Aktenzeichen 1 U 146/15
Leitsatz
1 Bei der Reparatur eines defekten Wasserrohres richtet sich die Verjährung der Mängelansprüche nach § 634a Abs. 1 Nr. 1 BGB. Die Verjährung bei Bauwerken (Nr. 2) gilt nicht für kleine Reparaturen, bei denen das Werk nicht in der Errichtung oder grundlegenden Erneuerung eines Bauwerkes besteht. (Rn. 27) (redaktioneller Leitsatz)
2 Der Beginn der Verjährung richtet sich nach der (ggf. konkludenten) Abnahme, die in der Begleichung der Schlussrechnung liegen kann. (Rn. 28 – 30) (redaktioneller Leitsatz)
3 Im Hinblick auf eine mögliche Hemmung der Verjährung stellt die bloße Schadensanmeldung für sich genommen zwar noch keine Aufnahme von Verhandlungen dar; dies ändert sich jedoch – mit Rückwirkung auf den Zeitpunkt der Schadensanmeldung – sobald der in Anspruch Genommene nicht sofort und eindeutig jeden Ersatz ablehnt, sondern sich auf eine Erörterung der Berechtigung der Ansprüche in der Sache einlässt (vgl. BGH BeckRS 2005, 04304). (Rn. 31) (redaktioneller Leitsatz)
4 Die aufgrund schwebender Verhandlungen eingetretene Hemmung endet entweder durch einen klar und eindeutig erklärten Abbruch der Verhandlungen seitens des Verpflichteten oder durch „Einschlafenlassen“ der Verhandlungen seitens des Berechtigten. Lässt der Gläubiger die Verhandlungen einschlafen (zB durch Schweigen auf ein Schreiben des anderen Teils), sind sie in dem Zeitpunkt beendet, in dem der nächste Schritt nach Treu und Glauben zu erwarten war. (Rn. 32 – 33) (redaktioneller Leitsatz)
Verfahrensgang
14 O 545/13 2014-11-17 Endurteil LGASCHAFFENBURG LG Aschaffenburg
Tenor
1. Die Berufung der Klägerin gegen das Endurteil des Landgerichts Aschaffenburg vom 17.11.2014, Az. 14 O 545/13, wird zurückgewiesen.
2. Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Das in Ziffer 1 genannte Endurteil des Landgerichts Aschaffenburg ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Zwangsvollstreckung Sicherheit in Höhe von 120% des zu vollstreckenden Betrags leistet.
4. Die Revision gegen dieses Urteil wird nicht zugelassen.
Beschluss
Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 175.468,00 € festgesetzt.
Gründe
I.
Die Klägerin, Gebäudeversicherer des Zeugen R., nimmt Regress bei der haftpflichtversicherten Erstbeklagten (fortan: Beklagte) für die ihrem Versicherungsnehmer anlässlich eines Wasserschadens vom 7.5.2009 erbrachten Versicherungsleistungen. Der Zweitbeklagte ist im Berufungsverfahren nicht mehr beteiligt.
Der Zeuge R. beauftragte im April 2009 die von der Beklagten geführte Einzelfirma mit der Reparatur eines defekten Wasserrohrs im Bad des Erdgeschosses seines Hauses. Das defekte Rohr wurde lokalisiert und von der Firma der Beklagten repariert. Am 7.5.2009, während der Abwesenheit der Zeugen R., traten aus dem reparierten Rohr, bei dem sich eine Schweissnaht geöffnet hatte, 14 bis 18 cm Wasser ungebremst ins Haus.
Die Klägerin als Gebäudeversicherung und die Haftpflichtversicherung der Beklagten waren vom Schadensfall durch ihre Versicherungsnehmer informiert worden. Mit Schreiben vom 23.06.2009 wandte sich die Klägerin an die Haftpflichtversicherung der Beklagten wie folgt:
„Sehr geehrte Damen und Herren, wir melden uns als Wohngebäudeversicherer des Herrn R. für das Objekt W. in M..“
Ihre Versicherungsnehmerin hatte im hier versicherten Gebäude ein Rohr ausgetauscht und bei der Gelegenheit offenbar schlechte Arbeit geleistet, sodass es daran im Anschluss zu einer Undichtigkeit und einem erheblichen Wasserschaden kam. Wir sind zurzeit damit bemüht, den Schadenumfang festzustellen.
