Baurecht

Erhebung von Vorauszahlungen – Kosten für Straßenentwässerungseinrichtungen einer Gemeinde

Aktenzeichen  B 4 K 17.995

Datum:
27.2.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 35339
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Bayreuth
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
KAG 2017 Art. 2 Abs. 1, Art. 5 Abs. 1, Art. 5 Abs. 5, Art. 13 Abs. 1, Art. 19 Abs. 8
BayVwVfG Art. 80 Abs. 1 S. 2
AO § 44, § 91, § 121 Abs. 1, § 126 Abs. 1
ABS § 1 Abs. 1, § 1 Abs. 3 Nr. 1, § 7 Abs. 3
AO § 44, § 91 Abs. 1, § 126

 

Leitsatz

1. Eine beitragsfähige Verbesserung liegt vor, wenn sich der Zustand der Einrichtung nach dem Ausbau in irgendeiner Hinsicht von ihrem ursprünglichen Zustand im Zeitpunkt der erstmaligen Herstellung in einer Weise unterscheidet, die positiven Einfluss auf ihre Benutzbarkeit hat. (Rn. 24) (redaktioneller Leitsatz)
2. Die Entscheidung, Vorauszahlungen zu erheben, ist als innerdienstlicher Ermessensakt und regelmäßig als einfaches Geschäft der laufenden Verwaltung zu qualifizieren. (Rn. 31) (redaktioneller Leitsatz)
3. Bei der Erneuerung einer Straße zählen die anteiligen Kosten für die Straßenentwässerungseinrichtungen zum beitragsfähigen Aufwand. (Rn. 33) (redaktioneller Leitsatz)
4. Im Straßenausbaubeitragsrecht ist der formelle Grundstücksbegriff maßgeblich; einzubeziehen ist der volle Umfang der Buchgrundstücke. (Rn. 35) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe

1. Die zulässige Klage hat in der Sache keinen Erfolg.
Der Vorauszahlungsbescheid der Beklagten vom 10.05.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids des Landratsamtes L. vom 21.11.2017 ist nicht rechtswidrig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die Festsetzung einer Vorauszahlung auf den Straßenausbaubeitrag in Höhe von 9.855,36 EUR ist rechtmäßig.
a. Der Bescheid vom 10.05.2016 leidet nicht an einem formellen Mangel. Soweit die Klägerseite rügt, es fehle an einer ordnungsgemäßen Anhörung (Art. 13 Abs. 1 Nr. 3 a) KAG i.V.m. § 91 Abs. 1 Abgabenordnung – AO), ergibt sich aus der beigezogenen Behördenakte II eindeutig, dass der Kläger wie auch seine Ehefrau vor Erlass des Beitragsbescheids ausreichend Gelegenheit hatten, sich zu den entscheidungserheblichen Tatsachen zu äußern. Sie haben zwar nicht an der für den 18.01.2016 anberaumten Informationsveranstaltung, zu der alle Eigentümer der Anliegergrundstücke am … mit Schreiben vom 01.12.2015 eingeladen wurden, teilgenommen, haben aber mit Schreiben vom 13.01.2016 über eine ortsansässige Vertreterin verschiedene Fragen über den beabsichtigten Straßenausbau an die Beklagte gerichtet, die mit Schreiben vom 19.01.2016 von der Beklagten beantwortet wurden. Da somit eine Anhörung bereits vor Erlass des Beitragsbescheids vom 10.05.2016 erfolgt ist, kommt es auf die Möglichkeit der Heilung eines Verfahrensfehlers gemäß Art. 13 Abs. 1 Nr. 3 b) KAG i.V.m. § 126 Abs. 1 Nr. 3 und Abs. 2 AO nicht an. Der Bescheid ist auch mit einer ausreichenden Begründung versehen (Art. 13 Abs. 1 Nr. 3 b) KAG i.V.m. § 121 Abs. 1 AO).
b. Der Bescheid ist auch materiell rechtmäßig.
