Aktenzeichen AN 9 K 15.1241, AN 9 K 16.2005
BGB § 133, § 157, § 917 Abs. 1
BayBO Art. 64 Abs. 2 S. 1
BauVorlV § 1 Abs. 5, § 3, § 7 Abs. 3
BayWG Art. 63 Abs. 3 S. 1
VwGO § 113 Abs. 1 S. 1
BayVwVfG Art. 24, Art. 26 Abs. 2,
WHG § 78
Leitsatz
1 Die (hoch-) wasserrechtlichen Vorgaben aus § 78 WHG sind nicht unmittelbar im Baugenehmigungsverfahren anwendbar. Jedoch sind bei der Prüfung der bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit die Auswirkungen eines Bauvorhabens auf den Hochwasserabfluss zu berücksichtigen (BayVGH BeckRS 2009, 43845). (Rn. 32) (redaktioneller Leitsatz)
2 Ein Nachbar kann bei einer Beurteilung nach § 35 BauGB negative Auswirkungen auf sein Grundstück als Beeinträchtigung des Belanges der Gefährdung des Hochwasserschutzes geltend machen. § 35 Abs. 3 S. 1 Nr. 6 BauGB schützt auch die Rechte von Grundstückseigentümern, die von einer Veränderung des Hochwasserabflusses in erheblichem Umfang negativ betroffen sind (BayVGH BeckRS 2009, 43845). (Rn. 32) (redaktioneller Leitsatz)
3 Vom Bauherrn kann nicht gefordert werden, in den Bauvorlagen auch festgesetzte Überschwemmungsgebiete einzuzeichnen. Für eine solche Anforderung ergibt sich in der BauVorlV kein Hinweis. Allerdings muss sich aus den Bauvorlagen der konkrete Standort des Vorhabens zweifelsfrei feststellen lassen. (Rn. 33) (redaktioneller Leitsatz)
4 Es ist eine Obliegenheit der Baugenehmigungsbehörde, im Rahmen ihrer Amtsermittlung der Entscheidung über die Erteilung einer Baugenehmigung vollständige und aus sich heraus ausreichend schlüssige Bauvorlagen zugrunde zu legen. Dem Bauherren obliegt es, im Rahmen seiner Mitwirkung am Verwaltungsverfahren ebensolche Bauvorlagen einzureichen. (Rn. 34) (redaktioneller Leitsatz)
5 Weder das bauplanungsrechtliche Erfordernis der gesicherten Erschließung noch die bauordnungsrechtlichen Anforderungen an eine gesicherte Erschließung entfalten nachbarschützende Wirkung (BayVGH BeckRS 2011, 30348). (Rn. 39) (redaktioneller Leitsatz)
6 Ein sich aus der Eigentumsgarantie ergebendes Abwehrrecht besteht, wenn die fehlende Erschließung eines Vorhabens dazu führen würde, dass die Kläger über ihr jeweiliges Grundstück ein Notwegerecht nach § 917 Abs. 1 BGB zu dulden hätten (BVerwG BeckRS 9998, 16823). (Rn. 39) (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
1. Die Baugenehmigung vom 24. Juni 2015 (…) wird aufgehoben.
2. Die Baugenehmigung vom 8. September 2016 (…) wird aufgehoben, soweit mit dieser die Errichtung einer Hackschnitzelheizungsanlage genehmigt worden ist. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
3. Die Gerichtskosten tragen die Beteiligten jeweils zu 1/3. Die außergerichtlichen Kosten der Kläger tragen der Beklagte und die Beigeladene jeweils zu 1/3. Die Kläger tragen die außergerichtlichen Kosten des Beklagten und der Beigeladenen jeweils zu 1/3. Im Übrigen trägt jeder Beteiligte seine außergerichtlichen Kosten selbst. Die Kläger tragen die ihnen jeweils auferlegten Kosten als Gesamtschuldner.
4. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beteiligten können die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 v.H. des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der jeweilige Kostengläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Gründe
Die Klagen, über die wegen Einverständnisses der Beteiligten gemäß § 101 Abs. 2 VwGO ohne (weitere) mündliche Verhandlung entschieden werden kann, sind zulässig und teilweise begründet.
