Aktenzeichen M 1 K 18.966
Leitsatz
1. Ein Nachbar kann sich als Dritter gegen eine Baugenehmigung nur dann mit Erfolg zur Wehr setzen, wenn die angefochtene Baugenehmigung rechtswidrig ist und diese Rechtswidrigkeit zumindest auch auf der Verletzung von Normen beruht, die gerade auch dem Schutz des betreffenden Nachbarn zu dienen bestimmt sind. Weiter muss zur Verletzung von in diesem Sinne drittschützenden Normen hinzukommen, dass diese Normen auch im Baugenehmigungsverfahren zu prüfen waren, dass also die Feststellungswirkung der Baugenehmigung diese Normen umfasst. (Rn. 23) (redaktioneller Leitsatz)
2. Ein Boardinghaus – das keine eigene Kategorie in der Baunutzungsverordnung bildet – stellt eine Übergangsform zwischen einer Wohnnutzung und einem Beherbergungsbetrieb dar, wobei die schwerpunktmäßige Zuordnung von den konkreten Verhältnissen des Einzelfalls abhängt. (Rn. 35) (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Kläger tragen als Gesamtschuldner die Kosten des Verfahrens. Die Beigeladenen tragen ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Gründe
Die zulässige Klage ist unbegründet.
Die Kläger haben keinen Anspruch auf Aufhebung der Baugenehmigung vom 30. Januar 2018, weil diese nicht gegen solche öffentlich-rechtliche Vorschriften, die zumindest auch dem Schutz der Kläger zu dienen bestimmt sind, verstößt, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
Ein Nachbar kann sich als Dritter gegen eine Baugenehmigung nur dann mit Erfolg zur Wehr setzen, wenn die angefochtene Baugenehmigung rechtswidrig ist und diese Rechtswidrigkeit zumindest auch auf der Verletzung von Normen beruht, die gerade auch dem Schutz des betreffenden Nachbarn zu dienen bestimmt sind (vgl. BayVGH, B.v. 24.3.2009 – 14 CS 08.3017 – juris Rn. 20; B.v. 2.9.2013 – 14 ZB 13.1193 – juris Rn. 6; VG München, U.v. 25.7.2017 – M 1 K 16.5925 – juris). Weiter muss zur Verletzung von in diesem Sinne drittschützenden Normen hinzukommen, dass diese Normen auch im Baugenehmigungsverfahren zu prüfen waren, dass also die Feststellungswirkung der Baugenehmigung diese Normen umfasst (vgl. BayVGH, B.v. 16.12.2009 – 14 ZB 09.124 – juris Rn. 6).
Prüfungsmaßstab im vereinfachten Genehmigungsverfahren sind hier u.a. das Bauplanungsrecht und die örtlichen Bauvorschriften, nicht jedoch die zum Genehmigungszeitpunkt vom Prüfprogramm ausgenommenen Abstandsflächen, ferner der zu prüfende Brandschutznachweis (Art. 59 Satz 1 Nr. 1, Satz 2 BayBO in der Fassung vom 14. August 2007). Zu prüfende und gleichzeitig nachbarschützende Rechtspositionen der Kläger sind durch die streitige Baugenehmigung nicht verletzt.
Die Baugenehmigung ist im Hinblick auf die Nutzungsart hinreichend bestimmt und verletzt nicht den bauplanungsrechtlichen Gebietsbewahrungsanspruch (unter 1.), das Vorhaben verstößt insbesondere mit seinem Maß weder gegen das bauplanungsrechtliche Rücksichtnahmegebot (unter 2.), noch löst es bodenrechtlichen Spannungen zu Lasten der Kläger aus (unter 3.), ebenso wenig bestehen durchgreifende Einwände gegen die verkehrliche Erschließung (unter 4.), gegen die Auflage zur Stellplatzpflicht und gegen den Brandschutz (unter 5.), auf die sich die Kläger berufen könnten.
1. Der Umfang des genehmigten Vorhabens – Neubau von zwei Mehrfamilienhäusern und einem Boardinghaus – ist hinreichend bestimmt bezeichnet (unter a.), und die bauliche Nutzung verstößt nicht gegen den Gebietserhaltungsanspruch der Kläger (unter b.), es ist auch nicht nach § 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO unzulässig (unter c.).
a. Die Bezeichnung des Vorhabens als „Wohnanlage mit zwei Mehrfamilienhäusern und Boardinghaus“ und damit der Umfang der genehmigten Nutzung ist hinreichend bestimmt im Sinne des Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG. Die Zweifel, die angesichts der anderslautenden Bezeichnung auf den Planunterlagen „[…] und Apartmenthaus“ hätten bestehen können, sind durch Berichtigung nach Art. 42 Satz 1 BayVwVfG ausgeräumt.
