Aktenzeichen W 4 K 17.1247
Leitsatz
1 § 78 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 WHG betrifft nur „die Ausweisung von neuen Baugebieten“, d.h. die erstmalige Ermöglichung einer Bebauung durch Bauleitplanung oder städtebauliche Satzung; die bloße Änderung der Gebietsart eines bereits bisher ausgewiesenen Baugebiets bzw. die bloße Umplanung fällt nicht hierunter (wie BVerwG BeckRS 2014, 54346).(Rn. 18) (redaktioneller Leitsatz)
2 Eine tatsächlich beendete bauliche Nutzung verliert jedenfalls dann ihre prägende Kraft, wenn sie endgültig aufgegeben wird und nach der Verkehrsauffassung mit ihr auch nicht mehr gerechnet werden kann. (Rn. 25) (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Klägerin und die Beigeladene haben die Kosten des Verfahrens zu gleichen Teilen zu tragen.
III. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Kostenschuldner können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher in gleicher Höhe Sicherheit leistet.
Gründe
Die von der Klägerin erhobene Feststellungsklage, mit der sie festgestellt haben will, dass die Inkraftsetzung des Bebauungsplans „Ehemaliges Werksgelände S… …“ (Entwurfsstand: 9.2.2015), dessen Aufstellung der Stadtrat der Klägerin beschlossen hat, nicht gegen das Verbot des § 78 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 WHG (a.F.) verstoßen hat bzw. nicht gegen das nunmehr in § 78 Abs. 1 Satz 1 WHG (n.F.) enthaltene Verbot verstößt, ist zwar zulässig, hat in der Sache jedoch keinen Erfolg.
1. Die Klage ist zulässig.
Bei der Frage, ob der zukünftige Bebauungsplan „Ehemaliges Werksgelände S …“ ebenso wie der vom Stadtrat der Klägerin in seiner Sitzung vom 10. Dezember 2013 beschlossene Aufstellungsbeschluss gegen das Verbot des § 78 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 WHG (a.F.), § 78 Abs. 1 Satz 1 WHG (n.F.) verstößt, handelt es sich nicht um eine abstrakte Rechtsfrage, sondern um ein streitiges, konkretes und damit auch feststellungsfähiges Rechtsverhältnis i.S.v. § 43 Abs. 1 VwGO zwischen Klägerin und Beklagtem (zum Begriff vgl. BVerwG, U.v. 28.1.2010, BVerwGE 8 C 38/09 – juris), denn der Beklagte hat der Klägerin mit Schreiben vom 11. März 2016 als Aufsichtsbehörde mitgeteilt, dass der Bebauungsplan „Ehemaliges Werksgelände S… …“ ein neues Baugebiet i.S.d. § 78 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 WHG (a.F.) darstelle und somit unter das Ausweisungsverbot falle.
Von einer „atypischen Feststellungsklage“ oder „heimlichen Normenkontrolle“ (vgl. Möstl in Posser/Wolf, VwGO Kommentar, 2. Aufl. 2014, § 43 Rn. 29), deren Zulässigkeit in der Rechtsprechung höchst kontrovers diskutiert wird, kann vorliegend indes nicht die Rede sein, da Gegenstand der vorliegenden Feststellungsklage nicht die Frage nach der Nichtigkeit bzw. Rechtswidrigkeit einer untergesetzlichen Regelung ist, nämlich des Bebauungsplans „Ehemaliges Werksgelände S …“ der Stadt Z. a.Main, zumal diese als Satzung auch noch nicht beschlossen wurde. Gegenstand der vorliegenden Klage ist vielmehr die Frage, ob die Rechtsauffassung der Aufsichtsbehörde, die geplante Überplanung des ehemaligen Werksgeländes S … verstoße gegen Gebot, dass in festgesetzten Überschwemmungsgebieten die Ausweisung neuer Baugebiete untersagt sei, mit geltendem Recht vereinbar ist oder nicht. Zur Klärung dieser Frage ist das vorliegende Verfahren dasjenige, das dem Anliegen der Klägerin auch unter Berücksichtigung prozessökonomischer Gesichtspunkte am wirkungsvollsten gerecht wird (vgl. zu diesem Kriterium: BVerwG, U.v. 16.2.2013, BVerwGE 8 C 21.12; NVwZ 2014, 889 [890]).