1. Die Klagen sind zulässig. Insbesondere führt der Umstand, dass die beiden streitgegenständlichen Baugenehmigungsbescheide – soweit sie sich auf die Hackschnitzelheizungsanlage beziehen – identisch sind, nicht zu einem (teilweisen) Entfallen des Rechtsschutzbedürfnisses.
Das Gericht geht davon aus, dass beide Genehmigungen insoweit als selbstständig nebeneinander stehend anzusehen sind. Zum einen ist nicht erkennbar, dass die Genehmigung vom 8. September 2016 nur als Modifizierung der Ursprungsbaugenehmigung vom 24. Juni 2015 zu verstehen ist und mit dieser eine untrennbare Einheit bildet, so dass sich die Ursprungsbaugenehmigung nachträglich durch Erteilung der Baugenehmigung vom 8. September 2016 erledigt hätte. Zum anderen kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass die Baugenehmigung vom 8. September 2016 – soweit sie sich auf die Hackschnitzelheizungsanlage bezieht – die Ursprungsbaugenehmigung lediglich wiederholt und ihr damit keine Verwaltungsaktqualität zukommt. Denn bei Auslegung der Baugenehmigung entsprechend der §§ 133, 157 BGB kann ein objektiver Empfänger die Baugenehmigung nur so verstehen, dass die Hackschnitzelheizungsanlage von dieser mit umfasst ist. Letztlich kommt es hinsichtlich des Rechtsschutzbedürfnisses auf die Frage des Verhältnisses der beiden Baugenehmigungen zueinander nicht streitentscheidend an. Selbst wenn man davon ausgehen wollte, dass einer der beiden Baugenehmigungen kein eigenständiger Regelungsgehalt (mehr) zukommen sollte, hätten die Kläger als Nachbarn ein rechtliches Interesse daran, dass zumindest im Hinblick auf die Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes der durch diese Genehmigung dann bewirkte Rechtsschein beseitigt wird.
2. Die Klagen sind aus dem im Tenor ersichtlichen Umfang auch begründet.
Bei der Klage von Dritten – hier von baurechtlichen Nachbarn – haben diese aus § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO allerdings nicht schon dann einen Anspruch auf Aufhebung der Baugenehmigung, wenn diese lediglich objektiv rechtswidrig ist; vielmehr muss sich die Rechtswidrigkeit gerade aus solchen Normen ergeben, die zum Prüfungsumfang im bauaufsichtlichen Verfahren gehören (vgl. Art. 68 Abs. 1 Satz 1 BayBO; BayVGH, B.v. 10.10.2013 – 15 ZB 11.1480 – juris Rn. 9) und zugleich auch dem Schutz dieser Dritten dienen (sog. Schutznormtheorie, vgl. BayVGH, B.v. 24.3.2009 – 14 CS 08.3017 – juris Rn. 20). Im gerichtlichen Verfahren von Dritten findet somit keine umfassende Rechtmäßigkeitskontrolle der Baugenehmigung statt.
Dies zugrunde gelegt stellen sich die Baugenehmigungen in Bezug auf die Hackschnitzelheizungsanlage als rechtswidrig dar und verletzen die Kläger in ihren Rechten (2.1), so dass der Bescheid vom 24. Juni 2015 vollumfänglich und der Bescheid vom 8. September 2016, soweit er sich auf die Hackschnitzelheizungsanlage bezieht, aufzuheben sind. Das ebenfalls mit Bescheid vom 8. September 2016 genehmigte Betriebscafé erweist sich hingegen als rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten (2.2).
2.1 Soweit sich die streitgegenständlichen Baugenehmigungen auf die Hackschnitzelheizungsanlage beziehen, geht das Gericht davon aus, dass diese bereits in nachbarrechtsrelevanter Weise unbestimmt sind.