Nach Art. 42 Satz 1 BayVwVfG kann die Behörde Schreibfehler, Rechenfehler und ähnliche offenbare Unrichtigkeiten in einem Verwaltungsakt jederzeit berichtigen. Bei der Genehmigung der Eingabepläne, deren Bezeichnung „[…] und Apartmenthaus“ lautet, handelt es sich um eine derartige offensichtliche Unrichtigkeit. Auf dieser Grundlage hat das Landratsamt mit Schreiben vom 3. August 2018 klargestellt, dass die Genehmigung nicht für eine Wohnanlage mit Apartmenthaus, sondern mit Boardinghaus erteilt worden ist. Nach dem Willen der Beteiligten sollten zwei Mehrfamilienhäuser und Boardinghaus genehmigt werden. Dies ergibt sich aus der Bezeichnung im Bauantrag, die mit Datum 2.8.2016 handschriftlich geändert wurde in „Boardinghaus“ sowie aus der Bezeichnung im Genehmigungsbescheid „Neubau einer Wohnanlage mit zwei Mehrfamilienhäusern und Boardinghaus“. Einer besonderen Form bedarf es für die Wirksamkeit dieser klarstellenden Berichtigung durch die Behörde nicht (vgl. BVerwG, B.v. 11.7.2002 – 9 VR 6/02 – juris Rn. 11).
b) Die Baugenehmigung für zwei Mehrfamilienhäuser und Boardinghaus ist nach Art der baulichen Nutzung (Art. 59 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a BayBO i.V.m. § 34 Abs. 1, Abs. 2 BauGB) rechtmäßig und verletzt den Anspruch der Kläger auf Erhaltung des Gebietscharakters nicht.
Der Gebietserhaltungsanspruch schützt einen Nachbarn in einem durch Bebauungsplan festgesetzten oder in einem faktischen Baugebiet unabhängig von tatsächlich spürbaren und nachweisbaren Beeinträchtigungen gegen eine von der jeweils zulässigen Nutzungsart abweichende gebietswidrige Nutzung (vgl. BVerwG, B.v. 27.8.2013 – 4 B 39.13 – juris Rn. 3; BayVGH, B.v. 26.10.2009 – 9 CS 09.2104 – juris Rn. 4; B.v. 10.08.2016 – 9 ZB 16.944 – juris Rn. 11). Der Abwehranspruch gegen die Zulassung „gebietsfremder“ Vorhaben wird grundsätzlich bereits durch die Zulassung eines mit der Gebietsfestsetzung unvereinbaren Vorhabens ausgelöst, weil hierdurch das nachbarliche Austauschverhältnis gestört und eine Verfremdung des Gebiets eingeleitet wird (vgl. BVerwG, B.v. 27.8.2013 – 4 B 39.13 – juris Rn. 4).
Weder das klägerische Grundstück noch die Vorhabengrundstücke liegen im Geltungsbereich eines Bebauungsplans, sodass ein Vorhaben nach der Art der Nutzung zulässig ist, wenn es sich in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt, § 34 Abs. 1 BauGB. Als „nähere Umgebung“ ist der umliegende Bereich anzusehen, soweit sich die Ausführung des Vorhabens auf ihn auswirken kann und soweit er seinerseits den bodenrechtlichen Charakter des zur Bebauung vorgesehenen Grundstücks prägt oder doch beeinflusst (vgl. BVerwG, U.v. 26.5.1978 – IV C 9.77 – juris; B.v. 20.8.1998 – 4 B 79/98 – juris Rn. 7).
Abhängig von der Beantwortung der Frage, ob der Hotel-Gasthof auf dem Grundstück FlNr. 391 Gem. … zur prägenden Umgebung der Vorhabengrundstücke gehört, könnte es sich, wie die Klagepartei meint, um ein faktisches reines Wohngebiet (§ 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 3 BauNVO) handeln oder um ein allgemeines Wohngebiet (§ 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 4 BauNVO) (vgl. unter aa)). Für die Beantwortung der hier interessierenden Frage nach dem Gebietserhaltungsanspruch kann diese Frage jedoch offenbleiben, weil das Boardinghaus in beiden Gebietsarten zulässig ist (vgl. bb)).
aa) Ob der Hotel-Gasthof für die Art der baulichen Nutzung in die nähere Umgebung des Vorhabengrundstücks mit einzubeziehen ist, ist fraglich. Angesichts seiner optischen Wahnnehmbarkeit aufgrund seines erheblichen baulichen Zuschnitts und der unmittelbaren Nachbarschaft zum Vorhabengrundstück FlNr. 391/3 liegt die Annahme einer wechselseitigen Prägung mit dem Vorhabengrundstück nahe, zumal alle in Rede stehenden Grundstücke in demselben Straßengeviert liegen. Doch die Grenze zwischen näherer und fernerer Umgebung kann auch dort zu ziehen sein, wo zwei jeweils einheitlich geprägte Bebauungskomplexe mit voneinander verschiedenen Bau- und Nutzungsstrukturen aneinanderstoßen; dabei ist der Grenzverlauf der näheren Umgebung nicht davon abhängig, dass die unterschiedliche Bebauung durch eine künstliche oder natürliche Trennlinie entkoppelt ist. Das Fehlen einer Trennlinie führt nicht dazu, dass benachbarte Bebauungen stets als miteinander verzahnt anzusehen sind und insgesamt die nähere Umgebung ausmachen (vgl. BVerwG, B.v. 28.8.2003 – 4 B 74/03 – juris Rn. 2). Unter Einbeziehung des Hotel-Gasthofs erhielte das Gebiet mindestens das Gepräge eines allgemeinen Wohngebiets. Denn dieser Betrieb ist angesichts seines Hotelcharakters mit angeschlossenem Restaurant und Sauna (vgl. Internetpräsenz des Betriebs) in einem reinen Wohngebiet auch nach § 3 Abs. 3 Nr. 1 BauNVO als sog. kleiner Betrieb des Beherbergungsgewerbes nicht zulässig. In einem allgemeinen Wohngebiet kann der Betrieb ausnahmsweise nach § 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 4 Abs. 3 Nr. 1 BauNVO zulässig sein.
bb) Die Frage nach dem Gebietscharakter kann offenbleiben, weil das genehmigte Boardinghaus sowohl in einem faktischen reinen als auch in einem faktischen allgemeinen Wohngebiet zulässig ist.
