Aktenzeichen 15 ZB 14.2654
BGB § 242
ZPO § 86, § 239 Abs. 1, § 246 Abs. 1
BayVwVfG Art. 44 Abs. 2 Nr. 4
Leitsatz
1 Zwar stellen die landesrechtlichen Abstandsflächenvorschriften grundsätzlich eine Konkretisierung des Gebots nachbarlicher Rücksichtnahme dar. Auch kann das Gebot der Rücksichtnahme ausnahmsweise verletzt sein, wenn die landesrechtlichen Abstandsflächenvorschriften eingehalten sind. Daraus kann aber im Umkehrschluss nicht gefolgert werden, dass jede Verletzung der Abstandsflächenvorschriften auch eine Verletzung des Rücksichtnahmegebots nach sich zieht. (Rn. 15) (redaktioneller Leitsatz)
2 Der Anspruch des Nachbarn auf Bewahrung der Gebietsart entfällt, wenn dieser sein Grundstück selbst planwidrig nutzt. (Rn. 17) (redaktioneller Leitsatz)
3 Die Durchführung einer Ortsbesichtigung ist dann nicht notwendig, wenn für das Gericht aufgrund von Kartenmaterial, Fotos, Luftbildern oder auch von Schilderungen ortskundiger Verfahrensbeteiligter eine hinreichend sichere Beurteilungsgrundlage existiert. (Rn. 24) (redaktioneller Leitsatz)
Verfahrensgang
RO 2 K 13.2148 2014-11-13 Urt VGREGENSBURG VG Regensburg
Tenor
I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
Die Beigeladene trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 10.000 € festgesetzt.
Gründe
I.
Der Kläger wendet sich als Rechtsnachfolger seiner Mutter gegen eine der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung.
Der Kläger ist Eigentümer des mit einem Einfamilienwohnhaus bebauten Grundstücks Fl. Nr. …3 Gemarkung R … Westlich grenzt das bislang ebenfalls mit einem Wohnhaus und einem Nebengebäude bebaute Grundstück Fl. Nr. …7 der Beigeladenen an. Beide Grundstücke liegen innerhalb eines nicht überplanten, im Zusammenhang bebauten Ortsteils der Beklagten.
Mit Bescheid vom 27. November 2013 erteilte die Beklagte der Beigeladenen die bauaufsichtliche Genehmigung für den Neubau eines Wohn- und Bürogebäudes mit acht Stellplätzen auf dem Grundstück Fl. Nr. …7. Nach den mit Genehmigungsvermerk versehenen Eingabeplänen soll das Gelände des Baugrundstücks um 2 m bis 10 cm über dem bestehenden Straßenniveau der westlich angrenzenden P … Straße aufgeschüttet werden. Die Zufahrt zu den Stellplätzen soll von Süden über das im Miteigentum des Klägers und eines Dritten stehende, unmittelbar an der S … Straße (Bundesstraße) gelegene 134 m² große Grundstück Fl. Nr. …8 erfolgen, das als Zuwegung zu den Grundstücken der Beigeladenen und des Klägers dient.
Die gegen den Bescheid erhobene Klage der Mutter des Klägers hat das Verwaltungsgericht Regensburg mit Urteil vom 13. November 2014 abgewiesen. Hiergegen stellte die Mutter des Klägers Antrag auf Zulassung der Berufung mit der Rüge ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des Urteils, besonderer tatsächlicher und rechtlicher Schwierigkeiten sowie einer grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache und eines Verfahrensmangels wegen Verletzung der richterlichen Aufklärungspflicht. Mit Schreiben vom 22. Oktober 2015 gaben die Bevollmächtigten der Mutter des Klägers dem Verwaltungsgerichtshof bekannt, dass diese verstorben sei. Mit Schreiben vom 31. Mai 2016 teilten sie mit, dass der Kläger das Verfahren als Rechtsnachfolger aufnehme.
II.
Das Verfahren ist durch den Tod der Mutter der Klägerin nicht gemäß § 173 Satz 1 i.V.m. § 239 Abs. 1 ZPO unterbrochen worden. Denn sie war durch Prozessbevollmächtigte vertreten, deren Prozessvollmacht gemäß § 86 ZPO fortbesteht und die keinen Aussetzungsantrag gestellt haben (vgl. § 246 Abs. 1 ZPO). In einem solchen Fall wird das Verfahren mit Wirkung für und gegen den Erben fortgeführt (BVerwG, B.v. 24.9.2009 – 20 F 6/09 – juris Rn. 1 f.). Das ist hier ausweislich eines vom Kläger vorgelegten Erbscheins der Kläger.