Eine Baugenehmigung muss – wie jeder Verwaltungsakt – inhaltlich hinreichend bestimmt sein (Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG). Die getroffene Regelung, insbesondere Inhalt, Reichweite und Umfang des genehmigten Vorhabens bzw. der bodenrechtlichen Nutzung, muss für jeden Beteiligten – gegebenenfalls im Wege der Auslegung – eindeutig zu erkennen und darf einer unterschiedlichen subjektiven Bewertung nicht zugänglich sein (BVerwG, B.v. 13.10.2010 – 7 B 50/10 – juris Rn. 8). Soweit dies nicht gewährleistet ist, führt dies regelmäßig zur Nichtigkeit (vgl. Art. 44 Abs. 1 BayVwVfG) und kann zumindest einen Abwehranspruch zur Aufhebung des mit der Regelung verbundenen Rechtsscheins vermitteln, sofern eine Verletzung eigener Rechte geltend gemacht wird (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die Einhaltung der Bestimmtheit als solche vermittelt allerdings noch keinen Drittschutz; dieser kann nur durch das der konkret betroffenen Regelung zugrundeliegende materielle Recht vermittelt werden. Ein Dritter kann sich daher nur dann auf eine unzureichende inhaltliche Bestimmtheit mit der Folge eines entsprechenden Abwehranspruchs berufen, soweit der Bestimmtheitsmangel eine Regelung betrifft, die ihre Grundlage in einer zum Prüfprogramm des konkreten bauaufsichtlichen Verfahrens gehörenden und gerade dem Schutz dieses Dritten dienenden materiell-rechtlichen Norm hat, und der Dritte infolge des Bestimmtheitsmangels auch insoweit qualifiziert und individualisiert betroffen ist, als er nicht feststellen kann, ob bzw. in welchem Maße eine Verletzung dieser drittschützenden Norm durch die Genehmigung möglich scheint (vgl. BayVGH, U.v. 28.6.99 – 1 B 97.3174 – juris Rn. 16; B.v. 29.4.2015 – 2 ZB 14.1164 – juris Rn. 6).
Dies ist hier der Fall. Die Kläger können aus den Baugenehmigungen unter Zugrundelegung der Antragsunterlagen nicht zweifelsfrei erkennen, ob und inwieweit die Hackschnitzelheizungsanlage im festgesetzten Überschwemmungsgebiet liegt und ob dadurch der Hochwasserabfluss durch deren Errichtung derart stark beeinträchtigt wird, dass dies eine unzumutbare Belastung für die Kläger darstellt.
Zwar sind die (hoch-)wasserrechtlichen Vorgaben aus § 78 WHG nicht unmittelbar im Baugenehmigungsverfahren anwendbar. Das Gericht geht aber in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs davon aus, dass bei der Prüfung der bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit die Auswirkungen eines Bauvorhabens auf den Hochwasserabfluss zu berücksichtigen sind (BayVGH, B.v. 9.10.2009 – 1 CS 08.1999 – juris Rn. 27 ff.). Demzufolge kann der klagende Nachbar bei einer Beurteilung nach § 35 BauGB negative Auswirkungen auf sein Grundstück als Beeinträchtigung des Belangs der Gefährdung des Hochwasserschutzes (§ 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 6 BauGB) geltend machen, da die Vorschrift auch die Rechte von Grundstückseigentümern, die von einer Veränderung des Hochwasserabflusses in erheblichem Umfang negativ betroffen sind, schützt (BayVGH, B.v. 9.10.2009 – 1 CS 08.1999 – juris Rn. 28).