Ein Boardinghaus – das keine eigene Kategorie in der Baunutzungsverordnung bildet – stellt eine Übergangsform zwischen einer Wohnnutzung und einem Beherbergungsbetrieb dar, wobei die schwerpunktmäßige Zuordnung von den konkreten Verhältnissen des Einzelfalls abhängt. Soweit eine solche Nutzung schwerpunktmäßig als Wohnen ohne die für einen Beherbergungsbetrieb typischen Dienstleistungsbereiche wie etwa Speise- und Aufenthaltsräume mit zugehörigem Personalservice erfolgt, liegt diese innerhalb der einer Wohnnutzung eigenen Variationsbreite. Geht die Nutzung darüber hinaus, ist sie als Beherbergungsbetrieb zu klassifizieren. Grund hierfür ist, dass die Annahme einer Wohnnutzung maßgeblich an eine auf Dauer angelegte Häuslichkeit geknüpft wird, die durch die Möglichkeit eigenständiger Haushaltsführung und unabhängiger Gestaltung des häuslichen Wirkungskreises gekennzeichnet ist. Dies setzt vor allem eine eigene Kochgelegenheit für die Zubereitung von Speisen voraus, die eine gewisse Unabhängigkeit von der Inanspruchnahme von Gemeinschaftsräumen wie Frühstücksraum, Speisesaal usw. gewährleistet. Beschränkt sich eine Zimmervermietung dagegen auf eine reine Übernachtungsmöglichkeit, so ist der Gast ausstattungsbedingt auf die Inanspruchnahme weiterer Dienstleistungen angewiesen; es handelt sich dann um einen Beherbergungsbetrieb. Das weitgehende Fehlen der für Beherbergungsbetriebe typischen Servicebereiche außerhalb der vermieteten Zimmer, wie insbesondere von Speise- und Aufenthaltsräumen mit dem zugehörigen Personalservice, ist deshalb für ein Boardinghaus kennzeichnend und zugleich ein Hinweis auf eine schwerpunktmäßige Wohnnutzung. Der Nutzungszweck lässt sich vor allem an der Größe und Ausstattung der Räume ablesen und ergibt sich außerdem aus dem Verhältnis der Gesamtzahl der Räume zu eventuellen Serviceräumen (vgl. BayVGH, B.v. 22.1.2020 – 15 ZB 18.2547 – juris Rn. 8; v. 9.12.2016 – 15 CS 16.1417 – juris Rn. 14; VGH BaWü, B.v. 17.1.2017 – 8 S 1641/16 – juris Rn. 17).
Das von der Genehmigung umfasste Boardinghaus ist schwerpunktmäßig als Wohnnutzung zu bewerten. Dies ergibt sich schon anhand der Grundrisse und der Darstellung der Nutzungseinheiten. Nach den genehmigten Planunterlagen sind die Wohneinheiten selbständige Apartments, die jeweils mit einer Küche(nzeile) und einem Bad ausgestattet sind. Sozial- und Servicebereiche sind nicht vorgesehen. Somit ist von einer selbständigen Haushaltsführung der Nutzer auszugehen, deren Anwesenheit sich gerade nicht auf die reine Übernachtungsmöglichkeit beschränkt und deswegen auch nicht den Charakter eines Beherbergungsbetriebs hat.
Da das Boardinghaus als Wohnnutzung somit in einem faktischen reinen wie in einem allgemeinen Wohngebiet zulässig ist, kann eine Festlegung der Gebietsart dahinstehen, dem Bauvorhaben steht kein Gebietserhaltungsanspruch der Kläger entgegen.
c) Auch die Regelung nach § 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO, die gemäß § 34 Abs. 2 BauGB in einem faktischen Baugebiet zur Anwendung kommt, wirkt sich nicht zu Gunsten der Kläger aus. Nach dieser Vorschrift sind die in den §§ 2 bis 14 BauNVO aufgeführten baulichen und sonstigen Anlagen im Einzelfall unzulässig, wenn sie nach Anzahl, Lage, Umfang oder Zweckbestimmung der Eigenart des Baugebiets widersprechen. Die allein für die Art, nicht aber das Maß der baulichen Nutzung geltende Bestimmung geht davon aus, dass – ausnahmsweise – Quantität in Qualität umschlagen, mithin die Größe einer baulichen Anlage die Art der baulichen Nutzung erfassen kann (vgl. BVerwG, U.v. 16.3.1995 – 4 C 3/94 – juris Rn. 17). Auch diese Vorschrift ist nachbarschützend; sie vermittelt einen Anspruch auf Aufrechterhaltung der typischen Prägung eines Baugebiets.
