Baurecht

Bauaufsichtliches Einschreiten gegen den Mieter des Nachbargebäudes

Aktenzeichen  M 8 E 18.5129

Datum:
24.1.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 5180
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 123
BayBO Art. 28 Abs. 1, Art. 54, Art. 75 Abs. 1 S. 1

 

Leitsatz

1. Der Eigentümer einer nur geduldeten baulichen Anlage hat dieselben Rechte und Pflichten wie derjenige einer genehmigten Anlage. (Rn. 26) (redaktioneller Leitsatz)
2. Ist keine nennenswerte Gefährdung des Anwesens des Nachbarn zu erkennen, liegt keine Ermessensreduzierung auf Null im Sinne der Verpflichtung der Behörde zu einem Einschreiten vor.  (Rn. 34) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Der Beigeladene trägt seine außergerichtlichen Kosten selbst.
III. Der Streitwert wird auf 3.750.- Euro festgesetzt.

Gründe

I.
Der Antragsteller begehrt im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes den Erlass einer einstweiligen Anordnung, mit der die Antragsgegnerin zum bauaufsichtlichen Einschreiten gegen den Mieter des Nachbargebäudes verpflichtet werden soll.
Der Antragsteller ist Eigentümer des bebauten Grundstückes …weg 11 in …, Fl.Nr. … der Gemarkung … Dieses grenzt nach Norden an ein nur knapp 4 Meter breites, als Zufahrt sowohl für sein wie für das streitgegenständliche Anwesen dienendes Grundstück an (Fl.Nr. …). Auf dem streitgegenständlichen Grundstück …straße 34, Fl.Nr. … befindet sich in diesem Bereich eine eingeschossige bis beinahe unmittelbar (ca. 0,15 m) an die Grundstücksgrenze des Zufahrtsweges reichende Bebauung. Die Bebauung auf dem Anwesen des Antragstellers reicht ebenfalls bis beinahe (ca. 0,30 m) an die Grenze des Zufahrtsweges.
Mit Schreiben vom 8. Oktober 2018 beantragte der Antragsteller bei der Antragsgegnerin ein bauaufsichtliches Einschreiten gegenüber dem Beigeladenen wegen der Nutzung des Nachbargebäudes in der Form einer offenen Garage ohne Tor auf dem Grundstück …straße 34.
Mit Schreiben vom 10. Oktober 2018 bestätigte die Antragsgegnerin den Eingang des Antrags und sicherte die Überprüfung des Sachverhalts zu, eine förmliche Verbescheidung dieses Antrags erfolgte bisher nicht.
Mit Schriftsatz vom 15. Oktober 2018, am 17. Oktober 2018 bei Gericht eingegangen, beantragte der Antragsteller den Erlass der folgenden einstweiligen Anordnung gemäß § 123 Abs. 1 VwGO:
Der Antragsgegnerin wird auferlegt, bis zur Entscheidung über meinen Antrag auf bauaufsichtliches Einschreiten unverzüglich gegenüber dem Mieter Herrn … … anzuordnen, das Tor in der Gebäudeabschlusswand des Gewerbegebäudes auf dem Grundstück Fl.Nr. …, Gemarkung …, …str. 34, … … wieder zu schließen und geschlossen zu halten, um eine unzulässige Öffnung in der Brandwand als Gebäudeabschluss zu verschließen.
