Aktenzeichen M 9 K 17.3877
BayBO Art. 2 Abs. 1 S. 4, Art. 57 Abs. 1 Nr. 13 lit. a, Art. 76 S. 1
Leitsatz
1. Ein Container ist eine Anlage iSd Art. 2 Abs. 1 S. 4 BayBO, wenn dieser durch sein eigenes Gewicht ausreichend fest mit dem Boden verbunden ist und ortsfest genutzt wird. (Rn. 15) (redaktioneller Leitsatz)
2. Eine nach Art. 57 Abs. 1 Nr. 13 lit. a BayBO verfahrensfreie Baustelleneinrichtung ist eine vorübergehend aufgestellte Anlage, wobei ein konkreter Zusammenhang mit aktuellen Bauarbeiten bestehen muss. (Rn. 16) (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Beigeladene trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Gründe
Die zulässige Klage hat keinen Erfolg.
Die Beseitigungsanordnung mit Bescheid vom 14. Juli 2017 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO, Art. 76 Satz 1 BayBO. Der Container wurde im Widerspruch zur öffentlich-rechtlichen Vorschriften errichtet. Auf andere Weise konnten keine rechtmäßigen Zustände hergestellt werden.
Nach Art. 76 Satz 1 BayBO kann die Bauaufsichtsbehörde die teilweise oder vollständige Beseitigung von Anlagen anordnen, die im Widerspruch zur öffentlich-rechtlichen Vorschriften errichtet oder geändert wurden, wenn nicht auf andere Weise rechtmäßige Zustände hergestellt werden können.
Der Container ist eine Anlage im Sinne des Art. 2 Abs. 1 Satz 4 BayBO, da er nicht nur ganz vorübergehend aufgestellt wurde. Der Container stand mindestens seit dem 30. Oktober 2015 auf dem Grundstück und stand dort noch zum Zeitpunkt des Ortstermins und der mündlichen Verhandlung durch das Verwaltungsgericht am 7. August 2019. Es handelt sich um eine Anlage, da der Container durch sein eigenes Gewicht ausreichend fest mit dem Boden verbunden war und ortsfest genutzt wurde.
Der Container wurde formell-rechtlich unzulässig ohne erforderliche Genehmigung aufgestellt. Die Aufstellung des Containers war nicht nach Art. 57 Abs. 1 Nr. 13 Buchst. a BayBO als Baustelleneinrichtung verfahrensfrei. Eine Baustelleneinrichtung ist eine vorübergehend aufgestellte Anlage, wobei ein konkreter Zusammenhang mit aktuellen Bauarbeiten bestehen muss. Ein solcher enger zeitlicher und funktionaler Zusammenhang bestand von Anfang an nicht, mit der Folge, dass es sich nicht um eine Baustelleneinrichtung gehandelt hat (BayVGH B.v. 30.7.1985 – 2 CS 85A.1180). Dies hat zur Folge, dass die Aufstellung des Containers gemäß Art. 55 Abs. 1 BayBO als bauliche Anlage einer Baugenehmigung bedarf. Entgegen der Auffassung des Klägers reicht es für den Beginn und die Durchführung von Renovierungsarbeiten nicht, dass zu irgendeinem Zeitraum das Gebäude eingerüstet wurde und auf dem Grundstück auch Produkte gelagert wurden. Nach dem Ergebnis der Ortseinsichten, dokumentiert durch Fotografien, haben jahrelang keine Bauarbeiten stattgefunden. Der Kläger hat dies bestätigt und angegeben, dass er die Renovierung zurückgestellt habe mit Rücksicht auf die Wohnungssuche seiner Mieterin.
