Baurecht

Erfolglose Klage gegen eine Beseitigungsanordnung für brennbare Wärmedämmung an einer Brandwand

Aktenzeichen  RO 2 K 17.229

Datum:
17.1.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 19779
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Regensburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 113 Abs. 1 S. 1, § 114 S. 1, S. 2, § 155 Abs. 1 S. 3
BayBO Art. 2 Abs. 3 S. 1 Nr. 5, Art. 28 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 3 S. 1, Abs. 6, Abs. 7 S. 3, Art. 49, Art. 50 Abs. 1 S. 1, Art. 76 S. 1
BayVwVfG Art. 37 Abs. 1, Art. 40
BayLStVG Art. 9 Abs. 1
BayKostG Art. 6 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 S. 1

 

Leitsatz

1. Die Frage der Bestimmtheit eines Bescheids ist keine formelle Frage, sondern materieller Natur. (Rn. 37) (redaktioneller Leitsatz)
2. Die Funktion einer Brandwand setzt voraus, dass die äußere Bekleidung der Wand nichtbrennbar sein muss, da anderenfalls die Funktion des Stoppens eines Brandes auch ohne Eingreifen der Feuerwehr gefährdet wäre. (Rn. 41) (redaktioneller Leitsatz)
3. Die Verhaltensverantwortlichkeit des Bauherrn (hier eines Bauträgers)endet nicht mit der Fertigstellung eines Bauvorhabens (und dessen Übergabe an die WEG), sondern wirkt fort, bis eventuell baurechtswidrige Zustände behoben sind. (Rn. 51) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Der Bescheid der Beklagten vom 5. Januar 2017 (Az: 63.1/01379/2016-16) wird in Ziffer 6 aufgehoben. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
II. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
III. Das Urteil ist in Ziffer II. vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des aus dem Urteil zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in selber Höhe leistet.

Gründe

Die zulässige Klage ist nur hinsichtlich der Ziffer 6 des Bescheids begründet (1.) im Übrigen ist sie unbegründet (2.).
Da der angegriffene Bescheid in Ziffer 6 rechtswidrig ist und die Klägerin in ihren Rechten verletzt, war die Ziffer 6 des Bescheids aufzuheben (§ 113 Abs. 1 Nr. 1 Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO). Im Übrigen ist der Bescheid rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, so dass die Klage im Übrigen (2.) abzuweisen war.
1. Die Ziffer 6 des Bescheids, die Festsetzung einer Gebühr von 500 € ist wegen eines Ermessensausfalls (Art. 40 BayVwVfG) rechtswidrig (§ 114 Satz 1 VwGO).
Bei der Gebühr handelt es sich um eine Rahmengebühr nach Art. 6 Kostengesetz (KG), so dass bei der Ermittlung der Gebühr innerhalb des Rahmens der mit der Amtshandlung verbundene Verwaltungsaufwand aller beteiligten Behörden und Stellen und die Bedeutung der Angelegenheit für die Beteiligten zu berücksichtigen ist. Letzteres erfordert die Ausübung von Ermessen. Im Bescheid ist nicht erkennbar, dass sich die Beklagte bewusst war, dass ihr bei der Festsetzung innerhalb des Rahmens Ermessen zusteht. In Ziffer 9 der Bescheidsbegründung schreibt sie, dass sich die Höhe der Gebühr nach Art. 6 Abs. 1 Satz 1 und Art. 6 Abs. 2 Satz 1 KG in Verbindung mit Tarif-Nr. 2.I.1/1.45 des Kostenverzeichnisses bemesse. Dies ist die reine Wiedergabe des Gesetzeswortlauts, also des Tatbestandes. Die Beklagte verliert hier jedoch kein Wort dazu, weshalb sie in diesem Fall die Gebühr auf 500 € festgesetzt hat. Damit liegt ein Ermessensausfall, als ein Unterfall der Ermessensfehler vor. Die im Klageverfahren vorgebrachten Ermessenserwägungen sind deshalb keine nach § 114 S. 2 VwGO möglichen Ermessensergänzungen, sondern stellen eine erstmalige Ermessensausübung dar und vermögen den Ermessensausfall nicht zu heilen.
