Baurecht

Erfolgreiche Nachbarklage gegen eine zu unbestimmte Baugenehmigung

Aktenzeichen  M 8 K 16.1293

Datum:
26.2.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 10679
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 42 Abs. 2, § 113 Abs. 1 S. 1
BauGB § 34 Abs. 1 S. 1, Abs. 2
BauNVO § 15 Abs. 1
BayBO Art. 2 Abs. 4 Nr. 8, Art. 3 Abs. 1 S. 1, Art. 62 Abs. 3, Art. 64 Abs. 2 S. 1, Art. 66 Abs. 1 S. 1, Art. 80 Abs. 4
BayVwVfG Art. 37 Abs. 1
BauVorlV § 1 Abs. 1 S. 1, Abs. 4, §§ 3 ff.

 

Leitsatz

1 Ein Grundstück ist benachbart iSd Art. 66 Abs. 1 S. 1 BayBO, wenn das Bauvorhaben so zu diesem Grundstück liegt, dass es sich auf dieses und besonders dessen Nutzung unmittelbar und tatsächlich auswirken kann. Im Regelfall werden nur die unmittelbar angrenzenden Grundstücke benachbart sein. (Rn. 43) (redaktioneller Leitsatz)
2 Stellt sich bei der Prüfung eines Bauantrages durch die Behörde heraus, dass die Bauvorlagen inhaltlich unrichtige Angaben enthalten bzw. widersprüchlich oder sonst als Entscheidungsgrundlage für die Baugenehmigung ungeeignet sind, darf die Baugenehmigung nicht erteilt werden. (Rn. 49) (redaktioneller Leitsatz)
3 Es ist nicht Aufgabe der Baugenehmigungsbehörde oder des Verwaltungsgerichts, denkbare Bebauungs- oder Nutzungsmöglichkeiten zu überprüfen und aus mehreren Alternativen ein (genehmigungsfähiges) Vorhaben herauszusuchen. (Rn. 56) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Baugenehmigung vom 16. Februar 2016 (Az.: …) wird aufgehoben.
II. Die Beklagte und die Beigeladene haben die Kosten des Verfahrens zu je ½ zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe des jeweils vorläufig vollstreckbaren Betrages vorläufig vollstreckbar.

Gründe

Die Klage hat Erfolg, da sie zulässig und begründet ist. Die streitgegenständliche Baugenehmigung vom 16. Februar 2016 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren nachbarschützenden Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
1. Die Klage ist zulässig, da die Klägerin insbesondere klagebefugt gemäß § 42 Abs. 2 VwGO ist.
Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Anfechtungsklage gemäß § 42 Abs. 2 VwGO nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt in seinen Rechten verletzt zu sein. Ist der Kläger nicht Adressat eines Verwaltungsakts, sondern lediglich als Dritter betroffen, so ist für die Klagebefugnis erforderlich, dass er die Verletzung einer Vorschrift behauptet, die ihn als Dritten zu schützen bestimmt ist und die Verletzung dieser Vorschrift zumindest möglich erscheint. Dies ist allerdings dann nicht der Fall, wenn offensichtlich und eindeutig nach keiner Betrachtungsweise die vom Kläger behaupteten Rechte bestehen oder ihm zustehen können (vgl. z.B. BVerwG, B.v. 22.12.2016 – 4 B 13.16 – juris Rn. 7 m.w.N.; BayVGH, B.v. 9.5.2017 – 9 CS 16.1241 – juris Rn. 17).
Die Möglichkeit einer Verletzung in eigenen drittschützenden Rechten hat die Klägerin vorliegend plausibel geltend gemacht. Es ist nicht von vornherein auszuschließen, dass der Ersatzbau unter Teilabriss des Gebäudeteils G, verbunden mit einer Erhöhung der Zimmer- und Bettenanzahl, zu einer Verletzung des Rücksichtnahmegebots führen kann, da insbesondere eine Erhöhung der allgemeinen Verkehrsbelastung möglich erscheint, die – abhängig von dem konkreten Einzelfall – zur Unzumutbarkeit des Bauvorhabens führen kann. Denn vorliegend ist zu berücksichtigen, dass das Bauvorhaben in einem verkehrlich angespannten Bereich geplant ist, was das Gericht in diesem Verfahren und in den Verfahren M 8 K 14.90, M 8 K 16.2434 und M 8 K 17.5742 im Rahmen seiner Augenscheinstermine festgestellt hat. Aufgrund dieser Vorbelastung erscheint es zumindest denkbar, dass auch eine im Verhältnis zur Bestandsnutzung geringe Erhöhung zu einer (nunmehr) rücksichtslosen Belastung der Klägerin führen kann.