Die der Baugenehmigung zugrundeliegenden Antragsunterlagen sind nach Auffassung des Gerichts jedoch nicht geeignet, in angemessener Weise Aufschluss darüber zu geben, ob bzw. inwieweit das Vorhaben in das Überschwemmungsgebiet reicht und ob es bewirken kann, die Kläger unzumutbar in ihren Rechten zu beeinträchtigen. Art. 64 Abs. 2 Satz 1 BayBO bestimmt, dass mit dem Bauantrag alle für die Beurteilung des Bauvorhabens und die Bearbeitung des Bauantrags erforderlichen Unterlagen (Bauvorlagen) einzureichen sind. Art, Umfang und Inhalt der vorzulegenden Bauvorlagen ergeben sich dabei für den vorliegenden Fall in verordnungsrechtlicher Konkretisierung aus §§ 1, 3 BauVorlV i.V.m. §§ 7 ff. BauVorlV, wobei die Bauaufsichtsbehörde weitere Unterlagen oder Nachweise verlangen kann, wenn sie dies zur Beurteilung des Vorhabens als erforderlich erachtet (vgl. § 1 Abs. 4 BauVorlV; Simon/Busse, BayBO, Art. 64 Rn. 70). Zwar ist dem Beklagten darin zuzustimmen, dass vom Bauherrn nicht gefordert werden könne, in den Bauvorlagen auch festgesetzte Überschwemmungsgebiete einzuzeichnen; für eine derartige Anforderung ergibt sich in den Vorschriften der BauVorlV gerade kein Hinweis. Allerdings muss sich aus den Bauvorlagen zumindest der konkrete Standort des Vorhabens zweifelsfrei feststellen lassen. Vor diesem Hintergrund ist auch § 7 Abs. 3 BauVorlV zu sehen, der grundsätzlich fordert, dass im vorzulegenden Lageplan die jeweiligen Flurstückgrenzen des Baugrundstücks und der benachbarten Grundstücke (Nr. 2), die vorhandenen baulichen Anlagen auf dem Baugrundstück und dem benachbarten Grundstücken (Nr. 4) sowie die geplanten baulichen Anlagen samt Höhenlage (Nr. 10) enthalten sein müssen. Die vorliegenden Planunterlagen genügen diesen Anforderungen nicht. Um eine rechtsfehlerfreie Prüfung vornehmen zu können, hätten die Pläne hier derart vollständig sein müssen, dass man jedenfalls in die Lage versetzt wird, anhand der Kartierung des amtlich festgesetzten Überschwemmungsgebiets zu bestimmen, ob das Vorhaben inner- oder außerhalb dieses Gebiets liegt. Dazu hätte es insbesondere der Einzeichnung von Grundstücksgrenzen bedurft.
Es mag zwar sein, dass auf Vorlagen oder einzelne Angaben verzichtet werden kann, wenn diese zur Beurteilung der Genehmigungsfähigkeit des Bauvorhabens nicht erforderlich sind (§ 1 Abs. 5 BauVorlV) oder es in manchen Einzelfällen noch ausreichend sein mag, dass der Vorhabenstandort derart aus den Unterlagen hervorgeht, dass er im Verhältnis zu (weiteren) eingezeichneten Referenzpunkten in der natürlichen Umgebung zumindest in angemessener Art und Weise bestimmbar ist. Dies ist hier aber nicht der Fall. Bereits aus der Behördenakte ist ersichtlich, dass die vorgelegten Planunterlagen von Fachstellenseite beanstandet wurden und letztlich die genaue Lage des Vorhabens in Bezug auf das Überschwemmungsgebiet schon im Genehmigungsverfahren nicht zweifelsfrei möglich war. Zwar geht aus einer Stellungnahme des Wasserwirtschaftsamts … vom 6. März 2014 hervor, dass das streitgegenständliche Überschwemmungsgebiet sich südlich an die geplante Hackschnitzelheizungsanlage anschließe. Der Fachbereich Naturschutz geht hingegen in seiner Stellungnahme vom 11. März 2014 davon aus, dass die Anlage zum Großteil im Überschwemmungsgebiet liege. Damit ist allein schon aus der Behördenakte ersichtlich, dass