Gemäß Art. 2 Abs. 1 und Art. 5 Abs. 1 Satz 1 KAG können Gemeinden auf Grund einer besonderen Abgabesatzung zur Deckung des Aufwands für die Herstellung, Anschaffung, Verbesserung oder Erneuerung ihrer öffentlichen Einrichtungen (Investitionsaufwand) Beiträge von den Grundstückseigentümern und Erbbauberechtigten erheben, denen die Möglichkeit der Inanspruchnahme dieser Einrichtungen besondere Vorteile bietet. Für die Verbesserung oder Erneuerung von Ortsstraßen und beschränkt-öffentlichen Wegen sollen gemäß Art. 5 Abs. 1 Satz 3 KAG in der bis zum 31.12.2017 geltenden Fassung (vgl. Art.19 Abs. 7 KAG) solche Beiträge erhoben werden, soweit nicht Erschließungsbeiträge nach Art. 5a KAG zu erheben sind. Für ein Grundstück, für das eine Beitragspflicht noch nicht oder nicht in vollem Umfang entstanden ist, können gemäß Art. 5 Abs. 5 Satz 1 KAG Vorauszahlungen auf den Beitrag verlangt werden, wenn mit der Herstellung, Anschaffung, Verbesserung oder Erneuerung der Einrichtung begonnen worden ist.
Die Beklagte sieht in ihrer Ausbaubeitragssatzung vom 13.01.2010 (ABS 2010), wie auch in der vom 09.08.2017 (ABS 2017) jeweils in § 1 Abs. 1 die Beitragserhebung für Maßnahmen der „Erweiterung oder Verbesserung“ vor. Erst in der 1. Änderungssatzung vom 15.05.2018 zur ABS 2017 wird der Beitragstatbestand in § 1 Abs. 1 auf Maßnahmen der „Herstellung, Anschaffung, Verbesserung oder Erneuerung“ erweitert.
Auf die von den Parteien diskutierte Rechtsfrage, ob die von der Beklagten mit Rückwirkung zum 01.01.2016 in Kraft gesetzte Änderungssatzung vom 15.05.2018 im Hinblick auf die Abschaffung der Straßenausbaubeiträge zum 01.01.2018 (Art. 5 Abs. 1 Satz 3 i.V.m. Art. 19 Abs. 7 Satz 2 KAG in der aktuellen Fassung) wirksam ist – so die Beklagtenseite – oder nicht – so die Klägerseite und wohl auch BayVGH, Beschluss vom 01.10.2018, Az. 6 ZB 18.1466, juris – kommt es vorliegend nicht entscheidungserheblich an, weil die Ausbaumaßnahmen am … allesamt nicht nur eine Erneuerung sondern jedenfalls auch eine Verbesserung darstellen und damit vom Beitragstatbestand des § 1 Abs. 1 ABS 2010, der dem Vorauszahlungsbescheid zugrunde liegt, gedeckt sind.
Mit Blick auf die Fortentwicklung der Straßenbaukunst und die Verfügbarkeit besserer Materialien dürfte mit jeder Erneuerung einer 20 bis 25 Jahre alten Straße eine technische Verbesserung einhergehen, so dass sich die Tatbestände „Erneuerung“ und „Verbesserung“ nicht klar voneinander abgrenzen lassen, sondern ineinander fließen (BayVGH, U.v. 26.03.2002, Az. 6 B 96.3901 – juris m.w.N.). Eine beitragsfähige Verbesserung liegt vor, wenn sich der Zustand der Einrichtung nach dem Ausbau in irgendeiner Hinsicht (z.B. räumliche Ausdehnung, funktionale Aufteilung der Gesamtfläche, Art der Befestigung) von ihrem ursprünglichen Zustand im Zeitpunkt der erstmaligen oder nachmaligen Herstellung in einer Weise unterscheidet, die positiven Einfluss auf ihre Benutzbarkeit hat (Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 9. Aufl, § 32 Rn. 38 m.w.N. d. Rspr.). Diese Frage ist grundsätzlich für jede Teileinrichtung der Straße getrennt zu beantworten.