Von diesem materiell-rechtlichen Nachbarbegriff ist der Nachbarbegriff im verfahrensrechtlichen Sinn nach Art. 66 Bayerische Bauordnung (BayBO) zu unterscheiden (vgl. Dirnberger in Simon/Busse, BayBO, 128. EL Dezember 2017, Art. 66 Rn.59). Benachbart im Sinne Art. 66 BayBO sind aber ebenfalls nicht nur die Grundstücke, die unmittelbar an das Baugrundstück angrenzen, sondern auch diejenigen Grundstücke, die in nachbarrechtlich relevanter Weise im Einwirkungsbereich des Bauvorhabens liegen (vgl. BayVGH, B.v. 3.2.1997, NVwZ-RR 1998, 487), der nach Art und Intensität der von dem Vorhaben ausgehenden Beeinträchtigungen verschieden bemessen sein kann und dementsprechend flexibel den Kreis der Nachbarn bestimmt. Das bedeutet, dass ein Grundstück dann benachbart i.S.d. Art. 66 Abs. 1 Satz 1 BayBO ist, wenn das Bauvorhaben so zu diesem Grundstück liegt, wie z.B. in einer solchen Nähe, dass es sich auf dieses und besonders dessen Nutzung unmittelbar und tatsächlich auswirken kann. Im Regelfall werden nur die unmittelbar angrenzenden Grundstücke benachbart sein. Vor allem bei Lärm, Abgasen, Gerüchen oder sonst emittierenden Vorhaben können aber auch noch andere als angrenzende Grundstücke benachbart sein, da jedes Grundstück benachbart ist, das belastenden Auswirkungen ausgesetzt sein kann; insofern ist eine potentielle Betroffenheit ausreichend (vgl. Dirnberger in Simon/Busse, BayBO, 128. EL Dezember 2017, Art. 66 Rn.65 ff. m.w.N.; BayVGH, B.v. 4.4.2011 – 14 CS 11.263 – juris Rn. 29).
Obige Erwägungen können vorliegend also entsprechend angewandt werden; die Klägerin erfüllt aufgrund der möglichen Betroffenheit durch die verkehrlichen Auswirkungen den formellen Nachbarbegriff.
2. Die Klage ist auch begründet Dritte können sich gegen eine Baugenehmigung nur dann mit Aussicht auf Erfolg zur Wehr setzen, wenn die angefochtene Baugenehmigung rechtswidrig ist und diese Rechtswidrigkeit zumindest auch auf der Verletzung von Normen beruht, die gerade auch dem Schutz des betreffenden Nachbarn zu dienen bestimmt sind (vgl. z.B. BayVGH, B.v. 24.3.2009 – 14 CS 08.3017 – juris Rn. 20). Es genügt daher nicht, wenn die Baugenehmigung gegen Rechtsvorschriften des öffentlichen Rechts verstößt, die nicht – auch nicht teilweise – dem Schutz der Eigentümer benachbarter Grundstücke zu dienen bestimmt sind. Dabei ist zu beachten, dass ein Nachbar eine Baugenehmigung zudem nur dann mit Erfolg anfechten kann, wenn die Genehmigung rechtswidrig ist und die Rechtswidrigkeit sich aus einer Verletzung von Vorschriften ergibt, die im Baugenehmigungsverfahren zu prüfen waren (BayVGH, a.a.O.). Verstößt ein Vorhaben gegen eine drittschützende Vorschrift, die im Baugenehmigungsverfahren aber nicht zu prüfen war, trifft die Baugenehmigung insoweit keine Regelung und der Nachbar ist darauf zu verweisen, Rechtsschutz gegen das Vorhaben über einen Antrag auf bauaufsichtliches Einschreiten gegen die Ausführung des Vorhabens zu suchen (vgl. BVerwG, B.v. 16.1.1997 – 4 B 244/96 – juris Rn. 3; BayVGH, B.v. 14.10.2008 – 2 CS 08/2132 – juris Rn. 3).
Vorliegend sind drittschützende Rechte der Klägerin verletzt, da infolge der Unbestimmtheit der Baugenehmigung bzw. der Bauvorlagen der Gegenstand und Umfang der Baugenehmigung nicht eindeutig festgestellt und deshalb nicht ausgeschlossen werden kann, dass das genehmigte Vorhaben gegen nachbarschützendes Recht, insbesondere das Rücksichtnahmegebot, verstößt.
2.1 Die Baugenehmigung ist zu unbestimmt, weshalb insbesondere die Prüfung der Vereinbarkeit des Vorhabens mit dem Rücksichtnahmegebot durch das Gericht nicht erfolgen kann.
