Aktenzeichen Au 2 K 16.644
Leitsatz
1. Bei der Gefahr von Bodenerosion handelt es sich um eine Tatsache, die unabhängig davon besteht, ob bzw. wann das Bestehen einer solchen Gefahr amtlich überprüft oder festgestellt worden ist. (redaktioneller Leitsatz)
2. Es ist mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar, wenn die Behörde zunächst nur Fälle aufgreift, in denen eine Verschlechterung des bestehenden Zustands droht bzw. die Beseitigung des rechtswidrigen Zustands besonders dringlich erscheint. (redaktioneller Leitsatz)
3. Die Frage, ob ein angefochtener Bescheid materiell rechtmäßig oder rechtswidrig ist, richtet sich nach dem Recht, das geeignet ist, die getroffene Regelung zu rechtfertigen. Erweist sie sich aus anderen als in dem Bescheid angegebenen Gründen als rechtmäßig, ohne dass sie durch den Austausch der Begründung in ihrem Wesen geändert würde, dann ist der Verwaltungsakt im Sinne des § 113 Abs. 1 S. 1 VwGO nicht rechtswidrig. (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
I.
Das Verfahren wird eingestellt, soweit die Klage zurückgenommen wurde. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
II.
Die Kosten des Verfahrens hat der Kläger zu tragen.
III.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Gründe
A) Soweit die Klage mit Schriftsatz vom 17. November 2016 zurückgenommen worden ist, ist das Verfahren gemäß § 92 Abs. 3 VwGO einzustellen. Nachdem sich der ursprüngliche Klageantrag vom 25. April 2016 ausdrücklich gegen den gesamten Bescheid des Beklagten vom 23. März 2016 gerichtet hatte und die Antragstellung auch keinem weiteren Schriftsatz vorbehalten worden war, ist in der „Korrektur“ des Klageantrags eine Teilklagerücknahme hinsichtlich Ziffer 4 des streitgegenständlichen Bescheids zu erblicken.
B) Im Übrigen ist die Klage zulässig, aber unbegründet.
Der angegriffene Bescheid ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
1. Die verfahrensgegenständliche Verpflichtungen des Klägers zur Wiederherstellung von Dauergrünland unter Vorlage entsprechender Nachweise nach den Ziffern 1 und 2 sowie die unter Ziffer 3 verfügte Unterhaltungspflicht finden ihre Rechtsgrundlage in § 3 Abs. 2 i. V. m. § 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG. § 3 Abs. 2 BNatSchG ermächtigt die sachlich und örtlich zuständige – staatliche – untere Naturschutzbehörde (§ 3 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG, Art. 44 Abs. 2 Satz 1, Art. 43 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 3 BayNatSchG, Art. 3 Abs. 1 Nr. 1 BayVwVfG, Art. 37 Abs. 1 Satz 2 LKrO) im Rahmen der ihr obliegenden allgemeinen gesetzlichen Überwachungspflichten dazu, nach pflichtgemäßem Ermessen die im Einzelfall erforderlichen Maßnahmen zu treffen, um die Einhaltung der Vorschriften des Bundesnaturschutzgesetzes und der aufgrund dieses Gesetzes erlassenen Vorschriften sicherzustellen, soweit nichts anderes bestimmt ist. Hierzu zählen auch die Vorschriften für besonders geschützte Tier- und Pflanzenarten (§§ 44 ff. BNatSchG), insbesondere der in § 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG für wildlebende besonders geschützte Arten normierte Lebensstättenschutz. Unter den Status der besonders geschützten Arten fallen gemäß § 7 Abs. 2 Nr. 13 Buchst. b BNatSchG nicht unter Buchst. a fallende Tier- und Pflanzenarten, die in Anhang IV der Richtlinie 92/43/EWG aufgeführt sind bzw. die als streng geschützte Arten im Sinn von § 7 Abs. 2 Nr. 14 BNatSchG per se besonders geschützte Arten sind. Die Bachmuschel (unio crassus) gehört nach § 7 Abs. 2 Nr. 13 Buchst. b Unterbuchst. aa bzw. § 7 Abs. 2 Nr. 14 Buchst. b BNatSchG i. V. m. dem Anhang IV der Richtlinie RL 92/43/EWG zu den besonders geschützten Arten i. S. d. § 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG.