Der Zulassungsantrag hat keinen Erfolg. Die geltend gemachten Zulassungsgründe nach § 124 Abs. 2 Nr. 1, 2, 3 und 5 VwGO sind nicht hinreichend dargelegt oder liegen nicht vor (§ 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO).
A.
Aus dem Vorbringen im Zulassungsantrag ergeben sich keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, § 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO).
Die Annahme des Verwaltungsgerichts, dass die Klägerseite durch die angegriffene Baugenehmigung nicht in ihren Rechten verletzt ist, weil das Vorhaben keinen im Baugenehmigungsverfahren zu prüfenden öffentlich-rechtlichen Vorschriften widerspricht, die auch ihrem (Nachbar-)Schutz dienen (Art. 59 Satz 1 Nr. 1, Art. 68 Abs. 1 Satz 1 BayBO, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO), ist nicht ernstlich zweifelhaft. Das nach § 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO maßgebliche Vorbringen im Zulassungsantrag rechtfertigt keine andere Beurteilung.
1. Der Einwand, „es sei bereits fraglich, inwiefern das Verwaltungsgericht die Feststellung habe treffen können, dass die Geländeoberfläche, sei es im Zentrum des Grundstücks, sei es an der Grundstücksgrenze, nicht muldenförmig verlaufe“, ohne sich von der Geländeform ein eigenes Bild gemacht zu haben, vermag schon deswegen keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung zu begründen, weil nicht dargelegt wird, inwiefern sich diese – nach Auffassung der Klägerseite offenbar fehlerhafte – Feststellung auf das Ergebnis der Entscheidung des Verwaltungsgerichts auswirkt.
Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung im Sinn des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO bestehen nur, wenn einzelne tragende Rechtssätze oder einzelne erhebliche Tatsachenfeststellungen des Verwaltungsgerichts durch schlüssige Gegenargumente infrage gestellt werden. Schlüssige Gegenargumente liegen vor, wenn der Antragsteller substanziiert rechtliche oder tatsächliche Umstände aufzeigt, aus denen sich die gesicherte Möglichkeit ergibt, dass die erstinstanzliche Entscheidung unrichtig ist. Dabei kommt es grundsätzlich nicht auf einzelne Elemente der Urteilsbegründung an, sondern auf das Ergebnis der Entscheidung, also auf die Richtigkeit des Urteils nach dem Sachausspruch in der Urteilsformel (vgl. BVerfG, B.v. 16.7.2013 – 1 BvR 3057/11 – BVerfGE 134, 106 = juris Rn. 36 ff.; BVerwG, B.v. 10.3.2004 – 7 AV 4.03 – NVwZ-RR 2004, 542 = juris Rn. 7 ff.; BayVGH, B.v. 6.4.2016 – 8 ZB 14.1532 – juris Rn. 5; B.v. 27.2.2015 – 15 ZB 13.2384 – juris Rn. 17 jeweils m.w.N.). Dagegen reicht es nicht aus, wenn Zweifel lediglich an der Richtigkeit einzelner Rechtssätze oder tatsächlicher Feststellungen bestehen. Diese müssen vielmehr zugleich Zweifel an der Richtigkeit des Ergebnisses begründen (BVerwG, B.v. 10.3.2004 – 7 AV 4.03 – a.a.O. Rn. 9). Aus dem Vorbringen im Zulassungsantrag muss sich deshalb auch ergeben, dass der jeweils angegriffene Rechtssatz oder die Tatsachenfeststellung für die Entscheidung erheblich ist. Diesen Erfordernissen genügt die bloße Fragestellung, inwiefern das Verwaltungsgericht eine bestimmte Tatsachenfeststellung zur Geländeoberfläche des Baugrundstücks habe treffen können, nicht. Im Übrigen hat sich das Verwaltungsgericht bei seinen Feststellungen zur natürlichen Geländeoberfläche ausdrücklich auf einen in den Behördenakten befindlichen Höhenlinienplan vom 7. November 2012 berufen (vgl. Urteilsabdruck S. 6 oben), dessen Richtigkeit im Zulassungsantrag nicht angegriffen wurde. Soweit nunmehr erstmalig mit Schriftsatz vom 19. August 2016 Zweifel an der Geeignetheit dieses Plans geäußert werden, ist dieser Vortrag verspätet (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO).
2. Keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung vermag auch der Einwand zu begründen, das Verwaltungsgericht hätte nicht dahinstehen lassen dürfen, ob das Bauvorhaben verwirklicht werden könne oder nicht, da eine Baugenehmigung, die nicht verwirklicht werden könne, nach Art. 44 Abs. 2 Nr. 4 BayVwVfG nichtig sei und dem Nachbarn insoweit ein Anspruch auf Beseitigung des Rechtsscheins zustehe.
Zum einen kam es für das Verwaltungsgericht auf die Frage einer tatsächlichen Verwirklichung des Bauvorhabens nicht entscheidungserheblich an. Vielmehr hat es im Rahmen seiner Erörterungen, ob die Baugenehmigung wegen einer fehlerhaften Darstellung der tatsächlichen Geländeverhältnisse in den genehmigten Bauplänen (formell) rechtswidrig sei, angenommen, dass die genehmigten Pläne die Grundstückssituation nicht falsch wiedergeben würden, und sich hierzu auf den Höhenlinienplan vom 7. November 2012 berufen (vgl. Urteilsabdruck S. 5 f.). Lediglich als Hilfserwägung hat es ausgeführt, dass „das Bauvorhaben, sollte für die Verwirklichung – wie die Klägerin meine – tatsächlich eine höhere Auffüllung erforderlich sein, nicht verwirklicht werden könne“ (vgl. Urteilsabdruck S. 6).
Zum anderen ist die Annahme, das Vorhaben könne im Fall einer erforderlich werdenden höheren Auffüllung nicht verwirklicht werden, nicht so zu verstehen, dass die Baugenehmigung aus tatsächlichen Gründen niemand ausführen kann und deshalb nach Art. 44 Abs. 2 Nr. 4 BayVwVfG nichtig ist. Vielmehr hat das Gericht damit – inhaltlich zutreffend – zum Ausdruck gebracht, dass die Beigeladene in diesem Fall das Vorhaben rechtlich nicht verwirklichen dürfe, weil die Baugenehmigung nur eine Auffüllung in Höhe von 2 m umfasst. Dies bewirkt aber weder die Rechtswidrigkeit der Baugenehmigung noch eine Rechtsverletzung der Klägerseite.
3. Keinen ernstlichen Zweifeln an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung begegnet auch die Feststellung des Verwaltungsgerichts, dass das Bauvorhaben nicht wegen einer unzumutbaren Beeinträchtigung der Belichtung, Besonnung und Belüftung des Grundstücks der Klägerseite gegen das Rücksichtnahmegebot verstößt.
Der Einwand, unter Zugrundelegung der tatsächlichen (natürlichen) Geländeoberfläche als unteren Bezugspunkt seien vor der östlichen, dem klägerischen Grundstück zugewandten Außenwand die erforderlichen Abstandsflächen auf dem Baugrundstück nicht eingehalten, vermag einen Verstoß gegen das Gebot der Rücksichtnahme nicht zu begründen. Das gilt auch dann, wenn man zugunsten der Klägerseite eine Verletzung der Abstandsflächenvorschriften des Art. 6 BayBO unterstellt. Zwar stellen die landesrechtlichen Abstandsflächenvorschriften grundsätzlich eine Konkretisierung des Gebots nachbarlicher Rücksichtnahme dar. Auch kann das Gebot der Rücksichtnahme ausnahmsweise verletzt sein, wenn die landesrechtlichen Abstandsflächenvorschriften eingehalten sind. Daraus kann aber im Umkehrschluss nicht gefolgert werden, dass jede Verletzung der Abstandsflächenvorschriften auch eine Verletzung des Rücksichtnahmegebots nach sich zieht. Denn das Gebot der Rücksichtnahme gibt dem Grundstückseigentümer nicht das Recht, von jeder (auch) rechtswidrigen Veränderung auf dem Nachbargrundstücks verschont zu bleiben. Vielmehr kommt es darauf an, inwieweit durch die Nichteinhaltung des erforderlichen Grenzabstands die Nutzung des Nachbargrundstücks unzumutbar beeinträchtigt wird. Entscheidend sind die tatsächlichen Verhältnisse des Einzelfalls (vgl. BayVGH, B.v. 13.3.2014 – 15 ZB 13.1017 – juris Rn. 12 m.w.N.; B.v. 23.3.2016 – 9 ZB 13.1877 – juris Rn. 7 f.). Hierzu hat die Klägerseite nichts vorgetragen (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO). Insbesondere hat sie nicht ausgeführt, warum trotz der vom Verwaltungsgericht festgestellten Entfernung des Bauvorhabens von 15 m zum Wohnhaus der Klägerseite eine unzumutbare Beeinträchtigung der Belichtung, Besonnung oder Belüftung gegeben sein soll.
