Baurecht

Baueinstellung

Aktenzeichen  RO 2 S 19.1994

Datum:
2.1.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 9510
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Regensburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
WHG § 78
VwGO § 80 Abs. 5, § 90, § 92 Abs. 3
BayBO Art. 57 Abs. 1 Nr. 11, Art. 75 Abs. 1
BayDSchG Art. 6 Abs. 1
VwZVG Art. 36 Abs. 1 S. 1

 

Leitsatz

1. Von den genehmigten Bauvorlagen wird dann abgewichen, wenn bei der Bauausführung die mit den Genehmigungs- oder Prüfungsvermerken versehenen Bauvorlagen, also Bauzeichnungen, Lageplan, Baubeschreibung u.s.w, nicht eingehalten werden. Auch kleinere Abweichungen, die die Identität des Vorhabens nicht in Frage stellen, reichen hierfür aus. (Rn. 46) (redaktioneller Leitsatz)
2. Eine Baueinstellung erfordert nicht, dass mit abweichenden Arbeiten bereits tatsächlich begonnen wurde, sondern lediglich, dass objektiv konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass alsbald rechtswidrig Anlagen errichtet werden sollen. (Rn. 53) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Das Verfahren wird eingestellt, soweit der Antrag zurückgenommen wurde. Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt.
II. Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Der Beigeladene trägt seine außergerichtlichen Kosten selbst.
III. Der Streitwert wird für die Zeit bis zur Antragserweiterung auf 5.000 €, für die Zeit bis zur teilweisen Antragsrücknahme auf 8.750 € und für die Zeit danach auf 5.000 € festgesetzt.

Gründe

I.
Die Antragstellerin begehrt vorläufigen Rechtsschutz gegen eine Baueinstellung, die die Stadt R. gegen sie verfügt hat.
Die Antragstellerin ist Eigentümerin des Anwesens A… (FlNr. …/2 Gemarkung S…, Stadt R. (weitere Flurnummern ohne Bezeichnung ebenda)). Das Grundstück liegt im vorläufig gesicherten Überschwemmungsgebiet und im 60 m Bereich der Donau. Ferner befindet sich das Gebäude im denkmalgeschütztem Ensemble „Altstadt R. mit S…“.
Mit Bauantrag vom 30.7.2014, bei der Antragsgegnerin eingegangen am 3.11.2014, beantragte der Beigeladene für die FlNr. …/2 eine Baugenehmigung für die Sanierung und Umwidmung eines Wohngebäudes in ein Altstadthotel.
Mit Bescheid vom 20.8.2015 wurde für das Vorhaben des Beigeladenen eine Genehmigung nach § 78 WHG erteilt.
Mit Bescheid vom 2.11.2015 genehmigte die Antragsgegnerin dem Beigeladenen den Umbau und die Nutzungsänderung des Wohngebäudes in ein Hotel nach Maßgabe der eingereichten und mit Genehmigungsvermerk vom 2.11.2015 versehenen Bauvorlagen. Gegenstand der Genehmigung war ausweislich des Bescheides der Umbau und die Nutzungsänderung des Gebäudes in ein Hotel mit Frühstücksraum (11 Beherbergungsräume und 20 Betten). Ausweislich der Genehmigung sind Grundlage der Genehmigung die Bauvorlagen vom 3.11.2014 in folgenden Planfassungen:
– „Lageplan, M.1/1000 vom 3. November 2014 – Plan Grundrisse/Schnitt, M. 1/100 vom 3. November 2014 (ausgenommen KG und 1. OG).
– Grundriss KG, Plan zur Unterbringung der Mülltonnen, M.1/100 vom 15. Dezember 2014 – Grundriss 1. OG, M1/100 vom 9. Dezember 2014 – Plan Ansichten, M. 1/100 vom 3. November 2014.“
Ferner wurde die Baugenehmigung unter Bedingungen im Hinblick auf die Standsicherheit und unter Auflagen erteilt.
Unter Ziffer 3 Denkmalschutz/Altstadtsatzung wurde folgende Regelungen ausgeführt:
3.1 „Die Fassadengestaltung, insbesondere Farbgebung und Putzart, ist vor deren Ausführung rechtzeitig mit dem Bauordnungsamt (Frau …, Tel. …) abzusprechen.
3.2 Detailpläne für Fenster, Eingangstüren und Dachgauben sind rechtzeitig vor Beginn dieser Arbeiten dem Bauordnungsamt vorzulegen. Die Ausführung dieser Arbeiten ist erst nach Freigabe durch das Bauordnungsamt zulässig.“
Mit Kaufvertrag vom 1.2.2018 erwarb die Antragstellerin das Anwesen einschließlich Baugenehmigung vom Beigeladenen. Mit Schreiben vom 20.6.2018 teilte die Antragstellerin den Bauherrenwechsel der Antragsgegnerin mit. Als Tag des Baubeginns wurde der 11.2.2019 angegeben.
Ausweislich einer Gesprächsnotiz vom 30.1.2019 wurde die Antragsgegnerin aufgrund einer Nachbarbeschwerde auf anstehende Abbrucharbeiten des Gesamtgebäudes auf dem Grundstück A… hingewiesen. Dem Bauherrn wurde mitgeteilt, dass eine Genehmigung hierfür nicht vorliege. Der Bauherr hat ausweislich des Vermerks angegeben, dass der Statiker die Außenwände in der Bauphase für nicht standsicher halte. Zumal sämtliche Fenster entgegen der Darstellung in den genehmigten Ansichten versetzt werden müssten, bedingt durch den Einbau eines zusätzlichen Geschosses. Nach Rücksprache mit der Denkmalpflege habe dem Abbruch nicht zugestimmt werden können. Der Bauherr sei darauf hingewiesen worden, dass Bauarbeiten nur im genehmigten Umfang und nach Einreichung der Baubeginnsanzeige erfolgen könnten.
Mit Bescheid vom 6.8.2019 erteilte die Antragsgegnerin eine Änderung zur Baugenehmigung vom 2.11.2015.
„Für das nachstehend bezeichnete Bauvorhaben wird in Abänderung der Baugenehmigung vom 2. November 2015, Az. 2886/2014, sowie nach Maßgabe der eingereichten und mit Genehmigungsvermerk vom 6. August 2019 versehenen Bauvorlagen (2 Detailpläne Dachgauben und Fenster mit Eingang 22. Juli 2019, eine Ansicht mit Eingang vom 25. Juli 2019 und der Detailplan Haustüre mit Eingang vom 2. August 2019) eine Änderungsgenehmigung erteilt. Die Baugenehmigung vom 2. November 2015 gilt weiter, sofern diese im Einzelnen nicht durch diese Änderungsgenehmigung aufgehoben bzw. abgeändert wird.“
Ausweislich des Behördenaktes erfolgte am 14.10.2019 eine Ortseinsicht der Antragsgegnerin, bei welcher eine planabweichende Bauausführung festgestellt worden sei. Eine Baueinstellung sei fernmündlich angeordnet worden.
Mit Bescheid vom 15.10.2019 bestätigte die Antragsgegnerin die fernmündlich ausgesprochene Einstellung der Bauarbeiten. Die Baueinstellung erfasse sämtliche weitere Arbeiten zur Fertigstellung des Dachgeschosses. Nicht erfasst seien alle anderen Bauarbeiten. In Ziffer 2 des Bescheides wurde für den Fall der Nichtbefolgung der Anordnung in Ziffer 1 ein Zwangsgeld in Höhe von 7.500 Euro ab Bekanntgabe dieses Bescheides angedroht. In Ziffer 3 wurde der Sofortvollzug der Nr. 1 dieses Bescheides angeordnet. Zugestellt wurde der Bescheid ausweislich des Adressfeldes der … GmbH. Begründet wurde die Baueinstellung damit, dass bei einer Baukontrolle am 14.10.2019 vom Genehmigungsbescheid abweichende Bauarbeiten festgestellt worden seien. Bei dem Dachgeschoss werde die Traufe an der Ostseite angehoben. Mit der Trauferhöhung würden sich das Dach und Gauben ebenfalls nach oben verschieben. Eine Gaube in Richtung Osten werde dahingehend geändert, dass anstelle eines Fensters eine Fenstertüre eingebaut werde und somit sich die Gaube bis zur Gebäudeaußenkante verschieben würde und sich die Ansichtsfläche vergrößern würde. Dafür solle die Gaube an der Südostseite wegfallen. Die Ansicht in Richtung Süden werde dahingehend abgeändert, dass entgegen der genehmigten zwei Giebelfenster nun drei Fenster errichtet würden. Aus den auf der Baustelle vorgefundenen Werkplänen hätte ferner entnommen werden können, dass im Bereich des genehmigten Pultdaches nun ein Flachdach mit einer Attika geplant sei. Auf den Bescheid wird im Übrigen verwiesen.