Uns wurde mitgeteilt, dass der Schaden bei Ihnen bereits angezeigt ist. Zunächst möchten wir unsere Ansprüche bei Ihnen anmelden. Wir rechnen mit Aufwendungen in Höhe von ca. 60.000,00 EUR.
Bitte teilen Sie uns vorab mit, ob Sie Ihrer Versicherungsnehmerin Deckung gewähren. Auch wäre interessant, ob Ihrerseits zwischenzeitlich die Prüfung zur Haftung erfolgt ist.
Mit freundlichen Grüßen Sach-Großschaden-Abteilung
Die Haftpflichtversicherung der Beklagten antwortete mit Schreiben vom 19.08.2009 wie folgt: Sehr geehrte Damen und Herren, bezugnehmend auf Ihr Schreiben vom 23.6.2009 bestätigen wir hiermit unsere Eintrittpflicht.
Vorsorglich weisen wir darauf hin, dass wir als Haftpflichtversicherer lediglich den Zeitwert der beschädigten Sache übernehmen können.
Mit freundlichen Grüßen Ihre X.
Nach dem Trocknen des Hauses wurden Belastungen mit Pilz- und Schimmelsporen festgestellt. Die erforderlichen Sanierungsarbeiten zogen sich nach Darstellung der Klägerseite bis zum Jahr 2013 hin.
Die Klägerin hat den Schaden in Höhe von 227.345,00 € zum Neuwert reguliert und den Regressanspruch zum Zeitwert mit Schreiben vom 23.04.2013 auf 175.468,00 € (Klagebetrag) beziffert. Diesen Betrag verlangte die Klägerin von der Beklagten ersetzt.
Beklagtenseits wurde die Einrede der Verjährung erhoben.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Ein etwaiger, auf die Klägerin nach § 86 Abs. 1 VVG übergegangener Anspruch gegen die Beklagte aus § 634 Nr. 4, 280 Abs. 1, 2 631 BGGB sei nach § 634 a Abs. 1 Nr. 3, 195, 199 BGB verjährt. Die Verjährung richte sich nach § 634 a Abs. 1 Nr. 3 BGB. Der Fristlauf habe am 31.12.2009 begonnen und am 31.12.2012 geendet. Eine Hemmung gemäß § 203 BGB habe nicht stattgefunden, da sich die Beklagte nicht das Schreiben ihrer Haftpflichtversicherung 19.08.2009 zurechnen lassen müsse. Im übrigen wären etwaige Verhandlungen eingeschlafen, da es die Klägerin versäumt habe, die Regulierungsverhandlungen in einem angemessenen Zeitraum fortzusetzen. Da der Klägerin bereits 2009 aufgrund des Gutachtens des Instituts Dr. B. und der Einschaltung eines baubiologischen Instituts klargewesen sei, dass es sich um einen umfangreichen und komplexen Schaden handelte, sei eine solche Mitteilung noch im Laufe des Jahres 2009 zumutbar gewesen.
Im Übrigen wird gemäß § 540 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Endurteil vom 17.11.2014 (Bl. 217/224) verwiesen.
Die Klägerin hat gegen das am 24.11.2014 zugestellte Endurteil mit am 15.12.2014 beim Oberlandesgericht Bamberg eingegangenem Schriftsatz Berufung eingelegt und das Rechtsmittel mit am 22.1.2015 eingegangenem Schriftsatz begründet.
Die Berufung der Klägerin richtet sich gegen das Endurteil, soweit die Klage gegen die damalige Beklagte zu 1 abgewiesen wurde. Insoweit verfolgt die Klägerin ihre erstinstanzlich gestellten Anträge in der Berufung weiter.