Die grundlegende Sanierung der Fahrbahn des 1962 hergestellten … stellt eine beitragsfähige Verbesserung dar. Wie sich aus der Stellungnahme des Planungsbüros vom 27.02.2019 ergibt, haben Probebohrungen vor dem Ausbau des … einen Fahrbahnaufbau von max. 21 cm (3 cm Asphalt + 18 cm Schotterschicht) aufgewiesen. Demgegenüber beträgt der nach der Standardrichtlinie RStO 12 für Anliegerstraßen der Belastungsklasse 0,3 nun vorgeschriebene Fahrbahnaufbau 55 cm (4 cm Asphaltfeinbeton, 10 cm Asphalttragschicht, 41 cm Frostschutzschicht). Mit dieser deutlichen Verstärkung des vertikalen Aufbaus der Fahrbahn sind eine höhere Belastbarkeit, eine geringere Frostanfälligkeit und folglich eine verminderte Reparaturbedürftigkeit verbunden. Dies führt zu einem positiven Einfluss auf die Benutzbarkeit der Fahrbahn, mithin einer Verbesserung.
Auch der Ausbau des Gehwegs ist eine Verbesserungsmaßnahme. Der Oberbau des Gehwegs betrug vor dem Ausbau nach den Feststellungen des Planungsbüros ca. 17 cm (2 cm Asphaltschicht, 15 cm Schottertragschicht). Nach dem Ausbau verfügt der Gehweg über einen der Fahrbahn entsprechend starken Aufbau von 55 cm (8 cm Betonverbundpflaster, 3 cm Splittbett, 44 cm Frostschutzschicht). Dieser Aufbau wurde für notwendig gehalten, da wegen der zahlreichen Grundstückszufahrten auch der Gehweg mit Fahrzeugen befahrbar sein muss.
Der Umstand, dass vor der Ausbaumaßnahme beiderseitige Gehwege mit jeweils 1,27 m bis 1,39 m Breite vorhanden waren, während nach dem Ausbau auf der südlichen Straßenseite ein Gehweg mit ca. 1,56 m Breite und auf der nördlichen Straßenseite ein etwa gleich breiter „Mehrzweckstreifen“ zur Verfügung stehen, ist weder als Verschlechterung, noch als beitragsneutrale Kompensation, sondern ebenfalls als Verbesserung anzusehen. Der einseitige Gehweg mit einer größeren Breite ermöglicht ein bequemeres Nebeneinandergehen und genügt den Anforderungen für den Fußgängerverkehr in der Sackgasse … völlig. Die Beklagte hat den Anliegern in den Informationsveranstaltungen verschiedene Planungsalternativen vorgestellt, woraufhin diese sich mehrheitlich für die Anlage eines 1,5 m breiten Mehrzweckstreifens mit Parkmöglichkeit statt eines zweiten Gehwegs entschieden haben. Wenn die Betroffenen die aus ihrer Sicht „bessere“ Variante gewählt haben, kann dies der Beklagten nicht als Verschlechterung angelastet werden, zumal auch der mit einem verbesserten Unterbau versehene Mehrzweckstreifen durch eine Granitpflasterzeile optisch abgesetzt ist und grundsätzlich den Fußgängern ebenfalls zur Verfügung steht.
Schließlich stellt die Ausbaumaßnahme auch in Hinblick auf die Straßenentwässerung eine Verbesserung dar. Dies gilt zweifellos für den Einbau einer größeren Anzahl von Sinkkästen, die den schnelleren Abfluss des Straßenoberflächenwassers gewährleisten. Laut Stellungnahme des Planungsbüros führt aber auch der Einzug eines Inliners in den Abwasserkanal zu einer Verbesserung der hydraulischen Leistungsfähigkeit, weil sich durch die glattere Oberfläche der Innenwand der Reibungsverlust verringert. Außerdem wird der Inliner durchgängig ohne Muffen verlegt. In den alten Rohren konnte es alle 2 m an den Muffen durch Unebenheiten, Spalten wegen Rohrversätzen oder Einragungen zu Einzelverlusten kommen, die die hydraulischen Verhältnisse beeinträchtigten.
Nachdem festgestellt wurde, dass sich der Zustand der Einrichtung durch die Ausbaumaßnahme im Vergleich zu ihrem ursprünglichen Zustand insgesamt verbessert hat, spielt es keine Rolle, dass im behördlichen Verfahren sowohl von der Beklagten als auch von der Widerspruchsbehörde immer wieder der Begriff der „Erneuerung“ benutzt wurde, der laut ABS 2010 der Beklagten keinen Beitragstatbestand erfüllt.
