Aktenzeichen W 5 K 16.430
Leitsatz
1. Änderungen der Sach- und Rechtslage nach Erteilung der Baugenehmigung (wie zB der Erlass eines Bebauungsplans) sind für das gerichtliche Verfahren nur von Bedeutung, wenn die Änderung für den Bauherrn günstig ist. Für den Nachbarn günstige Änderungen können nicht zulasten des Bauherrn berücksichtigt werden. (redaktioneller Leitsatz)
2. Eine Verletzung von Verfahrensvorschriften führt allein noch nicht zu einer Verletzung von Rechten Dritter. Maßgeblich für eine Rechtsverletzung ist vielmehr nur das materielle Recht. (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
I.
Die Klage wird abgewiesen.
II.
Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Aufwendungen der Beigeladenen zu tragen.
III.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Kostenschuldner vorher in gleicher Höhe Sicherheit leistet.
Gründe
Die Klage ist unzulässig, im Übrigen ist sie auch unbegründet.
1. Das Gericht konnte in der Sache entscheiden. Es war nicht gehalten, das Verfahren wegen der beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof anhängigen Normenkontrolle hinsichtlich des vorhabenbezogenen Bebauungsplans „Wohngebiet Platz`scher Garten“ (9 N 15.528) nach § 94 VwGO auszusetzen.
Zwar ist hier ein Verfahren nach § 47 VwGO über die Rechtsgültigkeit einer landesrechtlichen untergesetzlichen Norm anhängig. Ein vorgreifliches Rechtsverhältnis liegt aber nicht vor, wenn Gegenstand der Prüfung in dem anderen Rechtsstreit die Gültigkeit einer Rechtsnorm ist (vgl. Rennert in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 94 Rn. 14 m. w. N.).
Aber auch eine analoge Anwendung des § 94 VwGO kommt nicht in Betracht, da es hier an einer Vorgreiflichkeit fehlt, weil das Ergebnis des anderen Verfahrens letztlich nicht entscheidungserheblich für das Ausgangsverfahren ist (vgl. Rudsile in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Februar 2016, § 94 Rn. 18). Im vorliegenden Fall kam es nämlich für die hier zu entscheidende baurechtliche Nachbarklage auf die Rechtsgültigkeit des vorhabenbezogenen Bebauungsplans „Wohngebiet Platz`scher Garten“ nicht an, da die Klage sowohl im Falle der Rechtsgültigkeit als auch im Falle der Rechtsungültigkeit abzuweisen war. Im Übrigen steht die Aussetzung im Ermessen des Gerichts; das Gericht hat grundsätzlich die Wahl, ob es über die vorgreifliche Sache inzident entscheidet oder nicht (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 22. Aufl. 2016, § 94 Rn. 3).
Soweit der Aussetzungsantrag damit begründet wurde, dass eine Abweisung der Nachbarklage dazu führen würde, dass auch die Normenkontrolle abgewiesen werden müsste (so der Vortrag des Vertreters der Klägerin in der mündlichen Verhandlung wie auch im Schreiben der Klägerin vom 4. August 2016), kann sie damit schon nicht durchdringen, weil insoweit schon keine Vorgreiflichkeit eines anderen Verfahrens geltend gemacht wird. Vielmehr soll – so die Argumentation der Klägerin – das hiesige Verfahren für die Entscheidung des Normenkontrollverfahrens von Bedeutung sein. Abgestellt wird damit wohl auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts wie auch des Bayer. Verwaltungsgerichtshofs (vgl. bspw. U.v. 1.6.2015 – 2 N 13.2220 – juris), wonach das Rechtsschutzbedürfnis im Normenkontrollverfahren dann fehlt, wenn sich die Inanspruchnahme des Gerichts als nutzlos erweist, weil der Antragsteller seine Rechtsstellung mit der begehrten Entscheidung nicht verbessern kann. Hiervon ist dann auszugehen, wenn der Antragsteller Festsetzungen eines Bebauungsplans bekämpft, auf deren Grundlage bereits Vorhaben genehmigt und verwirklicht worden sind (vgl. BVerwG, B.v. 28.8.1987 – 4 N 3.86 – BVerwGE 78, 85; B.v. 9.2.1989 – 4 NB 1.89 – BayVBl 1989, 665; U.v. 28.4.1999 – 4 CN 4.99 – UPR 1999, 350). Entscheidend ist insoweit aber allein – und dies wird von Klägerseite verkannt -, ob der Antragsteller im Normenkontrollverfahren noch gegen die Baugenehmigungen für den betroffenen Bereich vorgehen kann oder diese angefochten hat. Irrelevant ist es, ob Dritte – wie hier die Klägerin – noch Baugenehmigungen anfechten können oder hiergegen vorgegangen sind.
