Baurecht

Erfolglose Klage auf Erteilung eines Bauvorbescheides für zwei Mehrfamilienhäuser mit Tiefgarage

Aktenzeichen  M 8 K 17.1231

Datum:
3.12.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 34606
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 91, § 113 Abs. 5, § 117 Abs. 3 S. 2, Abs. 5
ZPO § 266 Abs. 1 S. 1
BauGB § 30 Abs. 3, § 34 Abs. 1 S. 1
BayBO Art. 50 Abs. 1 S. 5, Art. 64 Abs. 2 S. 1, Art. 68 Abs. 1 S. 1 Hs. 1, Art. 71 S. 1, S. 4, Art. 80 Abs. 4
BauVorlV

 

Leitsatz

1 Die zur Prüfung eines Vorbescheidsantrages vorgelegten Bauvorlagen und die in ihnen enthaltenen Angaben müssen vollständig, richtig und eindeutig sein. (Rn. 23) (redaktioneller Leitsatz)
2 Stellt sich bei der Prüfung durch die Behörde heraus, dass die eingereichten Bauvorlagen inhaltlich unrichtige Angaben enthalten bzw. widersprüchlich oder sonst als Entscheidungsgrundlage für die Genehmigung ungeeignet sind, darf die Genehmigung nicht erteilt werden. (Rn. 23) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe

Die zulässige Klage ist unbegründet und hat daher keinen Erfolg. Die negative Beantwortung der Vorbescheidsfragen durch die Beklagte im streitgegenständlichen Vorbescheid vom 7. März 2017 ist nicht rechtswidrig und verletzt die Klägerin daher nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 5 Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO). Der Klägerin steht kein Anspruch auf positive Beantwortung der Vorbescheidsfragen zu.
1. Vorab ist festzustellen, dass der erfolgte und der Beklagten angezeigte Bauherrenwechsel gemäß Art. 50 Abs. 1 Satz 5 Bayerische Bauordnung (BayBO) vorliegend keinen Einfluss auf die prozessuale Stellung der Klägerin als Klagepartei hat. Eine subjektive Klageänderung gemäß § 91 VwGO bzw. § 266 Abs. 1 Satz 1 Zivilprozessordnung (ZPO) in Gestalt eines Klägerwechsels ist nicht erfolgt.
Unabhängig von der Frage, ob hier im Rahmen eines Bauherrenwechsels die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 266 Abs. 1 Satz 1 ZPO (analog) überhaupt anwendbar sind, hat der Bauherrenwechsel jedenfalls deshalb keine prozessuale Relevanz, weil keiner der Beteiligten – weder die Klägerin, noch der neue Bauherr oder die Beklagte – einen Klägerwechsel durch Prozesserklärung (Rennert in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 91 Rn. 25) beantragt hat.
2. Die Klage ist unbegründet, da der Klägerin kein Anspruch auf positive Beantwortung der Vorbescheidsfragen gemäß Art. 71 Satz 1 und Satz 4 BayBO i.V.m. Art. 68 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 BayBO zusteht.
2.1 Eine positive Beantwortung der Vorbescheidsfrage 1 (Vorhaben in Variante A) kommt bereits deshalb nicht in Betracht, weil die Bauvorlagen zu unbestimmt sind.
2.1.1 Eine Baugenehmigung (und damit auch ein Vorbescheid gemäß Art. 71 Satz 4 BayBO) ist zu erteilen, wenn dem Bauvorhaben keine öffentlich-rechtlichen Vorschriften entgegenstehen, die im bauaufsichtlichen Genehmigungsverfahren zu prüfen sind, Art. 68 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 BayBO. Dies setzt voraus, dass das Bauvorhaben anhand von Bauantrag und Bauvorlagen geprüft werden kann.
Denn Art. 64 Abs. 2 Satz 1 BayBO bestimmt insofern, dass mit dem Bauantrag alle für die Beurteilung des Bauvorhabens und die Bearbeitung des Bauantrags erforderlichen Unterlagen (Bauvorlagen) einzureichen sind. Art, Umfang und Inhalt der vorzulegenden Bauvorlagen ergeben sich dabei aus der Bauvorlagenverordnung (BauVorlV), vgl. Art. 80 Abs. 4 BayBO. Die vorgelegten Bauvorlagen und die in ihnen enthaltenen Angaben müssen dabei vollständig, richtig und eindeutig sein (vgl. Gaßner in Simon/Busse, BayBO, Stand: 128. EL Dezember 2017, Art. 64 Rn. 75). Stellt sich bei der Prüfung durch die Behörde heraus, dass die Bauvorlagen inhaltlich unrichtige Angaben enthalten bzw. widersprüchlich oder sonst als Entscheidungsgrundlage für die Baugenehmigung ungeeignet sind, darf die Baugenehmigung nicht erteilt werden (vgl. Gaßner, a.a.O. Rn. 80; VG München, B.v. 28.11.2017 – M 8 SN 17.4766 – juris Rn. 57).
2.1.2 Dies zugrunde gelegt, sind die von der Klägerin vorgelegten Bauvorlagen in Bezug auf Variante A in sich widersprüchlich. Exemplarisch sei nur auf die folgenden Aspekte hingewiesen:
Nicht nachvollziehbar ist, warum im Schnitt A-A bei dem einen Gebäude eine Firsthöhe von 11,185 m und bei dem anderen eine solche von 11,19 m angegeben ist, obwohl die Oberkante des Geländes und die Oberkante der Firsthöhe jeweils identisch mit -0,03 m bzw. +11,22 m eingetragen sind. Weiter können beide dort angegebenen Firsthöhen nicht korrekt sein, falls die genannten Oberkanten richtig sein sollten; die Firsthöhe würde dann 11,25 m betragen. Auch ergibt die Differenz zwischen der vermassten Firsthöhe von +11,22 m und der Höhe des Mansardknicks von +10,84 m nicht 0,315m, sondern 0,38 m. Die angegebene Gebäudebreite von 12,50 m ergibt sich schließlich weder aus der Summe von 4,47 m + 3,555 m + 4,47 m (=14,495 m) noch aus der Summe von 4,47 m + 4,86 m + 4,47 m (= 13,80 m).
2.2 Beide Vorhabenvarianten fügen sich darüber hinaus hinsichtlich des Maßes der baulichen Nutzung nicht in die maßgebliche Umgebung gemäß § 34 Abs. 1 Satz 1 Baugesetzbuch (BauGB) ein.
Die maßgebliche Umgebung ist vorliegend der innere Bereich des Quartiers …promenade, …straße, …straße und …straße. Die schmalen Randbereiche im Nordosten (jedenfalls die Fl.Nr. … und …) und Südwesten (jedenfalls die Fl.Nr. … und …) des Quartiers unterscheiden sich hiervon strukturell durch deutlich kleinere Grundstücke mit einem verhältnismäßig hohen baulichen Ausnutzungsgrad. Die gegenüberliegende Seite der …promenade (Süd-Ost-Seite) gehört ebenfalls nicht zur maßgeblichen Umgebung. Zur Vermeidung von Wiederholung wird auf die Ausführungen des Gerichts im rechtskräftigen Urteil im Verfahren M 8 K 15.1603 (U.v. 11.4.2016 – M 8 K 15.1603 – juris Rn. 66 ff.) Bezug genommen. Das Gericht macht sich insbesondere die im Augenschein am 11. April 2016 getroffenen Feststellungen zu eigen, da sich die maßgebliche nähere Umgebung in Bezug auf die Bebauung mit Hauptgebäuden seither nicht verändert hat (vgl. § 117 Abs. 3 Satz 2 und Abs. 5 VwGO).
In diese maßgebliche Umgebung fügen sich die Vorhaben mit einer Grundfläche der jeweils zwei Baukörper von insgesamt 350 m² bei einer Grundstücksgröße von 1.120,27 m² (abgegriffen aus BayernAtlas-Plus) nicht ein, da hier ein derart hohes Verhältnis von Freifläche zu mit Hauptgebäuden bebauter Fläche (31%) nicht vorhanden ist. So beträgt der Bebauungsgrad des Grundstücks …straße 6 mit einem Gebäude mit 209,94 m² Grundfläche (abgegriffen aus BayernAtlas-Plus) bei einer Grundstücksgröße von 851,93 m² (abgegriffen aus BayernAtlas-Plus) nur 25%. Diese erheblichen Unterschiede in der Bebauung sind auch nach außen hin – insbesondere bei Heranziehung des amtlichen Lageplans – wahrnehmbar. Insoweit wird wiederum auf die Ausführungen im Verfahren M 8 K 15.1603 (U.v. 11.4.2016 – M 8 K 15.1603 – juris Rn. 76 f.) Bezug genommen (vgl. § 117 Abs. 5 VwGO). Damals sollten auf demselben Grundstück in Variante 2 insgesamt 280 m² bebaut werden, wofür das Gericht keinen maßgeblichen Vergleichsfall erkennen konnte. Das Gericht hält an dieser Rechtsauffassung fest, weshalb eine Bebauung mit 350 m² erst recht den Rahmen der vorhandenen Bebauung sprengt.
3. Die Klage war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung ergeht gemäß § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.

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