Zur Begründung wurde ausgeführt, der nicht genehmigte Teil des Gewerbegebäudes auf dem streitgegenständlichen Grundstück stehe direkt an der Grundstücksgrenze zu dem im Miteigentum des Antragstellers liegenden Grundstück Fl.Nr. … und nur 3,26 m von seinem Haus entfernt. Dazu wiederholte der Antragsteller zunächst seinen Vortrag aus dem Antragsschreiben vom 8. Oktober 2018 an die Antragsgegnerin; die ihm zugewendete Grenzwand hätte als Brandwand ausgeführt werden müssen und hätte daher keine Öffnungen haben dürfe, tatsächlich habe sie jedoch Fenster und ein Tor. Sie verstoße daher gegen nachbarschützende Vorschriften. Die Antragsgegnerin sei bislang nicht tätig geworden. Der betroffene Teil des Gewerbegebäudes auf dem streitgegenständlichen Anwesen sei nicht genehmigt und verstoße sowohl gegen Abstandsflächenwie Brandschutzvorschriften. Nach letzteren seien Öffnungen in Gebäudeabschlusswänden grundsätzlich nicht zulässig, um die Nachbarn zu schützen. Bei der Abwägung zwischen dem Brandschutz und damit dem Schutz von Leben und Gesundheit gegenüber dem Recht, den nicht genehmigten Teil des Gewerbegebäudes zu nutzen, müsse die Antragsgegnerin ihrer Ermessensentscheidung, ob das Tor geschlossen zu halten sei, um wenigstens ein Mindestmaß an Brandschutz zu gewährleisten, zu dem Ergebnis kommen, dass eine Reduzierung des Ermessens auf Null vorliege und die Schließung der Öffnung anzuordnen sei. Da das Gebäude weiter gewerblich genutzt werde und somit eine Brandgefahr nicht auszuschließen sei, müsse der Brandschutz so schnell wie möglich wiederhergestellt werden.
Mit Schreiben vom 31. Oktober 2018 beantragte die Antragsgegnerin, den Antrag abzulehnen.
Der Antrag sei bereits unzulässig. Der Antragsteller habe nicht vorgetragen, aus welchem Grund vorliegend ein unverzügliches Einschreiten erforderlich sei. Aus den von ihm vorgelegten Unterlagen, insbesondere den Fotos sei nicht zu erkennen, dass gefahrdrohende Zustände vorlägen. Daher fehle ihm das Rechtsschutzbedürfnis. Der Antrag sei auch unbegründet. Auf den Fotos sei zu erkennen, dass der (offene) Raum als Abstellraum für einen Anhänger genutzt werde, es sich also um eine mit einer Garage oder einem Carport vergleichbare bauliche Anlage handele. Als Miteigentümer des Zugangsweges Fl.Nr. … könne der Beigeladene diese Garage als solche rechtskonform nutzen. Man weise allerdings darauf hin, dass der auf dem streitgegenständlichen Grundstück vorhandene Grenzanbau, in dem sich diese Garage befinde, nicht genehmigt sei. Das Gesamtgebäude solle in den nächsten Jahren abgebrochen werden, daher sei eine Beseitigungsanordnung nicht geboten.
Mit Schreiben vom 11. November 2018 erwiderte der Antragsteller, die Eilbedürftigkeit ergebe sich daraus, dass die vorliegend verletzten nachbarschützenden Rechte dem Schutz von Leben und Gesundheit dienten und die Antragsgegnerin ersichtlich nicht bereit sei, bauaufsichtlich einzuschreiten. Die Antragsgegnerin habe über Jahre darüber hinweggesehen, dass in dem nicht genehmigten Gebäude eine Bäckerei betrieben werde, für die nie ein Brandschutznachweis erstellt worden sei. Ohne einstweiligen Rechtsschutz würde sich das Verfahren bis zur Entscheidung in der Hauptsache womöglich über Jahre hinziehen. Was den gefahrdrohenden Zustand betreffe, so sei die Antragsgegnerin ersichtlich anderer Meinung als der Gesetzgeber, der ausdrücklich vorschreibe, dass Gebäudeabschlusswände keine Öffnungen haben dürften. Die baurechtlichen Anforderungen an Brandschutzwände stellten die gesetzliche Konkretisierung der konkreten Gefahr dar. Es bestehe ein Rechtsschutzbedürfnis, wenn gegen nachbarschützende Vorschriften zum vorbeugenden Brandschutz verstoßen werde, deren Zweck in der Abwehr der von dem Nachbargrundstück ausgehenden Brandgefahr bestehe. Auch Kleingaragen müssten gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 2 GaStellV über Gebäudeabschlusswände ohne Öffnungen verfügen. Die Antragsgegnerin habe keine Rechtsgrundlage dafür genannt, wonach ein Gebäude gegen die Brandschutzvorschriften verstoßen dürfe, nur weil es zur Zeit als Abstellplatz für einen Anhänger genutzt werde.
