Baurecht

Beitragspflicht für eine Biogasanlage

Aktenzeichen  Au 6 K 17.572

Datum:
7.11.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 48304
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Augsburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BayKAG Art. 5 Abs. 1

 

Leitsatz

1. Die heranziehbare Grundstücksfläche für ein bebautes Grundstück im Außenbereich bestimmt sich nach dem angemessenen Umgriff zur vorhandenen Bebauung.  (Rn. 28) (redaktioneller Leitsatz)
2. Eine einheitliche Nutzung eines Grundstücks im beitragsrechtlichen Sinn liegt nicht vor, wenn landwirtschaftliche Viehhaltung und Biogasanlage zwar benachbart (und bauplanungsrechtlich privilegiert) sind, jedoch zwei technisch getrennte Betriebe darstellen.  (Rn. 49) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Der Bescheid der Beklagten vom 11. Dezember 2015 und der Widerspruchsbescheid vom 20. März 2017 werden aufgehoben, soweit darin ein den Betrag von 4.546,76 Euro brutto übersteigender Herstellungsbeitrag festgesetzt worden ist. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
II. Die Kosten des Verfahrens haben der Kläger zu 3/5 und die Beklagte zu 2/5 zu tragen.
III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung durch den jeweiligen Vollstreckungsgläubiger durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

Die zulässige Klage ist nur teilweise begründet, denn der streitgegenständliche Bescheid der Beklagten vom 11. Dezember 2015 und der diesen bestätigende Widerspruchsbescheid vom 20. März 2017 sind nur rechtswidrig und im tenorierten Umfang aufzuheben, soweit sie über den Umgriff der Biogasanlage hinaus weitere Flächen zur Beitragserhebung heranziehen und den Kläger insoweit in seinen Rechten verletzen (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
I.
Die angefochtenen Bescheide sind formell rechtmäßig; Verstöße gegen Regelungen über Zuständigkeit, Form und Verfahren sind weder substantiiert geltend gemacht noch erkennbar. Etwaige Begründungsmängel, wie vom Kläger gerügt, lassen die Rechtmäßigkeit des Bescheids der Beklagten vom 11. Dezember 2015 nach Art. 45 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 2 BayVwVfG unberührt, da die Beklagte insoweit ihre Begründung im Klageverfahren nachgebessert hat.
II.
Die angefochtenen Bescheide sind im tenorierten Umfang materiell rechtmäßig.
1. Die Beitragserhebung findet ihre Rechtsgrundlage in Art. 5 Abs. 1 des Kommunalabgabengesetzes – KAG – in der hier maßgeblichen Fassung der Bekanntmachung vom 4. April 1993 (GVBl S. 264, BayRS 2024-1-I) zuletzt geändert durch Gesetz vom 8. März 2016 (GVBl S. 36) sowie in den Bestimmungen der Beitrags und Gebührensatzung zur Wasserabgabesatzung des Wasserzweckverbandes … vom 1. Januar 2002 i.d.F. vom 31. März 2015 (im Folgenden: BGS-WAS).
Nach Art. 5 Abs. 1 KAG können die Gemeinden zur Deckung ihres anderweitig nicht gedeckten Aufwandes für die Herstellung, Anschaffung, Verbesserung oder Erneuerung ihrer öffentlichen Einrichtungen Beiträge von den Grundstückseigentümern und Erbbauberechtigten erheben, denen die Möglichkeit der Inanspruchnahme dieser Einrichtungen besondere Vorteile bietet. Hierzu zählt die von der Beklagten betriebene öffentliche Wasserversorgungsanlage (vgl. § 1 Abs. 1 der Satzung für die öffentliche Wasserversorgungsanlage der Beklagten – Wasserabgabesatzung – vom 7.2.1994 i.d.F. vom 19.1.2011, im Folgenden: WAS). Die Beiträge werden nach Art. 2 Abs. 2 Satz 1 KAG aufgrund einer besonderen Beitragssatzung erhoben. Von der vorgenannten Ermächtigung hat der Beklagte durch den Erlass der Beitrags- und Gebührensatzung zur Wasserabgabensatzung Gebrauch gemacht und damit wirksames Satzungsrecht für das Entstehen einer Beitragspflicht geschaffen.