4. Zutreffend hat das Verwaltungsgericht schließlich ausgeführt, dass sich die Klägerseite auch für den Fall, dass die nähere Umgebung des Baugrundstücks faktisch als Gewerbegebiet einzustufen sein sollte, in dem ein Wohn- und Bürogebäude nicht zulässig ist (§ 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 8 Abs. 2 BauNVO), nicht auf ein Abwehrrecht aus dem Gebietserhaltungsanspruch berufen könnte (vgl. dazu allgemein BayVGH, B.v. 1.6.2016 – 15 CS 16.789 – juris Rn. 23 m.w.N.).
Der Anspruch des Nachbarn auf Bewahrung der Gebietsart entfällt, wenn dieser sein Grundstück selbst planwidrig nutzt. Denn rechtsmissbräuchlich handelt, wer unter Berufung auf das nachbarliche Austauschverhältnis eine eigene Nutzung schützen möchte, die ihrerseits das nachbarliche Austauschverhältnis stört (vgl. BVerwG, U.v. 24.2.2000 – 4 C 23/98 – NVwZ 2000, 1054 = juris Rn. 15). Dies ist letztlich Ausfluss des auch im Verwaltungsrecht entsprechend heranzuziehenden Grundsatzes von Treu und Glauben nach § 242 BGB in der Ausprägung des Verbots der unzulässigen Rechtsausübung (vgl. BVerwG, U.v. 11.9.2013 – 8 C 11/12 – juris Rn. 44 m.w.N.; BayVGH, U.v. 11.11.2014 – 15 B 12.2672 – NVwZ-RR 2015, 247 = juris Rn. 37 m.w.N.). Die Ausübung eines Rechts ist missbräuchlich, wenn der Berechtigte kein schutzwürdiges Eigeninteresse verfolgt und die Rechtsausübung im Einzelfall zu einer grob unbilligen, mit der Gerechtigkeit nicht mehr zu vereinbarenden Ergebnis führen würde (vgl. Mansel in Jauernig, Bürgerliches Gesetzbuch, 16. Aufl. 2015, § 242 Rn. 37 m.w.N.). Das ist hier der Fall, weil das Grundstück der Klägerseite selbst mit einem im Gewerbegebiet unzulässigen Wohngebäude bebaut und daher nicht schutzwürdig ist.
Dem steht nicht entgegen, dass die Baugenehmigung für das Wohngebäude auf dem klägerischen Grundstück formell bestandskräftig ist, wie die Klägerseite unter Berufung auf eine Baugenehmigung vom 3. Juli 1912 geltend macht. Denn Pflichtwidrigkeit oder ein schuldhaftes Verhalten sind nicht zwingend Voraussetzung für die Unzulässigkeit einer Rechtsausübung. Vielmehr kann sich rechtsmissbräuchliches Verhalten auch auf der Grundlage lediglich objektiver Kriterien ergeben; es kommt darauf an, ob bei objektiver Betrachtung ein Verstoß gegen Treu und Glauben vorliegt (vgl. BGH, U.v. 12.11.2008 – XII ZR 134/04 – NJW 2009, 1343 = juris Rn. 41; OLG Köln, U.v. 7.11.2014 – 20 U 170/11 – Rn. 11, nachfolgend BVerfG, B.v. 4.3.2015 – 1 BvR 3280/14 – Rn. 33 ff.; Schubert in Münchener Kommentar zum BGB, 7. Auflage 2016, § 242 Rn. 54 und 214 ff.; Mansel in Jauernig, a.a.O., § 242 Rn. 37). Das ist hier der Fall. Denn unbeschadet der Tatsache, dass das Gebäude der Klägerseite Bestandsschutz genießt, ist durch die Wohnbebauung auf dem klägerischen Grundstück das wechselseitige Austauschverhältnis, das den Gebietsbewahrungsanspruch gerade begründet (vgl. BVerwG, U.v. 16.9.1993 – 4 C 28/91 – BVerwGE 94, 151 = juris Rn. 12 ff.), ebenso gestört wie durch das genehmigte Vorhaben der Beigeladenen. Auf die subjektiven Motive der Klägerseite für die Geltendmachung des Gebietsbewahrungsanspruchs kommt es nicht an.