Der Container ist materiell-rechtlich nicht baugenehmigungsfähig, da er bereits Bauplanungsrechtlich nicht zulässig ist. Der Container befindet sich im Außenbereich nach § 35 BauGB und ist kein privilegiertes Vorhaben. Die Aufstellung des Containers als bauliche Anlage beeinträchtigt öffentliche Belange, da dieser als sonstiges Vorhaben im Außenbereich den Darstellungen des Flächennutzungsplans widerspricht, der hier eine Fläche für Bahnanlagen ausweist, § 35 Abs. 2, Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BauGB. Die Aufstellung des Containers im Außenbereich beeinträchtigt das Landschaftsbild, § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB; nach dem Ergebnis des Augenscheins ist der Container von Baumaterial und Bauschutt umgeben, wodurch dieser Eindruck verstärkt wird. Da der Container aufgrund seiner Größe als Aufenthaltsraum geeignet ist und über ein Fenster verfügt, steht auch der öffentliche Belang der drohenden Entstehung einer Splittersiedlung dem Vorhaben entgegen, § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 BauGB.
Die Beseitigungsanordnung ist nicht deshalb rechtswidrig geworden, weil der Kläger mittlerweile mit den Bauarbeiten begonnen hat. Grundsätzlich ist eine Beseitigungsanordnung nur dann rechtmäßig, wenn die Errichtung der baulichen Anlage auch zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung bis zur Entscheidung des Gerichts formell – und materiell – rechtlich rechtswidrig ist. Die Bauarbeiten wurden wegen formeller Illegalität am 30. Juli 2019 eingestellt, so dass bereits deshalb der Container nicht mittlerweile als Baustelleneinrichtung nach Art. 57 Abs. 1 Nr. 13 Buchst. a BayBO verfahrensfrei zulässig geworden ist. Es fehlt nach wie vor der funktionale und konkrete Zusammenhang mit aktuellen Bauarbeiten, da diese nicht stattfinden. Nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung besteht ungeachtet des Baustopps auch deshalb kein funktionaler Zusammenhang zu den Bauarbeiten, da der Container für die Durchführung der Bauarbeiten nicht erforderlich ist und auch nicht dafür genutzt wird. Ausweislich eines Blicks durch die Fenster wird der Container vor allem als Lager für Fahrräder und sonstige, nicht baustellentypische Gerätschaften genutzt. Unter Berücksichtigung der ortsnahen Lage am Bahnhof und der durchgeführten Bauarbeiten ist darüber hinaus nicht ersichtlich, warum ein Container als Aufenthaltsraum ohne Sanitäranlagen notwendig sein sollte. Der Kläger hat keine Angaben zu den beabsichtigten Baumaßnahmen gemacht.
Die Anordnung der Beseitigung ist verhältnismäßig und ermessensgerecht. Die Beseitigung verfolgt das legitime Ziel, den Außenbereich von baulichen Anlagen freizuhalten und ist zur Erreichung des Ziels auch geeignet. Die Beseitigungsanordnung ist erforderlich, da kein milderes Mittel ersichtlich ist. Sie ist angemessen und verhältnismäßig, da das Landratsamt sich mehrere Jahre um eine einvernehmliche Regelung gemeinsam mit dem Kläger vergebens bemüht hat. Die Anordnung zur Beseitigung ist auch nicht unverhältnismäßig. Sofern der Kläger im Rahmen der Renovierungsarbeiten möglicherweise einen Container aufstellen darf, ist es ihm zuzumuten, dies erneut zu tun. Zum einen hat der Kläger mehrere Jahre vor Beginn der Bauarbeiten den Container bereits aufgestellt und zum anderen hat er ebenfalls über mehrere Jahre hinweg keine Angaben zu den beabsichtigten Baumaßnahmen gemacht. Vielmehr hat er im Rahmen der mündlichen Verhandlung erklärt, dass er nach seinem Kenntnisstand keiner Baugenehmigung bedürfe und deshalb auch keine beantrage. Raum dafür, vorübergehend den Container bis zum Abschluss der Bauarbeiten auf dem Grundstück zu erlauben, besteht danach keiner.
Die Klage war mit der Kostenfolge des § 154 VwGO abzuweisen.
Es entspricht der Billigkeit, dass die Beigeladene ihre außergerichtlichen Kosten selber trägt, da sie nicht durch Antragstellung ein Prozessrisiko eingegangen ist.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.