a) Die in § 5 Abs. 3 BGS-WAS enthaltene Flächenbegrenzungsregelung auf ein Viertel der Grundstücksfläche ist auf das im Außenbereich gelegene Grundstück Fl.Nr. … des Klägers nicht anwendbar, denn die heranziehbare Grundstücksfläche für ein bebautes Grundstück im Außenbereich bestimmt sich nach dem angemessenen Umgriff zur vorhandenen Bebauung. Der angemessene Umgriff bestimmt sich im Hinblick auf vorhandene Bebauung unter anderem nach den erforderlichen Abstandsflächen und den befestigten Flächen. Weil über den angemessenen Umgriff hinaus ein Grundstück im Außenbereich weiterhin nicht bebaubar im Sinne des § 35 BauGB ist und deshalb zur Beitragsveranlagung nicht herangezogen werden kann, ist eine in der Satzung getroffene Begrenzung der beitragspflichtigen Grundstücksfläche (bei übergroßen Grundstücken) zur Bestimmung eines angemessenen Umgriffs nicht geeignet (vgl. BayVGH, B.v. 13.11.2009 – 20 ZB 09.1786 – juris Rn. 5 m.w.N.). Für die streitgegenständlichen Bescheide kam § 5 Abs. 3 BGS-WAS aber auch nicht zur Anwendung (dazu sogleich unter b)).
b) Die nachträgliche Heranziehung des Klägers zu einem (weiteren) Herstellungsbeitrag für sein Grundstück Fl.Nr. … ist hinsichtlich der Biogasanlage mit Umgriff (grün schraffierter Bereich in der Skizze VG-Akte Bl. 196) und damit im tenorierten Umfang eines Betrags von 4.546,76 Euro brutto nicht rechtswidrig, sondern nur hinsichtlich des diesen Betrag übersteigenden Herstellungsbeitrags.
aa) Nach § 2 BGS-WAS wird der Beitrag für bebaute, bebaubare oder gewerblich genutzte oder gewerblich nutzbare Grundstücke erhoben. Da das Grundstück Fl.Nr. … unstreitig im unbeplanten Außenbereich liegt, kann es nur im Umfang seiner tatsächlichen Bebauung (und eines angemessenen Umgriffs) als bebaubar angesehen werden, soweit es tatsächlich mit Bauwerken bebaut ist, die an die öffentliche Einrichtung angeschlossen sind oder eines solchen Anschlusses entsprechend der baurechtlich genehmigten oder tatsächlich gefestigten Nutzung bedürfen; im Übrigen gelten sie als weiterhin nicht bebaubar (vgl. BayVGH, B.v. 16.8.2002 – 23 C 02.1640 – juris Rn. 33 f.).
Dies zu Grunde gelegt, wurde das Grundstück erst durch die Errichtung des Aussiedlerhofs mit Stallungen in den Jahren 1993-1995 im Umfang dieser Bebauung überhaupt bebaubar und beitragspflichtig. Für den durch die Errichtung der Biogasanlage mit Nebeneinrichtungen ab dem Jahr 2011 bebauten Grundstücksteil lag zuvor keine rechtliche Bebaubarkeit und damit keine Beitragspflicht vor. Er ist erst nachträglich beitragspflichtig geworden, sei es, weil er nun tatsächlich bebaut und damit rechtlich bebaubar geworden ist, sei es, weil er – wie der Kläger meint – durch die Biogasanlage gewerblich genutzt wird.