Es kann vorliegend dahingestellt bleiben, ob die Anwendung der Befugnisnorm des § 3 Abs. 2 BNatSchG ausscheidet, weil sie als Auffangnorm grundsätzlich subsidiär zu speziellen Eingriffsbefugnissen, etwa hinsichtlich der Bewirtschaftungsvorgaben nach § 44 Abs. 4 Satz 3 BNatSchG, ist (vgl. hierzu: Hendrischke in Frenz/Müggenborg, BNatSchG, 1. Aufl. 2011, § 3 Rn. 43; Müller-Walter in Lorz/Konrad/Mühlbauer/Müller-Walter/Stöckel, Naturschutzrecht, 3. Aufl. 2013, § 3 Rn. 3 und 7; a.A. wohl Krohn in GK-BNatSchG, 2012, § 3 Rn. 17). Zwar enthält § 44 Abs. 4 BNatSchG eine gesetzliche Privilegierung für bestimmte Handlungen und normiert eine tatbestandsausschließende Regelung zu den sonst strikt geltenden Verboten des § 44 Abs. 1 und Abs. 2 BNatSchG (Müller-Walter in Lorz/Konrad/Mühlbauer/Müller-Walter/Stöckel, Naturschutzrecht, 3. Aufl. 2013, § 44 Rn. 35; Heugel in Lütkes/Ewer, BNatSchG, 2011, § 44 Rn. 36; Schüttel/Gerbig in GK-BNatSchG, 2012, § 44 Rn. 44). Allerdings wird hiervon ausschließlich die land-, forst- und fischereiwirtschaftliche Bodennutzung erfasst. Andere Bewirtschaftungsformen oder Tätigkeiten unterfallen nicht dem Tatbestand der Sonderregelung. Die land-, forst- und fischereiwirtschaftliche Bodennutzung muss zudem den in § 5 Abs. 2 bis 4 BNatSchG bzw. Art. 3 BayNatSchG genannten Anforderungen sowie den sich aus § 17 Abs. 2 BBodSchG und dem Recht der Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft ergebenden Anforderungen der guten fachlichen Praxis entsprechen. Diesen Vorgaben genügen beispielsweise nicht standortangepasste Nutzungen wie ein Grünlandumbruch in einer erosionsgefährdeten Hanglage nicht (Müller-Walter in Lorz/Konrad/Mühlbauer/Müller-Walter/Stöckel, Naturschutzrecht, 3. Aufl. 2013, § 44 Rn. 36 f.; Schüttel/Gerbig in GK-BNatSchG, 2012, § 44 Rn. 44; Lau in Frenz/Müggenborg, BNatSchG, 2011, § 44 Rn. 30). Vorliegend erfolgte der Umbruch auf einem erosionsgefährdeten Standort, wie der Beklagte mit Schriftsätzen vom 30. Juni und 24. November 2016 bestätigt hat und sich aus den von der Landesanstalt für Landwirtschaft vorgelegten Daten (siehe Bl. 186 – 190 der Behördenakte; Bl. 44 – 49 der Gerichtsakte) ermitteln lässt. Danach überschreitet der Regenfaktor (R) 83, der Bodenfaktor (K) 0,45, der Hangneigungsfaktor (S) 0,7 und der Hanglängenfaktor (L) 2,1 im Produkt den kritischen Wert von 30. Aber auch nach der seit 12. April 2016 anzuwendenden Berechnungsmethode ist das klägerische Grundstück als erosionsgefährdet einzustufen (vgl. Stellungnahme des Amts für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, …, vom 18.7.2016). Grünland soll dort grundsätzlich erhalten bleiben (vgl. Arbeitshilfe LfU/LfL zum Grünlanderhalt vom 4.7.2013 – www.lfl.