Die geplanten Gebäude des Geschosswohnungsbaus mit fünf, sechs und zwölf Wohneinheiten weisen indes keine Größe auf, die es erlauben würde, gegenüber Ein- und Zweifamilienhäusern in einem reinen Wohngebiet von einer andersartigen Nutzungsart zu sprechen. Es handelt sich lediglich um eine größere Intensität der Nutzung, die sich innerhalb der gegenwärtigen Prägung des faktischen Baugebiets hält. Da diese Vorschrift nicht auf das Maß der baulichen Nutzung abstellt, sind die Ausmaße der Gebäude hier ohne Belang.
2. Die streitige Baugenehmigung verstößt im Hinblick auf Maß und Situierung des Vorhabens nicht gegen das Gebot der Rücksichtnahme. Dieses Gebot ist im Tatbestandsmerkmal des „Einfügens“ (§ 34 Abs. 1 BauGB) enthalten und vermittelt grundsätzlich Drittschutz.
Ob sich das Vorhaben nach dem Maß der baulichen Nutzung, nach der Bauweise und nach der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt, bedarf keiner Entscheidung, denn diese Regelungen nach §§ 16 BauNVO (entsprechend) sind nicht nachbarschützend (vgl. BVerwG, B.v. 11.3.1994 – 4 B 53.94 – juris Rn. 4; BayVGH, B.v. 29.9.2008 – 1 CS 08.2201 – juris Rn. 1; B.v. 5.12.2012 – 2 CS 12.2290 – juris Rn. 3; B.v. 30.9.2014 – 2 ZB 13.2276 – juris Rn. 4).
Die den Beigeladenen erteilte Baugenehmigung verstößt nicht zu Lasten der Kläger gegen das Gebot der Rücksichtnahme.
Inhaltlich zielt das Gebot der Rücksichtnahme darauf ab, Spannungen und Störungen, die durch unverträgliche Grundstücksnutzungen entstehen können, möglichst zu vermeiden. Welche Anforderungen das Gebot der Rücksichtnahme begründet, hängt wesentlich von den jeweiligen Umständen des Einzelfalles ab. Je empfindlicher und schutzwürdiger die Stellung desjenigen ist, dem die Rücksichtnahme im gegebenen Zusammenhang zugutekommt, umso mehr kann er an Rücksichtnahme verlangen. Je verständlicher und unabweisbarer die mit dem Vorhaben verfolgten Interessen sind, umso weniger braucht derjenige, der das Vorhaben verwirklichen will, Rücksicht zu nehmen. Abzustellen ist darauf, was einerseits dem Rücksichtnahmebegünstigten und andererseits dem Rücksichtnahmeverpflichteten nach Lage der Dinge zuzumuten ist. Bei der Interessengewichtung spielt es eine maßgebliche Rolle, ob es um ein Vorhaben geht, das grundsätzlich zulässig und nur ausnahmsweise unter bestimmten Voraussetzungen nicht zuzulassen ist, oder ob es sich um ein solches handelt, das an sich unzulässig ist und nur ausnahmsweise zugelassen werden kann. Bedeutsam ist ferner, inwieweit derjenige, der sich gegen das Vorhaben wendet, eine rechtlich geschützte wehrfähige Position innehat (vgl. BVerwG, B.v. 6.12.1996 – 4 B 215/96 – juris Rn. 9 m.w.N.). Das Rücksichtnahmegebot ist dann verletzt, wenn unter Berücksichtigung der Schutzwürdigkeit des Betroffenen, der Intensität der Beeinträchtigung und der wechselseitigen Interessen das Maß dessen, was billigerweise noch zumutbar ist, überschritten wird (vgl. BVerwG, U.v. 25.2.1977 – IV C 22.75 – juris Rn. 22).
Es umfasst auch Fallkonstellationen, in denen von einem Bauvorhaben eine optisch bedrängende Wirkung auf bewohnte Nachbargrundstücke ausgeht (vgl. BVerwG, B.v. 11.12.2006 – 4 B 72.06 – juris Rn. 4); jedoch kommt den Bauvorhaben eine solche erdrückende Wirkung nicht zu (vgl. unter a)). Das Vorhaben erweist sich auch nicht aus anderen Gründen, insbesondere wegen einer von den Klägern befürchtete Wertminderung ihres Grundstücks, als rücksichtslos (unter b)).