bb) Soweit der Kläger seine Beitragspflicht bereits durch den mit Bescheid vom 28. September 1999 festgesetzten Herstellungsbeitrag für die Wasserversorgung insgesamt als abgegolten betrachtet, ist dem nur eingeschränkt zu folgen: Erstens setzte die Beklagte in diesem Bescheid zwar in fälschlicher Anwendung der Flächenbegrenzung eine Grundstücksfläche von 4.142,24 m2 (statt von 4.170,92 m2) an (Akte der Beklagten Bl. 81 f.). Aber durch die Vereinbarung vom 10. April 2002 wurde dieser Ansatz nachträglich von beiden Beteiligten auf eine neue Rechtsgrundlage gestellt, der Widerspruch als zurückgenommen betrachtet und damit der Bescheid vom 28. September 1999 ohne Rücksicht auf strittige Verjährungsund Flächenbegrenzungsfragen mit seiner Umgriffsregelung von 4.142,24 mP bestandskräftig. Zweitens enthält die Vereinbarung vom 10. April 2002 einen Vorbehalt für künftige Veränderungen der Grundstücks- und Geschossfläche: „Von dieser Vereinbarung unberührt bleiben künftige Veränderungen bei der Grundstücksfläche und Geschossfläche für FlNr. … der Gemarkung …“ (Akte der Beklagten Bl. 63). Eine nachträgliche Heranziehung für bisher nicht veranlagte Teile der Grundstücksfläche wie die Biogasanlage mit Umgriff ist gerade nicht ausgeschlossen worden.
Dem entsprechend zog die Beklagte den Kläger für den „Neubau einer landwirtschaftlichen Biogasanlage“ mit streitgegenständlichem Bescheid vom 11. Dezember 2015 zu einem Herstellungsbeitrag für die Wasserversorgung in Höhe von 7.536,31 Euro heran und setzte dabei 11.129,45 mP Grundstücksfläche (Umgriff von 15.271,69 m2 abzüglich bereits auf Grund der Vereinbarung vom 10. April 2002 abgegoltener Grundstücksfläche von 4.142,24 m2; Skizze VG-Akte Bl. 196) und 165,14 m2 Geschossfläche für zwei Generatorenräume an (Akte der Beklagten Bl. 45).
Soweit der Kläger geltend macht, der bereits als abgegolten anzusehende Umgriff hätte größer angesetzt werden müssen, steht dem o.g. und für beide Beteiligte nach wie vor bindende Vereinbarung rechtlich und sachlich entgegen. Ausweislich der Vereinbarung sowie der Beschlussvorlage für den Gemeinderat der Beklagten (Akte der Beklagten Bl. 63 f., 105) gingen die Beteiligten von einer Verjährung des Grundstücksflächenbeitrags für o.g. Umgriff von 4.142,24 mP in Kenntnis der ungeklärten Rechtslage aus. Dass sich die rechtliche Bewertung der Gerichte und des Staatsministeriums zur Flächenbegrenzung im Außenbereich nachträglich geändert hat, macht die Vereinbarung nicht nichtig (arg. ex Art. 59 Abs. 1 VwVfG i.V.m. § 134, § 138 BGB bzw. Art. 59 Abs. 2 VwVfG), da die Beteiligten diese allenfalls als Motiv aber nicht als tragende Grundlage in ihre Vereinbarung einbezogen. Weder kann die Beklagte für diesen Umgriff erneut Beiträge zur Wasserversorgung erheben, noch kann der Kläger nachträglich geltend machen, der Umgriff sei größer (festzusetzen) gewesen. Der Umgriff von 4.142,24 mP ergab sich aus dem durch die Vereinbarung modifizierten Bescheid vom 28. September 1999 (ebenda Bl. 105; in der Skizze VG-Akte Bl. 196 rot schraffierte Fläche).
Soweit der Kläger geltend macht, der von ihm getragene Aufwand für die Errichtung der 350 m langen Wasserleitung sei beitragsmindernd zu berücksichtigen, ist der Vereinbarung hierzu nichts zu entnehmen und steht im Übrigen wohl auch die Verjährung etwaiger Erstattungsansprüche des Klägers gegen den Beklagten entgegen.