2. Die Ziffer 1 des Bescheids ist rechtmäßig. Sie findet ihre Ermächtigungsgrundlage in Art. 76 S. 1 BayBO.
2.1. Anhaltspunkte für eine formelle Rechtswidrigkeit des Bescheids sind nicht ersichtlich.
Die Klägerin wurde vor Erlass der Beseitigungsanordnung angehört. Die Frage der Bestimmtheit des Bescheids ist keine formelle Frage (vgl. Decker in Simon/Busse, Bayerische Bauordnung, 131. EL Oktober 2018, Art. 76 Rn. 187), sondern materieller Natur. Auch sie ist aber gegeben (s.u.).
2.2. Die Beseitigungsanordnung ist auch materiell rechtmäßig. Die Tatbestandsvoraussetzungen des Art. 76 S. 1 BayBO, die Errichtung einer baulichen Anlage im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften, liegen vor. Die an der östlichen Grundstücksseite derzeit befindliche Wand ist sowohl formell als auch materiell baurechtswidrig.
Sie ist formell illegal, weil ihre derzeitige Ausführung nicht von einer Baugenehmigung legalisiert wird. Die Baugenehmigung vom 20. Juni 2011 legalisiert den derzeitigen Wandaufbau gerade nicht, da auch sie von einer Brandwand ausgeht, eine solche aber nicht gegeben ist (s.u.).
Sie ist auch materiell illegal, weil sich an der streitgegenständlichen Stelle eine Anlage befindet, die schon immer – auch vor der Gesetzestextänderung zum 1. Januar 2013 – im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften errichtet worden ist, sie also auch keinen Bestandsschutz genießt.
An dieser Stelle ist nach Art. 28 Abs. 2 Nr. 1 BayBO wegen der grenzständigen Bauweise und der nicht gesicherten tatsächlichen oder rechtlichen Unbebaubarkeit des östlich gelegenen Nachbargrundstücks im Grenzbereich von 5 m eine Brandwand erforderlich. Die derzeitige Ausgestaltung der Gebäudeabschlusswand genügt nicht den Anforderungen an eine Brandwand. Die Wand ist derzeit unstreitig zum Teil mit einer brennbaren Wärmedämmung versehen. Dieser Zustand widerspricht Art. 28 Abs. 7 S. 3 BayBO, wonach Außenwandbekleidungen von Gebäudeabschlusswänden einschließlich der Dämmstoffe nichtbrennbar sein müssen. Er widerspricht aber auch der Fassung des Art. 28 BayBO vor der Gesetzestextänderung vom 1. Januar 2013. Zwar ist der Klägerin zuzugeben, dass Art. 28 Abs. 7 S. 3 BayBO neu eingefügt worden ist und dessen Wortlaut im alten Gesetzestext nicht enthalten war. Diese Einfügung ist jedoch nur deklaratorisch erfolgt und veränderte nicht die materielle Rechtslage. Dieses Auslegungsergebnis des Art. 28 BayBO aF ergibt sich aus der Zusammenschau der Gesetzesentstehung (historische Auslegung), des Sinn und Zwecks der betroffenen Regelung (teleologische Auslegung) und der grammatikalischen Auslegung des Art. 28 Abs. 3 S. 1 BayBO. Auch der Gesetzgeber selbst ging von einer „lediglich klarstellende[n] Bedeutung“ des Satz 3 aus. Dies ergibt sich aus der Begründung zum Gesetzesentwurf der Staatsregierung, Landtagsdrucksache 16/13683 vom 10. September 2012, III. zu Nr. 8 (Art. 28) d) bb) (S. 12 der Landtagsdrucksache). Der Gesetzgeber geht in seiner Begründung deshalb von einer klarstellenden Funktion aus, weil bereits die Funktion einer Brandwand voraussetze, dass die äußere Bekleidung der Wand nichtbrennbar sein müsse, da anderenfalls die Funktion des Stoppens eines Brandes auch ohne Eingreifen der Feuerwehr gefährdet wäre. Hier greift der Gesetzgeber den sich aus Art. 28 Abs. 1 BayBO ergebenden Sinn und Zweck von