-bayern.de/mam/cms07/verschiedenes/dateien/iab_jahresbericht_ 2013.pdf, S. 16). Der Umbruch von Dauergrünland zu Ackerland unterfällt nicht der landwirtschaftlichen Bodennutzung im Sinne der Urproduktion (Müller-Walter in Lorz/Konrad/Mühlbauer/Müller-Walter/Stöckel, Naturschutzrecht, 3. Aufl. 2013, § 44 Rn. 36 f.) und ist demnach – wie in anderen vergleichbaren Vorschriften – nicht von der Landwirtschaftsklausel gedeckt (BVerwG, B. v. 4.6.2003 – 4 BN 27.03 – juris Rn. 9; BayVGH, U. v. 2.2.2106 – 14 ZB 15.147 – juris Rn. 9; U. v. 1.8.1988 – 9 N 87.01708 – NuR 1989, 182; in Bezug auf Art. 6 Abs. 4 BayNatSchG: Engelhardt/Brenner/Fischer-Hüftle/Egner/Meßerschmidt, Naturschutzrecht in Bayern, Stand April 2016, Art. 6 Rn. 24). Aus dem Umstand, dass der Beklagte das Grundstück bei Bescheiderlass zunächst nicht zweifelsfrei als erosionsgefährdet eingestuft hatte, kann der Kläger nichts für sich herleiten. Denn bei der Gefahr von Bodenerosion handelt es sich um eine Tatsache, die unabhängig davon besteht, ob bzw. wann sie amtlich überprüft oder festgestellt worden ist (VG Augsburg, U. v. 24.9.2015 – Au 2 K 15.448 – juris Rn. 32).
2. Die tatbestandlichen Voraussetzungen für ein Eingreifen des Beklagten lagen vor, denn der Kläger hat durch den von ihm im Jahr 2014 vorgenommenen Grünlandumbruch der Regelung des § 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG zuwider gehandelt. Nach dieser Vorschrift ist es verboten, Fortpflanzungs- oder Ruhestätten der wild lebenden Tiere der besonders geschützten Arten aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören.
Der …-graben ist Lebensraum für Bachmuscheln, einer besonders geschützten Art (s.o.), und damit deren Fortpflanzungs- und Ruhestätte im Sinne der vorgenannten Vorschrift.
Ein Beschädigen der Lebensstätte ist die Herbeiführung einer Mangelhaftigkeit, d. h. jede Beeinträchtigung der Funktionsfähigkeit als Fortpflanzungs- oder Ruhestätte (VG Stade, U. v. 15.4.2014 – 1 A 2638/13 – juris Rn. 31 f.; Müller-Walter in Lorz/Konrad/Mühlbauer/Müller-Walter/Stöckel, Naturschutzrecht, 3. Aufl. 2013, § 44 Rn. 23). Hierzu können auch graduelle und indirekte Beeinträchtigungen der ökologischen Funktionalität der Lebensstätte zählen (Heugel in Lütkes/Ewer, BNatSchG, 2011, § 44 Rn. 18). Durch die Ackernutzung auf dem klägerischen Grundstück und dem damit einhergehenden Bodenabtrag kommt es, wie es sich aus dem vorgelegten Bildmaterial (vgl. Bl. 6, 173 – 177, 210 – 212 der Behördenakte) entnehmen lässt und in den Schreiben des Beklagten u. a. vom 7. Januar 2015, 23. Februar 2015 und 30. April 2015 anlässlich mehrerer Vor-Orttermine bestätigt wurde (siehe auch Stellungnahme des Naturschutzreferenten vom 20.9.2016, S. 3), insbesondere bei stärkeren Regenereignissen zu einem nicht unerheblichen Sedimenteintrag in den …-graben. Nach dem Managementplan der Regierung von … für das FFH-Gebiet „Bachmuschelbestände bei …“ … vom Dezember 2010 (S. 6), der Stellungnahme des Büros …, …, vom 10. April 2012 und dem Bericht der TU München (S. 74) führt der Eintrag von Sedimenten zu einer mittel bis schlechten Bewertung des Erhaltungszustands hinsichtlich der Substratqualität. Bachmuscheln reagieren sehr empfindlich auf Nährstoff- und Feinsedimenteinträge, so dass durch den vom klägerischen Grundstück ausgehenden Sedimenteintrag zumindest eine „schleichende“ Verschlechterung hervorgerufen wird, welche ebenfalls eine Beschädigung darstellt