Auf Festsetzungsverjährung kann sich der Kläger nur soweit berufen, als diese durch Verwirklichung des Beitragstatbestandes eingetreten ist. Für den mit Bescheid vom 26. Oktober 1993 genehmigten und jedenfalls bei einer Baukontrolle am 19. Februar 1997 fertiggestellten Bau eines Rinderstalls mit Bergehalle und Nebenanlagen (rot schraffierter Bereich in der Skizze VG-Akte Bl. 196) ist zwar die zwanzigjährige Verjährungsfrist des Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b) Doppelbuchst. bb) Spiegelstrich 1 i.V.m. § 169 AO im Zeitpunkt des Erlasses des streitgegenständlichen Bescheids vom 11. Dezember 2015 noch nicht eingetreten, 34 aber zumindest eine Festsetzungsverjährung nach Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b) Doppelbuchst. bb) Spiegelstrich 3 i.V.m. § 169 AO innerhalb von vier Jahren; zudem gilt diese Bebauung durch die o.g. Vereinbarung als abgegolten. Eine Bauvollendungsanzeige lag ausweislich des Aktenvermerks der Baubehörde allerdings nicht vor.
Hinsichtlich der weiteren Anlage eines Fahrsilos mit rundem Güllebehälter und Vorgrube (blau schraffierter Bereich in der Skizze VG-Akte Bl. 196), die auf einem mit Genehmigungsvermerk der Baugenehmigungsbehörde vom 26. Oktober 1993 versehenen Plan eingezeichnet sind, ist den Akten nicht zu entnehmen, wann diese errichtet worden sind. Der Kläger hat hierzu unwidersprochen angegeben, diese Anlagen vor bzw. mit dem Rinderstall errichtet zu haben (Niederschrift vom 7.11.2018, S. 2), so dass auch hierfür eine Festsetzungsverjährung nach Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b) Doppelbuchst. bb) Spiegelstrich 3 i.V.m. § 169 AO innerhalb von vier Jahren eingetreten ist und es nicht darauf ankommt, ob dieser Bereich auch von der Vereinbarung vom 10. April 2002 erfasst ist.
Wegen dieser für Teilbereiche des Grundstücks FlNr. … bereits eingetretenen Beitragsfestsetzungsverjährung kann die Beklagte nachträglich nicht mehr für die vom Umgriff von 4.142,24 mP im Bescheid vom 28. September 1999 nicht erfassten, aber in zeitlichem Zusammenhang mit dem Bau des Aussiedlerhofes errichteten baulichen Anlagen neu einen Beitrag festsetzen. Auf diesem Grundstücksteil ist auch keine Erweiterung der Bebauung im Sinne von Art. 5 Abs. 6 oder Abs. 7 BGS-WAS erfolgt und vom streitgegenständlichen Bescheid abgerechnet worden (die zwischenzeitliche Errichtung des Wohnhauses teilweise im rot schraffierten Bereich in der Skizze VG-Akte Bl. 196 ist mangels Baufertigstellungsanzeige noch nicht abgerechnet worden, so die Beklagte, Niederschrift vom 7.11.2018, S. 2). Selbst wenn die Biogasanlage nur wegen ihres funktionalen Zusammenhangs mit dem Aussiedlerhof bauplanungsrechtlich nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 6 BauGB privilegiert und daher überhaupt genehmigungsfähig sein dürfte, handelt es sich doch um einen funktional getrennten Betriebsteil von eigenständigem Gewicht und damit um keine Erweiterung der vorhandenen Bebauung.
Der nördliche Teil des mit streitgegenständlichem Bescheid vom 11. Dezember 2015 erfassten Umgriffs von 15.271,69 mP im Umfang von 4.563,11 mP (blau schraffierter Bereich in der Skizze VG-Akte Bl. 196) ist daher zu Unrecht angesetzt worden, während hingegen für den südlichen Teil des Umgriffs der Biogasanlage im Umfang von 6.549,16 mP (grün schraffierter Bereich in der Skizze VG-Akte Bl. 196) weder Verjährung eingetreten ist, noch das Verbot der doppelten Beitragserhebung entgegensteht.