Mit E-Mail vom 16.10.2019 erläuterte die Klägerseite, dass die geänderte Südansicht funktionelle, statische und brandschutztechnische Gründe habe. Der Kniestock ergebe sich aus den vorgegebenen Höhen im genehmigten Eingabeplan (max. Firsthöhe +12.53 – Bestandshöhe). Dies habe man der Behörde im Systemschnitt nachgewiesen. Die entsprechende Ausführung sei auch im genehmigten Plan „Fassadenänderung“ Plan-Nr. TPO1 (genehmigt am 6.8.2019, Nr. 63.1/02041/2019-01). Im Übrigen wird auf ein Gespräch mit dem Bauamt am 1.3.2019 verwiesen, in dem besprochen worden sei, dass abweichend von der ursprünglichen Baugenehmigung der Giebel nicht übers Dach gezogen werden solle, sondern die Biber am Ortgang vermörtelt würden und einen Überstand von ca. 3 cm Tropfkante erhielten. So sei es auch im Genehmigungsplan dargestellt und genehmigt.
Es folgte ein Schriftverkehr insbesondere zum Genehmigungsgegenstand der Genehmigung vom 6.8.2019 und verfahrensfreien Bauarbeiten.
Mit „Schreiben“ vom 23.10.2019 wurde die Antragstellerin darauf hingewiesen, dass die Baueinstellung auch die Arbeiten an der Südseite umfasse, da mittlerweile festgestellt worden sei, dass auch die Südfassade hinsichtlich der Lage und Größe der Fenster im Gegensatz zum genehmigten Planstand verändert worden sei. Des Weiteren wird ausgeführt, dass entsprechende Planzeichnungen einzureichen seien. Außerdem seien der Prüfbericht des Prüfsachverständigen für Brandschutz und der Brandschutznachweis vorzulegen. Die geforderten Unterlagen seien bis spätestens 13.11.2019 vorzulegen. Erst nach Vorlage der Unterlagen könne über das weitere Vorgehen entschieden werden. Der Betreff des Schreibens lautet „Baueinstellung: Planabweichende Bauausführung im Bereich des Dachgeschosses“. Eine Kostenregelung oder eine Rechtsbehelfsbelehrung:enthält das Schreiben nicht. Auch enthält es keinen Zustellungsvermerk.
Am 5.11.2019 erhob die Antragstellerin Klage gegen den Bescheid vom 15.10.2019 in Verbindung mit dem Bescheid vom 23.10.2019 zum Verwaltungsgericht Regensburg. Das Verfahren wird unter dem Aktenzeichen RO 2 K 19.1995 geführt. Gleichzeitig ersuchte die Antragstellerin um den hier gegenständlichen Eilrechtsschutz. Sie begründete diesen im Wesentlichen folgendermaßen:
Die von der Antragsgegnerin behauptete Anhebung der Traufe an der Ostseite sei zwar zutreffend im Hinblick auf den Bestand. Die Ausführung der Traufe entspreche aber exakt den genehmigten Plänen. Hinsichtlich der Verschiebung des Daches und der Gauben nach oben führte die Antragstellerin aus, dass auch hier die Aussagen der Antragsgegnerin im Hinblick auf den Bestand zutreffend seien. Die Ausführung entspreche aber exakt den Plänen. Bezüglich der Änderung der Gaube in Richtung Osten behaupte die Antragsgegnerin nach einer Fotografie der Werkplanung vor Ort, dass in eine Gaube in Richtung Osten eine Fenstertür mit den im Bescheid genannten Auswirkungen statt eines Fensters eingebaut werde. Bisher sei noch nichts eingebaut. Der Fehler sei inzwischen korrigiert. Die Antragstellerin habe insoweit eine Tektur zur Werkplanung gefertigt, die der Genehmigungsplanung entspreche. Hinsichtlich der Gaube an der Südostseite glaube die Antragsgegnerin nach einer Fotografie der Werkplanung vor Ort, dass auf der Südostseite eine Gaube wegfallen werde. Auch dieser Fehler sei inzwischen korrigiert. Die Antragstellerin habe insoweit eine Tektur zur Werkplanung gefertigt, die der Genehmigungsplanung entspreche. Auch bezüglich eines Giebelfensters an der Südseite gehe die Antragsgegnerin nach einer Fotografie der Werkplanung davon aus, dass nun drei statt der genehmigten zwei Fenster errichtet würden und die Lage und Größe dieser Fenster verändert worden wäre. Auch dieser Fehler sei inzwischen korrigiert. Die Antragstellerin habe insoweit eine Tektur zur Werkplanung gefertigt, die der Genehmigungsplanung entspreche. Die Anordnung des Sofortvollzugs überzeuge nicht. Es hätte bezüglich der Gauben und Fenster die Auflage genügt, die Werkplanung an die Genehmigungsplanung anzupassen, wie dies inzwischen erfolgt sei. Bezogen auf die Traufhöhe an der Ostseite und die Verschiebung des Daches und der Gauben nach oben liege kein gesetzwidriges Verhalten vor. Es liege Dringlichkeit vor, da in Folge des Umstandes, dass die Baueinstellung zu einem Zeitpunkt angeordnet worden sei, als der Dachstuhl bereits abgebrochen worden sei und keine Dacheindeckung vorhanden sei, es inzwischen zu gravierenden Feuchtigkeitsschäden an unbeteiligten Nachbarhäusern gekommen sei.
Die Antragstellerin beantragt zuletzt sinngemäß:
Die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Bescheide der Antragsgegnerin vom 15.10.2019 und 23.10.2019 wird angeordnet.
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Begründet wird dies im Wesentlichen wie folgt: Die Anordnung des Sofortvollzugs entspreche in formeller Hinsicht den Anforderungen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO. Auch lasse die im vorliegenden Verfahren gebotene, aber auch ausreichende summarische Prüfung der Sach- und Rechtslage erkennen, dass die Klage der Antragstellerin keinen Erfolg haben werde. Nach Art. 75 Abs. 1 BayBO könne die Bauaufsichtsbehörde die Einstellung von Arbeiten anordnen, wenn Anlagen in Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften errichtet, geändert oder beseitigt werden. Dies gelte nach Art. 75 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 a) BayBO auch, wenn bei der Ausführung eines genehmigungsbedürftigen Bauvorhabens von den genehmigten Bauvorlagen abgewichen werde. Von den genehmigten Bauvorlagen werde dann abgewichen, wenn bei der Bauausführung die mit Prüfvermerk versehenen Bauvorlagen, also Bauzeichnungen, Lageplan, Baubeschreibung usw. nicht eingehalten würden. Maßgeblich seien dabei die der Baugenehmigung zugehörigen Bauvorlagen. Nicht erforderlich sei es, dass es sich bei dem geänderten Vorhaben gegenüber der ursprünglichen Planung um ein „aliud“ handele. Auch kleinere Abweichungen, die die Identität des Vorhabens nicht in Frage stellen würden, würden ausreichen. Dies gelte auch für Bauteile, die für sich allein betrachtet genehmigungsfrei seien, aber als Bestandteil eines genehmigungspflichtigen Gesamtvorhabens entsprechend der erteilten Baugenehmigung ausgeführt werden müssen. Von den genehmigten Bauvorlagen werde auch abgewichen, wenn Nebenbestimmungen der Baugenehmigung nicht eingehalten würden. Ein die Baueinstellung rechtfertigendes Abweichen von den genehmigten Bauvorlagen sei jedenfalls gegeben, wenn die geänderte Ausführung des Bauvorhabens so erheblich sei, dass die Genehmigungsfrage neu aufgeworfen werde. Unter Verweis auf BayVGH, B.v. 13.3.2002 – 2 ZB 98.1328, führt die Antragsgegnerin als Beispiel an, dass es ausreichend sei, wenn nicht geringfügige Änderungen an der Dachneigung und der Firsthöhe vorgenommen würden, auch wenn die Abweichung von den genehmigten Plänen mit bloßem Auge nicht erkennbar sei. Auf die materielle Rechtmäßigkeit der Änderung komme es bei der Baueinstellung nicht an.