Zur Begründung führt die Berufung aus, das Landgericht habe für die Berechnung der Verjährung fehlerhaft § 634 a Abs. 1 Nr. 3 BGB angewendet. Die Verjährungsfrist betrage jedoch 5 Jahre gem. § 634 a I Nr. 2 BGB, da es sich bei den Reparaturmassnahmen um Arbeiten an einem Bauwerk handele. Sollte dagegen 634 a I Nr. 1 BGB zur Anwendung kommen, beginne die Verjährung erst mit der Abnahme, an der es fehle. Eine konkludente Abnahme durch Zahlung, die bestritten werde, sei nicht anzunehmen, da keine ausreichende Prüfung und Billigung des Werks erfolgt sei. Zudem sei die Regelung des § 641 As. 1 S. 1 BGB abbedungen durch den Rechnungszusatz „Handwerkerleistungen sind gemäss VOB sofort und ohne Skontoabzug zahlbar“(BB1).
Letztlich könne dies jedoch offenbleiben. Auch bei Beginn der Verjährung sei eine Hemmung durch Verhandlungen vom 23.6.2009 bis 23.4.2013 eingetreten. Aufgrund der Regulierungsvollmacht der Haftpflichtversicherung der Beklagten, 5 Ziff. 7 AHB, müsse die Beklagte die Erklärung der Haftpflichtversicherung gegen sich gelten lassen. Von einem Einschlafenlassen der Verhandlungen sei nicht auszugehen. Die beiden Schreiben der Versicherer seien inhaltlich so zu verstehen, dass die weitere Schadensentwicklung im Sinne einer Verhandlungspause habe abgewartet werden sollen. Daher hätte die Haftpflichtversicherung der Beklagten, um die Hemmung zu beenden, initiativ werden müssen. Es handele sich überdies um einen Großschaden, der zwischen Versicherern abzuwickeln sei. Hierauf seien andere Maßstäbe anzuwenden. Der Klägerin sei keine schuldhafte Säumnis zur Mitteilung des Zeitwertschadens vorzuwerfen, da eine konkrete Bezifferung erstmals mit Schreiben vom 23.4.2013 möglich gewesen sei.
Zudem bestünden Ansprüche aus § 823 BGB aus unverjährter Zeit, da der Klagepartei die Schäden erst nach und nach bekanntgeworden seien.
Die Klägerin beantragt,
1.Die Beklagte und Berufungsbeklagte zu verurteilen, an die Klägerin 175.468,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 23.04.2013 zu zahlen.
2.Die Beklagte und Berufungsbeklagte weiter zu verurteilen, für Anwaltsvergütung aus vorgerichtlicher Tätigkeit an die Klägerin 2.714,03 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 27.08.2013 zu zahlen.
Hilfsweise:
Das angefochtene Urteil aufzuheben und den Rechtsstreit zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht Aschaffenburg zurückzuverweisen.
Die Beklagte beantragt,
Zurückweisung der Berufung.
Die Beklagte wiederholt ihren erstinstanzlichen Vortrag und verteidigt das erstinstanzliche Urteil. Sie behauptet, durch Zahlung der Rechnung vom 13.4.2009 (BB1) am 21.4.2009 (BB2), sei von einer konkludenten Abnahme auszugehen. Die Undichtigkeit sei beseitigt und der Auftraggeber zufrieden gewesen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.
Der Senat hat die Zeugen F. und T. R. vernommen. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift Bezug genommen.
II.
Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg.
Das Landgericht hat die Klage im Ergebnis zutreffend abgewiesen, da etwaige Ansprüche verjährt sind.
Ansprüche aus § 634 Nr. 4, 280 Abs. 1, 631 BGB
Ein etwaiger, auf die Klägerin nach § 86 Abs. 1 VVG übergegangener Anspruch gegen die Beklagte aus § 634 Nr. 4, 280 Abs. 1, 631 BGB ist nach § 634 a Abs. 1 Nr. 2, 195, 199 BGB verjährt.