Daher kann nur der beklagtenseitig auf 6.549,16 mP festgesetzte Umgriff für die Biogasanlage statt von 11.129,45 m2 (= 15.271,69 m2 abzüglich 4.142,24 m2) der Erhebung eines Herstellungsbeitrags für die Wasserversorgung zu Grunde gelegt werden (dazu sogleich); im übersteigenden Umfang ist die Heranziehung rechtswidrig.
2. Die Heranziehung des Klägers zu einem Herstellungsbeitrag für die Wasserversorgung für seine Biogasanlage mit einem Umgriff von 6.549,16 mP (grün schraffierter Bereich in der Skizze VG-Akte Bl. 196) ist nicht rechtswidrig.
Für das Entstehen der Beitragspflicht für ein im Außenbereich genehmigtes und realisiertes Bauvorhaben ist maßgeblich darauf abzustellen, ob dessen bestimmungsgemäße Nutzung einen Bedarf nach einem Anschluss an die öffentliche Wasserversorgung auslöst (BayVGH, B.v. 8.5.2008 – 20 ZB 08.843 – juris). Hierfür ist auf die Baugenehmigung abzustellen, die eine bestimmte Nutzung, hier den Betrieb einer Biogasanlage, festschreibt (BayVGH, U.v. 22.10.1998 – 23 B 97.3505 – BayVBl. 1999, 272). Auf die Festlegungen der Baugenehmigung käme es nur dann nicht an, sofern das Grundstück im Außenbereich mit Bauwerken bebaut wäre, die an die Wasserversorgungseinrichtung des Beklagten tatsächlich angeschlossen sind (BayVGH, B.v. 8.12.2005 – 23 ZB 05.1637 – juris).
a) Dass der auf dem nördlichen Grundstücksteil gelegene landwirtschaftliche Betrieb des Klägers an die Wasserversorgungseinrichtung angeschlossen ist, ist zwischen den Beteiligten unstreitig. Von diesem nördlichen Grundstücksteil aber besteht keine Frischwasserleitung und damit auch kein Wasseranschluss zur auf dem südlichen Grundstücksteil gelegenen Biogasanlage.
Es besteht nur insofern eine Erschließung, als der von der öffentlichen Wasserversorgungsanlage herangeführte Wasseranschluss bis an das Buchgrundstück, auf dem sich der Aussiedlerhof und die Biogasanlage befinden, heranreicht (als Maßstab bei BayVGH, B.v. 6.2.2008 – 20 ZB 07.3082 – juris Rn. 6). Dies bedeutet für die Biogasanlage aber keine Erschließung im rechtlichen Sinn, da sie ein gegenüber dem landwirtschaftlichen Anwesen selbständiger Betrieb(steil) ist.
b) Die auf dem südlichen Grundstücksteil genehmigte Nutzung einer Biogasanlage löst hier nach objektiven Gesichtspunkte typisierend aber einen eigenen Anschlussbedarf aus.
aa) Ein Anschlussbedarf ergibt sich nicht bereits aus dem bauplanungsrechtlich erforderlichen funktionalen Zusammenhang zwischen Viehstall und Biogasanlage, da die Biogasanlage zwar mit Biomasse aus dem Stall des Aussiedlerhofs betrieben wird, aber von dort kein Frischwasser bezieht.
