung des Gerichtes wäre der Beklagte spätestens im ersten Grundlagengespräch mit der Klägerin auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt worden und es wäre ein deutlich angemesseneres Objekt realisiert worden.
Gleichzeitig überzeugt das Gericht auch der Vortrag des Beklagten nicht, wonach sich die Schätzung der anrechenbaren Kosten lediglich am Angebot der Firma L. GmbH vom 22.08.2012 (Gesamtkosten inklusive Umsatzsteuer und Architektenkosten 260.749,00 €) zu orientieren habe. Dies erscheint unschlüssig, da der Beklagte genau dieses Angebot nicht realisiert hat und stattdessen im Termin vom 20.05.2013 die als Anlage K 2 vorgelegte Zeichnung vorgelegt hat. Diese kann aus den oben genannten Gründen zwar nicht als Grundlage für die Kostenschätzung herangezogen werden. Jedoch ist ihr indiziell zu entnehmen, dass der Beklagte an das zu errichtende Bauobjekt durchaus gehobene Ansprüche stellte. Durch Vorlage der Skizze hat er zum Ausdruck gebracht, an einem Bauprojekt gemäß Angebot vom 22.08.2012 nicht mehr interessiert zu sein, sondern eine gehobenere Ausführung zu wünschen.
Die Art des zu bauenden Hauses und damit die anrechenbaren Kosten müssen daher unter Zugrundelegung der Erkenntnisse der Beweisaufnahme geschätzt werden (etwas anderes hat die Klägerin im Ergebnis bei ihrer Berechnung auch nicht getan). Dabei ist zu berücksichtigen, dass einerseits den finanziellen Möglichkeiten des Beklagten Grenzen gesetzt waren (s.o.), andererseits durch diesen eine (insbesondere auf die Größe des Objekts bezogene) gehobene Ausstattung gewünscht war (s.o.). Den vorliegenden Angeboten der Firma L. GmbH und auch den Angaben der Zeugin L. im Termin vom 07.10.2015 kann entnommen werden, dass von Seiten des Beklagten die Errichtung eines größeren, freistehenden Einfamilienhauses geplant war. Ein solches wäre dann auch von der Klägerin zu planen gewesen, hätte der Beklagte nicht den Vertrag nach einer Woche gekündigt. Wenn die Zeugin L. daher im selben Termin angab, dass man sich intern über Gesamtbaukosten in Höhe von 400.000,- € unterhalten habe, so erscheint dies dem Gericht für ein Haus dieser Kategorie im Großraum München in Anbetracht der in dieser Gegend bereits im Jahr 2013 bestehenden Baupreise vollkommen realistisch. Nachdem Bauherren bei der Berechnung der Gesamtbaukosten grundsätzlich die Architektenkosten und die Umsatzsteuer miteinberechnen, sind diese Beträge herauszurechnen. Das Gericht legt seiner Schätzung daher anrechenbare Kosten in Höhe von 290.000,- € zugrunde (was zuzüglich Mehrwertsteuer und zuzüglich Bruttoarchitektenkosten für die Leistungsphasen 1 – 9 Gesamtbaukosten in Höhe 388.548,80 € nach der HOAI 2009 entspricht). Hieraus ergibt sich ein Nettohonoraranspruch (den Bruttobetrag hat die Klägerin zu Recht nicht geltend gemacht, vgl. BGH, VII ZR 83/05) der Klägerin für die Leistungsphasen 1 – 4 in Höhe von 9.858,13 €. Allerdings sind hierzu noch die Kosten für das ebenfalls beauftragte Entwässerungsgesuch hinzuzurechnen. Im Rahmen der durchzuführenden Schätzung bringt das Gericht hier 1.562,21 € in Ansatz. Dies entspricht dem Betrag, welcher seitens der Klägerin selbst sowohl in der eingereichten Honorarberechnung vom 16.04.2015 wie auch der Vergleichsberechnung vom 04.12.2015 zugrunde gelegt wurde. Das Gericht teilt hier die Einschätzung der Klägerin, dass dieser Betrag angemessen ist, nachdem er unter Ansatz der anrechenbaren Kosten von 290.000,00 € (vgl. o.) nicht überhöht erscheint und seitens der Klägerin auch im Rahmen einer für den Beklagten noch günstigeren Variante (Angebot vom 16.04.2015) zugrunde gelegt wurde.
4. Hiervon hat die Klägerin sich jedoch gemäß § 649 Satz 2 BGB die ersparten Aufwendungen anrechnen zu lassen bzw. das, was sie durch anderweitige Verwendung ihrer Arbeitskraft erworben oder böswillig zu erwerben unterlassen hat.