2. Die Klage ist bereits unzulässig, denn es fehlt an der Klagebefugnis gemäß § 42 Abs. 2 VwGO.
§ 42 Abs. 2 VwGO setzt nämlich voraus, dass der Kläger die Verletzung eines subjektiven Rechts geltend macht. Der Kläger ist also nur klagebefugt, wenn die Rechtsordnung ein subjektives Recht kennt, das den geltend gemachten Anspruch in seiner Person tragen würde (Happ im Eyermann, VwGO, § 42 Rn. 82). Zur Bejahung der Klagebefugnis reicht es aus, dass nach dem substanziierten Vortrag des Klägers eine Verletzung seiner Rechte durch den Verwaltungsakt oder seine Ablehnung oder Unterlassung möglich ist. Mit anderen Worten: Die Darlegung des Klägers muss ergeben, dass nicht offensichtlich und eindeutig nach keiner Betrachtungsweise die vom Kläger behaupteten Rechte nicht bestehen oder ihm nicht zustehen können.
Aus den Darlegungen der Klägerin ergibt sich aber gerade nicht, dass ihr ein Recht darauf zustehen würde, dass die Baugenehmigung vom 20. Februar 2014 für die Nutzungsänderung eines Schulungs- und Seminargebäudes mit Appartements zu einem Wohngebäude mit 30 Appartement-Wohnungen und zur Errichtung von Balkonen auf dem Grundstück Fl.Nr. …4 der Gemarkung Würzburg, …Str. 1 („Haus 1“) aufgehoben werden müsste. So ist dafür, dass durch die streitgegenständliche Baugenehmigung die Verletzung eines drittschützenden Rechts der Klägerin erfolgen würde, weder etwas vorgetragen noch sonst wie ersichtlich. Die bloße Behauptung des früheren Klägerbevollmächtigten, die Klägerin könne geltend machen, in ihren subjektiven Rechten verletzt zu sein, reicht hierfür offenkundig nicht aus.
Dass eine eigene Rechtsverletzung der Klägerin nicht möglich erscheint, wird schon darin deutlich, dass das streitgegenständliche Gebäude vom Grundstück Fl.Nr. …/6, auf dem sich die Wohnung der Klägerin befindet, durch die …Straße getrennt, sich in einer Entfernung von ca. 55 m hiervon befindet, wobei sich zwischen diesen Gebäuden auf dem südlichen Teil des Baugrundstücks ein weiteres, 65 m langes und deutlich höheres Gebäude als das Bauvorhaben befindet. Das streitgegenständliche Vorhaben ist damit von der Wohnung der Klägerin aus überhaupt nicht optisch wahrzunehmen, da es im rückwärtigen Grundstücksbereich liegt und zur …Straße durch das höhere Bestandsgebäude abgeschirmt ist. Auch sonst ist nicht erkennbar, wie das – bereits seit Jahrzehnten bestehende -streitgegenständliche Gebäude sich auf die Klägerin bzw. deren Wohneigentum auswirken sollte.