2.1.1 Eine Baugenehmigung muss inhaltlich hinreichend bestimmt sein (Art. 37 Abs. 1 Bayerisches Verwaltungsverfahrensgesetz – BayVwVfG). Sie muss Inhalt, Reichweite und Umfang der genehmigten Nutzung eindeutig erkennen lassen, damit die mit dem Bescheid getroffene Regelung für die Beteiligten des Verfahrens nachvollziehbar und eindeutig ist (vgl. BayVGH, B.v. 20.3.2018 – 15 CS 17.2523 – juris Rn. 30). Dies betrifft insbesondere die mit dem Baugenehmigungsbescheid genehmigten Bauvorlagen.
Art. 64 Abs. 2 Satz 1 BayBO bestimmt, dass mit dem Bauantrag alle für die Beurteilung des Bauvorhabens und die Bearbeitung des Bauantrags erforderlichen Unterlagen (Bauvorlagen) einzureichen sind. Art, Umfang und Inhalt der vorzulegenden Bauvorlagen ergeben sich dabei aus der Bauvorlagenverordnung (BauVorlV), vgl. Art. 80 Abs. 4 BayBO. Die vorgelegten Bauvorlagen und die in ihnen enthaltenen Angaben müssen dabei vollständig, richtig und eindeutig sein (vgl. Gaßner in Simon/Busse, BayBO, Stand: 128. EL Dezember 2017, Art. 64 Rn. 75). Stellt sich bei der Prüfung durch die Behörde heraus, dass die Bauvorlagen inhaltlich unrichtige Angaben enthalten bzw. widersprüchlich oder sonst als Entscheidungsgrundlage für die Baugenehmigung ungeeignet sind, darf die Baugenehmigung nicht erteilt werden (vgl. Gaßner, a.a.O. Rn. 80; VG München, B.v. 28.11.2017 – M 8 SN 17.4766 – juris Rn. 57). Zu einer Unbestimmtheit gelangt man allerdings nur dann, wenn sich der Aussagegehalt des Verwaltungsakts nicht durch Auslegung ermitteln lässt (vgl. BVerwG, U.v. 29.10.1998 – 4 C 9/97 – juris Rn. 19).
Ein Nachbar hat zwar keinen materiellen Anspruch darauf, dass der Bauantragsteller einwandfreie und vollständige Bauvorlagen einreicht (vgl. Gaßner in Simon/Busse, BayBO, Stand: 128. EL Dezember 2017, Art. 64 Rn. 84 m.w.N.). Nachbarrechte können aber dann verletzt sein, wenn infolge der Unbestimmtheit einer Baugenehmigung bzw. der Bauvorlagen der Gegenstand und Umfang der Baugenehmigung nicht eindeutig festgestellt und deshalb nicht ausgeschlossen werden kann, dass das genehmigte Vorhaben gegen nachbarschützendes Recht verstößt (vgl. BayVGH, U.v. 20.05.1996 – 2 B 94.1513, BayVBl. 1997, 405 f.; B.v. 5.12.2001 – 26 ZB 01.1775 – juris Rn. 11 m.w.N.; VGH BW, B.v. 23.11.2017 – 3 S 1933/17 – juris Rn. 8). Dies gilt insbesondere dann, wenn eine Verletzung des Rücksichtnahmegebots nicht ausgeschlossen werden kann (vgl. BayVGH, B.v. 31.10.2016 – 15 B 16.1001 – juris Rn. 4; B.v. 5.7.2017 – 9 CS 17.603 – juris Rn. 13; jeweils m.w.N.). Wie weit das nachbarrechtliche Bestimmtheitserfordernis im Einzelnen reicht, beurteilt sich dabei nach dem jeweils anzuwendenden materiellen Recht (vgl. OVG NW, U.v. 6.6.2014 – 2 A 2757/12 – juris Rn. 73; NdsOVG, B.v. 26.1.2012 – 1 ME 226/11 – juris Rn. 22).