Brandwänden auf, der ebenfalls für ein Bestehen aus nichtbrennbaren Bauteilen spricht. Für die rein klarstellende Bedeutung des Art. 28 Abs. 7 S. 3 BayBO spricht auch der von der Gesetzestextänderung nicht betroffene Wortlaut des Art. 28 Abs. 3 S. 1 BayBO. Dieser spricht klar davon, dass eine Brandwand aus nichtbrennbaren Baustoffen bestehen muss. Anhaltspunkte dafür, dass Dämmstoffe nicht mehr als Teil einer Brandwand zu sehen wären, liegen nicht vor. Eine derartige Betrachtung wäre angesichts des Schutzzweckes einer Brandwand auch wenig verständlich. Ebendies, das Bestehen aus nichtbrennbaren Stoffen, ist vorliegend bei der Dämmung nicht in Gänze der Fall. Da das Gebäude wegen seiner Höhe über 13 m nach Art. 2 Abs. 3 S. 1 Nr. 5 BayBO (vorliegend im Westen mindestens 16,44 m Abstand von der obersten Fußbodenoberkante zur dortigen Geländeoberfläche, also auch zur Geländeoberfläche im Mittel) der Gebäudeklasse 5 zuzuordnen ist, unterfällt es keiner der Ziffern des Art. 28 Abs. 3 S. 2 BayBO, die an die Ausgestaltung einer Brandwand geringere Anforderungen setzen würden.
Damit besteht wegen der zum Teil auf die Wand aufgebrachten brennbaren Dämmstoffe ein materiell baurechtswidriger Zustand, der auch nicht auf andere Weise als durch eine Beseitigung behoben werden kann. Insbesondere kann er auch nicht durch eine Abweichungserteilung legalisiert werden, wie sich bereits aus dem Klageverfahren auf Abweichungserteilung vor dem VG und dem BayVGH ergibt.
2.3. Als Rechtsfolge bietet Art. 76 S. 1 BayBO der Beklagten die Möglichkeit, nach ihrem Ermessen über die Beseitigung der Anlagen zu entscheiden. Ermessensfehler, die vom Gericht überprüfbar wären (Art. 114 S. 1 VwGO), liegen nicht vor.
Die Beklagte hat zunächst erkannt, dass ihr Ermessen zusteht, siehe Ziffer 5 der Bescheidsbegründung. Sie hat dieses pflichtgemäß ausgeübt. Dass sie in der Gliederung ihrer Ermessenerwägungen auf die Ziffer 5.1 keine Ziffer 5.2 folgen ließ, ändert nichts an der Tatsache der Ermessensausübung.
Sie ist auch nicht von falschen Tatsachen, etwa einer vollflächig aufgebrachten Wärmedämmung ausgegangen. Entgegen dem klägerischen Vortrag kann dem Bescheid nicht entnommen werden, dass die Beklagte davon ausgegangen wäre, dass die gesamte östliche Gebäudewand mit brennbarem Material verkleidet wäre. Sie hat die Tatsache, dass Randbereiche nichtbrennbar ausgestaltet sind, nur für nicht entscheidungserheblich gehalten (vgl. Ziffer 4.2 der Gründe), weil sie der Auffassung ist, dass die gesamte Wand aus nichtbrennbarem Material bestehen müsse und dies auch von der Klägerin verlangt werden könne. Da sie in Ziffer 1 des Tenors auch nur die Beseitigung der brennbaren Wärmedämmung anordnete, ist der nichtbrennbare Teil in den Randbereichen vom Bescheid – entgegen der klägerischen Sichtweise – ohnehin nicht umfasst. Das Wort „vollständig“ bezieht sich insoweit deutlich erkennbar auf die brennbare Wärmedämmung.
Die Frage, ob die seitlichen Brandriegel mit nichtbrennbarem Material für den Brandschutz ausreichend sind, ist eine Frage der Verhältnismäßigkeit der Beseitigungsanordnung und von der Beklagten zutreffenderweise verneint worden. Hier sei auch daran erinnert, dass die Klägerin gerade diesen Punkt bereits erfolglos in ihrem früheren Klageverfahren versucht hat, geltend zu machen, als sie eine Abweichung zu erlangen versuchte.