Im vorliegenden Fall sei in den genehmigten Bauvorlagen der Ausgangsgenehmigung (Ansicht Norden, Schnitt A-A) eine Giebelhöhe im Bestand von 12,53 m angegeben und eine Traufhöhe im Westen von 9,5 m und im Osten von 9,2 m dargestellt. Laut dem Schnitt A-A sei eine Firsthöhe des neuen Daches mit 12,39 m geplant. Nach den Erkenntnissen aus der Ortseinsicht und Werkplanung solle nun eine Firsthöhe von 12,8 m und eine Traufhöhe im Westen von 9,5 m und im Osten von 9,6 m ausgeführt werden. Danach würde der First ca. 40 cm höher und die Traufe im Osten ca. 40 cm höher ausgeführt. Die Arbeiten seien auch nicht nach Art. 57 Abs. 1 Nr. 11 BayBO vor Fertigstellung der Anlage verfahrensfrei. Die Änderung der Traufe bzw. Erhöhung des Kniestocks und die Gauben seien genehmigungspflichtig. Ferner sei zwar die Errichtung und Änderung von Fenstern und Türen sowie deren Öffnungen gem. Art. 57 Abs. 1 Nr. 11 d) BayBO verfahrensfrei möglich. Auch diese Änderungen seien aber wie die vorher genannten auch zusätzlich denkmalrechtlich erlaubnispflichtig nach Art. 6 Abs. 1 BayDSchG. Die erforderliche denkmalschutzrechtliche Erlaubnis sei weder beantragt, noch erteilt worden. Der Einwand, die Ausführung der Traufhöhe an der Ostseite und die Verschiebung des Daches und der Gauben nach oben würden den genehmigten Plänen entsprechen, überzeuge nicht. Mit der Änderungsgenehmigung vom 6.8.2019 für Fassadenänderung und Detailabstimmung sei keine Anhebung der Traufe genehmigt worden. Diese Änderungen seien von der Änderungsgenehmigung nicht erfasst. Das Schreiben zum Änderungsantrag und der Betreff der Änderungsgenehmigung enthalte konsequent nur Bezeichnungen wie „Fassadenplan“ oder „Fassadenänderung“. Die fraglichen Änderungen seien weder im Tenor noch in der Begründung des Bescheids enthalten. Die Änderungen seien daher weder vom Bauantrag noch von der Baugenehmigung umfasst.
Laut Änderungsgenehmigung vom 6.8.2019 seien deren Gegenstand nur folgende Maßnahmen:
„- Fassadenänderung entsprechend dem genehmigten Plan
– Detailabstimmung Dachgauben, Fenster und Haustüre“.
Dementsprechend lägen der Baugenehmigung auch nur eine Ansicht von Norden und Detailpläne zugrunde, nicht aber etwa auch ein Schnitt oder eine Ansicht von Süden. Mit der Änderungsgenehmigung habe in erster Linie eine geänderte Lage der Fenster in der Nordfassade genehmigt werden sollen. Eine geänderte Traufhöhe bzw. ein geänderter Kniestock seien hingegen gerade nicht Gegenstand der Baugenehmigung gewesen. Gegen die Änderungsgenehmigung vom 6.8.2019 sei auch keine Klage erhoben worden, weil damit etwa „weniger“ genehmigt worden sei, als die Antragstellerin tatsächlich zum Gegenstand der Baugenehmigung machen habe wollen. Die genehmigte Ansicht von Norden lasse die geplante Änderungen des Firstes, der Traufe im Osten und des Kniestocks allenfalls erahnen. Angesichts der Differenz sei der Inhalt und die Reichweite der Änderungsgenehmigung durch Auslegung zu ermitteln. Die Antragsgegnerin führt weiter allgemeine Regeln der Auslegung aus. Konkret zur vorliegenden Sache führt sie aus, dass die streitgegenständlichen Änderungen von First, Traufe und Kniestock im Wortlaut der Baugenehmigungsurkunde keinen Niederschlag gefunden hätten. Das Bauordnungsamt sei erkennbar davon ausgegangen, dass es – wie beantragt – lediglich die Änderung der Fassade und die nachgereichten Details genehmigt habe. Im Übrigen seien auf der streitgegenständlichen Ansicht Norden nur die Fenster in ihrer Lage gegenüber gestellt, nicht auch der First und die Traufe. So fordere die Bauvorlagenverordnung grundsätzlich eine Darstellung der vorhandenen, geplanten und zu beseitigenden Bauteile und Teile der Anlage. Eine entsprechende Änderung des Daches sei aber weder dargestellt noch erkennbar. Die hier gegebene formelle Rechtswidrigkeit genüge grundsätzlich für die Einstellung von Arbeiten nach Art. 75 BayBO. Dabei müsse für eine Baueinstellung ein Verstoß gegen formelles (oder auch materielles) Baurecht nicht verwirklicht sein, sondern es reichten schon objektive, konkrete Anhaltspunkte dafür aus, dass solch ein Zustand geschaffen werden könne. Insoweit sei es für die Rechtmäßigkeit der Baueinstellung unbeachtlich, dass die unter 1.3 bis 1.5 der Antragsbegründung genannten Abweichungen von den genehmigten Bauvorlagen mit einer Tektur zur Werkplanung korrigiert werden sollen. Denn es hätten zum Zeitpunkt der Baueinstellung objektive, konkrete Anhaltspunkte dafür vorgelegen, dass ein baurechtswidriger Zustand geschaffen werden könnte. Im Übrigen sei die Bauaufsichtsbehörde nicht verpflichtet, im Baugenehmigungsverfahren eine Ortseinsicht vorzunehmen oder Maße des Bestandsgebäudes vor Ort nachzumessen. Ferner führt die Antragsgegnerin aus, dass in der Regel ein öffentliches Interesse bestehe, die Fortführung unzulässiger Bauarbeiten zu verhindern. Es müssten besondere Gründe vorliegen, um eine andere Entscheidung zu rechtfertigen. Wirtschaftliche Nachteile, die mit der Baueinstellung verbunden seien, müssten in aller Regel hinter dem öffentlichen Interesse, zu verhindern, dass baurechtswidrige Zustände entstünden, zurückstehen. Es sei Sache des Bauherren, durch einen Bauantrag oder die Vorlage anderweitiger Unterlagen die Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass sein Vorhaben den formellen und materiellen Anforderungen entspreche. Es sei dem Bauherren zuzumuten, mit der Fortsetzung der Bauarbeiten abzuwarten, bis die baurechtliche Zulässigkeit des Bauvorhabens festgestellt sei. Die Einstellung der Arbeiten sei auch geeignet, erforderlich und angemessen. Insbesondere habe es nicht ausgereicht, ohne Baueinstellung lediglich die Vorlage von Tekturplänen zu verlangen, weil die Baueinstellung auch wegen weiterer im Raum stehender Planabweichungen erfolgt sei. Mit dem bloßen Verlangen der Vorlage von Tekturplänen wäre auch nicht gleich wirksam die Schaffung vollendeter Tatsachen verhindert worden. Die Baueinstellung sei angemessen gewesen, um zu klären, ob bzw. inwieweit die vorgenommenen oder (noch) geplanten Änderungen baurechtlich und denkmalschutzrechtlich genehmigungsfähig seien.