2. Die Feststellungsklage ist jedoch nicht begründet, denn die geplante Überplanung des ehemaligen Werksgeländes S … verstößt gegen das Gebot des § 78 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 WHG (a.F.) bzw. § 78 Abs. 1 Satz 1 WHG (n.F.).
Nach § 78 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 WHG (a.F.) war in festgesetzten Überschwemmungsgebieten „die Ausweisung von neuen Baugebieten in Bauleitplänen oder sonstigen Satzungen nach dem Baugesetzbuch, ausgenommen Bauleitpläne für Häfen und Werften“ untersagt. § 78 Abs. 1 Satz 1 WHG (n.F.) beschränkt dieses Planungsverbot nur auf den Außenbereich. Wie sich bereits aus dem Wortlaut der Vorschriften ergibt, betrifft dies allerdings nur „die Ausweisung von neuen Baugebieten“, d.h. nur die erstmalige Ermöglichung einer Bebauung durch Bauleitplanung oder städtebauliche Satzungen, während die bloße Änderung der Gebietsart eines bereits bisher ausgewiesenen Baugebiets bzw. die bloße Umplanung von diesem Tatbestandsmerkmal nicht erfasst ist.
Das Bundesverwaltungsgericht hat in diesem Zusammenhang in seiner Grundsatzentscheidung vom 3. Juni 2014 (Az. 4 CN 6/12 – juris) zu dem Rechtsbegriff der „Ausweisung neuer Baugebiete“ folgendes ausgeführt:
„Die Beschränkung der Regelungswirkung des § 78 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 WHG auf eine Untersagung der erstmaligen Ermöglichung einer Bebauung von Flächen war der ausdrückliche Wille des Gesetzgebers. Sowohl die im Gesetzgebungsverfahren beteiligten Verbände (BTDrucks 15/3510 S. 2 ff.) als auch der Bundesrat (BTDrucks 16/13306 S. 19) hatten sich ausdrücklich auf den Standpunkt gestellt, dass sich das Planungsverbot nur gegen die Planung von neuen Baugebieten richte, mit denen erstmals eine zusammenhängende Bebauung im festgesetzten Überschwemmungsgebiet ermöglicht werden solle, während die Überplanung oder Umplanung bereits bebauter Bereiche nicht unter das Verbot des § 78 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 WHG falle. Unterschiedliche Positionen nahmen die Beteiligten lediglich insoweit ein, als der Bundesrat eine genauere Definition des Begriffs der „neuen Baugebiete“ für dringend geboten hielt, während die Verbände für eine diesbezügliche Klarstellung keine Veranlassung sahen, weil sich die Zulässigkeit der Überplanung bestehender Bausubstanz mit hinreichender Deutlichkeit aus dem Regierungsentwurf ergebe. Der Position der Verbände schloss sich auch die Bundesregierung an (BTDrucks 16/13306 S. 32). Dass die bloße Um- oder Überplanung bereits bebauter Gebiete nicht von der Verbotsvorschrift erfasst sein sollen, entsprach deshalb der einmütigen Vorstellung aller am Gesetzgebungsverfahren Beteiligten.