1. Beginn der Verjährung
Entgegen der Auffassung des Landgerichts richtet sich indessen die Verjährung nicht nach § 634 a Abs. 1 Nr. 3 BGB. Es handelt sich bei der Reparatur eines Wasserrohrs zwar nicht um Arbeiten an einem Bauwerk, so dass auch § 634 a Nr. 2 BGB nicht einschlägig ist. Nach der Rechtsprechung des BGH gilt die lange Verjährung „bei Bauwerken“, wenn das Werk in der Errichtung oder der grundlegenden Erneuerung eines Gebäudes oder eines anderen Bauwerks besteht, wobei unter grundlegender Erneuerung Arbeiten zu verstehen sind, die insgesamt einer ganzen oder teilweisen Neuerrichtung gleichzuachten sind (VII ZR 182/10); das ist bei einer kleinen Reparaturmassnahme wie hier nicht der Fall. Die Verjährung richtet sich vielmehr nach 634 a Abs. 1 Nr. 1 BGB (Frist 2 Jahre, Beginn mit Abnahme). Reparaturarbeiten an einem Wasserrohr dienen der Herstellung, Veränderung bzw. Wartung einer Sache. Eines Rückgriffs auf den Auffangtatbestand des § 634 a Abs. 1 Nr. 3 BGB bedurfte es daher nicht. Gem. § 634 a, 634 Nr. 4, 280 BGB werden von der Verjährungsregelung auch Schadensersatzansprüche einschließlich aller Mangelfolgeschäden umfasst (Palandt § 634 a Rn. 5, 75. Aufl.).
Die Reparatur des Wasserrohrs wurde durch Begleichung der Schlussrechnung vom 13.4.2009 (BB1) konkludent abgenommen. Eine konkludente Abnahme kommt in Betracht, wenn das Werk jedenfalls nach den Vorstellungen des Auftraggebers im Wesentlichen mangelfrei fertiggestellt ist und der Auftragnehmer das Verhalten des Auftraggebers als Billigung seiner erbrachten Leistungen als im Wesentlichen vertragsgerecht verstehen darf (BGH VII ZR 26/12). Gemessen daran ist nach dem Ergebnis der vom Senat durchgeführten Beweisaufnahme die Reparatur des Wasserrohrs abgenommen worden. Die Beklagte gab informatorisch an, dass die Reparaturrechnung (BB1) beglichen worden sei. Den Bezahlstempel mit Datum 21.04.09 habe ihr firmenintern zuständiger Ehemann aufgebracht. Die Zeugin R. gab an, dass nach der Reparatur die aufgeklopfte Wand noch zur Trocknung offen gewesen sei. Die reparierte Leitung habe sie gesehen, wenn sie im Bad war. Sie habe die Rechnung – wie auch sonst Handwerkerrechnungenzeitnah bezahlt. Wenn sie den Eindruck habe, dass eine Werkleistung mangelhaft ist, zahle sie Handwerkerrechnungen nicht. Ihr Ehemann, der Zeuge R., gab ebenfalls an, dass er davon ausgegangen sei, dass die Reparatur ordnungsgemäss erfolgt wäre. Die Stelle sei unverputzt zum Trocknen offen gewesen und habe eigentlich am Schadenstag wieder verschlossen werden sollen. Hätte der Zeuge eine Undichtigkeit bemerkt, hätte er seine Frau angewiesen, die Rechnung nicht zu begleichen. Beide Zeugenaussagen sind glaubhaft und plausibel. Sie decken sich überdies mit den vorgelegten und insoweit inhaltlich nicht angegriffenen Anlagen. Insbesondere ergibt sich bereits aus dem klägerseits in Auftrag gegebenen und vorgelegten Privatgutachten K./ M. (S. 5, Bl. 42). dass „eine Druckprobe nach der Reparatur erfolgt und keine Undichtigkeiten in diesem Bereich festgestellt worden war. Nachfolgend ist ca. 3 Wochen lang eine Trocknung des Feuchteschadens in diesem Bereich erfolgt“. Der Prüfungszeitraum von wenigen Werktagen ist angesichts des Ausmasses der Reparaturmassnahme ausreichend.