Mit Schreiben vom 13. November 2018 nahm der Beigeladene zum Antrag Stellung. Dabei wies er darauf hin, dass die streitgegenständliche Öffnung 3,40 m vom Hauseck des Antragstellers entfernt sei und das Tor deshalb entfernt worden sei, weil es gewaltsam aufgebrochen und dabei beschädigt worden sei. Bei diesem Tor habe es sich nicht um ein Brandschutztor, sondern um ein einfaches zweiflügeliges ungefüttertes Blechtor gehandelt. Einen ausdrücklichen Antrag auf Ablehnung des streitgegenständlichen Antrags stellte der Beigeladene nicht.
Mit Schreiben vom 7. Januar 2019 legte die Antragsgegnerin eine Stellungnahme der Branddirektion des Kreisverwaltungsreferats … vom 19. Dezember 2018 vor. Danach sei das Objekt am 13. Dezember 2018 begutachtet worden. Der Abstand zum Gebäude des Antragstellers betrage 3,85 m und von der Kante der Garage zur Fensterkante dieses Gebäudes ca. 1,70 m. In der Garage hätten sich zum Zeitpunkt der Begutachtung zwei Pkw-Anhänger aus Metall mit Kunststoffplane befunden. Im Rahmen der brandschutztechnischen Risikobewertung sehe man keine nennenswerte Gefährdung der Bewohner des antragstellerischen Hauses. Unter Bezugnahme auf diese Bewertung wies die Antragsgegnerin darauf hin, dass dadurch bestätigt werde, dass der Eilantrag mangels Eilbedürftigkeit unzulässig sei.
Mit Schreiben vom 11. Januar 2019 erwiderte der Antragsteller, dass der nunmehr offene Raum ursprünglich als Büro genutzt worden sei. Es handele sich also nicht um eine Garage, die entsprechende Darstellung der Antragsgegnerin sei unzutreffend. Die Angabe eines Abstandes von 3,85 m zu seinem Gebäude durch die Branddirektion bestätige, dass der gesetzliche Mindestabstand von 5 m nicht eingehalten sei.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts sowie das weitere Vorbringen der Beteiligten, insbesondere die Fotos und Pläne, wird auf die Gerichts- und die vorgelegten Behördenakten verwiesen.
II.
Der Antrag hat keinen Erfolg.
Das Gericht kann nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO auch schon vor Klageerhebung einstweilige Anordnungen zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn diese Regelung dringend notwendig erscheint, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder um drohende Gewalt zu verhindern (Happ, in: Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 123 Rn. 23). Dabei muss der Antragsteller jedoch eine Gefährdung eines eigenen Individualinteresses (Anordnungsgrund) und das Bestehen eines Rechtes oder rechtlich geschützten Interesses (Anordnungsanspruch) geltend und die zur Begründung notwendigen Tatsachen glaubhaft machen (§ 123 Abs. 2 VwGO, § 920 Abs. 2 ZPO). Dabei sind die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung maßgebend (vgl. VG München, B. v. 14.1.2016 – M 8 E 15.4667).
1. Es kann dahin stehen, ob dem Antrag nach § 123 VwGO bereits das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis fehlt.
Der Antragsteller stützt sein Verlagen ausschließlich auf die Gefährdung seines Hauses durch die Öffnung in der ihm zugewandten Rückwand des streitgegenständlichen Gebäudes. Dabei fordert er nicht, diese Öffnung dauerhaft baulich zu verschließen (zu vermauern o. ä.), sondern nur die Wiedereinsetzung des entfernten Tores bzw. die Anbringung eines diesem baugleichen neuen Tores. Nach der unwidersprochenen Darstellung des Beigeladenen handelte es sich bei diesem Tor jedoch nur um ein einfaches Blechtor ohne Ausfütterung. Der Antragsteller hat nicht dargelegt, dass ein solches Tor überhaupt geeignet ist, nennenswerten Brandschutz zu gewähren. Insofern ist bereits zweifelhaft, ob die begehrte Maßnahme überhaupt geeignet ist, der vom Antragsteller behaupteten Gefahr wirksam zu begegnen und insofern auch, ob für den Antrag das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis besteht.
Selbst wenn man zugunsten des Antragstellers davon ausgeht, dass das Rechtsschutzbedürfnis für den vorliegenden Eilantrag gegeben ist, so bleibt dieser jedenfalls in der Sache ohne Erfolg.