und damit unter das Verbot des § 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG fallen kann (vgl. D. Kratsch in Schumacher/Fischer-Hüftle, BNatSchG, 2. Aufl. 2010, § 44 Rn. 38). Insofern kommt es entgegen der Auffassung des Klägers nicht weiter darauf an, ob die Beeinträchtigung der Funktionsfähigkeit als Fortpflanzungs- oder Ruhestätte bereits nachweislich zu einem Bestandsrückgang geführt hat. Entsprechendes gilt im Hinblick auf die vom Kläger aufgeworfene Frage, ob Änderungen im Ablauf des Grabens einen erheblich höheren Einfluss auf die Sedimentbelastung gehabt haben könnten oder von einem dem …-graben gegenüber liegenden Grundstück eines Dritten ebenfalls ein Sedimenteintrag zu besorgen sei. Selbst wenn dies der Fall wäre, entbindet dies den Kläger nicht von dem Verbotstatbestand des § 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG. Damit ist der Anwendungsbereich des § 3 Abs. 2 BNatSchG eröffnet, da die Befugnis zur Abwehr von Zuwiderhandlungen gegen naturschutzrechtliche Vorschriften nicht erst bei der eingetretenen und andauernden Störung in Form einer erfolgten oder gegenwärtigen Rechtsverletzung einsetzt, sondern bereits bei einer konkreten Gefahr (Hendrischke in Frenz/Müggenborg, BNatSchG, 1. Aufl. 2011, § 3 Rn. 32; Krohn in GK-BNatSchG, 2012, § 3 Rn. 20; VG Augsburg, U. v. 17.12.2015 – Au 2 K 15.1343 – juris Rn. 28).
3. Ermessensfehler liegen nicht vor. Nach § 3 Abs. 2 BNatSchG hat der Beklagte bei Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen ein Ermessen, das er nach Art. 40 BayVwVfG entsprechend dem Zweck der Ermächtigung auszuüben und dabei die gesetzlichen Grenzen einzuhalten hat. Die gerichtliche Überprüfung des Ermessens ist allerdings darauf beschränkt, zu prüfen, ob die in § 114 Satz 1 VwGO genannten besonderen Voraussetzungen eingehalten sind (Kopp/Schenke, VwGO, 22. Aufl. 2016, § 114 Rn. 4).
a) Ob die Behörde von ihrer Befugnis aus § 3 Abs. 2 BNatSchG Gebrauch macht, steht in ihrem Ermessen (Entschließungsermessen). Allerdings sind das Einschreiten gegen rechts- oder ordnungswidrige Zustände oder das Nichteinschreiten keine gleichwertigen Alternativen, sondern das Einschreiten ist die Regel. Der Beklagte musste daher vorliegend nicht weiter begründen, warum er gegen seiner Meinung nach rechtswidrige Zustände vorgeht (Fischer-Hüflte/Schumacher in Schumacher/Fischer-Hüftle, BNatSchG, 2. Aufl. 2010, § 3 Rn. 8 m. w. N.; Krohn in GK-BNatSchG, 2012, § 3 Rn. 23 m. w. N.). Entgegen der Auffassung des Klägers ist insofern auch kein Ermessensfehler wegen unvollständiger Sachverhaltsermittlung gegeben. Denn der Beklagte geht – im Ergebnis zu Recht – von einer Zuwiderhandlung des § 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG aus (s.o.) und hat dies seiner Ermessensentscheidung zugrunde gelegt.
b) Das vom Beklagten vorgenommene Auswahlermessen hält ebenfalls einer rechtlichen Prüfung stand. Dieses besteht hinsichtlich der in Anspruch zu nehmenden Person sowie der anzuordnenden Maßnahme. Dabei ist der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu wahren.