Es liegt auch kein Ermessensfehler wegen Unverhältnismäßigkeit der Beseitigungsanordnung vor. Die Anordnung der Beseitigung der brennbaren Wärmedämmung ist verhältnismäßig.
Sie ist geeignet, den baurechtswidrigen Zustand der angebrachten brennbaren Wärmedämmung zu beseitigen. Sie ist erforderlich, da sie das mildeste zur Verfügung stehende Mittel ist, um eine Brandwand in Übereinstimmung mit der Gesetzeslage zu erreichen. Insbesondere scheidet eine Abweichungserteilung als milderes Mittel zur Herstellung rechtmäßiger Zustände aus (siehe hierzu auch die Verfahren zur Abweichungserteilung). Auch die Beseitigung nur eines Teils der brennbaren Wärmedämmung wäre kein milderes gleich geeignetes Mittel, da eine solche Maßnahme schon nicht geeignet wäre, den baurechtswidrigen Zustand zu beseitigen. Schließlich ist die Beseitigung der brennbaren Elemente auch geboten, insbesondere liegt kein Verstoß gegen das Übermaßverbot, etwa wegen behaupteter fehlender tatsächlicher Brandgefahr angesichts des Brandriegels von ca. 1,5 m vor. Hier ist zunächst von der gesetzlichen Wertung auszugehen, wonach diese Brandwand in Gänze aus nichtbrennbarem Material zu bestehen hat (s.o.) und alles andere zunächst nach Wertung des Gesetzgebers grundsätzlich eine Gefahr darstellt. Hinzu kommt, dass keineswegs aufgrund der Grundstückssituation, wie von der Klägerin vorgetragen, eine tatsächliche Brandgefahr ausgeschlossen werden kann, bspw. weil wegen eines zu erwartenden profilgleichen Anbaus kein Schwelbrand möglich sein solle. Wie seitens der Beklagten bereits im Bescheid vorgebracht, ist ein Schwelbrand nicht das einzig mögliche Brandszenario, sondern eines von mehreren. So befindet sich auf dem Grundstück M …-straße 8a an der Nord-Ost-Ecke der streitgegenständlichen Wand im 90° Winkel zur Brandwand ein Gebäude mit zahlreichen Fassadenöffnungen. Hier besteht nach der Auskunft des Amtes für Brand- und Katastrophenschutz vom 11. April 2016 bei einem Brand der Wärmedämmung die Gefahr einer Brandübertragung. Aus diesem Grund ist auch der Vorschlag des Klagebevollmächtigten, wonach man die Beseitigungsverpflichtung mit der aufschiebenden Bedingung der Errichtung eines Gebäudes auf dem Nachbargrundstück hätte erlassen können, ungeeignet. Dadurch würde die Brandgefahr bzgl. des Gebäudes M …-straße 8a nicht beseitigt werden. Darüber hinaus scheitert der Vortrag der Klägerin, dass ihr 1,5 m breiter Betonstreifen ausreichend sein solle, auch an der gesetzlichen Wertung des Art. 28 Abs. 6 BayBO der bei über Eck zusammenstoßenden Gebäuden einen Mindestabstand von 5 m fordert. Zu Bedenken ist auch, dass auf dem östlich benachbartem Grundstück keineswegs ein völlig profilgleicher Anbau erfolgen muss. Es ist angesichts der Lage der Gebäude durchaus möglich, dass nur straßenseitig profilgleich angebaut wird, aber etwa im rückwärtigen Bereich aus Rücksicht auf die Fenster des Gebäudes M …-straße 8a nicht bis an die Grundstücksgrenze gebaut wird, sondern z.B. eine Freifläche bleibt. In diesem Fall würde dann die nördliche Wand eines Neubaus auf die brennbare Fassadendämmung stoßen. Diese könnte bspw., wie von der Beklagten in der mündlichen Verhandlung ausgeführt, bei einem Brand im Erdgeschoss des Neubaus über die in der nördlichen Wand zulässigen Fenster selbst in Brand geraten und den Brand in höhere Geschosse des Neubaus tragen.