Die Beklagte war somit gemäß Art. 5 Abs. 5 Satz 1 KAG dem Grunde nach berechtigt, für die Verbesserung des … nach Maßnahmenbeginn Vorauszahlungen auf den Straßenausbaubeitrag zu verlangen. Sie hat sich bei der Bemessung der Höhe der Vorauszahlungen auf 70% des voraussichtlichen Ausbauaufwands beschränkt.
Die Erhebung von Vorauszahlungen steht im gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbaren Ermessen der Gemeinde. Besondere Anforderungen sind an die Ausübung des Ermessens aber nicht zu stellen, da das Vorfinanzierungsinteresse der Gemeinde auf der Hand liegt, was auch dem Interesse der Beitragspflichtigen entspricht, den Aufwand für Zinsen auf Fremdkapital möglichst gering zu halten. Die Entscheidung, Vorauszahlungen zu erheben, ist als innerdienstlicher Ermessenakt und regelmäßig als einfaches Geschäft der laufenden Verwaltung zu qualifizieren. Ausführungen im Vorauszahlungsbescheid sind nicht erforderlich (Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 9. Aufl., § 21 Rn. 3 und 32; BayVGH, B.v. 18.08.2017 – 6 ZB 17.840 – juris, Rn. 10). Es genügt daher ein Aktenvermerk der Verwaltung, wie der vom 16.02.2016 (Anlage VG 0 zum Schriftsatz der Beklagten vom 20.02.2019), aus dem im Übrigen auch hervorgeht, dass das Thema Vorauszahlungen mit den Anliegern in den Informationsveranstaltungen besprochen und ihrem Wunsch auf Ratenzahlung und Beschränkung auf 70% der voraussichtlichen Kosten entsprochen wurde. Außerdem erhebt die Beklagte nach ihrem Vorbringen in der mündlichen Verhandlung bei beitragsfähigen Straßenausbaumaßnahmen regelmäßig Vorauszahlungen (vgl. BayVGH, B.v. 04.06.2014, Az. 6 CS 14.716 – juris, Rn. 9). Ein Ermessensfehler liegt somit nicht vor.
Es bestehen ferner keine Bedenken gegen die Höhe der für die Erhebung der Vorauszahlung vorgenommenen Kostenschätzung, die nicht deckungsgleich mit dem erst nach Abschluss der Bauarbeiten feststellbaren Ausbauaufwand sein muss. Vielmehr genügt eine sachgerechte Schätzungsgrundlage (vgl. Bl. 35/36 Beiakte II), die das Gericht als gegeben ansieht.
Bei der Erneuerung (oder Verbesserung) einer Straße zählen die anteiligen Kosten für die Straßenentwässerungseinrichtungen zum beitragsfähigen Aufwand. Die Einbeziehung eines Anteils von 25% des Aufwands der Kanalsanierung für die Straßenentwässerung ist rechtlich nicht zu beanstanden (vgl. BayVGH, B.v. 25.05.2016 – 6 ZB 16.94 – juris; B.v. 13.08.2014 – 6 ZB 12.1119 – juris).
Der Eigenanteil der Beklagten an den voraussichtlichen Kosten wurde satzungsgemäß abgezogen (§ 6 Abs. 1 Nr. 1 ABS). Von dem auf die Anlieger entfallenden Aufwand wurden nur 70% über Vorauszahlungen erhoben. Damit ist nicht überwiegend wahrscheinlich, dass im Falle einer Kostenunterschreitung – die die Klägerseite aus Zeitungsberichten entnimmt – zu hohe Vorauszahlungen verlangt wurden. Ergibt die (fiktive) endgültige Abrechnung eine Überdeckung, wird dem Kläger die entsprechende Überzahlung erstattet. Im gegenteiligen Fall muss er aufgrund der Abschaffung der Straßenausbaubeiträge ab 01.01.2018 nicht mit einer Nachzahlung rechnen (Art. 19 Abs. 8 KAG).