Eine einheitliche Nutzung des Grundstücks Fl.Nr. … als Grundlage eines beitragsrechtlichen Zusammenhangs, der sich aus einem von dem landwirtschaftlichen Betrieb vermittelten Betriebszusammenhang ergeben könnte (zum wirtschaftlichen Grundstücksbegriff BayVGH, B.v. 6.2.2008 – 20 ZB 07.3082 – juris Rn. 8 f.), liegt hier nicht vor:
Für die bauplanungsrechtliche Privilegierung einer Biogasanlage im Außenbereich (§ 35 Abs. 1 Nr. 6 BauGB) ist ein wesentliches Erfordernis, dass die Anlage unter maßgeblichem Einfluss eines privilegierten Betriebsinhabers und in räumlichfunktionalem Zusammenhang mit einem privilegierten landwirtschaftlichen Betrieb steht, d.h. die Biomasse überwiegend aus diesem Betrieb oder aus diesem und aus nahe gelegenen landwirtschaftlichen Betrieben stammt (vgl. BayVGH, B.v. 14.7.2014 – 22 ZB 14.798 – juris Rn. 29, 31). Hierzu hat der Kläger ausgeführt, dass der aus seinem Betrieb auf dem Grundstück Fl.Nr. … gelieferte Anteil an der der Biogasanlage zugeführte Biomasse etwa 70% beträgt. Damit besteht ein funktionaler Zusammenhang, wie er durch eine landwirtschaftsfachlichen Stel 47 lungnahme (Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten … vom 14.2.2013) bestätigt wird.
Allein der funktionale Zusammenhang als Grundlage der bauplanungsrechtlichen Privilegierung der Biogasanlage im Außenbereich genügt beitragsrechtlich hier aber deswegen nicht, weil die Biogasanlage zwar weit überwiegend mit Biomasse aus der Viehhaltung auf demselben Grundstück betrieben wird, von ihrer technischen Anlage her aber nicht notwendigerweise auf Biomasse aus diesem Betrieb angewiesen ist, sondern diese auch von außen beziehen kann. Eine einheitliche Nutzung des Grundstücks im beitragsrechtlichen Sinn liegt gerade nicht vor, wenn – wie hier – eine landwirtschaftliche Viehhaltung und eine Biogasanlage zwar benachbart und unter weiteren Voraussetzungen bauplanungsrechtlich privilegiert sind, aber letztlich zwei technisch getrennte Betriebe darstellen, nicht einen einheitlichen Betrieb.
bb) Ein Bedarf nach Wasserversorgung ist bei der klägerischen Biogasanlage zur Überzeugung des Gerichts aber unter Berücksichtigung der Gesamtumstände und ohne Rücksicht auf den soeben behandelten Funktionszusammenhang gegeben.
Insoweit ist auf die bestimmungsgemäße Nutzung der Anlage entsprechend der erteilten Baugenehmigung abzustellen und der Anschlussbedarf nach objektiven Gesichtspunkten typisierend zu ermitteln (vgl. BayVGH, B.v. 8.5.2008 – 20 ZB 08.843 – juris Rn. 6). Bei Gebäuden oder selbständigen Gebäudeteilen, die nach der Art ihrer bestimmungsgemäßen Nutzung keinen anschlussbedarf auslösen, entsteht die Beitragspflicht erst mit einem tatsächlichen Anschluss an die öffentliche Wasserversorgungseinrichtung, wobei Wasseranschlüsse zum Bezug von Wasser aus Brunnen oder Zisternen nicht genügen (vgl. BayVGH, B.v. 8.5.2008 – 20 ZB 08.843 – juris Rn. 6).
(1) Bei der klägerischen Biogasanlage besteht kein Bedarf an Betriebswasser. Hierzu hat der Kläger erstens glaubhaft dargelegt, dass er zum Betrieb der Biogasanlage in technischer Hinsicht keine Wasserzufuhr benötigt. Ausweislich der o.g. Betriebsbeschreibung wird jedes anfallende Oberflächenwasser über die Sickersaftgrube gesammelt und als Verdünnungsmedium in die Biogasanlage eingeleitet.