2. Der Eilantrag ist unbegründet, weil der Antragsteller weder einen Anordnungsgrund noch einen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht hat und darüber hinaus das Ermessen der Antragsgegnerin auf Erlass einer Verfügung mit der begehrten Auflage nicht zugunsten des Antragstellers auf Null reduziert ist.
2.1 Der Antragsteller hat bereits keinen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht, der es rechtfertigen würde, das im Verfahren nach § 123 VwGO grundsätzlich geltende Verbot der Vorwegnahme der Hauptsache im Interesse der Gewährung effektiven Rechtsschutzes zu durchbrechen.
Für das Gericht ist nicht erkennbar, dass es dem Antragsteller nicht möglich sein sollte, bis zur Entscheidung in einem Hauptsacheverfahren abzuwarten, das noch nicht einmal anhängig gemacht worden ist. Der Antragsteller hat in keiner Weise eine akute Gefahr glaubhaft gemacht, die seinem Anwesen durch das Fehlen des Tores in dem gegenwärtig als Garage genutzten Raum drohen könnte. Vielmehr bestätigt die Branddirektion in ihrer Stellungnahme vom 14. Dezember 2018 nach einer Begutachtung der Örtlichkeit, dass keine nennenswerte Gefährdung der Bewohner des antragstellerischen Anwesens zu erkennen ist.
Es fehlt damit ersichtlich an einer besonderen Eilbedürftigkeit, die es gebieten würde die Prüfung im Hauptsacheverfahren zur Gewährung effektiven Rechtsschutzes bereits in das Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes vor zu verlagern. Nach der Stellungnahme der Branddirektion ist keine Gefahrenlage erkennbar, die bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens für den Antragsteller eine schlechthin unzumutbare Beeinträchtigung darstellt. Ein Anordnungsgrund ist daher nicht glaubhaft gemacht worden. Der Eilantrag ist schon allein deshalb unbegründet.
Wenn man zugunsten der Antragstellerin unterstellt, dass ein Anordnungsgrund vorliegt, dann ist der Antrag gem. § 123 VwGO jedenfalls wegen fehlender Glaubhaftmachung eines Anordnungsanspruchs bzw. einer fehlenden Ermessensreduzierung der Antragsgegnerin auf Null unbegründet.
2.2 Ein Anordnungsanspruch wurde nicht glaubhaft gemacht. Ein Anspruch auf bauaufsichtliches Einschreiten der Antragsgegnerin, hier auf Erlass der Auflage, das Tor wiederherzustellen, kann sich grundsätzlich auf Art. 54 Abs. 2 Satz 1 und 2 BayBO stützen. Eine damit verbundene Nutzungsuntersagung bis zur Erfüllung der Auflage kann gemäß Art. 76 Satz 2 BayBO ergehen. Ein Anordnungsanspruch eines Nachbarn auf bauaufsichtliches Einschreiten setzt jedoch voraus, dass das Vorhaben gegen nachbarschützende Vorschriften verstößt und das behördliche Ermessen ausnahmsweise auf Null reduziert ist. Vorliegend ist eine Ermessensreduzierung auf Null nicht glaubhaft gemacht worden.
2.2.1 Für das vorliegende streitgegenständliche Gebäude bzw. den Gebäudeteil wurde keine Baugenehmigung erteilt. Diese bauliche Anlage wird insoweit von der Antragsgegnerin nur vorläufig geduldet, da sie davon ausgeht, dass die Eigentümer sie in absehbarer Zeit beseitigen werden (vgl. dazu Schreiben der Antragsgegnerin vom 31. Oktober 2018). Das entbindet den Beigeladenen jedoch nicht von der Verpflichtung zur Einhaltung der Anforderungen, die durch öffentlich-rechtliche Vorschriften an bauliche Anlagen gestellt werden. Der Eigentümer einer nur in dieser Weise geduldeten Anlage hat insoweit dieselben Rechte und Pflichten wie derjenige einer genehmigten Anlage. Ein bauaufsichtliches Einschreiten im Einzelfall – also nicht etwa zum Abbruch des nicht genehmigten Gebäudes bzw. Gebäudeteiles – setzt damit auch in dieser Fallkonstellation voraus, dass die Anlage in Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften steht.