Der Kläger ist richtiger Adressat der Wiederherstellungsanordnung; ein Auswahlermessen zwischen mehreren Verantwortlichen bestand für den Beklagten nicht. Der Kläger hat den Wiesenumbruch durchgeführt und ist damit Verursacher. Wie oben dargelegt kommt es insofern nicht weiter darauf an, ob zum Sedimenteintrag und der damit einhergehenden Sedimentbelastung im …-graben weitere, andere Umstände oder Dritte (mit)beigetragen haben. Selbst wenn von dem gegenüberliegenden Grundstück ebenfalls ein Sedimenteintrag zu besorgen wäre, ist es mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar, wenn die Behörde zunächst nur Fälle aufgreift, in denen eine Verschlechterung des bestehenden Zustands droht bzw. die Beseitigung des rechtswidrigen Zustands besonders dringlich erscheint (OVG Lüneburg, U. v. 29.10.1993 – 6 L 72/92 – UPR 1994, 395 m. w. N.).
Die ergriffene Maßnahme ist verhältnismäßig, da kein gleich geeignetes, milderes Mittel zur Verfügung steht. Vielmehr haben sich die bisher getroffenen Maßnahmen, namentlich die Errichtung der Sedimentfänge wie auch die begrenzte Ausbringung einer Untersaat gemäß der behördlichen Anordnung vom 4. Mai 2015, als nicht ausreichend erwiesen. Der zusätzliche Pufferstreifen mit einer Breite von ca. 22 Metern auf dem streitgegenständlichen Grundstück ist auch nicht überdimensioniert, da nach der Mitteilung des Büros …, …, vom 10. April 2012 eine Mindestbreite von 20 Meter als notwendig erachtet wird. Allerdings wurde seinerzeit von einem intensiv bewirtschafteten Grünland ausgegangen. Die Verhältnisse insbesondere in Bezug auf den Bodenabtrag stellen sich aber durch die Umwandlung des Grünlands in Ackerland grundlegend anders dar. Im Hinblick auf die bestehende Erosionsgefahr ist es jedenfalls als angemessen anzusehen, wenn statt der vollständigen Wiedereinsaat des klägerischen Grundstücks nur die Umwandlung eines ca. 22 Meter breiten Streifens – neben der Unterhaltung der Sedimentfänge – gefordert wird. Nach dem Managementplan für das FFH-Gebiet „Bachmuschelbestände bei … stellen extensiv genutzte Gewässerrandstreifen einen wirksamen Schutz der Fließgewässer vor Schadstoff- und Sedimenteinträgen dar. Je breiter die Pufferzone, umso besser ist der Abschirmungseffekt. Da nach der naturschutzfachlichen Einschätzung bei Grünland die beste Schutzwirkung erzielt wird, ist der Beklagte auch nicht darauf zu verweisen, auf dem Grundstück Fl.Nr. … des Landkreises … anderweitige Schutzmaßnahmen zu ergreifen. Insofern verkennt die Klagepartei, dass sie – und nicht der Eigentümer des Grundstücks Fl.Nr. … – durch den Grünlandumbruch auf einem erosionsgefährdeten Standort die maßgebliche Ursache dafür gesetzt hat, dass der ursprüngliche Pufferstreifen nicht mehr ausreichend dimensioniert ist.