Dieser historische Gesetzgeberwille findet im Wortlaut der Vorschrift eine hinreichende Stütze. Das Attribut „neu“ bezieht sich nach der Wortstellung auf den Begriff des „Baugebiets“. Der Wortlaut der Vorschrift stellt damit klar, dass es nicht um eine „Neuausweisung“ bereits ausgewiesener oder – hier nicht von Bedeutung – um die Überplanung bebauter Innenbereichslagen, sondern um die erstmalige Ausweisung „neuer Baugebiete“ geht, mithin von Flächen, die vor der Ausweisung noch keine festgesetzten oder faktischen Baugebiete waren und hinsichtlich derer mit der Ausweisung erstmalig die Möglichkeit der Bebauung eröffnet werden soll. Hätte der Bundesgesetzgeber mit der Verbotsvorschrift auch die Überplanung bestehender Baugebiete erfassen wollen, hätte es nahegelegen, dies im Wortlaut der Verbotsvorschrift zum Ausdruck zu bringen, wie dies in anderslautenden wasserrechtlichen Vorschriften der Länder (vgl. z.B. in § 113 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 WG NRW a.F.: „… das Ausweisen von Baugebieten … einschließlich deren Änderung …“) der Fall war (Czychowski/Reinhardt, WHG, 10. Aufl. 2010, § 78 Rn. 6). Soweit § 78 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 WHG – im Gegensatz zur Vorgängervorschrift des § 31b Abs. 4 Satz 1 WHG a.F. – nicht nur die Ausweisung von neuen Baugebieten „in Bauleitplänen“, sondern auch „in sonstigen Satzungen nach dem BauGB“ regelt, spricht dies ebenfalls nicht dafür, dass grundsätzlich jede Überplanung oder Änderung von Baugebietsausweisungen untersagt ist. Denn diese Ergänzung des Wortlauts ist allein instrumentell zu verstehen. Mit ihr sollten auch Satzungen nach § 34 Abs. 4 BauGB sowie Außenbereichssatzungen nach § 35 Abs. 6 BauGB in die Verbotsvorschrift einbezogen werden, die ebenfalls die Möglichkeit einer erstmaligen Bebauung eröffnen. Ein Argument für eine beabsichtigte Einbeziehung der Um- oder Überplanung ausgewiesener oder faktisch bestehender Baugebiete in den Begriff der „neuen Baugebiete“ lässt sich daraus nicht herleiten (a.A. Queitsch, in: Wellmann/Queitsch/Fröhlich, WHG, 1. Aufl. 2010, § 78 Rn. 3).
Diese durch Wortlaut und historischen Gesetzgeberwillen gestützte Interpretation wird durch einen systematischen Abgleich mit § 78 Abs. 2 WHG zusätzlich untermauert. In dieser Vorschrift sind die Voraussetzungen geregelt, unter denen die zuständige Behörde abweichend von § 78 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 WHG die Ausweisung neuer Baugebiete ausnahmsweise zulassen kann. Nach § 78 Abs. 2 Nr. 1 WHG kommt dies in Betracht, wenn „keine anderen Möglichkeiten der Siedlungsentwicklung bestehen oder geschaffen werden können“. Die Ausnahmeregelung geht also ersichtlich davon aus, dass der in § 78 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 WHG formulierte Verbotstatbestand Möglichkeiten der Siedlungsentwicklung beschneidet, also nur solche Flächen erfasst, die erstmalig einer Bebauung zugeführt werden sollen. Noch klarer kommt dieses Verständnis in § 78 Abs. 2 Nr. 2 WHG zum Ausdruck, wonach eine Ausweisung ausnahmsweise zugelassen werden kann, wenn „das neu auszuweisende Gebiet an ein bestehendes Baugebiet angrenzt“. Der damit verfolgte sog. Arrondierungsgrundsatz (Hünnekens, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Stand August 2013, § 78 WHG Rn. 25) ginge ins Leere, wenn von dem Verbotstatbestand des § 78 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 WHG bereits bestehende Baugebiete erfasst wären.“
Unter Berücksichtigung dieser grundsätzlichen Ausführungen, die auch Anlass waren für die Gesetzesänderung und die ausdrückliche Aufnahme des „Außenbereichs“ in die Vorschrift des § 78 Abs. 1 Satz 1 WHG (n.F.), kann zusammenfassend festgehalten werden, dass eine Ausweisung neuer Baugebiete jedenfalls bei einer Änderung der Gebietsart eines schon existenten Baugebiets nicht vorliegt. Mithin werden also keine neuen Baugebiete nach § 78 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 WHG (a.F.) bzw. § 78 Abs. 1 Satz 1 WHG (n.F.) ausgewiesen, wenn nach §§ 34, 35 BauGB bereits Baurecht besteht.
Angewandt auf die vorliegend erhobene Feststellungsklage bedeutet dies:
a) Unstreitig befinden sich weite Teile des Gebiets, welche die Klägerin beabsichtigt, mit dem Bebauungsplan „ehemaliges Werksgelände S …“ zu überplanen, in einem festgesetzten Überschwemmungsgebiet des Mains, so dass der Anwendungsbereich des § 78 Abs. 1 WHG eröffnet ist.
b) Bei dem Gebiet, das die Klägerin mit dem Bebauungsplan „Ehemaliges Werksgelände S …“ überplanen möchte, handelt es sich um ein „neues“ Baugebiet i.S.v. § 78 Abs. 1 Nr. 1 WHG (a.F.), § 78 Abs. 1 Satz 1 WHG (n.F.), das schon aufgrund seiner Größe nur dem Außenbereich zugeordnet werden kann. Insbesondere ist der maßgebliche Bereich nicht, wie die Klägerin und die Beigeladene meinen, als bereits vorhandenes faktisches Baugebiet im Innenbereich zu qualifizieren.