Der Vortrag der Klägerseite, dass es sich bei dem streitgegenständlichen Bauvorhaben und den Bauvorhaben, die (nun) Gegenstand des Verfahrens W 5 K 15.830 sind, um ein „Gesamtvorhaben“ handele, die „willkürlich getrennt“ worden seien, kann ebenfalls keine Klagebefugnis begründen. Denn es ist grundsätzlich Sache des Bauherrn im Genehmigungsverfahren, den Antragsumfang zu bestimmen. Ein Ausnahmefall, in dem das Vorhaben aus technischen oder baulichen Gründen nicht getrennt werden darf, liegt hier nicht vor. Es handelt sich nämlich um eigenständige Gebäude, die lediglich aneinandergebaut sind.
Soweit hinsichtlich der Begründetheit der Klage von Klägerseite (ausschließlich) auf die gleichzeitig eingereichte Klagebegründung im Verfahren W 5 K 16.431 verwiesen wird, da die dort vorgebrachten Argumente auch für den hier streitigen Bauteil gelten würden, macht dies deutlich, dass die Klägerin hinsichtlich des streitgegenständlichen Vorhabens gerade keine eigenständige Rechtsverletzung geltend macht bzw. geltend machen kann.
3. Die Klage ist darüber hinaus – als baurechtliche Nachbarklage – auch unbegründet, da die Baugenehmigung der Stadt Würzburg vom 20. Februar 2014 (Az. 1903-2013) jedenfalls die Klägerin nicht in ihren subjektivöffentlichen Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
3.1. Nach Art. 68 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. Art. 59 BayBO ist eine Baugenehmigung zu erteilen, wenn dem Bauvorhaben keine öffentlich-rechtlichen Vorschriften entgegenstehen, die im bauaufsichtlichen Genehmigungsverfahren zu prüfen sind.
Einem Nachbarn des Bauherrn steht ein Anspruch auf Versagung der Baugenehmigung grundsätzlich nicht zu. Er kann eine Baugenehmigung nur dann mit Aussicht auf Erfolg anfechten, wenn Vorschriften verletzt sind, die auch seinem Schutz dienen, oder wenn das Vorhaben es an der gebotenen Rücksichtnahme auf seine Umgebung fehlen lässt und dieses Gebot im Einzelfall Nachbarschutz vermittelt.
Die streitgegenständlichen Baugenehmigung vom 20. Februar 2014 wurde – zu Recht – im vereinfachten Genehmigungsverfahren nach Art. 59 BayBO erteilt, da ihr kein Sonderbau i. S.v. Art. 2 Abs. 4 Nr. 1 – 20 BayBO zugrunde liegt. Nach Art. 59 BayBO ist im vereinfachten Baugenehmigungsverfahren der Prüfungsrahmen beschränkt. Die Übereinstimmung des Vorhabens mit den Vorschriften der Bayerischen Bauordnung wird grundsätzlich nicht mehr geprüft. Nach Art. 59 Satz 1 Nr. 1 BayBO hat die Bauaufsichtsbehörde aber die Übereinstimmung mit den Vorschriften über die baulichen Anlagen nach § 29 bis 38 BauGB zu prüfen.
3.2. Im vorliegenden Fall ist nach Überzeugung der Kammer ein derartiger Verstoß gegen nachbarschützende Vorschriften des Bauplanungsrechts (Art. 59 Satz 1 Nr. 1 BayBO) offensichtlich aber nicht gegeben.
Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist bei einer baurechtlichen Nachbarklage grundsätzlich der der letzten Behördenentscheidung, hier also der Erteilung (Zustellung) der Baugenehmigung. Änderungen der Sach- und Rechtslage nach Erteilung der Baugenehmigung (wie z. B. der Erlass eines Bebauungsplans) sind für das gerichtliche Verfahren nur von Bedeutung, wenn die Änderung für den Bauherrn günstig ist. Für den Nachbarn günstige Änderungen können nicht zulasten des Bauherrn berücksichtigt werden (vgl. BayVGH, U. v. 4.10.1991 – 2 B 88.1284 – BayVBl. 1992, 211; Dirnberger in Simon/Busse, BayBO, Art. 66 Rn. 590).