Der Einwand der Berufung, die Regelung des § 641 I 1 BGB über die Wirkung der Abnahme sei abbedungen, verfängt nicht. Zwar sind abweichende Vereinbarungen über die Fälligkeit im Rahmen des § 271 a BGB zulässig (Palandt § 641 Rn. 10, 75. Auflage). Eine solche ergibt sich aber nicht aus dem Rechnungszusatz: „Handwerkerleistungen sind gemäss VOB sofort und ohne Skontoabzug zahlbar“ (BB1). Im Übrigen hat die für die Voraussetzungen der Verjährung darlegungs- und beweispflichtige Beklagtenpartei (Palandt § 634 a Rn. 27, 75. Auflage) substantiiert zum Ablauf der Auftragserteilung vorgetragen. Ein qualifiziertes Bestreiten der Klagepartei liegt nicht vor. Die pauschale Behauptung einer abweichenden schriftlichen Vereinbarung erfolgte ins Blaue und ist daher unbeachtlich.
Damit begann die zweijährige Verjährungsfrist des § 634 a Abs. 1 Nr. 2 BGB mit der Zahlung der Rechnung am 21.4.2009 gem. § 187 Abs. 1 BGB am 22.4.2009 zu laufen.
2. Hemmung durch Verhandlungen
Die Verjährung war jedoch in der Zeit vom 23.06.2009 bis 23.06.2010 durch Verhandlungen gehemmt. Der Begriff der Verhandlung im Sinne des § BGB § 203 BGB ist weit auszulegen. Es reicht aus, wenn ein Gläubiger klarstellt, dass er einen Anspruch geltend machen und worauf er ihn im Kern stützen will. Anschließend genügt jeder Meinungsaustausch über den Anspruch und seine tatsächliche Grundlage, es sei denn, dass der Schuldner sofort und erkennbar Verhandlungen ablehnt. Hemmung ist im Streitfall mit der Schadensanmeldung der Klägerin vom 23.06.2009 (Bl. 16) eingetreten. Zwar stellt die bloße Schadensanmeldung für sich genommen noch keine Aufnahme von Verhandlungen dar; dies ändert sich jedoch – mit Rückwirkung auf den Zeitpunkt der Schadensanmeldung – sobald der in Anspruch Genommene nicht sofort und eindeutig jeden Ersatz ablehnt, sondern sich auf eine Erörterung der Berechtigung der Ansprüche in der Sache einlässt (vgl. BGH NJW-RR 2005, 1044 ff.; st.Rspr.). Das ist hier mit dem Schreiben der X. Versicherung AG vom 19.08.2009 (Bl. 18) geschehen, denn dort wurde die Eintrittspflicht bestätigt mit der Einschränkung, dass lediglich der Zeitwert übernommen werden könne. Darauf, dass dieses Schreiben nicht von der Beklagten selbst und womöglich auch nicht von einem gem. § 167 BGB mit Vertretungsmacht ausgestatteten Dritten stammt, kommt es nicht an. Denn gem. § 242 BGB kann sich die Beklagte auf eine fehlende Vertretungsmacht der X. nicht berufen, weil diese hier unstreitig jedenfalls als zur Schadensregulierung befugte Haftpflichtversicherung tätig wurde; in einem solchen Fall kommt es nach Treu und Glauben auf eine rechtsgeschäftlich wirksame Vollmacht nicht an (vgl. BGH VersR 1981, 471 f.).
3. Einschlafenlassen der Verhandlungen.
Im Ansatz zutreffend geht das Landgericht davon aus, dass die Verhandlungen zwischen den Parteien wieder eingeschlafen sind. Die aufgrund schwebender Verhandlungen eingetretene Hemmung endet entweder durch einen klar und eindeutig erklärten Abbruch der Verhandlungen seitens des Verpflichteten oder durch „Einschlafenlassen“ der Verhandlungen seitens des Berechtigten (BGH MDR 2004, 1050HYPERLINK „http://jportal.bybn.de/jportal/portal/t/dg8/page/fpbayernrechtprod.psml?pid=Dokumentanzeige& showdoccase=1& js_peid=Trefferliste& documentnumber=1& numberofresults=2& fromdoctodoc=yes& doc.id=KORE310869800& doc.part=K& doc.price=0.0%20l%20focuspoint“ NJW 1998, 2819 ff.). Klar und eindeutig abgebrochen hat die in der Sache tätige X. Versicherung die Verhandlungen nicht; sondern vielmehr ihre Deckung bestätigt. Ihr Schreiben vom 19.08.2009 blieb aber ohne jede Reaktion. Der nächste Schritt durch die Klagepartei erfolgte erst mit Schreiben vom 23.4.2013 (Bl. 20), also 3 Jahre und 8 Monate später.