Zunächst ist auszuführen, dass entgegen der Ansicht des Beklagten die 5-%-Regelung des § 649 Satz 3 BGB keine gesetzliche Vermutung darstellt, die zu widerlegen Aufgabe der Klägerin wäre. Sinn und Zweck dieser Regelung ist, für den Unternehmer eine Erleichterung der Darlegungslast zu bringen (vgl. Busche in Münchener Kommentar zum BGB, § 649, Rn. 29). Die Regelung ergänzt § 649 S. 2 BGB lediglich und enthält insbesondere keine abweichende Beweislastverteilung zugunsten des Bestellers, weshalb nur die sekundäre Darlegungslast des Unternehmers erleichtert wird (wovon die Klägerin im vorliegenden Verfahren keinen Gebrauch gemacht hat). Die Beweislast höherer ersparter Aufwendungen trägt der Besteller weiterhin bereits nach § 649 S. 2 BGB (vgl. statt vieler KG, Urteil vom 07.04.2014 – Aktenzeichen 22 U 86/13). Würde etwas anderes gelten, so würde dadurch das Anliegen des Gesetzgebers konterkariert, die Anspruchsdurchsetzung zu verbessern.
Hinsichtlich der ersparten Aufwendungen hat die Klägerin vorgetragen, solche faktisch nicht gehabt zu haben. Sie sei Einzelarchitektin und habe keine Angestellten. Die beauftragten Planungen wickle sie im Regelfall alleine ab und schalte bei zu großem Arbeitsanfall Subplaner ein. Ihre Korrespondenz werde per E-Mail erledigt, die Planungen würden mit Einschaltung von Computerprogrammen durchgeführt. Auf die übrigen Ausführungen der Klägerin zu ihrer Betriebsstruktur im Schriftsatz vom 20.04.2015, welchen die Beklagtenseite auch nicht explizit entgegengetreten ist, wird Bezug genommen. Vor diesem Hintergrund ist die Darlegung der Klägerin, an ersparten Aufwendungen seien lediglich Kosten für Papierausdrucke für die eigenen Akten (in vernachlässigungsmäßiger Größenordnung) angefallen, nachvollziehbar. Soweit beklagtenseits in den Raum gestellt wird, dass die Klägerin entgegen ihrem eigenen Vortrag den streitgegenständlichen Auftrag nicht selbst bearbeitet hätte und daher die Kosten für den Subplaner ersparte Aufwendungen darstellen würden, kann dies vom Beklagten nicht bewiesen werden. Die mit Schriftsatz vom 11.05.2016 angebotenen Zeugen waren zu dieser Frage ebenfalls nicht zu hören, da – unabhängig von der Problematik des „Ausforschungsbeweises“ – nicht vorgetragen und auch nicht erkennbar ist, inwiefern diese zu der Frage einer Beauftragung als Subplaner, welche scheinbar auch nach Beklagtenvortrag noch gar nicht erfolgt war (“gar nicht selbst bearbeitet hätte“; Von einer noch nicht erfolgten Weitergabe an einen Subplaner ist bei lebensnaher Betrachtung auch aufgrund der sehr schnellen Kündigung durch den Beklagten auszugehen), Angaben machen können.
Problematischer ist die Frage der Einkünfte durch anderweitige Verwendung der Arbeitskraft. Zu beachten ist hier, dass an den Umfang des Vortrages der Klägerin und insbesondere an ihre Substantiierungspflicht keine zu hohen Anforderungen zu stellen sind (Werner in Werner/Pastor, Der Bauprozess, 15. Auflage, Rn. 1130). Nach der obergerichtlichen Rechtsprechung ist es hinsichtlich eines Ersatzauftrages ausreichend, wenn sich der Architekt dazu nachvollziehbar und ohne Widerspruch zu den Vertragsumständen ausdrücklich oder auch konkludent erklärt. Der Auftraggeber kann dabei grundsätzlich nicht verlangen, dass der Architekt in diesem Zusammenhang von vornherein seine gesamte Geschäftsstruktur offen legt (BGH, NJW 2000, 653, 654), so dass entgegen der Ansicht des Beklagten von dieser nicht die Grundstruktur der Weitervergabe und der Zusammenarbeit mit den Subplanern verlangt werden kann. Auch ist der Klägerseite in diesem Zusammenhang dahingehend recht zu geben, dass aufgrund der sehr frühen Kündigung des Architektenvertrages durch den Beklagten auch kaum noch ermittelt werden kann, wie viel Zeit die Bearbeitung des Bauprojektes des Beklagten überhaupt in Anspruch genommen hätte.
Als Erwerb durch anderweitige Verwendung der Arbeitskraft im Sinne des § 649 Satz 2 BGB ist weiterhin lediglich ein solcher zu verstehen, welcher mit der Vertragskündigung durch den Besteller in ursächlichem Zusammenhang stehen muss. Der anderweitige Erwerb muss aufgrund eines echten Ersatzauftrages erfolgen, dessen Hereinnahme bei Fortbestand des Vertrages nicht möglich gewesen wäre (Werner, aaO, Rn. 1128).