Die Baugenehmigung vom 20. Februar 2014 (Az. 1903-2013) für das „Haus 1“ wurde dem Bauantragsteller am gleichen Tag zugestellt und am 26. Februar 2014 öffentlich bekannt gemacht. Der vorhabenbezogene Bebauungsplan „Wohngebiet Platz`scher Garten“ ist (erst) am 26. Februar 2014 in Kraft getreten.
Damit richtet sich hier die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens nach § 34 Abs. 1 und Abs. 2 BauGB i. V. m. § 4 oder § 6 BauNVO und jedenfalls nicht – wie die Klägerseite meint – nach § 35 BauGB oder nach § 33 BauGB. Denn der Standort des geplanten Vorhabens ist dem Innenbereich zuzuordnen. So schließt sich an das streitgegenständliche – seit Jahrzehnten bestehende – Gebäude auf dem Baugrundstück sowohl in nördlicher, südlicher und südwestlicher Richtung, wie auch jenseits des Baugrundstücks in nördlicher, östlicher und südlicher Richtung Bebauung an, mit der es einen Bebauungszusammenhang bildet. Eine Ablehnung des Vorhabens aufgrund des § 33 BauGB – wie von Klägerseite vorgebracht – kommt von vornherein nicht in Betracht, da es sich bei dieser Rechtsnorm um einen zusätzlichen positiven Zulässigkeitstatbestand handelt (vgl. Reidt in Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 2016, § 33 Rn. 1).
Selbst wenn man – mit der Klägerseite – von einer Einstufung des Gebiets als Außenbereichsgrundstück ausgehen würde und die Rechtswidrigkeit der erteilten Baugenehmigungen bejahen würde – was nach den obigen Ausführungen zu verneinen ist -, würde dies nicht zum Erfolg der Klage führen. Denn es lässt sich allein aus einer eventuellen fehlerhaften Gebietseinstufung kein Drittschutz ableiten (vgl. BayVGH, B.v. 19.3.2015 – 9 CS 14.2441; B.v. 18.9.2008 – 1 ZB 06.2294; beide juris). Vielmehr ergibt sich der Nachbarschutz auch im Falle des § 35 BauGB aus dem in § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB i. V. m. § 3 Abs. 1 BImSchG enthaltenen Gebot der Rücksichtnahme (vgl. BVerwG, U.v. 28.10.1993 – 4 C 5/93 – DVBl 1994, 697). Allerdings ist für eine Verletzung nachbarschützender Vorschriften zulasten der Klägerin nichts ersichtlich ist.
Es ist vorliegend kein Grund dafür ersichtlich, warum das Wohnbauvorhaben seiner Art nach hier nicht nach § 34 Abs. 2 BauGB i. V. m. § 4 oder § 6 BauNVO allgemein zulässig sein sollte und sich nach § 34 Abs. 1 BauGB hinsichtlich des Maßes der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügen würde.
Im Übrigen ist für eine Verletzung eigener Rechte im Sinne des Gebots der Rücksichtnahme nicht das Geringste ersichtlich. Hierzu hat die Kammer im Beschluss vom 6. Mai 2014 – W 5 S 14.344 Folgendes ausgeführt:
„Die an das Gebot der Rücksichtnahme zu stellenden Anforderungen hängen von den Umständen des Einzelfalles ab. Das heißt, es ist anhand der konkreten Umstände des Einzelfalles zu prüfen, ob die mit einem Bauvorhaben verbundenen Nachteile das Maß dessen überschreiten, was einem Grundstücksnachbarn billigerweise noch zugemutet werden kann. Eine Beeinträchtigung der Antragstellerin ist hier nicht zu erkennen.
