Baurecht

Erfolgloser Eilrechtsantrag gegen ein noch nicht genehmigtes Bauvorhaben

Aktenzeichen  W 5 S 18.1245

Datum:
24.10.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 34561
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Würzburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO §, 42 Abs. 1, § 80 Abs. 5, § 80a Abs. 3
BayVwVfG Art. 43 Abs. 1 S. 1

 

Leitsatz

1 Die Behandlung einschließlich des positiven Beschlusses über die Erteilung einer Baugenehmigung durch den Bau- und Ordnungsausschuss einer Gemeinde ist nicht mit der Erteilung einer Baugenehmigung gleichzusetzen, sondern stellt lediglich ein Verwaltungsinternum dar. (Rn. 11) (redaktioneller Leitsatz)
2 Erst durch die Bekanntgabe an jedenfalls einen Adressaten oder Betroffenen wird ein Verwaltungsakt existent und kann von diesem Zeitpunkt an mit Rechtsbehelfen angegriffen werden. (Rn. 12) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Die Kosten des Verfahrens hat die Antragstellerin zu tragen. Der Beigeladene trägt seine außergerichtlichen Aufwendungen selbst.
III. Der Streitwert wird auf 5.000,00 EUR festgesetzt.

Gründe

I.
Die Antragstellerin wendet sich im Wege des Eilrechtsschutzes gegen ein Bauvorhaben der Beigeladenen, für das eine Baugenehmigung (noch) nicht erteilt wurde.
1. Die Antragstellerin ist Eigentümerin des Grundstücks Fl.Nr. …8/3 der Gemarkung …, …-Weg … in 9. W. Der Beigeladene ist Eigentümer des nördlich davon gelegenen Grundstücks Fl.Nr. …4 der Gemarkung …, 3 in 9. W (Baugrundstück).
2. Mit Bauantrag vom 4. April 2017 beantragte der Beigeladene den Umbau, die Nutzungsänderung und die Restaurierung des „…“ mit Neubau einer heilpädagogischen Einrichtung anstelle der …halle W. auf dem Baugrundstück. In seiner Sitzung vom 17. September 2018 behandelte der Bau- und Ordnungsausschuss der Stadt W. das Bauvorhaben und fasste einen positiven Beschluss über die Erteilung der Baugenehmigung.
3. Mit Schreiben vom 24. September 2018, bei Gericht eingegangen am 27. September 2018, erhob die Antragstellerin Klage mit dem Antrag, „die dem … e.V. am 17.09.2018 erteilte Baugenehmigung für das Grundstück … 3, 9. W., Fl.Nr. …4, Gemarkung … („…“) aufzuheben“. Über diese unter dem Aktenzeichen W 5 K 18.1244 geführte Klage wurde bislang nicht entschieden. Im selben Schriftsatz beantragte die Antragstellerin (im hiesigen Verfahren),
„die aufschiebende Wirkung dieser Klage gegen die Baugenehmigung vom 17.09.2018 anzuordnen.“
Zur Begründung führte sie im Wesentlichen aus: Die dem Beizuladenden erteilte Baugenehmigung verletze sie in ihrem Gebietserhaltungsanspruch. Es existiere ein im Zusammenhang bebauter Ortsteil, dem sowohl ihr Grundstück als auch das Baugrundstück zuzurechnen sei. Die vorhandene Bebauung entspreche einem reinen Wohngebiet, in dem das beantragte Vorhaben nicht zulässig sei. Darüber hinaus verstoße die Baugenehmigung in mehrfacher Hinsicht (Brandschutz, Lärmschutz, Fremdgefährdungen) gegen das Gebot der Rücksichtnahme. Am Vollzug eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes bestehe keinerlei öffentliches Vollzugsinteresse.
4. Die Antragsgegnerin teilte in ihrer Stellungnahme vom 1. Oktober 2018 mit, dass der Bau- und Ordnungsausschuss in seiner Sitzung vom 17. September 2018 das Bauvorhaben behandelt und einen positiven Beschluss gefasst habe. Der Baugenehmigungsbescheid habe bislang noch nicht erteilt werden können, da u.a. die naturschutzfachliche Stellungnahme des Fachbereichs Umwelt- und Klimaschutz der Stadt W. noch ausstehe.