a) Eine erdrückende oder unzumutbar einengende Wirkung ist nur anzunehmen, wenn eine bauliche Anlage wegen ihrer Ausmaße, ihrer Baumasse oder ihrer massiven Gestaltung ein benachbartes Grundstück unangemessen benachteiligt, in dem es diesem förmlich „die Luft nimmt“, wenn für den Nachbarn das Gefühl des „Eingemauertseins“ entsteht, oder wenn die Größe des „erdrückenden“ Gebäudes aufgrund der Besonderheiten des Einzelfalls derart übermächtig ist, dass das „erdrückte“ Gebäude oder Grundstück nur noch oder überwiegend wie eine von einem „herrschenden Gebäude“ dominierte Fläche ohne eigene Charakteristik wahrgenommen wird (vgl. BayVGH, B.v. 2.10.2018 – 2 ZB 16.2168 – juris Rn. 4; B.v. 5.9.2016 – 15 CS 16.1536 – juris Rn. 28). Hauptkriterien bei der Beurteilung einer erdrückenden oder abriegelnden Wirkung sind die Höhe des Bauvorhabens und seine Länge sowie die Distanz der baulichen Anlage in Relation zur Nachbarbebauung. Beispiele für eine erdrückende oder abriegelnde Wirkung sind etwa ein zwölfgeschossiges Gebäude in Entfernung von 15 m zum zweigeschossigen Nachbarwohnhaus (vgl. BVerwG, U.v. 13.3.1981 – 4 C 1.78 – DVBl 1981, 928 – juris Rn. 33 f.) oder eine 11,5 m hohe Siloanlage im Abstand von 6 m zu einem Wohnanwesen (vgl. BVerwG, U.v. 23.5.1986 – 4 C 34.85 – DVBl 1986, 1271 – juris Rn. 2 und 15). Für die Annahme der „erdrückenden Wirkung” eines Nachbargebäudes ist grundsätzlich kein Raum, wenn dessen Baukörper nicht erheblich höher ist als das betroffene Gebäude (vgl. BayVGH, B.v. 28.9.2010 – 2 CS 10.1760 – juris Rn. 26). Dabei ist zu berücksichtigen, dass auch die landesrechtlichen Vorschriften zu den Abstandsflächen die Verhinderung einer unzumutbaren einmauernden oder erdrückenden Wirkung beabsichtigen und ein Mindestmaß an Belichtung, Belüftung und Besonnung des benachbarten Grundstücks sicherstellen sollen. Die Einhaltung dieser Vorschriften ist daher ein Indiz dafür, dass insoweit gegen das Gebot der Rücksichtnahme nicht verstoßen wird (vgl. BayVGH, B.v. 6.11.2008 – 14 ZB 08.2326 – juris; B.v. 24.3.2009 – 14 CS 08.3017 – juris).
Die geplanten Gebäude, namentlich das Wohnhaus A, das östlich des klägerischen Grundstücks errichtet werden soll, auch in Zusammenschau mit dem Wohnhaus B in nordöstlicher Richtung, und das Boardinghaus in nördlicher Richtung zu den Klägern entfalten keine derart erdrückende oder abriegelnde Wirkung im Hinblick auf das Gebäude der Kläger.
Die Lagepläne und Eingabepläne zeigen, dass das Wohnhaus A auf seiner Westseite – also aus klägerischer Perspektive – eine Länge von knapp 27 m aufweist. Es ist zwar deutlich länger als das Einfamilienhaus der Kläger. Doch wird dies entscheidend relativiert durch eine Entfernung von ca. 10 m zwischen den Gebäuden. Überdies hält das Vorhaben an dieser Stelle ausweislich des Abstandsflächenplans der Bauunterlagen die nach Art. 6 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 Satz 1 BayBO „volle“ Abstandsfläche von 1 H ein. Das Wohnhaus B ist baulich getrennt vom Wohnhaus A und dem Grundstück der Kläger abgewandt, sodass sich daraus keine Beeinträchtigung ableiten lässt. Das Boardinghaus ist mit der südlichen Außenwand von ca. 8 m dem klägerischen Grundstück zugewandt. An dieser Seite nimmt das Vorhaben die reduzierte Abstandsfläche nach Art. 6 Abs. 6 Satz 1 BayBO – das sog. 16-m-Privileg – in Anspruch und hält hier ausweislich der vorgelegten Pläne den Mindestabstand von 3 m zur Grundstücksgrenze ein. Auch hier besteht ein Abstand von mindestens 10 m zum klägerischen Wohnhaus. Ferner sind die Gebäude in ihrer Höhenentwicklung vergleichbar oder jedenfalls nicht erheblich abweichend. Wenngleich die Kläger zu der Höhe ihres Wohnhauses in der mündlichen Verhandlung keine exakten Angaben machen konnten, lässt der angegebene Zuschnitt des Wohnhauses mit E+I+D eine Höhenentwicklung von jedenfalls 9 m vermuten. Demgegenüber weist das Wohnhaus A eine vergleichbare Höhenentwicklung von 9,32 m auf seiner westlichen Seite auf; zusätzlich ist das 2. Obergeschoss zurückgesetzt und wirkt deswegen nicht in dieser vollen Höhe auf das klägerische Grundstück. Das Wohnhaus B hat eine ebenfalls vergleichbare Dachhöhe von 9,20 m, und das Boardinghaus (Haus C) eine von 8,95 m.