Dies folgt schon aus der geographischen Lage des genehmigten Bauvorhabens. Genehmigt wurde die Änderung eines bestehenden Gebäudes im nordöstlichen Teil des Baugrundstücks. Das Vorhaben befindet sich in einer Entfernung von über 48 m zum Grundstück Fl.Nr. …/6 und von ca. 54 m zu dem auf dem Grundstück Fl.Nr. …/6 bestehenden Gebäude, in dem die Antragstellerin ihr Wohneigentum hat. Zwischen den beiden Grundstücken verläuft die …Straße, die Baumaßnahme erfolgt auf dem Baugrundstück jenseits der dort vorhandenen straßenseitigen südlichen Bebauung. Wie die Antragstellerin durch die Zulassung des angegriffenen Bauvorhabens verletzt sein könnte, ist nicht erkennbar.“
Auch ein Verstoß gegen den Gebietsbewahrungsanspruch ist – entgegen der Ansicht der Klägerseite von vornherein auszuschließen. Hierzu hat die Kammer im Beschluss vom 6. Mai 2014 – W 5 S 14.344 ausgeführt:
„Die Antragstellerin kann sich auch nicht auf den neben dem Rücksichtnahmegebot dem Nachbarn zustehenden Gebietswahrungsanspruch berufen. Es ist nichts dafür ersichtlich, dass sich das Gebiet, in dem sich das Wohneigentum der Antragstellerin befindet, durch die Zulassung des genehmigten Vorhabens der Beigeladenen seiner Art nach ändern könnte. Der Gebietswahrungsanspruch begründet nur ein nachbarliches Abwehrrecht gegen unverträgliche Fremdnutzungen. Davon kann vorliegend nicht die Rede sein. Dass die Nutzung des Baugrundstücks für alle Zeiten gleich bleibt, kann ein Nachbar nicht verlangen.“
Auch das Vorbringen zum vorhabenbezogenen Bebauungsplan kann der Klage nicht zum Erfolg verhelfen, hierzu ist wiederum auf die Ausführungen im Beschluss vom 6. Mai 2014 – W 5 S 14.344 zu verweisen:
„Was das Vorbringen der Antragstellerin zum vorhabenbezogenen Bebauungsplan „Wohngebiet Platz’scher Garten“ betrifft, erweist sich diese Rüge unabhängig von der Frage des maßgeblichen Zeitpunkts für die Anfechtungsklage auch insoweit als unbehelflich, als das Vorhaben der Beigeladenen den Festsetzungen des Bebauungsplans gerade entspricht. Wäre der Bebauungsplan unwirksam (vgl. aber Beschluss des Bayer. Verwaltungsgerichtshofs vom 24.4.2014 Nr. 9 NE 14.430), würde sich das Vorhaben der Beigeladenen ohnedies und ausschließlich nach § 34 BauGB beurteilen. Ein unwirksamer Bebauungsplan begründet per se keinen subjektivöffentlichen Abwehranspruch des Nachbarn (vgl. nur OVG Nordrhein-Westfalen, B.v. 5.11.2013 Nr. 2 B 1010/13, DVBl 14, 532).“
Unterstellt der vorhabenbezogene Bebauungsplan ist wirksam, wären Rechtsänderungen zugunsten des Bauherrn heranzuziehen, so dass dann die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens an § 30 Abs. 2 i. V. m. § 12 BauGB zu messen wäre. Nach diesen Vorschriften wäre das Vorhaben im Geltungsbereich des vorhabenbezogenen Bebauungsplans „Wohngebiet Platz`scher Garten“ unproblematisch zulässig, da es als Wohnbauvorhaben diesem Bebauungsplan nicht widerspricht und die Erschließung gesichert ist. Eine Rechtsverletzung der Klägerin würde auch danach von vornherein ausscheiden.
3.3. Auch ein Verstoß gegen – im vereinfachten Genehmigungsverfahren hier gemäß Art. 59 Satz 1 Nr. 2 BayBO zu prüfende – abstandsflächenrechtliche Vorschriften der BayBO zulasten der Klägerin liegt nicht vor. Denn die im Rahmen des Genehmigungsbescheids erteilten Abweichungen nach Art. 63 Abs. 1 BayBO von den Abstandsflächenvorschriften betreffen die Klägerin, deren Wohnung sich in ca. 65 m Entfernung vom Bauobjekt befindet, offenkundig nicht.