Wenn die Baugenehmigung selbst oder die der Baugenehmigung zu Grunde liegenden Bauvorlagen wegen Ungenauigkeiten bzw. wegen ihres Fehlens keine Entscheidung zulassen, ob die Anforderungen derjenigen Vorschriften gewährleistet sind, die zum Prüfprogramm des konkreten bauaufsichtlichen Verfahrens gehören und die Nachbarschutz vermitteln, kann eine Nachbarrechtsverletzung zur Aufhebung einer Baugenehmigung führen (vgl. BayVGH, U.v. 28.6.1999 – 1 B 97.3174 – juris Rn. 16). Betrifft die Unbestimmtheit oder Unrichtigkeit der Bauvorlagen solche Vorschriften, deren Verletzung im konkreten Fall subjektiv-öffentliche Abwehrrechte der Klägerin begründen können, ist eine mögliche Rechtsverletzung der Klägerin hierdurch zu bejahen (vgl. BayVGH, U.v. 28.6.1999 – 1 B 97.3174 – juris Rn. 16; B.v. 5.12.2001 a.a.O. juris Rn. 11 m.w.N.; Lechner in Simon/Busse, BayBO, Stand: 128. EL Dezember 2017, Art. 68 Rn. 472 m.w.N.).
2.2.2 Die Bauvorlagen sind insoweit unbestimmt, als sich aus ihnen nicht zweifelsfrei ergibt, wie viele Zimmer und Betten vor dem ursprünglichen Zustand des Bauteils G in diesem vorhanden waren, wie viele Zimmer und Betten nunmehr nach dem Bauvorhaben dort vorgesehen sind und folglich wie groß die Erhöhung der Zimmer- und Bettenzahl ausfällt.
Der Bestand an Zimmer und Betten im früheren Gebäudeteil G ist bereits unklar in den Bauvorlagen dargestellt. Im Schreiben der Architekten der Beigeladenen an die Beklagte vom 15. Mai 2015 (Bl. 9 der Behördenakte) wird der Bestand des Bauteils G mit 21 Betten/Zimmern ohne nähere Begründung angegeben. Aus den Grundrissplänen des 4. bis 6. OG des Vorhabens – dort befanden sich wohl vormals Hotelzimmer bzw. Räume – ist der Bestand ebenfalls nicht eindeutig erkennbar. Die gelben Markierungen, welche entsprechend Anlage 1 zur BauVorlV die zu beseitigenden baulichen Anlagen oder Bauteile darstellen sollen, werden derart von den roten Markierungen für die geplanten baulichen Anlagen oder Bauteile überlagert, dass eine Bestimmung des Bestandes nicht möglich ist. Es kann lediglich vermutet werden, dass sich im 4. und 5. OG je ca. acht größere Räume mit Nebenräumen und im 6. OG zumindest drei größere Räume befunden haben. Welcher Nutzung diese Räume gedient haben ist aus den Plänen nicht ersichtlich.
Auch die Zimmer und Betten des neuen Gebäudeteils G sind nicht zweifelfrei erkennbar. Im neuen 4. bis 7. OG ist zwar aus den Plänen eindeutig zu entnehmen, dass 28 Zimmer (jeweils 7 Zimmer pro Geschoss) mit je einem Doppelbett entstehen sollen; im 8. OG sollen ein Zimmer mit Doppelbett sowie eine Suite entstehen. Allerdings ist die Bettenanzahl für diese Suite unklar. Das im nordöstlichen Geschossbereich gelegene Zimmer ist ohne Bett eingezeichnet; es findet sich lediglich die Einzeichnung eines Bettes, welches sich jedoch – aufgrund der Handeintragung durch Abstreichung des vormals geplanten Außenbereichs – teilweise außerhalb des Gebäudes im luftleeren Raum befindet. Ob nach wie vor – wie zunächst geplant – nur ein Doppelbett in der Suite geplant ist, erschließt sich aus dem Plan nicht.
Durch diese Unklarheiten bei der Darstellung des Bestandes und des Vorhabens ist in der Folge nicht eindeutig, um wie viele Zimmer sich die Zimmer- und Bettenzahl erhöht. In der Baubeschreibung zum Bauantrag vom 27. April 2015 (Bl. 7 der Behördenakte) finden sich in der Zeile „Beherbergungsstätte“ die Angaben „Anzahl der Beherbergungsräume: + Zimmer neu: 10“ und „Anzahl der Betten: + Betten neu: 9“. Geht man zugunsten der Beigeladenen davon aus, dass 21 Zimmer im Bestand vorhanden waren und das Vorhaben die Errichtung von 30 Zimmern vorsieht, lässt sich dies mit jenen Angaben nicht in Einklang bringen. Die Suite stellt ein und nicht zwei Zimmer dar.
Es sei im Übrigen darauf hingewiesen, dass es nicht Aufgabe der Baugenehmigungsbehörde oder des Verwaltungsgerichts ist, denkbare Bebauungs- oder Nutzungsmöglichkeiten zu überprüfen und aus mehreren Alternativen ein (genehmigungsfähiges) Vorhaben herauszusuchen (vgl. BayVGH, B.v. 14.5.2007 – 1 ZB 06.225 – juris Rn. 13; U.v. 8.12.2015 – 15 B 14.1840 – juris Rn. 23; VG München, U.v. 16.2.2011 – M 9 K 09.5775 – juris Rn. 20).