Läßt der Gläubiger die Verhandlungen einschlafen (z.B. durch Schweigen auf ein Schreiben des anderen Teils), sind sie in dem Zeitpunkt beendet, in dem der nächste Schritt nach Treu und Glauben zu erwarten war. Entgegen der Ansicht des Landgerichts kommt jedoch eine Hemmung der Verjährung gemäß § BGB § 203 BGB auch über den 31.12.2009 hinaus in Betracht, weil es bei der Beurteilung des Einschlafens von Verhandlungen und damit der Beendigung der Hemmung darauf ankommt, wann nach Treu und Glauben üblicherweise mit dem nächsten Schritt -hier also einer Reaktion der Klägerin auf das Schreiben der Haftpflichtversicherung der Beklagtenzu rechnen gewesen wäre (vgl. Palandt/Ellenberger, BGB 75. Aufl., § 203 Rdnr. 4 m. w. N.). Das ist im Normalfall spätestens nach einem Monat der Fall (vgl. Funke, in: Beck’scher VOB-Kommentar, Teil B (3. Aufl.), Vor § 2 Rdnr. 433 m. w. N.). Die Länge dieser Frist beruht im Wesentlichen auf dem Gedanken, dass sich der Empfänger des Schreibens zunächst inhaltlich mit diesem auseinandersetzen und sich sodann auch eine Antwort überlegen muss. Im vorliegenden Fall kommt jedoch die Besonderheit hinzu, dass es vorliegend um die Abwicklung eines Großschadens zwischen 2 Versicherern geht und klar war, dass die Klägerin die Schadenshöhe noch ermitteln musste und dass dies längere Zeit in Anspruch nehmen würde. Dass der Klagepartei eine konkrete Schadensbezifferung, wie sie behauptet, letztlich nicht vor dem Gutachten K./ M. vom 15.06.2012 möglich war, kann dagegen bei der Frage, wann nach Treu und Glauben üblicherweise mit dem nächsten Schritt zu rechnen wäre, nicht berücksichtigt werden. Die Klagepartei hätte, wenn sich die Schadensbezifferung länger als 1 Jahr hinzog, in einem nächsten Schritt z. B. eine Verhandlungspause zur weiteren Schadensentwicklung oder einen Verjährungseinredeverzicht erwirken können. Es wäre ihr jedenfalls nach Ablauf eines Jahres zumutbar gewesen, initiativ zu werden.
Entgegen dem Berufungsvorbringen war es nicht Sache der Beklagtenpartei, initiativ zu werden. Dies wäre z. B. dann der Fall, wenn die Beteiligten eine Verhandlungspause vereinbart hätten, um die Schadensentwicklung abzuwarten. Dann muss der Schuldner die Initiative ergreifen. (Palandt § 203 Rn. 4, 75. Auflage). Ein solches Abkommen beinhaltet einen befristeten Verzicht auf die Geltendmachung einer Forderung. Es setzt eine Vereinbarung voraus, daß der Schuldner vorübergehend zur Leistungsverweigerung berechtigt sein soll (BGH NJW 93, 1320). Diese Voraussetzungen liegen im Streitfall nicht vor. Das Schreiben der Klagepartei vom 23.06.2009 enthält eindeutig kein ausdrückliches Angebot zum Abschluß eines Stillhalteabkommens. Aber auch stillschweigend hat sie es nicht angeboten. Eine stillschweigende Vereinbarung eines Stillhalteabkommens kann z.B. in einem Schiedsgutachtenvertrag enthalten sein (BGH NJW 90, 1231, 1232), oder kann ferner beispielsweise aus einer Abrede folgen, eine Schadensentwicklung abzuwarten, um ein aussagekräftiges Stadium der Schadensentwicklung zu erreichen (BGH NJW 86, 1337, 1338). Darum ging es der Klagepartei aber nicht. Es ging ihr in dem Schreiben (K1) lediglich um die Anmeldung ihrer Ansprüche in einer prognostizierten Höhe von 60.000 € und der Bitte um Mitteilung vorab, ob die X. der Erstbeklagten Deckung gewährt und ob schon eine Prüfung zur Haftung erfolgt ist. Darüber hinaus ist ein rechtsverbindlicher Wille der Klagepartei zur Abgabe eines materiellrechtlichen Angebots zum Abschluß einer Vereinbarung eines befristeten Verzichts auf die Geltendmachung der Forderung nicht zu erkennen. Jedenfalls ergibt sich dies nicht aus dem Passus: „Wir sind zurzeit bemüht, den Schadensumfang festzustellen“.