4. Schließlich kommt, sofern entgegen obigen Ausführungen (siehe 1.) vom Vorrang speziellerer Eingriffsbefugnisse ausgegangen wird, eine Aufrechterhaltung der Anordnungen in Ziffer 1 bis 3 des angefochtenen Bescheids auf anderer rechtlicher Grundlage – hier von § 44 Abs. 4 Satz 3 BNatSchG – in Betracht. Die Frage, ob ein angefochtener Bescheid materiell rechtmäßig oder rechtswidrig ist, richtet sich nach dem Recht, das geeignet ist, die getroffene Regelung zu rechtfertigen. Erweist sie sich aus anderen als in dem Bescheid angegebenen Gründen als rechtmäßig, ohne dass sie durch den Austausch der Begründung in ihrem Wesen geändert würde, dann ist der Verwaltungsakt im Sinne des § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO nicht rechtswidrig (BVerwG, U. v. 27.1.1982 – 8 C 12.81 – BVerwGE 64, 356; U. v. 19.8.1988 – BVerwG 8 C 29.87 – BVerwGE 80, 96/98; U. v. 31.3.2010 – 8 C 12.09 – juris Rn. 10). So liegt der Fall hier. Der Austausch beider Normen ließe den Tenor der Grundverfügung unberührt. Er erfordert auch keine wesentlich anderen oder zusätzlichen Erwägungen im Rahmen des Auswahlermessens. Zwar hebt § 44 Abs. 4 Satz 3 BNatSchG ausdrücklich mögliche kooperative und informationelle Instrumente hervor. Andererseits verpflichtet diese Vorschrift die zuständige Behörde aber zur Anordnung der notwendigen Bewirtschaftungsvorgaben, wenn diese Instrumente im Einzelfall nicht sicherstellen können, dass sich der Erhaltungszustand der lokalen Population der betreffenden Art nicht verschlechtert. Anders als der Kläger meint, besteht zwischen kooperativen und informationellen Instrumenten einerseits und ordnungsrechtlichen Mitteln andererseits kein Rangverhältnis dergestalt, dass die Behörde gehalten ist, zuvor alle in Betracht kommenden anderweitigen Schutzmaßnahmen zu treffen, ehe sie hoheitlich einschreitet (Heugel in Lütkes/Ewer, BNatSchG, 2011, § 44 Rn. 40; Lau in Frenz/Müggenborg, BNatSchG, 2011, § 44 Rn. 33; Schüttel/Gerbig in GK-BNatSchG, 2012, § 44 Rn. 48 f.). Dies zugrunde gelegt stehen den unter Ziffer 1 bis 3 getroffenen Anordnungen keine rechtlichen Bedenken entgegen, zumal der Beklagte im Vorfeld des Erlasses des hier streitgegenständlichen Bescheids konkret versucht hat, mittels kooperativer und informationeller Elemente geeignete Schutzmaßnahmen zu ergreifen. Auch im Übrigen hält das vom Beklagten vorgenommene Auswahlermessen einer rechtlichen Prüfung stand (s.o. 3.).
Schließlich spricht viel dafür, dass die Anordnung auch auf § 3 Abs. 2 bzw. § 17 Abs. 8 (zum Meinungsstreit siehe: NdsOVG 26.5.2015 – 4 ME 229/15 – juris Rn. 54) i. V. m. § 14 Abs. 1 BNatSchG – wegen Eingriffs in Natur und Landschaft durch den Grünlandumbruch auf einem erosionsgefährdeten Standort – sowie auf § 3 Abs. 2 i. V. m. § 34 Abs. 1 und Abs. 2 BNatSchG gestützt werden kann, da der vom Kläger durchgeführte Grünlandumbruch ein Projekt darstellt, das jedenfalls im Zusammenwirken mit den anderen (erfolgten) Wiesenumbrüchen geeignet ist, das FFH-Gebiet „Bachmuschelbestände bei …“ … im Sinne des § 34 Abs. 2 BNatSchG erheblich zu beeinträchtigen (vgl. VG Augsburg, B. v. 31.3.2014 – Au 2 S 14.81 – juris Rn. 22 f.). Da diese Eingriffsbefugnisse nicht auf den Artenschutz (vgl. Art. 44 ff. BNatSchG) abstellen, besteht insofern auch kein Vorrang- bzw. Subsidiaritätsverhältnis. Die getroffene Ermessensentscheidung würde schließlich auch den Zwecken der im Wege des Austausches der Rechtsgrundlage herangezogenen Befugnisnormen entsprechen. Insbesondere wäre die angeordnete Wiedereinsaat auf nur einer Teilfläche des streitgegenständlichen Grundstücks schon deswegen als verhältnismäßig einzustufen, weil auf erosionsgefährdeten Standorten grundsätzlich die Wiedereinsaat des gesamten Grundstücks gefordert werden kann (vgl. VG Augsburg, U. v. 24.9.2015 – Au 2 K 15.448 – juris Rn. 33 m. w. N.).