Ebenso wird zweitens der Luftwäscher autark betrieben, indem das Waschwasser der Abluftbehandlung in einem geschlossenen Kreislauf in der Abluftbehandlung zirkuliert. Woher drittens Waschwasser zur Reinigung der Anlage bezogen wird, worauf die Beklagte hingewiesen hat (Niederschrift vom 7.11.2018, S. 3), ist der Betriebsbeschreibung zwar nicht zu entnehmen. Die Einlassung des Klägers, die Flächen nur zu kehren, ist nicht überzeugend und steht in Widerspruch zur Betriebsbeschreibung. Auch wenn für die Reinigung sinnvollerweise nur sauberes Wasser von außerhalb der Anlage in Betracht kommt, dürfte dieses mengenmäßig nicht ins Gewicht fallen und möglichweise auch aus (ggf. getrennt gesammeltem) Niederschlagswasser gedeckt werden können (im von VG Bayreuth, U.v. 15.7.2014 – B 4 K 13.25 – juris Rn. 31, entschiedenen Fall befand sich anders als hier auch ein Sanitärgebäude auf dem Betriebsgelände). Ein nennenswerter Bedarf an Frischwasserzufuhr aus der öffentlichen Wasserversorgung zum Betrieb der Biogasanlage ist daher nicht erkennbar.
(2) Ein Wasserbedarf wird auch nicht durch die Anwesenheit von Arbeitskräften für den Betrieb der Biogasanlage ausgelöst, weil auch insofern der Kläger glaubhaft nach dem Betriebskonzept dargelegt hat, dass sich diese täglich nur für sehr kurze Zeit im Bereich der weitgehend automatisierten Biogasanlage aufhalten. Die bestimmungsgemäße Nutzung dieser Anlage macht einen ständigen oder überwiegenden Aufenthalt von einer oder mehreren Personen während der üblichen Arbeitszeiten nicht erforderlich und löst daher keinen Bedarf nach Wasseranschluss aus (vgl. VG Regensburg, U.v. 8.2.2010 – RO 8 K 09.1991 – juris Rn. 26). Denn nur in einem Gebäude, in dem sich Beschäftigte bei der von ihnen auszuübenden Tätigkeit regelmäßig über einen längeren Zeitraum oder im Verlauf der täglichen Arbeitszeit nicht nur kurzfristig aufhalten müssen, sind für diese nach der Verordnung über Arbeitsstätten (ArbStV) vom 12.8.2004 (BGBl I 2004, 2179) u.a. Toilettenräume und Waschräume vorzusehen (§ 6 Abs. 2 Satz 1 und 2, § 2 Abs. 2 ArbStV). Dies ist hier nicht der Fall.
(3) Jedoch besteht ein ständiger Löschwasserbedarf, der nicht allein aus einem auf dem Grundstück des Klägers errichteten Löschwasserbrunnen oder einem benachbarten Fließgewässer gedeckt werden kann.
Ausweislich der beigezogenen Baugenehmigungsakten wurde bereits für den Viehstall als Auflage Nr. 26 in der Baugenehmigung vom 26. Oktober 1993 gefordert, die erforderliche Löschwassermenge durch die öffentliche Wasserversorgung über einen Unterflurhydranten oder einen Löschwasserbrunnen o.ä. sicherzustellen. Dies bestätigt der Kläger mit seinem Vorbringen, 1994 habe die freiwillige Feuerwehr den vorhandenen Unterflurhydranten als nicht ausreichend für eine Löschwasserversorgung im Zusammenhang mit der Errichtung des landwirtschaftlichen Anwesens angesehen und die Errichtung eines Löschwasserbrunnens verlangt.
Bezogen auf die Biogasanlage ergibt sich der Löschwasserbedarf aus dem Gefahrenabwehrplan (VG-Akte Bl. 115 ff.), wonach Löschwasser aus dem Hydranten nördlich der landwirtschaftlichen Maschinenhalle sowie aus einem Löschwasserbrunnen ca. 50 m westlich der Anlage zu entnehmen sei (ebenda Bl. 120, Plan Bl. 127). Dem zu Folge besteht also ein grundsätzlicher Bedarf an Löschwasser, der allein aus dem Brunnen oder dem Fließgewässer … im Brandfall nicht allein gedeckt werden kann. Vielmehr bedarf es zusätzlich der Nutzung des zum Aussiedlerhof gerechneten Unterflurhydranten mit Anschluss an die öffentliche Wasserversorgung.