Laut übereinstimmendem Vortrag der Parteien betrieb die Beigeladene in der Zeit von 1960 bis 2001 auf dem Gelände eine Zuckerfabrik. Mit der Bebauung des Werksgeländes wurde im Jahr 1959 begonnen, anschließend wurde dieses mehrfach erweitert. Im Jahr 2001 wurde die Zuckerfabrik stillgelegt. Die letzte Rübenverarbeitung erfolgte im Dezember 2001. In den Jahren 2002 bis 2005 wurden sodann die Produktionsanlagen fast vollständig abgebaut und abgebrochen, der Kamin wurde gesprengt. Direkt im Anschluss daran erfolgte die Renaturierung der Flächen. Gemäß den von den Parteien dem Gericht vorgelegten Lichtbildern besteht die maßgebliche Fläche nunmehr aus mehreren kleinen Waldflächen sowie Flächen, die landwirtschaftlich genutzt werden. Lediglich ein Gebäude der ehemaligen Zuckerfabrik befindet sich noch innerhalb des Plangebiets. Von einem „bereits vorhandenen faktischen Baugebiet“, wie die Klägerin und die Beigeladene meinen, kann aufgrund dieser städtebaulichen Bestandsanalyse und unter Berücksichtigung der vorgelegten Bilder zweifellos nicht die Rede sein.
c) Auch eine Nachprägung der abgerissenen Gebäude dahingehend, dass die abgerissenen Gebäude derart „fortwirken“, dass der gesamte Bereich auch nach dem Abriss der bisherigen Bebauung seine Qualität als faktisches Baugebiet behalten hat, ist nicht erkennbar. Dem steht bereits die Stilllegung der gesamten Zuckerrübenfabrik im Jahr 2001 entgegen, so dass die ab diesem Zeitpunkt funktionslos gewordene Bebauung schon vor ihrem Abriss in den Jahren 2002 bis 2005 keine prägende Wirkung mehr entfalten konnte, denn eine tatsächlich beendete bauliche Nutzung verliert jedenfalls dann ihre prägende Kraft, wenn sie endgültig aufgegeben wird und nach der Verkehrsauffassung mit ihr auch nicht mehr gerechnet werden kann.
d) Etwas anderes ergibt sich auch nicht aufgrund der von der Klägerin und der Beigeladenen erhobenen Einwendungen.
Soweit diese zunächst Bezug nehmen auf diverse Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts zum sogenannten Zeitmodell, vermag dies an dem gefundenen Ergebnis nichts zu ändern. Das Bundesverwaltungsgericht hat in diesen Entscheidungen (vgl. lediglich beispielhaft: Beschluss des BVerwG v. 2.10.2007, Az. 4 B 9/07; U.v. 18.5.1995, Az. 4 C 20.94 – jeweils juris) mehrfach die Frage beantwortet, wie lange eine aufgegebene Nutzung nachprägend für den Gebietscharakter eines Innenbereichs i.S.v. § 34 BauGB ist. Ein Altbestand, der vernichtet, oder eine Nutzung, die aufgegeben worden sei, verliere nicht automatisch ihre prägende Kraft. Die Prägung dauere fort, so lange mit einer Wiederbebauung oder eine Wiederaufnahme der Nutzung zu rechnen sei. Innerhalb welcher zeitlichen Grenzen Gelegenheit bestehe, an die früheren Verhältnisse wieder anzuknüpfen, richte sich nach der Verkehrsauffassung. Zur Bestimmung der Verkehrsauffassung hat das Bundesverwaltungsgericht zur erleichterten Zulassung der alsbaldigen Neuerrichtung eines zulässigerweise errichteten, durch Brand-, Naturereignisse oder andere außergewöhnliche Ereignisse zerstörten, gleichartigen Gebäudes an gleicher Stelle eine Orientierungshilfe entwickelt, wonach im ersten Jahr nach der Zerstörung eines Bauwerks die Verkehrsauffassung stets mit dem Wiederaufbau rechne. Im zweiten Jahr spreche für die Annahme, dass die Verkehrsauffassung einen Wiederaufbau noch erwarte, eine Regelvermutung. Nach Ablauf von zwei Jahren könne dagegen nur unter besonderen Umständen davon ausgegangen werden, dass die Grundstückssituation für eine Wiederaufnahme der Nutzung noch offen sei.