2.2.2 Der Antragsteller hat insoweit vorgetragen, dass gemäß Art. 28 Abs. 2 Nr. 1 BayBO als äußere Gebäudeabschlusswand zu seinem Grundstück eine Brandwand erforderlich sei, die gemäß Art. 28 Abs. 8 BayBO keine Öffnungen aufweisen dürfe. Er hat jedoch – wie bereits erwähnt – nicht dargelegt, dass das von ihm geforderte Tor geeignet ist, als Verschluss für die bestehende Öffnung zu dienen. Darüber hinaus genügt dieses Tor nicht den Anforderungen aus Art. 28 Abs. 8 BayBO, denn nach dieser Bestimmung ist überhaupt keine Öffnung in einer äußeren Brandschutzwand zulässig, auch nicht eine solche, die mit einer Brandschutztüre verschlossen wird. Hinzu kommt, dass das geforderte Tor die Anforderungen an eine Brandschutztüre gar nicht erfüllt.
2.2.3 Darüber hinaus ist Art. 28 Abs. 2 Nr. 1 BayBO vorliegend zu beachten. Danach ist eine Brandschutzwand als Gebäudeabschlusswand ausgenommen bei Gebäuden ohne Aufenthaltsräume und ohne Feuerstätten mit nicht mehr als 50 m2 Brutto-Rauminhalt erforderlich, wenn diese Abschlusswand an oder mit einem Abstand von weniger als 2,50 m gegenüber der Grundstücksgrenze errichtet wird, es sei denn dass ein Abstand von mindestens 5 m zu bestehenden oder nach den baurechtlichen Vorschriften zulässigen künftigen Gebäuden gesichert ist.
Vorliegend hat der Antragsteller in keiner seiner Darstellungen glaubhaft gemacht, dass die Öffnung unmittelbar seinem Haus gegenüber liegt. Vielmehr hat er selbst in seinem Antragsschriftsatz erklärt, dass die Garage nur eine Breite von 2,27 m habe. Aus den Fotos seiner Anlage ergibt sich damit eine Gesamtbreite von maximal 2,50 m von der Gebäudekante. Aus dem von ihm beigefügten Auszug aus dem Katasterwerk (Seite 3 der Gerichtsakte) lässt sich somit entnehmen, dass die Öffnung („das Tor“) tatsächlich der freien Fläche östlich vor seinem Haus gegenüber liegt, so dass in jedem Fall dort weit mehr als 5 m unbebaute Fläche liegen. Das entspricht auch dem Eindruck, die die vom Antragsteller vorgelegten Fotos vermitteln sowie den Angaben, die der Beigeladene ebenfalls unter Vorlage eines Fotos gemacht hat. Damit hat der Antragsteller zumindest zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht glaubhaft gemacht, dass in diesem Bereich des streitgegenständlichen Gebäudes eine geschlossene Brandwand erforderlich ist und damit eine zu behebende Gefahr im Sinne einer Verletzung der Brandschutzvorschriften gemäß Art. 28 BayBO durch die Toröffnung gegeben ist.
2.3 Schließlich fehlt es hinsichtlich des Ergreifens bauaufsichtlicher Maßnahmen auch an einer Reduzierung des der Antragsgegnerin zustehenden Ermessens auf Null.
Grundsätzlich würde ein Verstoß gegen nachbarschützende Vorschriften, als Rechtsfolge des Art. 54 BayBO, Art. 75 Abs. 1 Satz 1 BayBO und Art. 76 BayBO der Bauaufsichtsbehörde ein Ermessen eröffnen, ob und wie sie einschreitet. Entsprechend hat der betroffene Nachbar bei Vorliegen des Verstoßes gegen nachbarschützende Vorschriften gegenüber der Bauaufsichtsbehörde zunächst nur einen Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über seinen Antrag auf bauaufsichtliches Einschreiten (Schwarzer/König, 4. Aufl. 2012, BayBO, Art. 54 RdNr. 20).