Die Klägerin hat vorgetragen, keinen anderweitigen Erwerb gehabt bzw. böswillig unterlassen zu haben. Sie habe keinen Auftrag erhalten oder angenommen, dessen Durchführung nur dadurch ermöglicht wurde, dass der Beklagte den Architektenvertrag gekündigt hat. Sie habe einen solchen Auftrag auch nicht angeboten erhalten. Mit der Anlage K13 hat die Klägerin eine Übersicht über die ihr erteilten Planungsaufträge vorgelegt, aus der hervorgeht, dass von 35 Planungsaufträgen 29 an Subplaner weitergegeben wurden, während sie die übrigen (hierunter ist auch der Auftrag des Beklagten gezählt) selbst bearbeitet habe. Hierzu hat Sie erklärt, dass sie problemlos in der Lage gewesen wäre, den Auftrag des Beklagten selbst zu bearbeiten. Zumutbare Ersatzaufträge hätten nicht vorgelegen. Weiterhin wurde mit Schriftsatz vom 23.11.2016 erläutert, dass es sich bei den an Subplaner übergebenen Aufträge um keine Füllaufträge gehandelt habe, da kein ursächlicher Zusammenhang zwischen der Kündigung und diesen Aufträgen bestand.
Die Klägerin ist damit nach Ansicht des Gerichts ihrer sekundären Darlegungslast in ausreichendem Maße nachgekommen. Der Vortrag ist nach hiesiger Ansicht „nachvollziehbar und ohne Widerspruch zu den Vertragsumständen“ (s.o.). Insbesondere teilt das Gericht die Einschätzung der Beklagtenseite nicht, dass aus dem Vortrag hervorgehe, dass die Klägerin in böswilliger Weise Aufträge an Subplaner weitergegeben hat, statt diese selbst zu bearbeiten. Hierzu ist auszuführen, dass aus dem Vortrag der Klägerin hervorgeht, dass im Zeitraum nach der Kündigung des Vertrages durch den Beklagten Aufträge gerade angenommen wurden, statt sie (böswillig) auszuschlagen. Dass ein (wenn auch sehr großer Teil) dieser Aufträge dann (gegen Entgelt) an Subplaner weitergegeben wird und die Klägerin währenddessen andere Aufträge bearbeitet bzw. auch zur Bearbeitung vorgezogen hat (so versteht das Gericht das Vorbringen der Klägerin), lässt gerade nicht auf ein böswilliges Unterlassen von anderweitigem Erwerb schließen.
Den ihm obliegenden Beweis eines anderweitigen Erwerbs der Klägerin hat der Beklagte nicht führen können. Entsprechender Beweis wurde nicht angeboten. Soweit mit Schriftsatz vom 11.05.2016 mehrere Zeugen zum Beweis dafür angeboten wurden, dass die Anlage K13 inhaltlich nicht korrekt sei, waren diese Zeugen auch zu diesem Punkt nicht zu hören, da das Vorbringen des Beklagten in diesem Punkt widersprüchlich ist, nachdem einerseits die Korrektheit der Aufstellung in Abrede gestellt wird, gleichzeitig aber die Liste zum Beweis dafür herangezogen wird, dass die Klägerin (wie nicht, s.o.) die Annahme mehrerer Ersatzaufträge böswillig unterlassen hat. Der Kläger hat damit nicht darlegen und beweisen können, dass die Klägerin einen über den Betrag von 2.000,00 € hinausgehenden anderweitigen Erwerb durch die Kündigung des Auftrages durch ihn erzielt hat. Einen Betrag in Höhe von 2.000,00 € muss die Klägerin sich jedoch anrechnen lassen, nachdem sie mit der Berücksichtigung dieses Betrages bei der Berechnung der Klageforderung (vgl. Anlage K6) und auch der zwischenzeitlich hilfsweise eingereichten Angebotsberechnung vom 16.04.2015 (Anlage K12) deutlich zum Ausdruck gebracht hat, von anrechenbarem ersparten Aufwendungen oder anderweitigem anrechenbarem Einkommen (auch wenn dort lediglich von „ersparte Aufwendungen“ die Rede ist) in dieser Höhe auszugehen.
5. Insgesamt ergibt sich damit ein Gesamtanspruch in Höhe von 9.420,34 € (9.858,13 € zzgl. 1.562,21 € abzgl. 2.000,00 €, s.o.).
6. Der Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 286, 288 BGB
7. Die Kostenentscheidung resultiert aus § 92 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit aus § 709 Satz 2 ZPO
8. Die Streitwertfestsetzung erfolgte gem. §§ 3 ff. ZPO.

Jetzt teilen:

Ähnliche Artikel

Bankrecht

Schadensersatz, Schadensersatzanspruch, Sittenwidrigkeit, KapMuG, Anlageentscheidung, Aktien, Versicherung, Kenntnis, Schadensberechnung, Feststellungsziele, Verfahren, Aussetzung, Schutzgesetz, Berufungsverfahren, von Amts wegen
Mehr lesen