keine klare Aussage darüber getroffen werden kann, ob sich die Hackschnitzelheizungsanlage innerhalb oder außerhalb des Überschwemmungsgebietes befindet. Diese hat sich letztlich auch bei Inaugenscheinnahme der Bauvorlagen im Rahmen der mündlichen Verhandlung bestätigt. Obwohl der Vertreter des Beklagten den Versuch unternahm, die entsprechenden Baupläne in Bezug zu der Kartierung des Überschwemmungsgebiets zu setzen, konnte er keine klare Aussage darüber treffen, ob sich das Vorhaben, wie vom Landratsamt im Genehmigungsverfahren angenommen, tatsächlich außerhalb des Überschwemmungsgebiets befindet. Die genaue Lage des Vorhabens blieb vielmehr offen. Wie der Beklagte dem Gericht mit Schreiben vom 15. Mai 2017 mitteilte, sei es auch dem Wasserwirtschaftsamt … – dieses wurde auf Anraten des Gerichts seitens des Beklagten erneut zur weiteren Sachaufklärung eingeschaltet – ohne Vorlage ergänzter Unterlagen nicht möglich zu beurteilen, ob das Vorhaben tatsächlich außerhalb oder (teilweise) im amtlich festgesetzten Überschwemmungsgebiet liege und – soweit dies der Fall sein sollte –, ob dadurch erheblicher Retentionsraum verloren gehe. Da mithin nicht einmal das Wasserwirtschaftsamt als wasserwirtschaftliche Fachbehörde (Art. 63 Abs. 3 Satz 1 BayWG) in der Lage ist, allein anhand der Bauvorlagen den Bezug zwischen Vorhaben und Überschwemmungsgebiet zweifelsfrei festzustellen, kann dies erst recht nicht von den Klägern verlangt werden. Diese Unvollständigkeit der Bauvorlagen und die damit einhergehende Unvollständigkeit der streitigen Baugenehmigungen gehen auch zulasten der Genehmigungsbehörde und des Bauherrn. Es wäre sowohl eine Obliegenheit der Baugenehmigungsbehörde im Rahmen ihrer Amtsermittlung (Art. 24 BayVwVfG) gewesen als auch eine der Beigeladenen als Bauherrin im Rahmen ihrer Mitwirkung am Verwaltungsverfahren (Art. 26 Abs. 2 VwVfG), vollständige und im Einzelnen auch aus sich selbst heraus ausreichend schlüssige Bauvorlagen einzureichen bzw. der Entscheidung über die Erteilung der Baugenehmigung zugrunde zu legen (Simon/Busse, BayBO, Art. 64 Rn. 80). Überdies dürften zwischenzeitlich ohnehin alle Beteiligten davon ausgehen, dass das Vorhaben innerhalb des festgesetzten Überschwemmungsgebiets liegt. Da der Beklagte bei Genehmigungserteilung aber noch vom Gegenteil ausgegangen ist, hat er mögliche Auswirkungen auf das Überschwemmungsgebiet und dadurch bedingte nachteilige Wirkungen auf die Kläger überhaupt nicht geprüft. Wie sich aus der Mitteilung des Beklagten an das Gericht vom 15. Mai 2017 ergibt, kann eine solche Prüfung ohne Beibringung weiterer Unterlagen auch nicht nachgeholt werden. Eine entsprechende Ergänzung der Unterlagen lehnte die Beigeladene mit Schreiben vom 7. August 2017 ab.
Damit ist für die Kläger letztlich nicht absehbar, ob sie bei Verwirklichung des Vorhabens insbesondere durch nachteilige Hochwasserwirkungen unzumutbar beeinträchtigt werden. Insofern wirkt sich die Unbestimmtheit der Baugenehmigungen auch zu Lasten der Kläger aus, so dass diese keinen Bestand haben können.
2.2 Im Übrigen, d.h. bezüglich des genehmigten Betriebscafés samt Stellplätzen, verstößt die Baugenehmigung vom 8. September 2016 jedoch nicht gegen nachbarschützender Vorschriften, so dass eine Aufhebung über den vorstehend dargestellten Umfang hinaus nicht in Betracht kommt.