b) Die bauliche Verdichtung mag den Klägern unpassend erscheinen, sie ist deswegen aber noch nicht rücksichtslos. Eine städtebauliche Nachverdichtung bringt es mit sich, dass Baugrundstücke umfangreicher als in der Vergangenheit genutzt werden, sofern sie sich in den durch die Umgebungsbebauung vorgegebenen Rahmen einfügen. Es besteht aber kein Anspruch, dass das streitgegenständliche Grundstück wie das eigene Grundstück genutzt oder bebaut wird. Auch der von den Klägern aufgeworfene Aspekt der Wertminderung ihres Grundstücks durch die Bebauung in ihrer Umgebung schlägt nicht durch. Einen allgemeinen Rechtssatz des Inhalts, dass der einzelne einen Anspruch darauf hat, vor jeglicher Wertminderung bewahrt zu werden, gibt es nicht (vgl. BVerwG, B.v. 13.11.1997 – 4 B 195/97 – juris Rn. 6). Eine etwaige Erwartung der Kläger, dass die Nachbargrundstücke der Beigeladenen von Wohnbebauung oder von Geschosswohnungsbau frei bleiben, ist nicht schutzwürdig. Das Bundesverwaltungsgericht weist ferner darauf hin, dass der Nachbar, der sich seine Bauwünsche erfüllt hat, es nicht in der Hand hat, durch die Art und Weise seiner Bauausführung unmittelbaren Einfluss auf die Bebaubarkeit anderer Grundstücke zu nehmen. Ebenso bildet eine Wertminderung als Folge der Ausnutzung der einem Dritten erteilten Baugenehmigung für sich genommen nicht einen Maßstab dafür, ob Beeinträchtigungen im Sinne des Rücksichtnahmegebots zumutbar sind oder nicht. Entscheidend ist vielmehr, wie schutzwürdig die baurechtliche Stellung des Betroffenen ist. Umso weniger der Nachbar in dieser Hinsicht an Rücksichtnahme verlangen kann, mit desto geringerem Gewicht schlägt der Gesichtspunkt von Wertminderungen bei der gebotenen Interessenabwägung zu seinen Gunsten zu Buche (BVerwG, B.v. 6.12.1996 – 4 B 215/96 – juris Rn. 9). Dass die von den Klägern geltend gemachte Wertminderung die Folge einer ihnen unzumutbaren Beeinträchtigung der Nutzungsmöglichkeiten ihres Grundstücks ist, lässt sich nicht feststellen. Für die insoweit zulässige bauliche Nachverdichtung durch die Beigeladenen spricht, dass gegenüber den Klägern ein hinreichender Abstand gewahrt wird und sie an der tatsächlichen Nutzungsmöglichkeit ihres Grundstücks nicht ersichtlich gehindert sind. Die vom Bauvorhaben ausgehenden Auswirkungen sind als gering zu erachten. Dagegen streitet für die Beigeladenen deren insoweit überwiegendes Grundrecht, die in ihrem Eigentum stehenden Grundstücke einer baulichen Nutzung zuzuführen.
3. Die Genehmigung verletzt die Kläger auch nicht deswegen in ihren Rechten, weil das Vorhaben bodenrechtlich beachtliche Spannungen auslöst oder erhöht und deshalb ein Planungsbedürfnis auslöst. Dies trägt die Klagepartei im Hinblick darauf vor, dass das Bauvorhaben in Ausdehnung, Baudichte und Höhe ohne Vorbild sei.
Auf die Eignung zur Auslösung städtebaulicher (bodenrechtlicher) Spannungen kommt es nur an, wenn es um die Beurteilung der Zulässigkeit eines Vorhabens geht, das den aus der Umgebung ableitbaren Rahmen überschreitet (vgl. hierzu BVerwG, U.v. 16.9.2010 − 4 C 7/10 – juris Rn. 22; Jeromin in Kröninger/Aschke, BauGB, 4. Auflage 2018, § 34 Rn. 33).
Von einer Überschreitung des aus der Umgebung ableitbaren Rahmens kann jedoch keine Rede sein, sodass der Einwand des Entstehens bodenrechtlich beachtlicher Spannungen nicht trägt. Hierzu verweist der Beklagte zutreffend auf bauliche Anlagen in der näheren Umgebung, die im Hinblick auf das Maß der baulichen Nutzung mit den Bauvorhaben vergleichbar sind. Insbesondere auf dem Grundstück FlNr. 389/3 Gem. …, das gegenüber dem klägerischen Grundstück auf der anderen Straßenseite liegt, ist ein Gebäude vorhanden, das der Kubatur der durch die Beigeladenen geplanten Gebäude vergleichbar ist. Im Hinblick auf eine vergleichbare Baudichte befinden sich mit der Reihenhausbebaung am M* … Referenzobjekte.
4. Die Kläger dringen auch mit dem Vortrag zu dem nicht bewältigten Verkehr, den das Vorhaben auslöse, nicht durch. Die Frage, die die Kläger damit aufwerfen, betrifft die bauplanungsrechtliche Erschließung des Vorhabens.
Ein Innenbereichsvorhaben ist nur zulässig, wenn die Erschließung gesichert ist (vgl. § 34 Abs. 1 S. 1 BauGB). Dieser Begriff der gesicherten Erschließung ist ein bundesrechtlicher Begriff, der nicht durch Landesrecht konkretisiert wird. Für ein Innenbereichsvorhaben reicht grundsätzlich die Erschließung aus, die der jeweilige Innenbereich aufweist; dabei ist die Erschließung durch eine vorhandene Straße nur gesichert, wenn sie den durch das Vorhaben ausgelösten Verkehr im Regelfall bewältigen kann (BVerwG, B. v. 3. 4. 1996 – 4 B 253/95 – NVwZ 1997, 389). Hingegen ist der Anschluss der baulichen Anlage an diese Erschließung, die ausreichende Breite einer Erschließungsstraße für Fahrzeuge der Feuerwehr, Krankenwagen usw. nicht eine Frage des Bauplanungsrechts, sondern des Bauordnungsrechts (Mitschang in Battis/Krautzberger/Löhr, 14. Aufl. 2019, BauGB § 30 Rn. 24).