Mit Schreiben vom 20.11.2019 wies das Gericht darauf hin, dass es Zweifel an der Zulässigkeit des Antrags habe, soweit die Baueinstellung der Arbeiten an der Südfassade mit Schreiben vom 23.10.2019 angegriffen worden sei. Ferner wies das Gericht darauf hin, dass die Antragsgegnerin die Baueinstellung „unter Kontrolle zu halten“ habe, sich also zu vergewissern habe, dass sich der Anschein des Rechtsverstoßes bestätige. Des Weiteren merkte das Gericht an, dass Zweifel bestünden, ob der Genehmigung der Fassadenänderung auch der Erklärungswert einer Änderung in der Höhe zukomme und dies – wenn man dies unterstellen würde – Fragen im Hinblick auf eine mögliche Widersprüchlichkeit der Genehmigung in Gestalt der Änderungsgenehmigung aufwerfe. Als deren mögliche Folge stünde eine Unbestimmtheit oder sogar eine Nichtigkeit der gesamten Genehmigung im Raum. Ferner wurde darauf hingewiesen, dass entscheidend die Genehmigungslage und nicht begleitende Gespräche sei. Im Hinblick auf die Dringlichkeit wies das Gericht auf die Möglichkeit hin, mit der Antragsgegnerin Sicherungsmaßnahmen abzustimmen.
Mit Schreiben vom 20.11.2019 teilte die Antragsgegnerin der Antragstellerin mit, dass das angedrohte Zwangsgeld in Höhe von 7.500 Euro fällig geworden sei. Des Weiteren wurde unter Ziffer 1 des Bescheides vom 20.11.2019 für den Fall der Nichtbefolgung der Verpflichtung nach Nr. 1 des Bescheides vom 15.10.2019 ein Zwangsgeld in Höhe von 15.000 Euro angedroht.
Mit Schreiben vom 28.11.2019 nahm die Antragsgegnerin zum Schreiben des Gerichts Stellung und führte aus, dass sie die Bedenken zur Zulässigkeit des Antrags teile. Es sei die Nachholung des Sofortvollzugs und der Zwangsgeldandrohung beabsichtigt. Ferner wurde ausgeführt, dass die Antragstellerin der Baueinstellung vom 15.10.2019 nicht Folge leiste, weshalb das Zwangsgeld fällig gestellt worden sei und ein weiteres Zwangsgeld angedroht worden sei. Des Weiteren wird wiederholt, dass mit der Änderungsgenehmigung vom 6.8.2019 keine geänderten Höhenmaße genehmigt worden seien.
Mit Schreiben vom 2.12.2019 erweiterte die Antragstellerin ihren Antrag im Hinblick auf das im Bescheid vom 20.11.2019 weitere angedrohte Zwangsgeld in Höhe von 15.000 Euro. Ferner erweiterte die Antragstellerin ihre Klage im Verfahren RO 2 K 19.1995 diesbezüglich und im Hinblick auf die Fälligstellung des Zwangsgeldes in Höhe von 7.500 Euro.
Die Erweiterung des Antrags begründete die Antragstellerseite im Wesentlichen damit, dass es zwar zutreffend sei, dass die Antragstellerin die Türöffnung im Dachgeschoss zugemauert habe. Es handele sich hierbei jedoch um die im Bescheid der Antragsgegnerin vom 15.10.2019 monierte Fenstertüre. Diese sei insoweit geschlossen worden, dass der jetzige Zustand der genehmigten Planung entspreche. Die Behauptung, dass die Giebelwand verlängert worden sei, sei unzutreffend. In diesem Bereich seien keine Arbeiten ausgeführt worden. Das Flachdach sei geschlossen worden, weil widrigenfalls Wasser in das Nachbargebäude links des verfahrensgegenständlichen Gebäudes hineinlaufen würde. Diese Arbeiten seien entsprechend der Baugenehmigung erfolgt. Sie hätten auch nichts mit dem seitens der Antragsgegnerin bemängelten Dachgeschoss zu tun. Es sei zutreffend, dass ein Aufzug montiert worden sei. Hierbei handele es sich aber nicht um Arbeiten zur Fertigstellung des Dachgeschosses, sondern um Leistungen aus dem Bereich der technischen Gebäudeausrüstung. Die Klage gegen den Bescheid vom 20.11.2019 sei zulässig, weil die Androhung des Zwangsgeldes zur Durchsetzung eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes erfolge, der nicht unanfechtbar sei. Zwar sei ein Sofortvollzug angeordnet worden, dieser sei aber rechtswidrig. Im Hinblick auf die Fälligkeit des Zwangsgeldes in Höhe von 15.000 Euro brachte die Antragstellerseite vor, dass die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Bescheid vom 15.10.2019 angeordnet werden werde und diese Anordnung entfalte Wirkung ex tunc. Mit Schriftsatz vom 3.12.2019 führte die Antragstellerseite ferner zur Klageänderung bzw. Antragsänderung aus, dass die Änderung sachdienlich sei, weil dann, wenn das Verwaltungsgericht die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Bescheid vom 15.10.2019 anordnen sollte, zeitgleich feststünde, dass das verhängte Zwangsgeld nicht fällig geworden sei und die Erhöhung des Zwangsgeldes unzulässig sei. Für den Fall, dass das Gericht die Zusammenfassung der Begehren für nicht sachdienlich halte, werde angeregt, dass die Verfahren getrennt würden und unter eigenem Aktenzeichen fortgesetzt würden. Sei nämlich lediglich die Zusammenfassung der verschiedenen Klagebegehren unzulässig und die Klagen als solche nach ihrer Trennung (selbstständig) zulässig, müsse das Gericht die Verfahren nach § 93 VwGO trennen. Die Klageerweiterung sei vor dem Hintergrund erfolgt, dass der Sachverhalt, welcher auch den neuen Anträgen zu Grunde liege, der zuständigen Kammer bereits bekannt sei, mit der Folge, dass sich kein neuer Sachbearbeiter bei Gericht in die Angelegenheit einarbeiten müsse. Die Antragstellerin gehe daher von Sachdienlichkeit aus.
Mit Schreiben vom 4.12.2019 widersprach die Antragsgegnerin der Antrags- bzw. Klageänderung. Auch liege keine Sachdienlichkeit vor. Die Sachdienlichkeit sei wesentlich geprägt durch den Gesichtspunkt der Prozesswirtschaftlichkeit. Fehlende Sachdienlichkeit liege vor, wenn die Klageerweiterung zu einer Verzögerung des im Übrigen entscheidungsreifen Verfahrens führen würde. Streitgegenständlich sei die Baueinstellung sowie die Zwangsgeldandrohung im Bescheid vom 15.10.2019 sowie die Baueinstellung vom 23.10.2019. Das Eilverfahren dürfte entscheidungsreif sein. Darüber hinaus werfe die Antrags- bzw. Klageerweiterung neue Rechtsfragen auf. Durch die Einbeziehung würde der Rechtsstreit aufgrund der neuen Rechtsfragen verzögert. Des Weiteren nahm die Antragsgegnerin rein vorsorglich inhaltlich Stellung und legte Lichtbilder von der Baustelle vor.
Mit Schreiben vom 9.12.2019 wies das Gericht im Hinblick auf den Vortrag der Antragstellerseite zur Abtrennung der Verfahren gegen den Bescheid bzw. das Schreiben vom 20.11.2019 im Falle einer fehlenden Sachdienlichkeit im Schreiben der Antragstellerin vom 3.12.2019 (Ziffer IV) darauf hin, dass im Falle einer Antragserweiterung bei fehlender Sachdienlichkeit von einer unzulässigen Antragserweiterung bzw. Klageweiterung auszugehen sei. Über die Frage der Sachdienlichkeit sei noch nicht entschieden.