Aber auch die Annahme eines etwaigen Angebots der Klagepartei durch die Haftpflichtversicherung der Beklagten ist nicht zu erkennen. Weder ausdrücklich noch stillschweigend. Die Haftpflichtversicherung hat lediglich ihre Eintrittspflicht bestätigt und lapidar darauf hingewiesen, dass die Schadenshöhe auf den Zeitwert beschränkt ist. Daraus lässt sich auch nicht stillschweigend die Annahme einer Verhandlungspause entnehmen, zumal das Schreiben weder eine Antwort auf die Frage, ob eine Prüfung zur Haftung erfolgt ist, noch Ausführungen zur Schadensermittlung enthält. Bereits deshalb wäre es Sache der Klägerin gewesen, nachzuhaken.
Folge ist, dass gemäß § 209 BGB der Zeitraum, während dessen die Verjährung gehemmt ist, in die Verjährungsfrist nicht eingerechnet wird. Dies bedeutet, dass die Verjährungsfrist in konkreter Berechnung um die Hemmungszeit verlängert ist. Höchstgrenzen für deren Berücksichtigung gibt es nicht (vgl. Palandt/Heinrichs BGB, 75. Aufl. § 209 Rdnr. 1 m. w. N.). Die zweijährige Verjährungsfrist ist danach am 21.4.2013 abgelaufen. Die Klageerhebung am 30.12.2013 konnte die die Verjährung daher nicht mehr hemmen.
Ansprüche aus § 823 Abs. 1 BGB
Auch ein etwaiger auf § 823 I BGB (Weiterfresserschaden) gestützter Anspruch ist verjährt. Bei ein und derselben Verletzungshandlung (hier: mangelhafte Reparaturmaßnahme Wasserrohr) läuft die einheitliche Verjährungsfrist für alle adäquat verursachten zurechen- und voraussehbaren Nachteile, sobald irgendein (Teil)- Schaden eingetreten ist. Mit der Überflutung von Erdgeschoss und Kellergeschoss des Wohnanwesens am 7.5.2009 ist der erste Schaden eingetreten. Die hierdurch entstandenen mikrobakteriellen Belastungen durch die Feuchte und Nutzungsausfälle sind zurechenund voraussehbare Nachteile. Damit beginnt die dreijährige Verjährung gem. § 199 I BGB am 31.12.2009. Gemäß § BGB § 209 BGB wird der Zeitraum, während dessen die Verjährung gehemmt ist, in die Verjährungsfrist nicht eingerechnet. Dies bedeutet, dass die Verjährungsfrist in konkreter Berechnung um die Hemmungszeit verlängert ist. Da Verhandlungen vom 23.06.09 (vor Verjährungsbeginn) bis 23.06.2010 stattfanden, ist die Verjährung am 23.6.2013 beendet. Die Klageschrift vom 27.12.2013 konnte die Verjährung daher nicht mehr hemmen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
IV.
Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen. Der Senat schließt sich der herrschenden Rechtsprechung des BGH und der anderen Obergerichte zu den hier maßgeblichen streitentscheidenden Rechtsfragen an. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung und auch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern keine Entscheidung des Revisionsgerichts.
Verkündet am 28.01.2016