Aktenzeichen 9 ZB 17.2306
Leitsatz
1. Der Umfang des Rechtsschutzes eines Nachbarn bei Befreiungen von den Festsetzungen eines Bebauungsplans hängt davon ab, ob die Festsetzungen, von denen eine Befreiung erteilt wurde, dem Nachbarschutz dienen oder nicht. (Rn. 11) (redaktioneller Leitsatz)
2. Bei Befreiung von einer Festsetzung, die nur dem Interesse der Allgemeinheit an einer nachhaltigen städtebaulichen Entwicklung dient, richtet sich der Nachbarschutz lediglich nach den Grundsätzen des im Tatbestandsmerkmal „unter Würdigung nachbarlicher Interessen“ enthaltenen Rücksichtnahmegebots. (Rn. 11, 13-14) (redaktioneller Leitsatz)
3. Eine Verletzung des Amtsermittlungsgrundsatzes und ein Verfahrensmangel liegen nur dann vor, wenn ein Beweisantrag zu Unrecht abgelehnt worden ist oder sich dem Gericht eine weitere Beweiserhebung hätte aufdrängen müssen. (Rn. 22) (redaktioneller Leitsatz)
Verfahrensgang
AN 9 K 16.01816 2017-09-13 Urt VGANSBACH VG Ansbach
Tenor
I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen.
III. Der Streitwert wird für das Zulassungsverfahren wird auf 15.000 Euro festgesetzt.
Gründe
I.
Die Klägerin wendet sich gegen die von der Beklagten an den Beigeladenen mit Bescheid vom 30. August 2016 erteilte Baugenehmigung zum Neubau eines Elektronikfachmarktes auf den Grundstücken FlNr. …, …, …, … und … Gemarkung G* …
Mit Unterlagen vom 24. März 2016 beantragte der Beigeladene die Baugenehmigung zum Neubau eines Elektronikfachmarktes. Die Bebauung sieht eine Überbauung der J* …straße bei einer Durchfahrtshöhe von 4,50 m vor. Die Klägerin betreibt auf dem Grundstück FlNr. … Gemarkung G* … eine Firma zur Herstellung von Präzisionswerkzeugen aus dem Werkzeug- und Formenbau. Ihr Grundstück liegt am Ende der Sackgasse J* …straße und grenzt nicht unmittelbar an die nördlich gelegenen Baugrundstücke an. Sämtliche Grundstück liegen im Geltungsbereich des Bebauungsplans Nr. 3838 vom 21. Juli 1977 der Beklagten, der u.a. Baugrenzen und ein Gewerbegebiet nach § 8 BauNVO 1968 festsetzt.
Die Beklagte erteilte die beantragte Baugenehmigung mit Bescheid vom 30. August 2016 u.a. unter Befreiung von den Baugrenzen des Bebauungsplans. Die Klage der Klägerin dagegen wies das Verwaltungsgericht mit Urteil vom 13. September 2017 ab. Zur Begründung wurde u.a. ausgeführt, dass der genehmigte Elektronikmarkt im Baugebiet zulässig sei, weil er nicht vorwiegend der übergemeindlichen Versorgung diene. Die Festsetzungen zu den Baugrenzen seien nicht drittschützend und das Bauvorhaben sei gegenüber der Klägerin nicht rücksichtslos. Es sei nicht ersichtlich, dass der Betrieb der Klägerin durch die Höhenbeschränkung in Folge des Überbaus in erheblicher und existenzgefährdender Weise beeinträchtigt werde. Hiergegen richtet sich der Antrag auf Zulassung der Berufung der Klägerin.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der vorgelegten Behördenakten verwiesen.
II.
Die Anträge auf Zulassung der Berufung haben keinen Erfolg. An der Richtigkeit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts bestehen keine ernstlichen Zweifel (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Die von der Klägerin geltend gemachten besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) liegen nicht vor und die Rechtssache hat nicht die von der Klägerin angeführte grundsätzliche Bedeutung (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO). Das Urteil des Verwaltungsgerichts beruht auch nicht auf einem Verfahrensmangel (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO).