Mit Schreiben vom 9.12.2019 nahm die Antragsellerseite die Klageerweiterung im Verfahren RO 2 K 19.1995 und die Erweiterung des hier streitgegenständlichen Antrags gem. § 80 Abs. 5 VwGO zurück.
Am 12.12.2019 erhob die Antragstellerseite Klage gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 20.11.2019 (Az.: 63.1/02650/2019-01). Das Verfahren wird unter dem Aktenzeichen RO 2 K 19.2485 geführt. Ebenfalls am 12.12.2019 erhob die Antragstellerseite Klage auf Feststellung, dass das mit Schreiben der Antragsgegnerin vom 20.11.2019 fällig gestellte Zwangsgeld in Höhe von 7.500 Euro nicht fällig geworden sei. Das Verfahren wird unter dem Aktenzeichen RO 2 K 19.2487 geführt.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Behörden- und Gerichtsakten Bezug genommen. Die Akten der Verfahrens RO 2 K 19.1995, RO 2 K 19.2485 und RO 2 K 19.2487 wurden beigezogen.
II.
Gegenstand des Antrags ist die Anordnung bzw. Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die Baueinstellung sowie die Zwangsgeldandrohung im Bescheid der Antragsgegnerin vom 15.10.2019 und die Baueinstellung vom 23.10.2019.
Allerdings hatte die Antragstellerin durch ihren Bevollmächtigten mit Schreiben vom 2.12.2019 ihren Antrag um die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der ebenfalls erweiterten Klage gegen den Bescheid vom 20.11.2019 erweitert. Hierbei handelt es sich um eine Antragsänderung, welche analog § 91 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) nur zulässig ist, wenn die übrigen Beteiligten einwilligen oder das Gericht die Änderung für sachdienlich hält. Ist die Antragsänderung unzulässig, ist sie als unzulässig abzulehnen (vgl. Kopp/Schenke, 23. Aufl. Stand 2017, § 91 Rn. 24). Mit Eingang des erweiterten Antragsbegehrens bei Gericht wurde der erweiterte Antrag unbeschadet der Zulässigkeit der Antragsänderung rechtshängig (vgl. § 90 VwGO). Nach Rücknahme der Antragsänderung mit Schriftsatz vom 9.12.2019 war das Verfahren daher insoweit gemäß § 92 Abs. 3 VwGO einzustellen.
Soweit sich der Antrag der Antragstellerin auf die Baueinstellung vom 23.10.2019 bezieht, ist der Antrag bereits unzulässig. Selbst wenn man annehmen sollte, dass es sich bei dem Schreiben der Antragsgegnerin vom 23.10.2019, mit welchem diese die Baueinstellung auf die Südfassade erstreckte, trotz Fehlen einer äußeren Bescheidsform, um die Verfügung einer Baueinstellung handelt, liegt für die Baueinstellung hinsichtlich der Arbeiten an der Südfassade jedenfalls keine Anordnung eines Sofortvollzugs vor und auch ein Zwangsgeld wurde in diesem Schreiben nicht angedroht. Die Klage entfaltet diesbezüglich daher aufschiebende Wirkung. Der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO ist insoweit unstatthaft.
Im Schreiben vom 23.10.2019 erfolgte keine Anordnung des Sofortvollzugs. Auch kann aus der Formulierung, die Baueinstellung umfasse auch die Arbeiten an der Südfassade, nicht automatisch gefolgert werden, dass damit auch der Sofortvollzug im Bescheid vom 15.10.2019 für diese „Erweiterung“ gelten sollte. Damit würde man der Behörde unterstellen, dass sie – unter Verkennung grundlegender Verwaltungsgrundsätze – einen früher angeordneten Sofortvollzug auf eine erst später erlassene Verfügung beziehen will. Dies wäre offensichtlich nicht mit dem Charakter der Anordnung eines Sofortvollzugs vereinbar. Die Behörde hat vor der Anordnung eines Sofortvollzuges sorgfältig zu prüfen, ob tatsächlich ein überwiegendes Vollzugsinteresse den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung erfordert. Diese gesetzlich beabsichtigte Warnfunktion schlägt sich auch in der Begründungspflicht des § 80 Abs. 3 VwGO nieder und besteht auch in den Fällen einer Baueinstellung. Es ist offensichtlich, dass eine Behörde weder eine sorgfältige Prüfung noch eine der Warnfunktion genügende Begründung für den Sofortvollzug einer Verfügung durchführen kann, die es zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht gibt. Auch eine Erstreckung der Zwangsgeldandrohung vom 15.10.2019 kann nicht angenommen werden, so dass sich auch hieraus kein statthafter Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO im Hinblick auf das Schreiben vom 23.10.2019 ergibt. Es kann alleine aufgrund der Formulierung im Schreiben vom 23.10.2019 nicht davon ausgegangen werden, dass die Behörde ein für einen Verstoß gegen die Baueinstellung im Hinblick auf das Dachgeschoss angedrohtes Zwangsgeld, auf eine spätere Erweiterung der Baueinstellung auf Bauarbeiten an der Südfassade anwenden wollte. Gegen die Erstreckung der Erweiterung auch auf die Anordnung des Sofortvollzugs und die Androhung des Zwangsgeldes spricht auch die Antragserwiderung der Antragsgegnerin, die auch hier nur von einer Erweiterung der Baueinstellung und der Anforderung von Plänen sprach und die Reaktion der Antragsgegnerin auf den Hinweis des Gerichts, dass eine Nachholung des Zwangsgeldes und des Sofortvollzugs geplant sei. Ob mit dem Schreiben vom 23.10.2019 überhaupt eine Baueinstellung erfolgte und diese ausreichend bestimmt ist, kann hier offen bleiben. Eine Reaktion der anwaltlich vertretenen Antragstellerseite auf die geäußerten Bedenken des Gerichts, z.B. in Form der Umstellung auf einen Feststellungsantrag, erfolgte nicht.
Soweit sich der Antrag gegen die Anordnung des Sofortvollzugs der Baueinstellung im Bescheid vom 15.10.2019 und der dort verfügten Zwangsgeldandrohung richtet, ist er zulässig aber unbegründet.
Die im Bescheid der Stadt R. vom 15.10.2019 getroffene Anordnung der sofortigen Vollziehung gemäß § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO weist hinsichtlich Ziffer 3 keine formellen Mängel auf.
Im Hinblick auf § 80 Abs. 3 VwGO sind die formellen Voraussetzungen erfüllt. Die Begründung nach § 80 Abs. 3 VwGO muss – außer bei Notstandsmaßnahmen, die ausdrücklich als solche zu bezeichnen sind (§ 80 Abs. 3 Satz 2 VwGO) und Gefahr im Verzug voraussetzen – mit einer auf den konkreten Fall abgestellten und nicht lediglich „formelhaften“ schriftlichen Begründung des öffentlichen Interesses an der sofortigen Vollziehbarkeit des Verwaltungsaktes versehen sein (Kopp/Schenke, 23. Aufl. Stand 2017, VwGO, § 80 Rn. 84). Allerdings muss in der schriftlichen Begründung nicht näher auf den konkreten Fall eingegangen werden, wenn sich – wie i.d.R. bei der Baueinstellung – das besondere öffentliche Interesse unabhängig vom Einzelfall aus der Art der getroffenen Verwaltungsmaßnahme ergibt (vgl. Molodowsky/Farmers/Waldmann, Bayerische Bauordnung, 44. Update Juli 2019, Art. 75 Rn 62). Vorliegend erfolgte die Begründung des Sofortvollzugs schriftlich und im Hinblick auf die Natur der Verfügung gerade noch ausreichend.