5. Die Anordnungen erweisen sich auch als hinreichend bestimmt im Sinne des Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG. Lage, Größe und Umgriff der umzuwandelnden Teilfläche des Grundstücks Fl.Nr. …, Gemarkung …, lassen sich aus der dem Ergänzungsbescheid vom 14. November 2016 beigefügten Anlage 1A eindeutig entnehmen. Entsprechendes gilt im Hinblick auf die unter Ziffer 3 verfügte Unterhaltungspflicht und Verpflichtung zur Sichererstellung der Funktionsfähigkeit. Durch die gewählte Formulierung wird hinreichend klar zum Ausdruck gebracht, dass der Kläger dieser Verpflichtung durch regelmäßige Räumung nachkommt, weil damit die Funktionsfähigkeit der Sedimentfänge gewährleistet wird.
6. Die unter den Ziffern 6 bis 8 des Bescheids erfolgte Androhung von Zwangsgeldern für den Fall der Nichtbefolgung der vorgenannten Verpflichtungen beruht auf Art. 29 Abs. 1 und 2 Nr. 1, Art. 30 Abs. 1 Satz 1, Art. 31 i. V. m. Art. 36 VwZVG und begegnet keinen rechtlichen Bedenken. Insofern folgt das Gericht der Begründung des streitgegenständlichen Verwaltungsakts und sieht von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 117 Abs. 5 VwGO). Der Kläger ist privatrechtlich hinsichtlich des auf dem Grundstück Fl.Nr. … errichteten Sedimentfanges nicht gehindert, seiner Unterhalts- und Erhaltungspflicht aus Ziffer 3 des Bescheids nachzukommen. Dieses Grundstück befindet sich im Eigentum des Landkreises. Es kann daher ohne weiteres davon ausgegangen werden, dass die Auferlegung dieser Verpflichtung ein Betretungsrecht für den Kläger impliziert.
Nach alledem war die Klage mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. ZPO.
Die Berufung war nicht zuzulassen, weil keine Zulassungsgründe vorliegen (§ 124, § 124a Abs. 1 VwGO).
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zugelassen wird. Die Zulassung der Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils beim Bayerischen Verwaltungsgericht Augsburg,
Hausanschrift: Kornhausgasse 4, 86152 Augsburg, oder
Postfachanschrift: Postfach 11 23 43, 86048 Augsburg,
schriftlich zu beantragen.
Der Antrag muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof,
Hausanschrift in München: Ludwigstr. 23, 80539 München, oder
Postfachanschrift in München: Postfach 34 01 48, 80098 München,
Hausanschrift in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach
einzureichen. Die Berufung ist nur zuzulassen, wenn
1. ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2. die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3. die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4. das Urteil von einer Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, des Bundesverwaltungsgerichts, des gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5. wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind die in § 67 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 VwGO bezeichneten Personen und Organisationen zugelassen. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich auch durch die in § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO genannten Personen vertreten lassen.
Der Antragsschrift sollen 4 Abschriften beigefügt werden.
Beschluss:
Der Streitwert wird auf 5.000,– EUR festgesetzt (§ 52 Abs. 2 GKG).
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200,– EUR übersteigt oder die Beschwerde zugelassen worden ist.
Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht Augsburg,
Hausanschrift: Kornhausgasse 4, 86152 Augsburg, oder
Postfachanschrift: Postfach 11 23 43, 86048 Augsburg,
schriftlich einzureichen oder zu Protokoll der Geschäftsstelle einzulegen; § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. Der Mitwirkung eines Bevollmächtigten bedarf es hierzu nicht.
Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde auch noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.
Der Beschwerdeschrift sollen 4 Abschriften beigefügt werden.