1. Die Berufung ist nicht nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen.
Die Klägerin beruft sich auf ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Ob solche Zweifel bestehen, ist im Wesentlichen anhand dessen zu beurteilen, was die Klägerin innerhalb offener Frist (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO) hat darlegen lassen (§ 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO). Daraus ergeben sich solche Zweifel nicht.
a) Soweit sich die Klägerin auf einen Gebietserhaltungsanspruch im hier durch den Bebauungsplan Nr. 3838 der Beklagten festgesetzten Gewerbegebiet nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 BauGB i.V.m. § 1 Abs. 2 Nr. 7, Abs. 3 Satz 1 und 2, § 8 BauNVO 1968 beruft, bleibt der Antrag erfolglos.
Das Verwaltungsgericht ist unter Bewertung der Verträglichkeitsstudie der S* … * … … vom Mai 2016 und unter Würdigung der von der Klägerin hiergegen vorgetragenen Einwendungen zu der Einschätzung gelangt, dass das Bauvorhaben nicht der übergemeindlichen Versorgung dient, sondern nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 BauNVO 1968 allgemein zulässig ist. Hiergegen ist nichts zu erinnern. Der bloße Hinweis der Klägerin im Zulassungsvorbringen auf die in der Studie (S. 15) angeführte Einwohnerzahl von knapp über 1,0 Millionen im Einzugsgebiet, stellt die Bewertung des Verwaltungsgerichts nicht in Frage, weil es sich um eine bloße Wiederholung des erstinstanzlichen Vortrags handelt. Das Verwaltungsgericht ist hierauf bereits in den Urteilsgründen eingegangen; mit der diesbezüglichen Argumentation des Verwaltungsgerichts setzt sich das Zulassungsvorbringen nicht auseinander. Die bloße Wiederholung erstinstanzlichen Vortrags genügt aber ebenso wenig wie die schlichte Darstellung der entgegengesetzten Rechtsauffassung der Klägerin dem Darlegungsgebot des § 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO (vgl. BayVGH, B.v. 20.4.2020 – 15 ZB 19.1846 – juris Rn. 21 m.w.N.).
b) Der Antrag bleibt auch erfolglos, soweit sich die Klägerin darauf beruft, die erteilte Befreiung von den Baugrenzen sei objektiv rechtswidrig.
Das Verwaltungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass der Umfang des Rechtsschutzes eines Nachbarn bei Befreiungen von den Festsetzungen eines Bebauungsplans im Rahmen des § 31 Abs. 2 BauGB davon abhängt, ob die Festsetzungen, von denen dem Bauherrn eine Befreiung erteilt wurde, dem Nachbarschutz dienen oder nicht. Bei einer Befreiung von einer nachbarschützenden Festsetzung ist der Nachbar schon dann in seinen Rechten verletzt, wenn die Befreiung rechtswidrig ist, weil eine der Voraussetzungen des § 31 Abs. 2 BauGB nicht erfüllt ist. Bei einer Befreiung von einer Festsetzung, die nicht (auch) den Zweck hat, die Rechte der Nachbarn zu schützen, sondern nur dem Interesse der Allgemeinheit an einer nachhaltigen städtebaulichen Entwicklung dient, richtet sich der Nachbarschutz hingegen lediglich nach den Grundsätzen des im Tatbestandsmerkmal „unter Würdigung nachbarlicher Interessen“ enthaltenen Rücksichtnahmegebots (§ 31 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO). Nachbarrechte werden in diesem Fall nicht schon dann verletzt, wenn die Befreiung aus irgendeinem Grund rechtswidrig ist, sondern nur dann, wenn der Nachbar durch das Vorhaben infolge der zu Unrecht erteilten Befreiung unzumutbar beeinträchtigt wird (vgl. BayVGH, B.v. 15.2.2019 – 9 CS 18.2638 – juris Rn. 19 m.w.N.). Alle übrigen denkbaren Fehler einer Befreiung machen diese und die auf ihr beruhende Baugenehmigung zwar objektiv rechtswidrig, vermitteln dem Nachbarn aber keinen Abwehranspruch, weil seine eigenen Rechte nicht berührt werden (vgl. BVerwG, B.v. 8.7.1998 – 4 B 64.98 – juris Rn. 5; OVG NW, U.v. 9.5.2016 – 10 A 1611/14 – juris Rn. 49; BayVGH, B.v. 27.6.2018 – 9 ZB 16.1012 – juris Rn. 11).