Nach der herrschenden Meinung in der Rechtsprechung ist das Ermessen nur dann auf Null reduziert, wenn angenommen werden kann, dass eine besondere Intensität der Störung oder der Gefährdung nachbarschützender Rechtsgüter gegeben ist (vgl. Decker in: Simon/Busse, Bayerische Bauordnung, 117. Ergänzungslieferung Juli 2014, Art. 76 Rn. 490 m.w.N.; siehe auch BayVGH v. 31.3.2004, Az.: 1 ZB 03.452; BayVGH v. 18.12.2002, Az.: 26 B 97.429; BayVGH v. 12.2.2002, Az.: 1 ZB 01.2759; BayVGH v. 21.5.2001, Az.: 1 ZB 00.3206; BayVGH v. 30.3.2001, Az.: 26 B 97.174; BayVGH v. 14.10.1999, Az.: 2 B 95.4182; BayVGH v. 6.2.1995, Az.: 15 B 94.1645, bestätigt durch BVerwG v. 4.6.1996, NVwZ-RR 1997, 271 = UPR 1996, 390 = BayVBl. 1997, 23; BayVGH v. 3.12.1993, BayVBl. 1994, 110; BayVGH v. 12.11.1987, BRS 48 Nr. 147; BayVGH v. 6.10.1983, BRS 40 Nr. 237; VGH Mannheim v. 25.5.1992, VBlBW 1993, 19; VGH Mannheim v. 13.12.1991, VBlBW 1992, 148; OVG Bremen v. 12.2.1991, NVwZ 1991, 1007; OVG Lüneburg v. 16.5.1988, BauR 1989, 188; OVG Berlin v. 7.9.1990).
Einen Anspruch auf Einschreiten hat der Nachbar daher grundsätzlich nur dann, wenn jede andere Entscheidung angesichts der Schwere der Rechtsverletzung auch unter Berücksichtigung der Belange des Bauherrn ermessensfehlerhaft wäre, wenn also das Ermessen zu Gunsten des Nachbarn „auf Null“ reduziert ist (vgl. BayVGH, B. v. 21.1.2002 – 2 ZB 00.780 – juris Rn. 2; BayVerfGH, E. v. 3.12.1993 – Vf. 108-VI-92, BayVBl 1994, 110 – juris Rn. 26; BVerwG, U. v. 4.6.1996 – 4 C 15/95, NVwZ-RR 1997, 271 – juris Rn. 17 f.).
Die Bauaufsichtsbehörde ist daher grundsätzlich nicht verpflichtet, zugunsten eines Nachbarn gegen die baurechtswidrige Nutzung eines Grundstücks einzuschreiten (vgl. Decker in: Simon/Busse, Bayerische Bauordnung, 117. Ergänzungslieferung Juli 2014, Art. 76 Rn. 490 m.w.N.; so bereits BVerwG v. 18.8.1960, BVerwGE 11, 95; BVerwG v. 4.6.1996, NVwZ-RR 1997, 271 = BRS 58 Nr. 206). Vorliegend kommt die Branddirektion zu dem Ergebnis, dass es keine nennenswerte Gefährdung des Anwesens des Antragstellers zu erkennen ist. Unter derartigen Umständen liegt zum gegenwärtigen Zeitpunkt, keine Ermessensreduzierung auf Null zu Gunsten des Antragstellers im Sinne der Verpflichtung der antragsgegnerische Behörde vor. Nach Auskunft der Branddirektion, die die streitgegenständliche Anlage in Augenschein genommen hat, liegt keine beachtliche Gefahr für die Bewohner des antragstellerischen Anwesens …weg 11 vor. Nach Auskunft der Antragsgegnerin ist mit einer Beseitigung der gesamten baulichen Anlagen auf dem streitgegenständlichen Grundstück und einer baurechtskonformen Neubebauung durch die Eigentümer in absehbarer Zeit zu rechnen und schließlich wird der streitbefangenen Raum nach dem Ergebnis der Ortsbesichtigung der Branddirektion im Dezember 2018 und den in der Akte befindlichen Fotos derzeit ohnehin als Garage für zwei Anhänger aus Metall genutzt. Nach alledem und im Hinblick auf die Risikoeinschätzung der Branddirektion ist damit jedenfalls zum gegenwärtigen Zeitpunkt eine Ermessensreduzierung auf Null zu Gunsten des Antragstellers nicht gegeben.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Der Beigeladene hat keinen Antrag gestellt und sich somit auch keinem Kostenrisiko gemäß § 154 Abs. 3 VwGO ausgesetzt, so dass es der Billigkeit i.S.d. § 162 Abs. 3 VwGO entspricht, der Antragstellerin nicht die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen aufzuerlegen.
4. Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetz (GKG) i. V. m. in Verbindung mit Nr. 9.7.1.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit.

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