Selbst wenn man diese von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze im vorliegenden Fall für anwendbar erklären würde, was schon äußerst zweifelhaft ist, da die vom Bundesverwaltungsgericht entschiedenen Fälle mit dem vorliegenden nicht vergleichbar sind, würde dies nicht zu der von der Klägerin angenommenen Nachprägung des Gebiets durch die abgerissenen Gebäude führen, da spätestens im Dezember 2003 nach der Verkehrsauffassung davon ausgegangen werden müsste, dass die abgerissene Bausubstanz ihre prägende Wirkung verloren hat.
e) Auch die weitere von der Klägerin zitierte Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (U.v. 19.9.1986, Az. 4 C 15/84 – juris) führt nicht zur Annahme einer Nachprägung der abgerissenen Gebäude. Streitgegenstand in diesem vom Bundesverwaltungsgericht entschiedenen Fall war die Frage, ob ein Grundstück, auf dem ein Bauvorhaben verwirklicht werden sollte, noch im Innenbereich liegt oder aber als „Außenbereichsinsel“ im Innenbereich anzusehen ist. Das Bundesverwaltungsgericht vertrat in diesem Zusammenhang die Auffassung, das Grundstück habe Innenbereichsqualität, die auch nicht durch die lange Zeitdauer, die nach dem Abriss der Altbebauung verstrichen sei, verloren gegangen sei. Es habe bereits mehrfach entschieden, dass die Beseitigung eines Gebäudes zum Zweck der alsbaldigen Errichtung eines Ersatzbauwerks auf dem letzten zum Bebauungszusammenhang gehörenden Grundstück, dessen Innenbereichsqualität nicht beseitige. Denn Grundstücke des Innenbereichs seien tendenziell einer Bebauung zugänglich und zwar auch Grundstücke in einer Ortsrandlage, deren Gebäude den Bebauungszusammenhang abschließen. Diese rechtliche Qualität verlören sie solange nicht, wie nach der Verkehrsauffassung mit einer Wiederbebauung zu rechnen sei. Die Verkehrsauffassung werde in aller Regel Abriss- und Ersatzbau jedenfalls bei engem zeitlichem Zusammenhang als einen einheitlichen Vorgang werten und deshalb auch bei dem Abriss des letzten Gebäudes, das zum Innenbereich gehöre, die Wiedererrichtung eines Bauwerks erwarten. Die Zeitspanne, während derer das Grundstück nach Beseitigung der alten Bausubstanz unbebaut bleibe, könne eine entscheidende Rolle spielen. Nach Ablauf einer längeren Zeitspanne könne sich die Rechtsqualität eines solchen Grundstücks durchaus ändern, so dass aus einem Innenbereichsgrundstück ein Außenbereichsgrundstück werde. Nach welcher Zeitspanne diese Änderung der Rechtsqualität eintrete, hänge maßgeblich von den konkreten Umständen des Einzelfalles ab. Zu den konkreten Umständen des Einzelfalles, so führt das Bundesverwaltungsgericht in dem von ihm zu entscheidenden Fall aus, gehöre es, dass das Grundstück nicht am Ortsrand, sondern in der Innenstadtlage liege. Bei einer solchen Lage nehme die Verkehrsauffassung einen längeren Zeitraum zwischen Abriss und Neubebauung hin, bevor sie eine Neubebauung nicht mehr erwarte, als dies bei einem Grundstück in der Randlage zum Außenbereich beispielsweise der Fall sei. Ob nach der Verkehrsauffassung zu erwarten sei, dass das maßgebliche Grundstück auch nach Ablauf von mehr als zehn Jahren, in denen es unbebaut geblieben sei, weiterhin zur Bebauung anstehe, könne offen bleiben.