2.2.3 Zudem und vor alledem sind die Bauvorlagen aber zu unbestimmt, weil die Beigeladene ihrem Bauantrag keine Unterlagen zur verkehrlichen Beurteilung des Bauvorhabens im Hinblick auf die Nachbarn beigefügt hat.
Aus Art. 64 Abs. 2 Satz 1 BayBO und § 1 Abs. 1 Satz 1 BauVorlV folgt, dass die Unterlagen als Bauvorlagen einzureichen sind, die für die Beurteilung des Bauvorhabens und die Bearbeitung des Bauantrags erforderlich sind. Dies sind grundsätzlich die nach §§ 3 ff. BauVorlV vorzulegenden Bauvorlagen. Diese können im Einzelfall zur Entscheidung über den Bauantrag nicht ausreichen. So darf die Bauaufsichtsbehörde gem. § 1 Abs. 4 BauVorlV ein Modell oder weitere Unterlagen verlangen, wenn dies zur Beurteilung des Bauvorhabens erforderlich ist. Dies kann beispielsweise ein Lärmschutzgutachten, eine gutachtliche Geruchsimmissionsprognose bei emittierenden Vorhaben, ein Baugrundgutachten oder ein Sachverständigengutachten mit Angaben zur natürlichen und veränderten Geländeoberfläche sein (BeckOK BauordnungsR Bayern/Weinmann BayBO Art. 64 Rn. 66, m.w.N.). Ebenso kommt auch eine gutachterliche Stellungnahme zu den verkehrlichen Auswirkungen eines Vorhabens in Betracht (vgl. nur die Anforderung der Beklagten in den Verfahren M 8 K 14.90, M 8 K 16.2434 und M 8 K 17.5742). Voraussetzung für die Anforderung solcher weiterer Unterlagen ist, dass ernsthaft anzunehmen ist, dass dem Vorhaben hinsichtlich eines Prüfungsgegenstands Hindernisse entgegenstehen bzw. berechtigte Zweifel an der Zulässigkeit des im Einzelfall beantragten Vorhabens bestehen (vgl. BayVGH, B.v. 3.6.2016 – 15 BV 15.2441 – juris Rn. 20 m.w.N.; Weinmann in BeckOK BauordnungsR Bayern, 6. Edition, Stand 1.12.2017, Art. 64 BayBO Rn. 66). Die Bauaufsichtsbehörde entscheidet hierüber „nach pflichtgemäßem Ermessen“ (vgl. VG Regensburg, U.v. 25.8.2015 – RN 6 K 15.795 – juris Rn. 35 m.w.N.).
Derartige Zweifel sind vorliegend gegeben und hätten ein Verkehrsgutachten bezogen auf das Vorhaben der Beigeladenen erforderlich gemacht.
Hierzu trägt bei, dass es sich bei dem Vorhaben um einen Sonderbau, jedenfalls nach Art. 2 Abs. 4 Nr. 8 BayBO, handelt. Denn Sonderbauten unterliegen im Hinblick auf die Beurteilung der baurechtliche Zulässigkeit wegen ihres Umfangs, ihrer Größe und der mit ihnen verbundenen Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung (Art. 3 Abs. 1 Satz 1 BayBO) bereits von Gesetzes wegen erhöhten Anforderungen (vgl. Art. 60 BayBO; Art. 62 Abs. 3 BayBO). Negative verkehrliche Auswirkungen sind bei ihnen viel wahrscheinlicher als bei sonstigen baulichen Anlagen; Zweifel an der verkehrlichen Verträglichkeit sind daher meist angebracht. Maßgeblich ist jedoch stets die nähere Umgebung des Vorhabens, also der Einzelfall.