Schließlich wird auch nur die Beseitigung der brennbaren Wärmedämmung verlangt und gerade nicht – wie von der Klägerin behauptet – die Beseitigung der Wärmedämmung in Gänze angeordnet, so dass auch nicht mehr als nötig verlangt wird.
Auch aus dem äußerst dünnen Prüfbericht – des seinerzeit unzuständigen Prüfsachverständigen – ergaben sich keine Anhaltspunkte dafür, dass es unverhältnismäßig wäre, die Beseitigung der brennbaren Wärmedämmung zu verlangen. Im Gegenteil kann man durchaus der Ansicht sein, dass der Prüfbericht, der entgegen den Entscheidungen des VG und des VGH eine Abweichung erteilt hätte, angesichts der gegenteiligen richterlichen Entscheidungen unbedeutend ist. Die Beklagte hat diesen Prüfbericht aber, wie sich dem Bescheid entnehmen lässt, gesehen und sich, wie sich aus der Beseitigungsanordnung ergibt, anders entschieden, so dass auch hier von einem Ermessensausfall keine Rede sein kann.
Die Beklagte hat auch ihr Störerauswahlermessen ermessensgerecht ausgeübt, indem sie die Klägerin als Verhaltensstörerin zur Beseitigung herangezogen (vgl. Ziffer 7 der Gründe des Bescheids) und die Wohnungseigentümergemeinschaft lediglich als Zustandsstörerin zur Duldung der Beseitigung verpflichtet hat. Die Klägerin trug als ehemalige Bauherrin des gegenständlichen Gebäudes die Gesamtverantwortlichkeit für die Einhaltung der Baurechtsvorschriften (vgl. Art. 49, 50 Abs. 1 S. 1 BayBO) und ist daher nach allgemeinen sicherheitsrechtlichen Vorschriften (Art. 9 Abs. 1 S. 1 LStVG) auch als Verhaltensstörerin für den baurechtswidrigen Zustand verantwortlich. Diese Verhaltensverantwortlichkeit endet auch nicht mit der Fertigstellung eines Bauvorhabens, sondern wirkt fort, bis eventuell baurechtswidrige Zustände behoben sind. Auf die Frage, ob die Bauherreneigenschaft insofern weiter besteht, kommt es deshalb nicht an, da jedenfalls die allgemeine Verhaltensverantwortlichkeit fortbesteht (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, B.v. 20. Juni 2012 – OVG 10 S 3.12 – juris Rn. 11). Wollte man dies anders sehen, könnte sich ein „Schwarzbauer“ seiner Verhaltensverantwortlichkeit stets durch schnelles Fertigstellen entledigen.
2.4. Der Bescheid ist auch – entgegen der klägerischen Sichtweise – hinreichend bestimmt i.S.d. Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG. Die Anordnung der Beseitigung der brennbaren Wärmedämmung auf der gegenständlichen Wand ist ausreichend klar und verständlich. Aus der Beseitigungsanordnung ist für einen verständigen Empfänger erkennbar, was vom Adressaten verlangt wird. Es ist nicht ersichtlich, was die Beklagte in zumutbarer Weise zu einer noch genaueren Bestimmtheit der Beseitigungsanordnung hätte tun sollen. Insbesondere ist nicht zu erwarten, dass bspw. ein Koordinatensystem der gegenständlichen Wand mit punktgenauer Bestimmung der zu entfernenden Dämmung vorgelegt wird. Letzteres würde die Anforderungen an die Bestimmtheit i.S.d Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG und den Amtsermittlungsgrundsatz deutlich überspannen und wäre im Behördenalltag kaum mehr praktikabel. Zumal zu berücksichtigen ist, dass die Klägerin als verantwortliche Verhaltensstörerin selbst am besten weiß, wo genau sie die brennbare Dämmung aufgebracht hat. Die Bestimmtheit scheitert auch nicht daran, dass kein Geschäftsführer der Klägerin benannt worden ist, der für die Beseitigung verantwortlich sein soll. Dies ist bei einer juristischen Person nicht angezeigt. Diese wird – ihrem Wesen als juristischer Person entsprechend – selbst zur Beseitigung verpflichtet. Wer bei ihr intern für die Befolgung der Anordnung verantwortlich ist, ist für die Beseitigungsanordnung ohne Belang. Im Gegenteil wäre eine namentliche Nennung sogar schädlich, da es die Klägerin dann durch Austausch ihrer Geschäftsführer in der Hand hätte, die Anordnung ins Leere laufen zu lassen.