Soweit eingewandt wird, die Trinkwasser- und die Löschwasserversorgung seien zwei getrennte Aufgaben einer Gemeinde, setzen nicht wechselseitig ihre Erfüllung voraus und die bloße Möglichkeit, aus der öffentlichen Wasserversorgung auch Löschwasser zu beziehen, löse keine Beitragspflicht aus, weil sonst auch anschlussbedarfslose Bauten im Außenbereich wie Scheunen und Maschinenhallen ohne tatsächlichen Anschluss immer beitragspflichtig wären, sofern im Einzelfall aus der Wasserversorgung auch die Löschwasserversorgung sichergestellt werden könnte (vgl. VG Ansbach, U.v. 17.12.2013 – AN 1 K 13.205 – juris Rn. 107), greift dieses Argument hier nicht, weil die Versorgung aus dem Hydranten und damit aus der öffentlichen Wasserversorgung gerade in der maßgeblichen 55 Baugenehmigung beauflagt worden ist (vgl. VG Ansbach, U.v. 17.12.2013 – AN 1 K 13.205 – juris Rn. 108 unter Verweis auf VG Regensburg, U.v. 8.2.2010 – RO 8 K 09.1991 – juris Rn. 27). Es handelt sich nicht um eine bloße Möglichkeit, im Brandfall zur Versorgung mit Löschwasser auf die öffentliche Wasserversorgung zurückgreifen zu können, sondern um eine bauordnungsrechtliche Notwendigkeit. Auch der Kläger räumt ein, der Löschwasserbedarf werde aus einem auf dem landwirtschaftlichen Betriebsgelände vorhandenen Unterflurhydranten sowie einem dortigen Brauchwasserbrunnen, hilfsweise aus der … gedeckt.
Soweit ein einmaliges Befüllen eines Löschwassertanks nicht für einen Löschwasserbedarf als ausreichend angesehen wurde (vgl. VG Ansbach, U.v. 17.12.2013 -AN 1 K 13.205 – juris Rn. 108 f.), ist dies hier unerheblich, da kein Löschwasser bevorratet sondern im Brandfall zwingend auch aus der öffentlichen Wasserversorgung bezogen wird.
Damit besteht für die Biogasanlage auf dem klägerischen Grundstück ein beitragsrechtlicher Vorteil, der die Beitragspflicht auslöst.
III.
Die Entscheidung über die Kosten ergibt sich aus § 155 Abs. 1 VwGO, wobei die Kostenquote dem Obsiegen bzw. Unterliegen der Beteiligten in der Hauptsache entspricht. Dabei ist von folgender Berechnung auszugehen:
Der beklagtenseitig festgesetzte Grundstücksflächenbeitrag für 11.129,45 mP (15.271,69 m2 abzüglich 4.142,24 m2 = 11.129,45 m2 x 0,61 Euro/n^ = 6.788,97 Euro) ist nur im Umfang von 6.549,16 m2 rechtmäßig. Der beklagtenseitig festgesetzte Geschossflächenbeitrag für 165,14 m2 (Generatorenhäuschen etc.) ist in vollem Umfang rechtmäßig.
Daraus ergibt sich ein Gesamtbeitrag für Grundstücksfläche (6.549,16 m2 x 0,61 Euro/m2 = 3.994,99 Euro) und Geschossfläche (165,14 m2 x 1,54 Euro/n^ = 254,32 Euro) von 4.249,31 Euro netto bzw. 4.546,76 Euro brutto gegenüber der streitgegenständlichen Festsetzung von 7.536,31 Euro brutto und damit ein Unterliegen des Klägers im Umfang von gerundet 3/5.
IV. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

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