Vorliegend kommt entscheidend die verkehrliche Vorbelastung des Kreuzviertels im Allgemeinen und der …-straße im Speziellen hinzu. Die Beigeladene hat in diesem Verfahren, aber vor allem in den Verfahren M 8 K 14.90, M 8 K 16.2434 und M 8 K 17.5742 geltend gemacht, dass in diesem Bereichen eine äußerst angespannte verkehrliche Situation vorherrscht. Dem hat sich das Gericht unter anderem mit seinen Feststellungen im Augenschein am 19. Januar 2015 im Verfahren M 8 K 14.90 angeschlossen. Es hat eine erhebliche Beeinträchtigung des Verkehrsflusses im Bereich der Lieferzone bzw. der Tiefgaragenzufahrt der Beigeladenen festgestellt. Trotz der ruhigen verkehrlichen Situation im Rahmen des Augenscheins am 26. Februar 2018, hält das Gericht aufgrund der gerichtsbekannten typischen verkehrlichen Belastung der Straßen des Kreuzviertels an der Bewertung des früheren Augenscheins fest. Auch der Beklagten sind die Gegebenheiten vor Ort bekannt, da sie auch an den o.g. Verfahren als Beklagte beteiligt war bzw. ist. Insbesondere lagen der Beklagten aber der Vorbescheidsantrag bzw. die Bauanträge der Klägerin u.a. für die Errichtung eines Hotels auf deren Grundstücken vor. Diese hat die Beklagte auch positiv verbeschieden und dabei vorgelegte Verkehrsgutachten zum Bestandteil der Baugenehmigung erklärt (vgl. die entsprechenden Ausführungen in den Urteilen vom 26.2.2018 in den Verfahren M 8 K 16.2434 und M 8 K 17.5742).
Aufgrund dieser bekannten Vorbelastung mussten sich der Beklagten Zweifel aufdrängen, ob eine Erhöhung der Zimmer- und Bettenzahl durch das Vorhaben – gerade in Anbetracht der von ihr genehmigten Bebauung auf den Nachbargrundstücken – die Zulässigkeit des Vorhabens nicht in Frage stellen. Die nach Auffassung des Gerichts naheliegenden Zweifel betreffen dabei nicht nur die Vereinbarkeit des Vorhabens mit nachbarlichen Belangen, sondern auch die Zulässigkeit im Hinblick auf die gesicherte Erschließung nach § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB. Letztere umfasst gerade auch die Gewährleistung der Aufnahmefähigkeit des anfallenden Verkehrs durch die entsprechenden Straßen bzw. der Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs (vgl. OVG LSA, U.v. 10.10.2012 – 2 K 99/12 – juris Rn. 168).
Diese Erwägungen gelten vorliegend auch angesichts der im Verhältnis zur bereits vorhandenen Zimmer- und Bettenzahl geringen Erhöhung durch das Vorhaben. Denn es konnte von der Beklagten nicht ausgeschlossen werden, dass diese Erhöhung ohne jeglichen Einfluss auf die angespannte Verkehrssituation in der …-straße sein wird. Ohne weitere Nachweise ist nicht ersichtlich, dass sich die bereits zum Zeitpunkt des ersten gerichtlichen Augenscheins kritischen verkehrlichen Verhältnisse nicht erheblich und unter Umständen in unzumutbarer Weise – auch bei nur wenigen hinzukommenden Zimmern und Betten – verschlechtern. Die pauschale Behauptung der Beigeladenen, die Zahl der An- und Abfahrten durch Gäste und Anlieferer würde sich durch das Vorhaben nicht (erheblich) erhöhen, kann ohne eine detaillierte Betriebsbeschreibung, ein Erschließungskonzept oder Ähnliches nicht nachvollzogen werden. Gerade angesichts der sehr kurzen Betriebsbeschreibung und eines fehlenden genehmigten Erschließungskonzepts für das Hotel der Beigeladenen, vor allem hinsichtlich der Anlieferung von Waren, sind die Auswirkungen des Vorhabens nicht hinreichend absehbar.
Auf die von der Klägerin in den Verfahren M 8 K 14.90, M 8 K 16.2434 und M 8 K 17.5742 vorgelegten Gutachten kann sich die Beigeladene schon aufgrund des Grundsatzes von Treu und Glauben nicht berufen. In diesen Verfahren argumentierte sie stets, dass die Verkehrsgutachten der Klägerin in sich widersprüchlich seien, von falschen Tatsachengrundlagen ausgingen und folglich keine taugliche Grundlage für eine Beurteilung der verkehrlichen Auswirkungen des Vorhabens der Klägerin darstellten. Wenn die Beigeladene in diesem Verfahren nunmehr die Verkehrsverträglichkeit ihres Vorhabens gerade auf jene Gutachten stützt, ist dies treuwidrig.
Im Übrigen behandeln diese Gutachten schwerpunktmäßig die verkehrlichen Auswirkungen des Vorhabens der Klägerin auf die Umgebung und nicht das – nicht existente – Erschließungskonzept der Beigeladenen. Zudem wurden diese Gutachten auch nicht zum Gegenstand der streitgegenständlichen Baugenehmigung gemacht und sind daher diesbezüglich nicht verbindlich.
2.2.4 Infolge dieser Unbestimmtheit ist dem Gericht insbesondere keine abschließende und vollumfängliche Beurteilung der Verletzung des Rücksichtnahmegebots möglich.