3. Aus den oben genannten Gründen war auch dem bedingt gestellten Beweisantrag zur Einholung eines Sachverständigengutachtens dazu, dass die östliche Abschlusswand nicht vollständig mit brennbarem Material versehen sei, sondern diese an der Nord-Ost-Ecke mit einem Betonstreifen von 1,5 m ausgestaltet sei, nicht nachzukommen. Diese Tatsache ist nicht entscheidungserheblich, weil die Beseitigung der brennbaren Wärmedämmung auch dann gefordert werden kann, wenn dieser Brandriegel tatsächlich besteht, da auch dann ein baurechtswidriger Zustand (s.o.), sowie die Gefahr einer Brandübertragung besteht (s.o.) und die Beseitigung der brennbaren Teile in verhältnismäßiger Art und Weise gefordert werden kann. Auch die im Beweisantrag aufgestellte letzte Behauptung, wonach „daher“ ein Schwelbrand unmöglich sei, bot keinen Anlass ein Sachverständigengutachten einzuholen. Zum einen wurde sie schon, wie sich aus dem Wort „daher“ ergibt, von der zuvor aufgestellten, nicht entscheidungserheblichen Behauptung abhängig gemacht. Zum anderen wäre ein Schwelbrand angesichts der Grundstückssituation nicht die einzig mögliche Brandgefahr, die eine Beseitigung der brennbaren Elemente rechtfertigt (s.o.). Überdies hat bereits das Amt für Brand- und Katastrophenschutz in seiner Stellungnahme vom 11. April 2016 darauf hingewiesen, dass ein solcher Schwelbrand möglich sei. Diese Stellungnahme einer öffentlichen sachverständigen Stelle ist durch den Vortrag der Klägerin nicht näher erschüttert, sondern lediglich pauschal bestritten worden, so dass auch insoweit kein Anlass bestand dem Beweisantrag nachzukommen.
4. Auch die Zwangsgeldandrohung in Ziffer 3 des Bescheids ist rechtmäßig. Ihre Rechtsgrundlage findet sie in Art. 36 Abs. 1 S. 1, Abs. 3, Abs. 5 und Art. 31 Bayerisches Verwaltungszustellungs- und Vollstreckungsgesetz (VwZVG). Sie ist insbesondere nicht – wie von Klägerseite geltend gemacht – unbestimmt, weil nicht klar sei, welcher Geschäftsführer das Zwangsgeld zahlen müsse. Dieser Vortrag ist nicht nachvollziehbar. Das Zwangsgeld ist eindeutig der Klägerin, einer juristischen Person (§ 13 Abs. 1 GmbH-Gesetz), angedroht worden. Wer ihr Geschäftsführer ist, spielt hierbei keine Rolle. Die Klägerin muss das angedrohte Zwangsgeld im Fall der Fälligkeit aus ihrem eigenen Vermögen bezahlen. Auch die zur Beseitigung gesetzte Frist von 8 Wochen ist angemessen und nicht unverhältnismäßig kurz. Soweit sie damit begründet wurde, dass sie im Hinblick auf die Größe und Beschaffenheit, sowie die Jahreszeit angemessen sei, ist dem nichts Substanzielles entgegengehalten worden und auch nichts ersichtlich. Die Beklagte hat mit der Frist zum Ausdruck gebracht, dass sie selbst bei winterlichen Verhältnissen 8 Wochen für ausreichend hält.
5. Die Kostenentscheidung folgt § 155 Abs. 1 S. 3 VwGO. Das Obsiegen der Klägerin im Hinblick auf die Gebührenfestsetzung ist im Rahmen des Rechtsstreits angesichts der wirtschaftlichen Bedeutung der Ziffer 1 des Bescheids nur ein geringfügiges Obsiegen, so dass der Klägerin die Kostentragung in Gänze auferlegt werden konnte.
6. Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, 711, 709 Satz 2 Zivilprozessordnung (ZPO).

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