Unter Auslegung des Bebauungsplans und Ermittlung des planerischen Willens des Planungsträgers hat das Verwaltungsgericht die im Bebauungsplan Nr. 3838 der Beklagten festgesetzte Baugrenze auf den Baugrundstücken nicht als drittschützend bewertet. Dem tritt das Zulassungsvorbringen nicht entgegen. Auf die Frage, ob die Befreiungen von den Baugrenzen die Gundzüge der Planung berühren, kommt es damit nicht an (vgl. BayVGH, B.v. 20.12.2019 – 9 ZB 17.2129 – juris Rn. 7).
c) Aus dem Zulassungsvorbringen ergibt sich auch nicht, dass im Rahmen der Befreiung von nicht nachbarschützenden Festsetzungen nicht die gebotene Rücksicht auf die Interessen der Klägerin genommen wurde.
Das Verwaltungsgericht hat zutreffend ausgeführt, dass dem Gebot der Rücksichtnahme drittschützende Wirkung zukommt, soweit in qualifizierter und zugleich individualisierter Weise auf schutzwürdige Interessen eines erkennbar abgegrenzten Kreises Dritter Rücksicht zu nehmen ist. Die Anforderungen, die das Gebot der Rücksichtnahme im Einzelnen begründet, hängen dabei wesentlich von den jeweiligen Umständen des Einzelfalls ab. Je empfindlicher und schutzwürdiger die Stellung desjenigen ist, dem die Rücksichtnahme im gegebenen Zusammenhang zu Gute kommt, desto mehr kann er an Rücksichtnahme verlangen. Je verständlicher und unabweisbarer die mit dem Vorhaben verfolgten Interessen sind, umso weniger braucht derjenige, der das Vorhaben verwirklichen will, Rücksicht zu nehmen. Abzustellen ist darauf, was einerseits dem Rücksichtnahmebegünstigten und andererseits dem Rücksichtnahmeverpflichteten nach Lage der Dinge zuzumuten ist (vgl. BayVGH, B.v. 26.9.2018 – 9 CS 17.361 – juris Rn. 18; vgl. BVerwG, U.v. 18.11.2004 – 4 C 1.04 – juris Rn. 22). Gegenteiliges lässt sich auch dem von der Klägerin angeführten Urteil des Bundesverwaltungsgerichts nicht entnehmen (vgl. BVerwG, U.v. 6.10.1989 – 4 C 14.87 – juris Rn. 15). Soweit die Klägerin hieraus ableitet, im Falle objektiv rechtswidriger Befreiungen seien die nachbarlichen Interessen stärker zu gewichten (vgl. VGH BW, B.v. 8.11.2007 – 3 S 1923/07 – juris Rn. 3; a.A. NdsOVG, B.v. 8.2.2011 – 1 LA 109/08 – juris Rn. 18), kommt es hierauf nicht an, weil die von der Klägerin angeführten nachbarlichen Interessen hier nicht ausreichend substantiiert und dargelegt sind. Die Klägerin hat die von ihr behauptete benötigte Durchfahrtshöhe bei Überbauung der J* …straße mit 6,00 m gegenüber den genehmigten 4,50 m zu keinem Zeitpunkt konkretisiert und substantiiert. Trotz Aufforderung des Verwaltungsgerichts mit Schreiben vom 16. Dezember 2016, bisher erfolgte Transporte mit einer Höhe bis zu 6,00 m glaubhaft zu machen, wurden seitens der Klägerin weder im erstinstanzlichen Verfahren noch mit der Zulassungsbegründung diese Behauptung stützende Genehmigungen oder sonstige Unterlagen vorgelegt. Insbesondere im Hinblick auf das im dicht bebauten Stadtgebiet der Beklagten liegende Firmengrundstück der Klägerin und die nach § 32 Abs. 2 StVZO zulässige Fahrzeughöhe von 4,00 m reicht die bloße Behauptung der Klägerin, auf eine höhere Durchfahrtshöhe angewiesen zu sein, nicht, um das Vorliegen schutzwürdiger nachbarlicher Interessen annehmen zu können. Allein die eventuelle objektive Rechtswidrigkeit der erteilten Befreiung genügt nicht, um eine Rücksichtslosigkeit der erteilten Baugenehmigung gegenüber dem Nachbarn annehmen zu können (vgl. BVerwG, U.v. 28.10.1993 – 4 C 5.93 – juris Rn. 17).
2. Die Rechtssache weist keine besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten auf (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO).
Besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeit im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO weist eine Rechtssache dann auf, wenn die Beantwortung der für die Entscheidung erheblichen Fragen in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht voraussichtlich das durchschnittliche Maß nicht unerheblich überschreitende Schwierigkeiten bereitet, wenn sie sich also wegen der Komplexität und abstrakten Fehleranfälligkeit aus der Mehrzahl der verwaltungsgerichtlichen Verfahren heraushebt und die im Zulassungsverfahren erforderliche kursorische Prüfung der Rechtssache anhand des verwaltungsgerichtlichen Urteils keine hinreichend sichere Prognose über den voraussichtlichen Ausgang des Rechtstreits zulässt (vgl. Happ in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 124 Rn. 27). Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor.
Die Klägerin hat nichts entscheidungserhebliches über das zu § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO Dargelegte hinaus vorgetragen. Die Frage, ob der streitgegenständliche Elektronikmarkt einer übergemeindlichen Versorgungsfunktion i.S.d. § 11 Abs. 3 BauNVO 1968 dienen soll, hat das Verwaltungsgericht unter Berücksichtigung der Verträglichkeitsstudie vom Mai 2016 und der Einwendungen der Klägerin hiergegen bewertet. Allein die unterschiedliche Bewertung des vorliegenden Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht und die Kläger genügt nicht für die Darlegung besonderer tatsächlicher oder rechtlicher Schwierigkeiten (BayVGH, B.v. 20.11.2018 – 9 ZB 16.2323 – juris Rn. 22). Ob die erteilte Befreiung von den Baugrenzen einen atypischen Einzelfall voraussetzt (offengelassen: BVerwG, B.v. 5.3.1999 – 4 B 5.99 – juris Rn. 3 ff.), ist nicht entscheidungserheblich. Insoweit kommt es auf die Würdigung nachbarlicher Interessen an, die mangels Substantiierung der behaupteten benötigten Transporthöhen vom Verwaltungsgericht als nicht beeinträchtigt angesehen wurden. Dem ist die Klägerin in der Zulassungsbegründung nicht entgegengetreten. Insoweit ist auch bei unterstellter objektiver Rechtswidrigkeit der erteilten Befreiung die Frage der Bewertung der nachbarlichen Interessen hier mangels Substantiierung derselben nicht besonders rechtlich schwierig.
3. Die Berufung ist nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) zuzulassen.
Die Zulassung der Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache setzt voraus, dass eine konkrete, noch nicht geklärte Rechts- oder Tatsachenfrage aufgeworfen wird, deren Beantwortung sowohl für die Entscheidung des Verwaltungsgerichts von Bedeutung war als auch für die Entscheidung im Berufungsverfahren erheblich sein wird und die über den konkreten Fall hinaus wesentliche Bedeutung für die einheitliche Anwendung oder für die Weiterentwicklung des Rechts hat. Zur Darlegung dieses Zulassungsgrundes ist eine Frage auszuformulieren und substantiiert anzuführen, warum sie für klärungsbedürftig und entscheidungserheblich gehalten und aus welchen Gründen ihr eine allgemeine, über den Einzelfall hinausreichende Bedeutung zugemessen wird (vgl. BayVGH, B.v. 20.5.2019 – 9 ZB 18.1261 – juris Rn. 17).
Die Frage, ob „eine Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB nach der Rechtslage, welche die Vorschrift durch das BauROG 1998 mit Wirkung vom 1. Januar 1998 gefunden hat, das Merkmal der Atypik (als ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal)“ erfordert, ist nicht entscheidungserheblich. Denn – unabhängig von einer eventuellen objektiven Rechtswidrigkeit der erteilten Befreiung von den Baugrenzen – hat das Verwaltungsgericht die Beeinträchtigung schutzwürdiger nachbarlicher Interessen mangels Substantiierung der behaupteten benötigten Durchfahrtshöhe verneint. Dem ist die Klägerin in der Zulassungsbegründung nicht entgegengetreten.
4. Ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel, auf dem die Entscheidung beruhen kann (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO), liegt nicht vor.