2.2.4.1 Insoweit kann dahinstehen, ob sich dieses im vorliegenden Fall aus dem Begriff des „Einfügens“ des § 34 Abs. 1 BauGB oder aus § 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 15 Abs. 1 Baunutzungsverordnung (BauNVO) ableitet, da im Ergebnis dieselbe Prüfung stattzufinden hat (vgl. BayVGH, B.v. 12.9.2013 – 2 CS 13.1351 – juris Rn. 4).
Inhaltich zielt das Gebot der Rücksichtnahme darauf ab, Spannungen und Störungen, die durch unverträgliche Grundstücksnutzungen entstehen, möglichst zu vermeiden. Welche Anforderungen das Gebot der Rücksichtnahme begründet, hängt wesentlich von den jeweiligen Umständen des Einzelfalles ab. Je empfindlicher und schutzwürdiger die Stellung desjenigen ist, dem die Rücksichtnahme im gegebenen Zusammenhang zu Gute kommt, desto mehr kann er an Rücksichtnahme verlangen. Je verständlicher und unabweisbarer die mit dem Vorhaben verfolgten Interessen sind, umso weniger braucht derjenige, der das Vorhaben verwirklichen will, Rücksicht zu nehmen. Abzustellen ist darauf, was einerseits dem Rücksichtnahmebegünstigten und andererseits dem Rücksichtnahmeverpflichteten nach Lage der Dinge zuzumuten ist (vgl. BVerwG, U.v. 18.11.2004 – 4 C 1.04 – juris, Rn. 22; U.v. 29.11.2012 – 4 C 8.11 – juris Rn. 16; BayVGH, B.v. 12.9.2013 – 2 CS 13.1351 – juris Rn. 4; B.v. 23.1.2018 – 15 CS 17.2575 – juris Rn. 22 m.w.N.). Bedeutsam ist ferner, inwieweit derjenige, der sich gegen das Vorhaben wendet, eine rechtlich geschützte wehrfähige Position inne hat (vgl. BVerwG, B.v. 6.12.1996 – 4 B 215.96 – juris Rn. 9).
Das Gebot der Rücksichtnahme gibt den Nachbarn aber nicht das Recht, von jeglicher Beeinträchtigung der Licht- und Luftverhältnisse oder der Verschlechterung der Sichtachsen von seinem Grundstück aus verschont zu bleiben. Eine Rechtsverletzung ist erst dann zu bejahen, wenn von dem Vorhaben eine unzumutbare Beeinträchtigung ausgeht (vgl. BayVGH, B.v. 22.6.2011 – 15 CS 11.1101 – juris Rn. 17). Eine Veränderung der Verhältnisse durch ein Vorhaben, das den Rahmen der Umgebungsbebauung wahrt und städtebaulich vorgegeben ist, ist aber regelmäßig als zumutbar hinzunehmen (vgl. BayVGH, B.v. 12.9.2013 – 2 CS 13.1351 – juris Rn. 6).
2.2.4.2 Hinsichtlich einer Verschlechterung der allgemeinen Erschließungs- und Verkehrssituation durch ein Vorhaben ist in der Rechtsprechung zudem anerkannt, dass dies grundsätzlich nicht zur Rücksichtlosigkeit des Vorhabens führt. Die mit einer Bebauung verbundenen Beeinträchtigungen und Unannehmlichkeiten durch den dadurch verursachten An- und Abfahrtsverkehr sind – jedenfalls bei Einhaltung der maßgeblichen Immissionswerte – im Regelfall hinzunehmen (vgl. BayVGH, B.v. 20.3.2018 – 15 CS 17.2523 – juris Rn. 32). Das dem Nachbarn durch das Eigentum vermittelte Recht zur bestimmungsgemäßen Nutzung seines Grundstücks begründet kein Recht auf bevorzugte Nutzung des angrenzenden öffentlichen Straßenraums und keinen Anspruch darauf, dass eine bisher gegebene Verkehrslage aufrechterhalten bleibt (vgl. BayVGH, B.v. 1.3.2016 – 15 CS 16.244 – juris Rn. 29; OVG Bremen, B.v. 18.10.2002 – 1 B 315/02 – juris Rn. 12; OVG LSA, B.v. 5.3.2014 – 2 M 164/13 – juris Rn. 48; U.v. 10.10.2012 – 2 K 99/12 – juris Rn. 144).