Grundsätzlich vermittelt das Erfordernis der gesicherten Erschließung keinen Nachbarschutz (BayVGH, U.v. 22.3.1999 – 15 B 98.207 – juris Rn. 17; Söfker in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, 137. EL Februar 2020, § 34 Rn. 141). Jedoch kann eine erhebliche Verschlechterung der bauplanungsrechtlichen Erschließungssituation eines Nachbargrundstücks durch eine vorhabenbedingte Überlastung einer Erschließungsanlage zu einem Verstoß gegen das bauplanungsrechtliche Gebot der Rücksichtnahme führen, wenn die dadurch für das Nachbargrundstück entstehende Belastung bei Abwägung aller Umstände unzumutbar ist (VGH Mannheim, B.v. 15.11.2017 – 8 S 2101/17 – juris LS; Dirnberger in Simon/Busse, BayBO, 136. EL Januar 2020, Art. 66 Rn. 253a).
Eine derartige verkehrliche Belastungssituation ist hier nicht zu erwarten. Die Ermittlung des zusätzlichen Verkehrsaufkommens, das eine Wohnanlage mit zwei Mehrfamilienhäusern mit insgesamt 23 Wohneinheiten und einem Boardinghaus mit 12 Zimmern am Vorhabenstandort auslöst, ist Gegenstand eines Verkehrsgutachtens von Prof. Dr.-Ing. K* … vom 10. Oktober 2015 (Blatt 53 ff. der Akte), wobei der Gutachter sogar von einer höheren Zahl von Wohneinheiten ausgeht, als beantragt und genehmigt worden ist. Der Gutachter untersucht auch, ob der zusätzliche Verkehr von der Straße V* … aufgenommen und leistungsfähig an der Einmündung in die Bahnhof straße abgewickelt werden kann und kommt zu dem Schluss, dass die vorhandene Straßeninfrastruktur das zusätzliche Verkehrsaufkommen bewältigen kann. Das Gutachten ist plausibel und nachvollziehbar. Es wurde von den Klägern nicht substantiell infrage gestellt; die in der mündlichen Verhandlung monierten Feststellungen zum LKW-Verkehr ließen sich dahingehend aufklären, dass der gutachterlich prognostizierte „Schwerverkehrsanteil von 1-2%“ (S. 3 des Gutachtens) der Anteil am zu erwartenden Verkehrsaufkommen des Bauvorhabens von insgesamt 200 Kfz-Fahrten am Tag ist, in Zahlen also 2 bis 4 LKW-Fahrten. Dies summiert sich bei Unterstellung eines Status Quo von 10 LKW-Fahrten auf insgesamt zu erwartende 12 bis 14 LKW-Fahrten (S. 4 des Gutachtens).
5. Die Einwände zum Stellplatznachweis führen ebensowenig zum Erfolg der Klage.
Die gemeindliche Stellplatzsatzung ist als örtliche Bauvorschrift im vereinfachten Genehmigungsverfahren zu prüfen (vgl. Art. 59 Satz 1 Nr. 1 Buchst. c, Art. 81 Abs. 1 BayBO). Grundsätzlich vermittelt die Stellplatzpflicht keinen Drittschutz, sondern dient ausschließlich dem öffentlichen Interesse an der Entlastung öffentlicher Verkehrsflächen vom ruhenden Verkehr (BayVGH, B.v. 20.9.2010 – 2 CS 10.1842 – juris Rn. 9 f.). Etwas anderes kann sich unter Umständen ergeben, wenn es um die Situierung der konkreten Stellplätze geht. Ein Vorhaben kann aber auch rücksichtslos sein, wenn ein Mangel an Stellplätzen zu Beeinträchtigungen führt, die dem Nachbarn – auch unter Berücksichtigung einer Vorbelastung seines Grundstücks – bei Abwägung aller Umstände unzumutbar sind (Würfel in Simon/Busse, BayBO, Stand Januar 2020, Art. 47 Rn. 243).