Schon der geschilderte Sachverhalt zeigt, dass es zwischen dem vom Bundesverwaltungsgericht entschiedenen Fall und dem vorliegenden keinerlei Gemeinsamkeiten gibt. Es handelt sich bei dem ehemaligen Werksgelände zweifellos nicht um eine „Innenstadtlage“. Die Fläche ist, wie bereits dargelegt, schon aufgrund ihrer Größe und Lage dem Außenbereich gemäß § 35 BauGB zuzuordnen, so dass schon aus diesem Grund die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts vorliegend keine Anwendung finden kann.
f) Auch das weitere, von der Klägerin und der Beigeladenen zitierte Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 3. Juni 2014 (Az. 4 CN 6/12 – juris) führt nicht zur Annahme einer Nachprägung der abgerissenen Gebäude dahingehend, dass der gesamte Bereich weiterhin seine Qualität als faktisches Baugebiet behält. Zu Recht weist die Regierung von Unterfranken in diesem Zusammenhang schon in ihrer Stellungnahme vom 12. Januar 2016 darauf hin, dass Gegenstand dieses Urteils des Bundesverwaltungsgerichts die Neufassung eines Bebauungsplans war. Der ursprüngliche Bebauungsplan wies ein allgemeines Wohngebiet aus, durch die erneute Bauleitplanung sollte nunmehr für einen Teilbereich des allgemeinen Wohngebiets ein Mischgebiet festgesetzt werden, welches allerdings in einem festgesetzten Überschwemmungsgebiet lag. Das Gericht sah in diesem konkreten Fall das Verbot des § 78 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 WHG (a.F.) zur Ausweisung von neuen Baugebieten als nicht verletzt an und begründete dies dahingehend, dass von dem Verbot die Änderung der Gebietsart eines bereits ausgewiesenen Baugebiets (Umplanung) oder die Überplanung bebauter Innenbereichslagen, also Flächen, die vor einer Ausweisung bereits festgesetzte oder faktische Baugebiete waren, nicht erfasst seien. Auch eine damit einhergehende Nachverdichtung führe nicht zum Verbot nach § 78 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 WHG (a.F.).
Auswirkungen auf die erhobene Feststellungsklage haben diese Ausführungen allerdings nicht, da eine Änderung der Gebietsart eines bereits ausgewiesenen Baugebiets nicht gegeben ist. Ebenso kann von einer Überplanung bebauter Innenbereichslagen nicht die Rede sein, da, wie gezeigt, eine Nachprägung der abgerissenen Gebäude nicht gegeben ist und somit auch kein faktisches Baugebiet.
g) Letztendlich führen auch die von der Klägerin und dem Beigeladenen geschilderten Bemühungen um eine Nachnutzung des Werksgeländes nicht zu einer anderen Beurteilung und insbesondere nicht zu einer Nachprägung. Zutreffend führt die Regierung von Unterfranken in ihrer Stellungnahme vom 12. Januar 2016 an das Landratsamt Haßberge diesbezüglich aus, dass keiner der von der Klägerin geschilderten Fälle ernsthaft weiterverfolgt worden sei. Selbst die Vertreter der Klägerin erklärten in der mündlichen Verhandlung, es habe sich in diesem Zusammenhang um zahlreiche „Luftnummern“ gehandelt.
3. Nach alldem ist die Kammer zu der Überzeugung gelangt, dass der vorliegende Fall sowohl vom Tatbestand des § 78 Abs. 1 Nr. 1 WHG (a.F.) als auch von § 78 Abs. 1 Satz 1 WHG (n.F.) erfasst wird; die Klägerin plant im Außenbereich die Ausweisung eines „neuen Baugebiets“ im festgesetzten Überschwemmungsgebiet. Eine Nachprägung ist aufgrund des Abrisses der Gebäude und der aufgegebenen Nutzung nicht mehr gegeben. Die von der Klägerin erhobene Feststellungsklage hat damit keinen Erfolg.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 und 3, § 159 VwGO. Da die Beigeladene einen Antrag auf Klageabweisung gestellt hat, hat sie sich am Kostenrisiko beteiligt und war so als weitere unterlegene Partei bei der Kostenentscheidung mit zu berücksichtigen.
5. Eine von der Klägerseite in der mündlichen Verhandlung angeregte Zulassung der Berufung kam vorliegend nicht in Betracht, da Gründe nach § 124 Abs. 2 Nr. 3, Nr. 4 nicht vorliegen. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Das Urteil weicht auch nicht von einer Entscheidung eines Oberverwaltungsgerichts oder des Bundesverwaltungsgerichts oder des Bundesverfassungsgerichts ab und beruht auf dieser Abweichung.
6. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich auch § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.