5. Der Beigeladene stellte keinen Antrag und äußerte sich nicht zur Sache.
6. Nach einer telefonischen Mitteilung der Antragsgegnerin vom 24. Oktober 2018 wurde die Baugenehmigung noch nicht erteilt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des sonstigen Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichts- und Behördenakte Bezug genommen.
II.
1. Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung konnte keinen Erfolg haben, denn er ist bereits unzulässig.
Dieser Antrag ist bereits unstatthaft und damit unzulässig. Denn die in der Hauptsache erhobene Anfechtungsklage ist nur gegen Verwaltungsakte statthaft, § 42 Abs. 1 Alt. 1, § 80 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Seitens der Antragsgegnerin ist betreffend das Baugrundstück aber schon kein entsprechender Verwaltungsakt ergangen, weder unter dem 27. September 2018 noch unter einem anderen Datum. Dies hat die Antragsgegnerin mit Schriftsatz vom 1. Oktober 2018 mitgeteilt und am heutigen Tag nochmals telefonisch bestätigt. Es hat bisher lediglich der Bau- und Ordnungsausschuss der Stadt W. in seiner Sitzung vom 17. September 2018 das fragliche Bauvorhaben behandelt und einen positiven Beschluss über die Erteilung der Baugenehmigung gefasst. Hierbei handelt es sich aber nicht um die Erteilung der Baugenehmigung, sondern nur um ein Verwaltungsinternum. Die abschließende Entscheidung in Form eines Verwaltungsaktes steht noch aus.
Eine Anfechtungsklage, die vor Ergehen des Verwaltungsaktes erhoben wird, ist unzulässig und wird auch durch das Ergehen des Verwaltungsaktes nicht nachträglich zulässig (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 24. Aufl. 2018, § 74 Rn. 4a). Denn die Anfechtungsklage kann nur erhoben werden, wenn der Verwaltungsakt bereits äußerlich wirksam ist (vgl. Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 42 Rn. 11). Der Verwaltungsakt wird gegenüber demjenigen, für den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird, in dem Zeitpunkt wirksam, in dem er ihm bekanntgegeben wird (Art. 43 Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG). Erst durch die Bekanntgabe an jedenfalls einen (ersten) Adressaten oder Betroffenen wird der Verwaltungsakt existent und kann von diesem Zeitpunkt an mit Rechtsbehelfen angegriffen werden, vor Bekanntgabe liegt ein Verwaltungsakt im Rechtssinne noch nicht vor (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 19. Aufl. 2018, § 43 Rn. 4; Happ in Eyermann, VwGO, § 42 Rn. 11).
2. Somit konnte der Antrag keinen Erfolg haben und war mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.
Der Beigeladene trägt seine außergerichtlichen Kosten selbst (§ 162 Abs. 3 VwGO). Da sich der Beigeladene nicht durch eigene Antragstellung am Kostenrisiko des Verfahrens beteiligt hat (§ 154 Abs. 3 VwGO), entsprach es nicht der Billigkeit, seine außergerichtlichen Aufwendungen der Antragstellerin aufzuerlegen.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 1, § 53 Abs. 3 Nr. 2 und § 63 Abs. 2 GKG. Nachbarklagen werden nach Nr. 9.7.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 mit 7.500,00 EUR bis 15.000,00 EUR im Hauptsacheverfahren bewertet. Die Kammer hält im vorliegenden Fall in der Hauptsache einen Streitwert von 10.000,00 EUR für angemessen, der für das vorliegende Sofortverfahren zu halbieren ist (Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs).

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