3.4. Der Vortrag der Klägerseite, dass es sich bei dem streitgegenständlichen Bauvorhaben und den Bauvorhaben, die (nun) Gegenstand der Verfahren W 5 K 15.830 sind, um ein „Gesamtvorhaben“ handele, die „willkürlich getrennt“ worden seien, kann ebenfalls offenkundig zu keiner Rechtsverletzung der Klägerin führen. Denn es ist grundsätzlich Sache des Bauherrn im Genehmigungsverfahren, den Antragsumfang zu bestimmen. Ein Ausnahmefall, in dem das Vorhaben aus technischen oder baulichen Gründen nicht getrennt werden darf, liegt hier nicht vor. Es handelt sich nämlich um eigenständige Gebäude, die lediglich aneinandergebaut sind. Unabhängig hiervon führt eine Verletzung von Verfahrensvorschriften allein noch nicht zu einer Verletzung von Rechten Dritter. Maßgeblich für eine Rechtsverletzung ist vielmehr nur das materielle Recht. So werden insbesondere auch durch die bloße Wahl des „falschen“ Verfahrens Dritte nicht in ihren Rechten verletzt (vgl. Dirnberger in Simon/Busse, BayBO, Art. 66 Rn. 296; Schwarzer/König, BayBO, Art. 66 Rn. 35; siehe auch BVerwG, B.v. 15.10.1991 – 7 B 99/91 – NJW 1992, 256).
Nach allem war die Klage abzuweisen.
4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Da sich die Beigeladene durch eigene Antragstellung am Kostenrisiko des Verfahrens beteiligt hat (§ 154 Abs. 3 VwGO), entsprach es der Billigkeit, ihre außergerichtlichen Aufwendungen der Klägerin aufzuerlegen (§ 162 Abs. 3 i. V. m. § 154 Abs. 3 VwGO).
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i. V. m. § 708 Nr. 11 und § 711 ZPO.
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zugelassen wird. Die Zulassung der Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils beim Bayerischen Verwaltungsgericht Würzburg, Hausanschrift: Burkarderstraße 26, 97082 Würzburg, oder Postfachanschrift: Postfach 11 02 65, 97029 Würzburg, schriftlich zu beantragen. Hierfür besteht Vertretungszwang.
Der Antrag muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist; die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof Hausanschrift in München: Ludwigstraße 23, 80539 München, oder Postfachanschrift in München: Postfach 34 01 48, 80098 München, Hausanschrift in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach, einzureichen.
Die Berufung ist nur zuzulassen, wenn
1. ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2. die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3. die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4. das Urteil von einer Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, des Bundesverwaltungsgerichts, des gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5. wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind Rechtsanwälte, Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, oder die in § 67 Absatz 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 VwGO bezeichneten Personen und Organisationen zugelassen. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich auch durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen.
Beschluss:
Der Streitwert wird auf 10.000,00 EUR festgesetzt.
Gründe:
Die Entscheidung über den Streitwert beruht auf §§ 52 Abs. 1, 63 Abs. 2 Satz 1 GKG und orientiert sich an Ziffer 9.7.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (BayVBl 2014, Sonderbeilage Januar). Demnach ist bei Nachbarklagen gegen eine Baugenehmigung von einem Streitwert von 7.500,00 EUR bis 15.000,00 EUR auszugehen, soweit nicht ein höherer wirtschaftlicher Schaden feststellbar ist. Die Kammer hält im vorliegenden Fall einen Streitwert von 10.000,00 EUR für angemessen.
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,00 EUR übersteigt oder die Beschwerde zugelassen wurde.
Für die Streitwertbeschwerde besteht kein Vertretungszwang.
Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht Würzburg, Hausanschrift: Burkarderstraße 26, 97082 Würzburg, oder Postfachanschrift: Postfach 11 02 65, 97029 Würzburg, schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.
Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde auch noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. Im Fall der formlosen Mitteilung gilt der Beschluss mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gemacht.