Der durch ein Vorhaben verursachte und diesem zuzurechnende Fahrzeugverkehr bzw. die mit diesem verbundenen Auswirkungen auf die Nutzung eines Nachbargrundstücks können sich – abgesehen von der Lärmbelastung – aber dann als rücksichtslos darstellen, wenn sich die Beeinträchtigungen und Störungen aufgrund besonderer örtlicher Verhältnisse in der Umgebung des Baugrundstücks als unzumutbar darstellen (vgl. BayVGH, B.v. 20.3.2018 – 15 CS 17.2523 – juris Rn. 32). Dies kommt insbesondere in Betracht, wenn es aufgrund der örtlichen Verhältnisse zu chaotischen Verkehrsverhältnissen im unmittelbaren Umgriff des Nachbargrundstücks kommen wird bzw. mangels ausreichender Parkmöglichkeiten (im Bereich der öffentlichen Verkehrsflächen oder auf dem Vorhabengrundstück) der durch das Vorhaben bewirkte Park- oder Parksuchverkehr den Nachbarn unzumutbar beeinträchtigt oder wenn die bestimmungsgemäße Nutzung des Nachbargrundstücks nicht mehr oder nur noch eingeschränkt möglich ist (vgl. BayVGH, B.v. 20.3.2018 – 15 CS 17.2523 – juris Rn. 32; B.v. 25.08.2009 – 1 CS 09.287 – juris Rn. 39; jeweils m.w.N.).
Im Rahmen der Abwägung zwischen dem, was einerseits dem Bauherrn und andererseits dem Nachbarn nach Lage der Dinge zuzumuten ist, ist allerdings auch die Situationsvorbelastung des Grundstücks des Nachbarn zu berücksichtigen (vgl. OVG Bremen, B.v. 18.10.2002 – 1 B 315/02 – juris Rn. 12; OVG LSA, B.v. 5.3.2014 – 2 M 164/13 – juris Rn. 48).
2.2.4.3 Vorliegend erscheint aufgrund der unbestimmten Bauvorlagen nicht ausgeschlossen, dass für die Klägerin unzumutbare Verkehrsverhältnisse entstehen. Wie oben ausgeführt droht möglicherweise insbesondere ohne ein genehmigtes Erschließungskonzept eine noch weitere Verschlechterung der Situation in der …-straße. Selbst eine geringe Erhöhung des Verkehrs durch Gäste und Anlieferer könnte dazu führen, dass die …-straße, auf deren Nutzbarkeit der Verkehr im Kreuzviertel und die Klägerin nach ihrem genehmigten Erschließungskonzept angewiesen sind, nicht mehr passierbar sein wird. Denn bereits jetzt beanspruchen die Anlieferenden des Hotels der Beigeladenen – so die Feststellungen des Gerichts in beiden Augenscheinen – auch erhebliche Teile des öffentlichen Straßenraums, wodurch der Verkehrsfluss deutlich beeinträchtigt wird.
Eine abschließende und vollumfängliche Prüfung des Rücksichtnahmegebots ist infolge all dessen nicht möglich. Die unbestimmte Angabe der Zimmer und Betten in Verbindung mit dem fehlenden Verkehrsgutachten samt Erschließungskonzept führt dazu, dass die Rücksichtlosigkeit des Vorhabens der Beigeladenen nicht beurteilt werden kann. Dies gilt insbesondere unter Berücksichtigung der verkehrlichen Vorbelastung der …-straße.
Eine Aussage zur (tatsächlichen) Rücksichtslosigkeit des Vorhabens – in die eine oder andere Richtung – ist hiermit jedoch nicht verbunden.
2.3 Auf die Frage der Verletzung von anderen drittschützenden Normen des Bauplanungsrechts und Bauordnungsrechts kommt es vor diesem Hintergrund nicht mehr streitentscheidend an.
3. Nach alledem war der Klage stattzugeben. Als Unterlegene tragen die Beklagte und die Beigeladene, die einen eigenen Sachantrag gestellt hat, die Kosten des Verfahrens je zur Hälfte (§ 154 Abs. 1 VwGO, § 154 Abs. 3 VwGO, § 159 VwGO i.V.m. § 100 Abs. 1 ZPO); dabei entspricht es der Billigkeit, dass die Beigeladene ihre außergerichtlichen Kosten im vollen Umfang selbst und nicht auch die Beklagte trägt (§ 162 Abs. 3 VwGO).
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung er-folgt gemäß § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. Zivilprozessordnung (ZPO).

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Abtretung, Mietobjekt, Vertragsschluss, Kaufpreis, Beendigung, Vermieter, Zeitpunkt, Frist, Glaubhaftmachung, betrug, Auskunftsanspruch, Vertragsurkunde, Auskunft, Anlage, Sinn und Zweck, Vorwegnahme der Hauptsache, kein Anspruch
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