Genügt die Anordnung der sofortigen Vollziehung den Anforderungen des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 und Abs. 3 Satz 1 VwGO, so trifft das Gericht bei einer Entscheidung nach § 80 Abs. 5 VwGO eine eigene originäre Entscheidung über die Aussetzung bzw. Aufhebung der Vollziehung aufgrund der sich im Zeitpunkt der Entscheidung darbietenden Sach- und Rechtslage. Das Gericht hat dabei die Interessen des Antragstellers und der Antragsgegnerin (sowie gegebenenfalls betroffene Interessen Dritter) gegeneinander abzuwägen. Dabei kommt den Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens besondere Bedeutung zu. Wird die in der Hauptsache erhobene Klage bei der im einstweiligen Rechtsschutz nur möglichen summarischen Prüfung voraussichtlich erfolgreich sein, so wird im Regelfall die Wiederherstellung bzw. Anordnung der aufschiebenden Wirkung angezeigt sein. Wird dagegen die in der Hauptsache erhobene Klage voraussichtlich keinen Erfolg haben, wird in der Regel eine Ablehnung des Antrags im Eilrechtsschutz veranlasst sein. Ist der Ausgang der Hauptsacheverfahrens offen, sind die sonstigen Interessen der Beteiligten gegeneinander abzuwägen und dem Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung stattzugeben, wenn das öffentliche Vollzugsinteresse das Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung der Klage nicht überwiegt.
Den obigen Maßstab zu Grunde gelegt, war der Antrag vorliegend abzulehnen, da die Anfechtungsklage weder im Hinblick auf die Baueinstellung (Ziffer 1 des Bescheides vom 15.10.2019), noch im Hinblick auf die Zwangsgeldandrohung (Ziffer 2 des Bescheides vom 15.10.2019) voraussichtlich Erfolg haben wird.
Die Anfechtungsklage gegen die Baueinstellung im Hinblick auf die Arbeiten zur Fertigstellung des Dachgeschosses wird voraussichtlich keinen Erfolg haben.
Der Bescheid vom 15.10.2019 ist voraussichtlich auch bestimmt genug im Sinne des Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG. Zwar spricht die Antragsgegnerin im Bescheid vom 15.10.2019 wiederholt – insbesondere auch im Tenor – vom Bauherren Herrn S… obwohl dieser lediglich der Architekt der Bauherrin, der … GmbH, ist, an die der Bescheid auch zugestellt wurde. Dies ist insoweit problematisch, da der Inhaltsadressat eines Verwaltungsaktes, also derjenige, der von der Regelung materiell betroffen ist, sich eindeutig aus dem Bescheid ergeben muss. Besondere Bedeutung kommt hierbei gerade dem Tenor zu, da in diesem gerade die materielle Verpflichtung ausgesprochen wird. Auch wenn der Bescheid daher auf den ersten Blick auf Herrn S… als Bauherren abzustellen scheint, wird man dennoch nach summarischer Überprüfung noch davon ausgehen können, dass sich durch eine Auslegung des Bescheids noch ausreichend klar ermitteln lässt, dass vom objektiven Empfängerhorizont aus die … GmbH als Bauherrin mit der Baueinstellung verpflichtet werden sollte. Die Formulierung im Bescheid scheint vielmehr auf eine mangelnde Unterscheidung der Behörde zwischen der Person, der gegenüber sie die mündliche Baueinstellung tatsächlich aussprach und der Bauherrin, für die diese natürliche Person handelte, zurückzugehen. Hierfür spricht auch die ausdrückliche Bezugnahme im Tenor auf das fernmündliche Gespräch. Zwar kann aus der Zustellung an die … GmbH nicht zwingend auf sie als Inhaltsadressaten geschlossen werden, da Bekanntgabeadressat und Inhaltsadressat auseinanderfallen können. In vorliegender Konstellation gäbe jedoch eine Zustellung an die tatsächliche Bauherrin, der … GmbH, bei einer materiellen Verpflichtung des Architekten persönlich, offensichtlich keinen Sinn. Dass die GmbH und nicht Herr S… vorliegend Bauherrin ist, ergibt sich auch eindeutig aus dem angezeigten Bauherrenwechsel und da die GmbH Adressatin der Änderungsgenehmigung vom 6.8.2019 war. Auch erging die Kostenrechnung an die … GmbH. Trotz der fehlerhaften Formulierung spricht daher einiges dafür, dass man die … GmbH noch ausreichend klar als Inhaltsadressatin erkennen konnte. Hierfür streitet auch, dass sich diese offensichtlich unzweifelhaft als Inhaltsadressatin sah und nur inhaltliche Einwendungen gegen die Baueinstellung vorbrachte.
Auch genügt die Baueinstellung im Übrigen den Anforderungen des Bestimmtheitsgebots des Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG. Zum einen wurden die Verstöße genau bezeichnet, zum anderen ergibt sich aus der Formulierung „sämtliche weitere Arbeiten zur Fertigstellung des Dachgeschosses“ hinreichend klar, das inhaltliche Ausmaß der Baueinstellung. Der Adressat muss nach lebensnaher Auslegung davon ausgehen, dass sämtlihe Arbeiten am Dachgeschoss während der Einstellung verboten sind, außer es handelt sich um bloße Sicherungsmaßnahmen.
Auch die Tatbestandsvoraussetzungen für eine Baueinstellung der Arbeiten am Dachgeschoss liegen nach der im Eilverfahren ausreichenden summarischen Überprüfung vor. Nach Art. 75 Abs. 1 Satz 1 Bayerische Bauordnung (BayBO) kann die Bauaufsichtsbehörde die Einstellung von Arbeiten anordnen, wenn Anlagen in Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften errichtet, geändert oder beseitigt werden. Der Beginn oder die Fortführung von (Bau) Arbeiten kann nach allgemeiner Meinung bereits allein wegen formeller Baurechtswidrigkeit verhindert werden, da Bauen ohne die Beachtung der formellen Voraussetzungen, insbesondere ohne die erforderliche Baugenehmigung oder sonstige öffentlich-rechtliche Genehmigungen (Erlaubnisse usw.) oder von ihr abweichend, eine Störung der öffentlichen Ordnung darstellt, die von den Behörden zu unterbinden ist (vgl. Simon/Busse, Bayerische Bauordnung, Werkstand August 2019, Art. 75 Rn. 34). Gem. Art. 75 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2a BayBO ist eine Baueinstellung auch möglich, wenn bei einem genehmigten Vorhaben von den genehmigten Bauvorlagen abgewichen wird. Von den genehmigten Bauvorlagen wird dann abgewichen, wenn bei der Bauausführung die mit den Genehmigungs- oder Prüfungsvermerken versehenen Bauvorlagen, also Bauzeichnungen, Lageplan, Baubeschreibung u.s.w, nicht eingehalten werden. Nicht erforderlich ist, dass es sich bei dem geänderten Vorhaben um ein „aliud“ handelt. Auch kleinere Abweichungen, die die Identität des Vorhabens nicht in Frage stellen, reichen hierfür aus (vgl. Simon/Busse, Bayerische Bauordnung, Werkstand August 2019, Art. 75 Rn. 56).
Vorliegend ist zwischen der Antragstellerseite und der Antragsgegnerin unstreitig, dass die Traufe an der Ostseite angehoben wurde. Im Raum steht eine Anhebung um ca. 40 cm. Damit läge jedenfalls eine ausreichende Abweichung von den genehmigten Bauvorlagen vor. Allerdings geht die Antragstellerseite davon aus, dass diese Anhebung im Vergleich zum Bestand der Genehmigungslage entspricht.