Zunächst erweist sich die Baugenehmigung nicht zulasten der Kläger als unbestimmt. Zwar gelten die vorstehend dargestellten Bedenken zur Vollständigkeit und Eindeutigkeit der Planunterlagen (teilweise) auch hinsichtlich des Vorhabens „Betriebscafé“. Denn auch hinsichtlich der hierfür auf dem Grundstück FlNr. … vorgesehenen Stellplätze ist nicht zweifelsfrei feststellbar, ob diese (teilweise noch) im festgesetzten Überschwemmungsgebiet liegen oder ob dieses erst westlich der Grundstücksgrenze beginnt. Allerdings geht damit keine Rechtsverletzung der Kläger einher. Denn unabhängig davon, ob durch Parkplätze überhaupt generell Retentionsraum in relevantem Umfang verloren gehen kann, wäre angesichts der Entfernung der klägerischen Grundstücke zu den geplanten Parkplätzen von mindestens 80 m eine Beeinträchtigung der Kläger insbesondere durch den Verlust von Retentionsraum ohnehin nicht zu erwarten. Dies haben die Kläger im Rahmen der mündlichen Verhandlung auch selbst eingeräumt.
Offenbleiben kann schließlich, ob das im Außenbereich gelegene Vorhaben (die Außenbereichslage ist zwischen den Beteiligten unstreitig) entgegen der Ansicht der Kläger tatsächlich nach § 35 Abs. 1 Nr. 2 BauGB privilegiert und im Übrigen außenbereichsverträglich nach § 35 Abs. 3 BauGB ist. § 35 BauGB kommt nämlich nicht die Funktion einer allgemein drittschützenden Norm zu (vgl. BVerwG, B.v. 4.4.1995 – 4 B 47/95 – juris Rn. 2). Vielmehr beschränkt sich der Nachbarrechtsschutz bei Außenbereichsvorhaben regelmäßig auf die Anforderungen des Gebots der Rücksichtnahme, welches durch § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB konkretisiert wird.
Auch aus dem behaupteten Fehlen einer ausreichenden Erschließung des Vorhabens lässt sich keine Verletzung der klägerischen Rechte herleiten. Nach ständiger Rechtsprechung entfalten weder das bauplanungsrechtliche Erfordernis der gesicherte Erschließung noch die bauordnungsrechtlichen Anforderungen an eine gesicherte Erschließung nachbarschützende Wirkung (BayVGH, B.v. 11.4.2011 – 2 ZB 09.3021 – juris Rn. 3). Insofern kann im Rahmen dieser Nachbarklage offen bleiben, ob dem Vorhabengrundstück die notwendige Verbindung mit einem öffentlichen Weg fehlt, weil beispielsweise die Erreichbarkeit des Bauvorhabens mit öffentlichen Versorgungsfahrzeugen aufgrund der geringen Traglast der Brücke nicht gegeben sein sollte oder die privaten Wegegrundstücke Fl.Nr. … und … durch den vom Vorhaben ausgelösten zusätzlichen Verkehr in einer Weise in Anspruch genommen werden, die ggf. von dem zugunsten der Beigeladenen bestehenden Geh- und Fahrtrecht nicht gedeckt wären. Eine Nachbarrechtsverletzung ließe sich hieraus nicht herleiten. Ein sich unmittelbar aus der Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG ergebendes Abwehrrecht stünde den Klägern allenfalls dann zu, wenn eine fehlende Erschließung dazu führen würde, dass die Kläger über ihr jeweiliges Grundstück ein Notwegerecht nach § 917 Abs. 1 BGB zu dulden hätten (vgl. BVerwG, B.v. 11.5.1998 – 4 B 45/98 – juris). Dies ist jedoch ersichtlich nicht der Fall.
Unabhängig davon ist aber auch nicht erkennbar, dass der zum Anwesen der Beigeladenen führende (private) Weg hinsichtlich Breite und Beschaffenheit oder die zu überquerende Brücke hinsichtlich ihrer Traglast objektiv nicht geeignet wären, einen eventuell vom Vorhaben ausgelösten zusätzlichen Zufahrtsverkehr aufzunehmen. Es ist nämlich schon nicht davon auszugehen, dass das Betriebscafé ein merklich höheres Verkehrsaufkommen hervorrufen wird. Aus der Konzeption des Cafés wie sie der Betriebsbeschreibung und damit der Baugenehmigung zu Grunde liegt, geht hervor, dass dieses gerade als Verweilort für Kunden und Interessenten der Baumschule dienen soll. Die Öffnungszeiten des Cafés sind eng mit denen der Baumschule verknüpft. Daraus wird deutlich, dass für Kunden die Anziehungskraft auch weiterhin von der – bestandskräftig genehmigten – Baumschule ausgeht, und nicht von dem funktionell untergeordneten Betriebscafé, welches nach seiner Konzeption nur bei Gelegenheit eines Besuchs der Baumschule typischerweise von den Kunden aufgesucht wird.