Weder die Situierung noch die Anzahl der vorgesehenen Stellplätze führen zu einer Unzumutbarkeit des Vorhabens. Die im Bescheid beauflagte Herstellung von 34 Stellplätzen entspricht der nach der im Zeitpunkt der Genehmigung geltenden gemeindlichen Stellplatzsatzung (Satzung über die Herstellung und Ablösung von Stellplätzen vom 23. Juli 2004 – Stellplatz- und Garagensatzung). Die Anzahl der herzustellenden Stellplätze richtet sich gemäß § 3 Abs. 1 der Satzung nach deren Anlage 1. Von den 34 herzustellenden Stellplätzen entfallen 22 auf die 11 Wohnungen (2 Stellplätze je Wohnung, vgl. Ziffer 1.3 der Anlage 1) sowie 12 Stellplätze auf die 12 Einheiten im Boardinghaus (1 Stellplatz je Einheit, vgl. Ziffer 6.4 der Anlage 1). Soweit klägerseits der Verdacht geäußert wurde, dass die Beigeladenen das eigentlich als Apartmenthaus geplante Vorhaben einzig deswegen in ein Boardinghaus umbenannt hätten, um einen niedrigeren Stellplatzschlüssel anwenden zu können, führt dies selbst bei Unterstellung der Richtigkeit nicht zu einem Mangel an Stellplätzen, die den Klägern gegenüber unzumutbar wäre. Die fehlende Unzumutbarkeit lässt sich daran erkennen, dass die Gemeinde in ihrer geänderten Stellplatzsatzung vom 29. Oktober 2018 im Hinblick auf Mehrfamilienhäuser eine nach Wohnungsgrößen differenzierende Regelung getroffen hat (vgl. Ziffer 1.3 der Satzung n.F.). Für kleinere Apartments bis 50 m² Wohnfläche in Mehrfamilienhäusern ist nur noch ein Stellplatz (statt vormals zwei) vorgeschrieben. Nach der neuen Rechtslage müssten die Beigeladenen für entsprechend kleine Wohnungen in Mehrfamilienhäusern ohnehin lediglich einen Stellplatz pro Wohnung nachweisen, also ebenso viele wie für eine selbständige Einheit im Boardinghaus (nach alter und neuer Rechtslage). Daraus lässt sich ableiten, dass eine – etwaige – vorher zu niedrige Bemessung der herzustellenden Stellplätze nicht unzumutbar gewesen sein kann, weil sie jedenfalls jetzt den aktuellen Stellplatzanforderungen genügt. Ferner ergibt sich aus diesem Aspekt auch, dass eine Aufhebung der Baugenehmigung wegen einer etwaig unzureichenden Zahl von Stellplätzen nicht erreicht werden kann, wenn und weil die Beigeladenen jedenfalls zum jetzigen Zeitpunkt Anspruch auf Erteilung einer Baugenehmigung hätten. Denn im Falle einer nachbarlichen Drittanfechtungsklage ist eine dem Bauherrn günstige Veränderung bis zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung zu beachten (stRspr, vgl. BVerwG, U.v. 5.10.1965 – IV C 3.65 – BVerwGE 22, 129 (133); B.v. 23.4.1998 – 4 B 40/98 – juris 2. LS; Schübel-Pfister in Eyermann, VwGO; 15. Aufl. 2019, § 113 Rn. 63).
6. Mit den geltend gemachten Einwendungen zum Brandschutz und zur Rettungswegesituation dringen die Kläger nicht durch.
Von der Regelungswirkung des Baugenehmigungsbescheids ist lediglich der Brandschutznachweis bezüglich der geplanten Mittelgarage nach Art. 59 Satz 2 i.V.m. Art. 62b Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BayBO umfasst. Die einzuhaltenden Anforderungen ergeben sich u.a. aus der Garagen- und Stellplatzverordnung (GaStellV), die auf die Mittelgarage nach § 1 Abs. 7 Satz 1 Nr. 2 GaStellV Anwendung findet. Nach dem Brandschutznachweis (S. 5) ist die mögliche höhere Brandgefahr, die von der Tiefgarage ausgeht, mit der Anwendung dieser rechtlichen Vorschriften berücksichtigt. Das Landratsamt hat nach Prüfung mit Schreiben vom 23. Januar 2018 sein Einverständnis mit dem vorgelegten Brandschutznachweis erklärt. Auch nach den in der mündlichen Verhandlung bestätigten Angaben der Fachkraft für den vorbeugenden Brandschutz des Landratsamts ist davon auszugehen, dass insbesondere die Vorschriften über die Feuerwehrzufahrt (Art. 5 BayBO i.V.m. den Richtlinien über Flächen für die Feuerwehr in der Fassung Febr. 2007) in den eingereichten und genehmigten Plänen zutreffend eingezeichnet worden ist; namentlich betrifft das die lichte Breite der Zu- und Durchfahrten von mind. 3 m Breite und die lichte Höhe von mind. 3,50 m. Der Innenradius im Zufahrtsbereich beträgt hiernach mind. 10,50 m – 12 m; die Fahrspurbreite im Kurvenbereich hat eine Breite von mind. 5 m aufzuweisen. Weiter wurden die vorgeschriebenen Aufstell- und Bewegungsflächen für die Feuerwehr berücksichtigt (vgl. hierzu S. 8 des Brandschutznachweises). Damit ergibt sich auch kein Widerspruch zu der Stellungnahme der Freiwilligen Feuerwehr, die die Klagepartei vorlegte; vielmehr dürfte insoweit den Bedenken Rechnung getragen worden sein. Weitere substantiierte Einwendungen wurden nicht erhoben.
Soweit die Kläger monieren, dass ein für erforderlich gehaltenes beidseitiges Halteverbot nicht vorhanden sei, ergibt sich hieraus nicht die Rechtswidrigkeit der angegriffenen Baugenehmigung. Die verkehrsrechtliche Anordnung eines Halteverbots ist vom Regelungsgegenstand der Baugenehmigung nicht umfasst, sondern obliegt vielmehr der Gemeinde als unterer Straßenverkehrsbehörde. Es ist auch kein Grund dafür ersichtlich, dass diese Anordnung nicht ergehen könnte.
Im Hinblick auf befürchtete Schäden an der klägerischen Garage durch die Errichtung des Vorhabens wären ggf. zivilrechtliche Ansprüche geltend zu machen. Die Rechtmäßigkeit der Baugenehmigung betrifft dies jedoch nicht.
Die Klage war daher mit der Kostenfolge nach § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Es entspricht der Billigkeit (§ 162 Abs. 3 VwGO), dass die Beigeladenen ihre außergerichtlichen Kosten selbst tragen, weil sie keinen Antrag gestellt und sich damit keinem Kostenrisiko ausgesetzt haben, vgl. § 154 Abs. 3 VwGO.
Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 173 Satz 1 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.