Ausweislich des Eingabeplans „Grundrisse – Schnitt“ mit Genehmigungsvermerk vom 2.11.2015 wurde als „OK Dach neu“ eine Höhe von 12,39 m genehmigt. Der Bestand war mit „OK Nordgiebel Bestand +12,53“ dargestellt. In der Ostansicht ist als OK Dach neu eine Höhe von 12,40 m genehmigt. Aus dem Eingabeplan „Grundrisse – Schnitt“ mit Genehmigungsvermerk vom 2.11.2015 ergibt sich eine Traufhöhe im Westen von 9,5 m und an der Ostseite von 9,20 m. Die Antragstellerin bringt vor, dass die gemessene tatsächliche Firsthöhe 12,44 m betrage und die gemessenen Traufhöhen auf beiden Seiten 8,85 m betragen würden. Die Antragsgegnerin führte zu den vorgenommenen bzw. geplanten Maßen aus, dass nach den Erkenntnissen aus Ortseinsicht und Werkplanung eine Firsthöhe von 12,8 m und eine Traufhöhe im Westen von 9,5 m und im Osten von 9,6 m geplant sei. Demnach würde der First ca. 0,40 cm höher und auch die Traufe im Osten um ca. 40 cm höher. Diesen Angaben der Antragsgegnerin widersprach die Antragstellerin im gerichtlichen Verfahren auch nicht. Sie brachte lediglich vor, dass die aktuellen Änderungen den Plänen entsprächen und bezieht sich hierbei auf die Änderungsgenehmigung vom 6.8.2019. Allerdings handelt es sich bei dieser Genehmigung um eine Änderungsgenehmigung, deren Gegenstand laut Bescheid vom 6.8.2019 eine „Fassadenänderung entsprechend dem genehmigten Plan“ und eine „Detailabstimmung Dachgauben, Fenster und Haustüre“ ist. Soweit die Antragstellerseite hierbei in der E-Mail vom 16.10.2019 auf einen Nachweis der Kniestockmaße im Systemschnitt hinweist, ist anzumerken, dass sich ein solcher nicht unter den mit Genehmigungsvermerk versehenen Bauvorlagen befindet, sondern lediglich im behördlichen Bauaufsichtsakt, datiert vom 16.10.2019. Ein Nachweis im Hinblick auf die Genehmigungslage, welche alleine für die Frage einer abweichenden Ausführung entscheidend ist, kann dieser damit von vornherein nicht sein. Hierfür käme lediglich der genehmigte Plan „Fassadenänderung“ Plan-Nr. TP01 genehmigt am 6.8.2019, auf den die Antragstellerseite in dieser E-Mail ebenfalls hinweist, in Betracht. Es ist zutreffend, dass ein Nachmessen des Plans eine Firsthöhe von 12,7 m, eine Traufhöhe im Osten von 9,6 m und eine Traufhöhe im Westen von 9,5 m erkennen lässt und damit unterschiedliche Maße zum bisherigen Genehmigungsstand. Allerdings ist hierzu anzumerken, dass ausweislich der Legende diese Maße eigentlich den Bestand darstellen müssten, was aber nach dem eigenen Vorbringen der Antragstellerseite so nicht sein kann. Damit ergibt sich aus dem eingereichten Plan nicht, dass höhenmäßige bauliche Änderungen der Fassade genehmigt werden sollten. Zum anderen spricht alles für die Sicht der Antragsgegnerin, dass nach dem Regelungsgegenstand des Bescheides „- Fassadenänderung entsprechend dem genehmigten Plan“ und eine „- Detailabstimmung Dachgauben, Fenster und Haustüre“ eine Änderung des Kniestocks mit darauf resultierenden Verschiebungen des Daches und der Gauben nach oben nicht von der Änderungsgenehmigung erfasst ist. Zwar bestimmt den Gegenstand eines Baugenehmigungsverfahrens der Bauherr und subjektive Vorstellungen der Behörde sind hierbei nicht entscheidend. Allerdings muss der Bauherr den gewünschten Verfahrensgegenstand in seinem Antrag und den Bauvorlagen klar zum Ausdruck bringen. Vorliegend ergibt sich weder aus den Antragsunterlagen noch aus den Bauvorlagen, dass auch eine Änderung der Maße Gegenstand des Verfahrens und damit auch Gegenstand der Baugenehmigung sein sollte. Ein Bauantragsformular für eine Änderung des Vorhabens findet sich in den dem Gericht vorliegenden Behördenakten nicht. Zu finden sind lediglich ein Antrag auf Abweichung von bauordnungsrechtlichen Vorschriften bezüglich der Mindestbreiten für den Gehverkehr für die Haustüre im Erdgeschoss und Pläne (Fassadenplan, Detailplan Hauseingangsstätte, Detailplan Eiche-Holzfenster, Detailplan Einzelgauben). Bereits die Antragsgestaltung und die vorgelegten Pläne mit ihren Bezeichnungen sprechen lediglich für Detailänderungen, wie sie auch unter Ziffer 3.2 der Baugenehmigung vom 2.11.2015 angesprochen wurden. Bei einer Erhöhung des Kniestockes mit den Folgeänderungen der Verschiebung des Daches und der Gauben nach oben wären umfangreichere Bauvorlagen wie z.B. Seitenansichten zu erwarten gewesen. Denn gem. Art. 64 Abs. 2 Satz 1 BayBO hat der Bauherr alle für die Beurteilung des Bauvorhabens und die Bearbeitung des Bauantrags erforderlichen Unterlagen (Bauvorlagen) einzureichen. Da begehrte bauliche Höhenänderungen aus der Antragstellung nicht klar erkennbar waren, führen die fehlenden Bauvorlagen auch nicht nur zu entsprechenden Nachforderungspflichten der Behörde und, weil keine Bauvorlagen nachgefordert wurden, gegebenenfalls zur Unbestimmtheit der Baugenehmigung, sondern in Zusammenschau mit der Antragsbezeichnung „Fassadenänderung“ auf dem Eingabeplan und den weiteren Umständen der Antragstellung dazu, dass die Behörde nicht von einer beantragten Änderung der Maße ausgehen musste. Im Übrigen weist das Gericht darauf hin, dass die Antragstellerseite im Nachgang der Baueinstellung vom 15.10.2019 bezüglich der geplanten Firsthöhe wieder andere Angaben machte, nämlich + 12,58 m (vgl. Plan zur E-Mail vom 18.10.2019), die weder mit den Maßen in den Plänen der Ursprungsgenehmigung, noch der Fassadenänderung übereinstimmen.
Eine genehmigte Änderung der Traufhöhe ergibt sich auch nicht aus dem Inhalt der Baugenehmigung in Verbindung mit den genehmigten Bauvorlagen. Die Antragsgegnerin führt zutreffend aus, dass sich der Inhalt der Baugenehmigung und damit das genehmigte Vorhaben nach der Bezeichnung und den Regelungen im Baubescheid bestimmen, der konkretisiert wird durch die in Bezug genommenen und mit Genehmigungsvermerk versehenen Bauvorlagen. Die Bauvorlagen haben gegenüber dem Baubescheid nur eine konkretisierende und erläuternde Funktion. Bei Abweichungen und Widersprüchen kommt dem Baugenehmigungsbescheid ein Vorrang zu. Im Bescheid vom 6.8.2019 bringt die Antragsgegnerin durch die Darstellung des Gegenstands im Tenor klar den beschränkten Gegenstand der Baugenehmigung „Fassadenänderung entsprechend dem genehmigten Plan und Detailabstimmung Dachgauben, Fenster und Haustüre“ zum Ausdruck. Nach der im Rahmen des vorläufigen Rechtsschutzes ausreichenden aber auch erforderlichen summarischen Prüfung kann nicht davon ausgegangen werden, dass die bloße Darstellung in veränderten Maßen – noch dazu als Bestand – der Fassadenansicht unter dem Genehmigungsbegriff „Fassadenänderung“ zu einer genehmigten Änderung des Kniestocks führt. Bereits nach dem natürlichen Sprachgebrauch handelt es sich bei der Fassade nur um die Vorderfront eines Hauses. Eine Kniestockerhöhung wirkt sich jedoch naturgemäß nicht nur in diesem Bereich der Fassade aus und hat auch vorliegend Auswirkungen auf Dach und Gauben und damit auch auf weitere nicht in den Plänen dargestellte Bereiche des Vorhabens.
Lediglich ergänzend weist das Gericht darauf hin, dass sich bei der Annahme einer Änderung der Fassadenmaße zudem Folgeprobleme im Hinblick auf das Zusammenspiel der Änderungsgenehmigung mit der ursprünglichen Genehmigung ergeben würden, die die Bestimmtheit der Baugenehmigung in Frage stellen könnten bzw. bei einer auf Grund von Widersprüchen objektiv nicht verwirklichbaren Baugenehmigung sogar zur Nichtigkeit führen könnten.