Es ist auch weder ersichtlich noch vorgetragen, dass sich das Betriebscafé den Klägern gegenüber aus anderen Gründen als rücksichtslos darstellen könnte. Insbesondere sind durch den Betrieb des Cafés keine unzumutbare Lärmbelastung (zum Beispiel durch Türenschlagen von Kraftfahrzeugen oder laute Geräusche der Gäste) zu erwarten. Zum einen wird das Café nur im Tagzeitraum (8:00 Uhr bis 18:00 Uhr) und nur dann betrieben, wenn gleichzeitig auch die Baumschule geöffnet ist. Zum anderen können die Kläger für ihre Wohnnutzung im Außenbereich ohnehin allenfalls die Schutzmaßstäbe in Anspruch nehmen, die auch für andere gemischt nutzbare Bereiche einschlägig sind, mithin die für Kern-, Dorf- und Mischgebiete gelten. Vorliegend bestehen jedoch keine Anhaltspunkte dafür, dass die Immissionen des Betriebscafés auch nur in die „Nähe“ dieses (geminderten) Schutzanspruchs gelangen.
Vor diesem Hintergrund kann eine Aufhebung der Baugenehmigung – soweit sie sich auf das Betriebscafé und die Stellplätze bezieht – von den Klägern nicht beansprucht werden. Das Gericht verkennt dabei nicht, dass eine teilweise Aufhebung einer Baugenehmigung in aller Regel nicht in Betracht kommt. Eine Teilaufhebung ist jedoch ausnahmsweise dann möglich, wenn mehrere selbstständige Bauvorhaben in einer Genehmigung zusammengefasst sind und die Baugenehmigung materiell-rechtlich teilbar ist. Letzteres ist dann der Fall, wenn die rechtlich unbedenklichen Teile nicht in einem untrennbaren inneren Zusammenhang mit dem rechtswidrigen Teil stehen, sondern als selbstständige Regelungen weiter existieren können, ohne ihren ursprünglichen Bedeutungsinhalt zu verändern, (vgl. BayVGH, B.v. 7.8.2012 – 15 CS 12.1147 – juris). Ein derartiger Ausnahmefall ist hier gegeben. Auch wenn beabsichtigt war, mit der Hackschnitzelheizungsanlage neben den Gewächshäusern etc. auch das Betriebscafé zu beheizen, ist nicht ersichtlich, dass der Heizanlage hinsichtlich des Gesamtkonzepts „Betriebscafé“ gerade eine tragende oder wesentliche Funktion zukommt. Vielmehr wird das Café auch ohne Verwirklichung der Hackschnitzelheizungsanlage selbstständig nutzbar sein.
Nach alledem ergibt sich, dass die Baugenehmigung vom 24. Juni 2015 vollumfänglich, die Baugenehmigung vom 8. September 2016 jedoch nur insoweit aufzuheben ist, wie sie sich auf die Hackschnitzelheizungsanlage bezieht Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Die vorgenommene Aufteilung der Kosten beruht darauf, dass den Anfechtungsklagen der Kläger nicht in vollem Umfang stattgegeben wurde. Die Hackschnitzelheizungsanlage und das Betriebscafé wurden kostenmäßig als gleichwertig betrachtet, wobei letztlich für die Heizanlage zwei Genehmigungen im Raum standen. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind im tenorierten Umfang erstattungsfähig. Die Beigeladene hat einen Antrag gestellt und ist damit ein Kostenrisiko entsprechend § 154 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 162 Abs. 3 VwGO eingegangen.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.