Die beitragspflichtigen Grundstücksflächen wurden zutreffend ermittelt. Im Straßenausbaubeitragsrecht ist der formelle Grundstücksbegriff maßgeblich. Einzubeziehen ist der volle Umfang der Buchgrundstücke. Eingeschränkte Nutzungsmöglichkeiten von Teilflächen spielen keine Rolle. Deshalb kann die ca. 150 qm umfassende Hangfläche im nördlichen Bereich des klägerischen Grundstücks nicht unberücksichtigt bleiben. Das Grundstück Fl.-Nr. bbbb/16 wurde zu Recht nur mit dem Nutzungsfaktor 1,0 einbezogen, weil es gemäß dem Bebauungsplan „…“ als „private Baufläche, von Bebauung freizuhalten“ ausgewiesen ist. Damit erfüllt es die Voraussetzung des § 7 Abs. 3 Nr. 1 ABS. Auf die zutreffenden Ausführungen im Widerspruchsbescheid wird ergänzend verwiesen (§ 117 Abs. 5 VwGO).
Der Kläger, der zusammen mit seiner Ehefrau Miteigentümer des Grundstücks Fl.-Nr. aaaa/34 ist, durfte als Gesamtschuldner allein auf den gesamten Vorauszahlungsbetrag in Anspruch genommen werden. Die Verpflichtung zur Zahlung einer öffentlich-rechtlichen Abgabe richtet sich nach den gesetzlichen bzw. satzungsrechtlichen Regelungen des öffentlichen Rechts, bei der hier vorliegenden beitragsrechtlichen Streitigkeit nach Art. 13 Abs. 1 Nr. 2 b) KAG i.V.m. § 44 Abs. 1 AO. § 44 AO bestimmt, dass jeder Gesamtschuldner die gesamte Leistung schuldet, soweit nichts anderes bestimmt ist (entsprechend § 421 BGB). Die Leistung muss jedoch nur einmal erbracht werden, und die Zahlung durch einen Gesamtschuldner befreit die anderen insoweit von ihrer Verpflichtung (vgl. § 44 AO). Die gesetzliche Anordnung der Gesamtschuldnerschaft bezweckt die Verwaltungsvereinfachung und Effizienz des Gesetzesvollzugs, nicht aber einen Schuldnerschutz. Daraus folgt zwingend, dass das dem Beitragsgläubiger eingeräumte Ermessen sehr weit ist. In dem an einen Gesamtschuldner gerichteten Bescheid bedarf es keiner ausdrücklichen Erwähnung, dass der Miteigentümer als Gesamtschuldner in Anspruch genommen wird. Die Erwägungen, weshalb die Gemeinde einen bestimmtem Gesamtschuldner heranzieht, braucht sie im Bescheid nicht schriftlich darzulegen oder zu begründen (Driehaus, a.a.O., § 24 Rn. 10 m.w.N.). Nachdem die Klägerseite keinerlei Gründe vorträgt, wieso es gerade für den Kläger unzumutbar sein soll, als Gesamtschuldner allein herangezogen zu werden und ggf. von seiner Ehefrau im Innenverhältnis einen Ausgleich zu fordern, sieht das Gericht keinen Anhaltspunkt für eine Rechtsverletzung des Klägers durch seine alleinige Heranziehung.
c. Schließlich wurden die Kosten des Widerspruchsverfahrens zu Recht dem Kläger auferlegt. Gemäß Art. 80 Abs. 1 Satz 2 BayVwVfG hat derjenige die Kosten des Widerspruchsverfahrens zu tragen, der den Widerspruch erfolglos eingelegt hat. Ein Anwendungsfall des Art. 80 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 BayVwVfG liegt nicht vor. Eine Verletzung von Verfahrens- oder Formvorschriften ist ersichtlich nicht gegeben, folglich beruht die Zurückweisung des Widerspruchs nicht auf einer Heilung von Verfahrens- oder Formfehlern. Vielmehr hatte der Widerspruch aus materiell-rechtlichen Gründen keinen Erfolg.
Somit war die Klage vollumfänglich abzuweisen.
2. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11 ZPO.

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