Als Zwischenergebnis bleibt festzustellen, dass das Gericht bereits aufgrund der erfolgten Erhöhung des Kniestockes und den daraus folgenden Verschiebungen von Dach und der Gauben von planabweichenden Bauarbeiten ausgeht.
Im Übrigen weist das Gericht darauf hin, dass es davon ausgeht, dass auch objektive Unklarheiten über die Frage der planabweichenden Ausführung bereits für eine Baueinstellung ausreichen können, da nur so wirksam die Schaffung vollendeter Tatsachen vor Klärung der Genehmigungslage und des tatsächlich beabsichtigten Bauvorhabens verhindert werden können.
Des Weiteren geht das Gericht auch im Hinblick auf die Fenstertüre im Osten anstelle eines genehmigten Fensters davon aus, dass die Baueinstellung zu Recht erfolgte. Die Antragstellerin führt zunächst aus, dass die Antragsgegnerin aus der Werksplanung entnommen habe, dass eine Fenstertüre statt eines Fensters eingebaut werden solle. Eingebaut sei bislang noch nichts und dieser Fehler sei mittlerweile korrigiert (Tektur zur Werkplanung). Aus den Lichtbildern und der Tatsache, dass die Antragstellerin im Hinblick auf den Vorwurf gegen die Baueinstellung verstoßen zu haben, vorbringt, dass sie lediglich die von der Antragsgegnerin monierte Türöffnung zugemauert habe, ergibt sich, dass auch diesbezüglich bereits planabweichende Arbeiten verrichtet worden waren. Im Übrigen erfordert eine Baueinstellung nicht, dass mit den Arbeiten bereits tatsächlich begonnen wurde, sondern lediglich, dass objektiv konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass alsbald rechtswidrig Anlagen errichtet werden sollen (vgl. Simon/Busse, Bayerische Bauordnung, Werkstand August 2019, Art. 75, Rn. 42). Hierfür reicht bereits das Vorfinden abweichender Werkspläne an der Baustelle aus, was jedenfalls auch im Hinblick auf die Gaube auf der Südostseite und dem Giebelfenster an der Südseite unstreitig der Fall war.
Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass der Einbau von Fenstern grundsätzlich gem. Art. 57 BayBO verfahrensfreie Arbeiten sein könnten, da sie vorliegend im Zusammenhang mit einem baugenehmigungspflichtigen Vorhaben erfolgten und zudem jedenfalls eine denkmalschutzrechtliche Erlaubnis erfordern würden, die nicht vorliegt.
Nach alledem geht das Gericht davon aus, dass der Tatbestand der Baueinstellung aufgrund planabweichender Arbeiten in mehrfacher Hinsicht vorlag. Da jedenfalls auch eine Erhöhung der Traufhöhe vorliegt, kann dahinstehen, wie sich die Korrekturen der Fenstertüre, der Gaube an der Südostseite und der Giebelfenster an der Südseite auf die Baueinstellung auswirkt.
Die getroffene Baueinstellung ist auch nicht unverhältnismäßig, da – soweit hier streitgegenständlich – ohnehin nur die Arbeiten zur Fertigstellung des Dachgeschosses eingestellt wurde. Nur mit einer Baueinstellung lässt sich auch die Schaffung vollendeter Tatsachen verhindern. Mit einer Anforderung von geänderten Planunterlagen lässt sich dieses Ziel nicht erreichen, so dass sich die Behörde auch vorliegend entgegen der Ansicht der Antragstellerin nicht damit begnügen musste.
Auch erging die Entscheidung der Anordnungsgegnerin nicht ermessensfehlerhaft. Es handelt sich bei dem in Art. 75 BayBO eingeräumten Ermessen um ein sogenanntes intendiertes Ermessen. Von einem intendierten Ermessen wird gesprochen, wenn es sich um eine Ermessensbetätigung handelt, deren Richtung vom Gesetz vorgezeichnet ist, bei der also ein bestimmtes Ergebnis dem Gesetz näher steht, sozusagen im Gesetz gewollt ist und davon nur ausnahmsweise abgesehen werden darf (vgl. Simon, Busse, Bayerische Bauordnung, Werkstand August 2019, Art. 75 Rn. 83 m.w.N.). Dies kommt bei der knappen, aber noch ausreichenden Ermessensbegründung der Behörde zum Ausdruck. An die Ermessensausübung sind in diesen Fälle keine allzu hohen Anforderungen zu stellen. Besondere Gründe, die hier ein ausnahmsweises Absehen von einer Baueinstellung rechtfertigen würden, liegen nicht vor. Hierbei kann dahinstehen, ob eine offensichtliche Genehmigungsfähigkeit überhaupt zu berücksichtigen wäre, da eine solche jedenfalls nicht vorliegt. Dass die Antragsgegnerin ebenfalls nicht von einer offensichtlichen Genehmigungsfähigkeit ausgeht und sich demzufolge damit beschäftigt hat, ergibt sich aus ihren Ausführungen zur Verhältnismäßigkeit.
Es bleibt daher festzuhalten, dass die erhobene Anfechtungsklage gegen die Baueinstellung vom 15.10.2019 voraussichtlich keinen Erfolg haben wird.
Auch die Anfechtungsklage gegen die in Ziffer 2 getroffene Zwangsgeldandrohung wird voraussichtlich erfolglos bleiben.
Die Zwangsgeldandrohung in Ziffer 2 des angefochtenen Bescheides ist ebenfalls nicht zu beanstanden. Nach Art. 31 Abs. 1 Verwaltungszustellungs- und Vollstreckungsgesetz (VwZVG) kann ein Pflichtiger durch ein Zwangsgeld zur Erfüllung seiner Pflicht angehalten werden, wenn er eine geforderte Handlung, Duldung oder Unterlassung nicht oder nicht vollständig oder nicht zur gehörigen Zeit erfüllt. Das Zwangsmittel ist gemäß Art. 36 Abs. 1 Satz 1 VwZVG schriftlich anzudrohen. Grundsätzlich ist zwar gemäß Art. 36 Abs. 1 Satz 2 VwZVG hierbei für die Erfüllung der Verpflichtung eine Frist zu bestimmen, innerhalb welcher dem Pflichtigen der Vollzug billigerweise zugemutet werden kann. Die Einräumung einer Frist ist vorliegend jedoch entbehrlich, weil durch die Unterlassungsanordnung keine Handlungspflichten für die Antragstellerin entstehen. Die Höhe der angedrohten Zwangsgelder steht mit Art. 31 Abs. 2 VwZVG in Einklang. Von Antragstellerseite selbst wurde nicht vorgetragen, dass das mit Bescheid vom 15.10.2019 angedrohte Zwangsgeld unangemessen hoch sei.
Der Antrag im Eilrechtsschutz war daher im vollem Umfang abzulehnen.
Lediglich ergänzend wird im Hinblick auf die angesprochenen Schwachstellen des Bescheides angemerkt, dass selbst bei einer Annahme von offenen Erfolgsaussichten die dann zu treffende Abwägung der Interessen, zu einer Ablehnung des Antrags führen würde.
Die Kostenfolge beruht, soweit das Verfahren eingestellt wurde, auf § 155 Abs. 2 VwGO, im Übrigen auf § 154 Abs. 1 VwGO. Der Beigeladene hat keinen Antrag gestellt und sich damit nicht in ein Kostenrisiko begeben; er trägt seine außergerichtlichen Kosten damit billigerweise selbst, § 162 Abs. 3, § 154 Abs. 3 VwGO.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 53 Abs. 2, 52 Abs. 1 GKG i.V.m. 9.4 und 1.7.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (abrufbar auf der Homepage des BVerwG), dessen Empfehlungen die Kammer folgt. Der Streitwert war auf Grund der Antragsänderung zu erhöhen und nach dessen Rücknahme wieder zu senken.

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