Die Klägerin macht einen Verstoß gegen den Amtsermittlungsgrundsatz (§ 86 Abs. 1 VwGO) geltend, weil das Verwaltungsgericht den von ihr in der mündlichen Verhandlung bedingt gestellten Antrag zum Beweis der übergemeindlichen Versorgung des genehmigten Elektromarktes in den Urteilsgründen mit dem Argument, dass die Einholung eines zweiten Gutachtens nicht erforderlich sei, abgelehnt habe. Eine Verletzung von § 86 Abs. 1 VwGO und ein Verfahrensmangel liegen nur dann vor, wenn ein Beweisantrag zu Unrecht abgelehnt worden ist oder sich dem Gericht eine weitere Beweiserhebung hätte aufdrängen müssen (vgl. BayVGH, B.v. 2.5.2016 – 9 ZB 13.2048 – juris Rn. 20). Dies ist der Fall, wenn ein Gutachten auch für den nicht Sachkundigen erkennbare Mängel aufweist, insbesondere von unzutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen ausgeht, unlösbare Widersprüche aufweist, wenn Anlass zu Zweifeln an der Sachkunde oder Unparteilichkeit der Sachverständigen bestehen oder wenn zu besonders schwierigen Fragen einander widersprechende Gutachten vorliegen. Reichen vorliegende Gutachten jedoch aus, um das Gericht in die Lage zu versetzen, die entscheidungserheblichen Fragen sachkundig beurteilen zu können, ist die Einholung eines weiteren Gutachtens weder notwendig noch veranlasst (BayVGH, B.v. 20.9.2014 – 15 ZB 13.568 – juris Rn. 12).
Gegen diese Grundsätze hat das Verwaltungsgericht nicht verstoßen; eine weitere Sachaufklärung musste sich dem Gericht nicht aufdrängen. Das Zulassungsvorbringen legt insoweit keine über den Vortrag in der ersten Instanz hinausgehenden Tatsachen dar, aus denen sich Anhaltspunkte für die Notwendigkeit weiterer Ermittlungen oder Mängel der vorliegenden Verträglichkeitsstudie ergeben könnten. Die Entscheidung darüber, ob ein – weiteres – Gutachten eingeholt werden soll, steht im Rahmen der freien Beweiswürdigung (§ 108 Abs. 1 VwGO) im pflichtgemäßen Ermessen des Tatsachengerichts (BVerwG, B.v. 28.3.2013 – 4 B 15/12 – juris Rn. 19) Grundsätzlich verwehrt es das Gebot des § 86 Abs. 1 VwGO dem Tatsachengericht auch nicht, sich bei der rechtlichen Würdigung auf Tatsachenvortrag der Beteiligten oder im Verwaltungsverfahren eingeholten Unterlagen und Gutachten zu stützen (vgl. BayVGH, B.v. 2.3.2015 – 9 ZB 12.1377 – juris Rn. 27). Das Zulassungsvorbringen zeigt keine Mängel oder unauflösbaren Widersprüche auf, die Zweifel an den Feststellungen der Verträglichkeitsstudie, auf die sich das Verwaltungsgericht gestützt hat, begründen. Die Schlussfolgerungen des Verwaltungsgerichts zur fehlenden übergemeindlichen Versorgungsfunktion des genehmigten Elektromarktes werden durch das Zulassungsvorbringen nicht substantiiert in Frage gestellt; vielmehr wiederholt die Klägerin im Wesentlichen lediglich ihren erstinstanzlichen Vortrag. Das Verwaltungsgericht stellt für die Beurteilung der fehlenden übergemeindlichen Versorgungsfunktion auf die Umsatzzahlen im Kerneinzugsbereich N* … Nord und den Naheinzugsbereich (vgl. S. 17 der Verträglichkeitsanalyse) ab, deren maßgebliche Einwohnerzahlen durch eine eventuell fehlerhafte Benennung des Einzugsgebiets auf Seite 15 der Verträglichkeitsanalyse nicht in Frage gestellt werden. Mit der diesbezüglichen Argumentation des Verwaltungsgerichts, das insoweit auf die Einwendungen der Klägerin im erstinstanzlichen Verfahren eingeht, setzt sich das Zulassungsvorbringen nicht auseinander und zeigt nicht auf, dass sich eine weitere Sachaufklärung aufdrängen musste.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Da der Beigeladene im Zulassungsverfahren einen rechtlich die Sache förderlichen Beitrag geleistet hat, entspricht es der Billigkeit, dass er seine außergerichtlichen Kosten erstattet erhält (§ 162 Abs. 3 VwGO).
Die Streitwertfestsetzung für das Zulassungsverfahren beruht auf § 47 Abs. 1, § 52 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG i.V.m. Nr. 9.7.1 des Streitwertkatalogs 2013 und entspricht der Festsetzung des Verwaltungsgerichts, gegen die keine Einwendungen erhoben wurden.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit der Ablehnung des Antrags auf Zulassung der Berufung wird das angefochtene Urteil rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).