B.
Der Rechtsstreit weist auch keine besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten auf (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO), die die Durchführung eines Berufungsverfahrens erfordern. Der Zulassungsantrag sieht die besonderen Schwierigkeiten der Rechtssache in denselben Fragen, die sie auch zu dem Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils des Verwaltungsgerichts angeführt hat. Diese Fragen sind jedoch – wie sich aus vorstehenden Darlegungen ergibt – weder komplex noch fehleranfällig (vgl. zu diesem Maßstab BayVGH, B.v. 3.11.2011 – 8 ZB 10.2931 – BayVBl 2012, 147/149 m.w.N.). Sie können vielmehr ohne Weiteres anhand der einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen und der Rechtsprechung bereits im Zulassungsverfahren geklärt werden.
C.
Eine Zulassung der Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) scheidet ebenfalls aus.
Grundsätzliche Bedeutung kommt einer Rechtssache zu, wenn eine Rechts- oder Tatsachenfrage für die Entscheidung des Rechtsstreits erheblich, bislang höchstrichterlich oder obergerichtlich nicht geklärt und über den zu entscheidenden Einzelfall hinaus bedeutsam ist; die Frage muss ferner im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder der Fortentwicklung des Rechts einer berufungsgerichtlichen Klärung zugänglich sein und dieser Klärung auch bedürfen (vgl. BVerwG, B.v. 16.11.2010 – 6 B 58/10 – juris Rn. 3; vom 17.12.2010 – 8 B 38/10 – ZOV 2011, 45 Rn. 7 f.).
Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt. Die im Zulassungsantrag (sinngemäß) aufgeworfene Frage, ob die Berufung eines Nachbarn auf den Anspruch auf Bewahrung der Gebietsart auch dann rechtsmissbräuchlich sein kann, wenn die Nutzung des Nachbarn, der sein Grundstück selbst gebietsartwidrig nutzt, formell bestandsgeschützt ist, ist nicht klärungsbedürftig, weil sie anhand des Gesetzes und der Rechtsprechung ohne Weiteres geklärt werden kann. Sie ist – wie aufgezeigt – zu bejahen und kann allein anhand objektiver Kriterien beurteilt werden.
D.
Schließlich liegt kein Verfahrensmangel wegen Verstoßes gegen den Amtsermittlungsgrundsatz (§ 124 Abs. 2 Nr. 5, § 86 Abs. 1 VwGO) vor. Die Rüge, das Verwaltungsgericht hätte zur Klärung der Frage, ob die natürliche Geländeoberfläche auf dem Baugrundstück den Bauvorlagen entspricht, einen gerichtlichen Augenschein durchführen müssen, ist nicht berechtigt.
§ 86 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 VwGO verpflichtet das Gericht zur Aufklärung des Sachverhalts von Amts wegen. Dabei ist das Gericht nicht auf ein bestimmtes Beweismittel festgelegt. Es kann gemäß § 96 Abs. 1 Satz 2 VwGO insbesondere Augenschein einnehmen, Zeugen, Sachverständige und Beteiligte vernehmen und Urkunden heranziehen. Art und Umfang der Tatsachenermittlung bestimmt sich nach pflichtgemäßem Ermessen. Die Durchführung einer Ortsbesichtigung ist dann nicht notwendig, wenn für das Gericht aufgrund von Kartenmaterial, Fotos, Luftbildern oder auch von Schilderungen ortskundiger Verfahrensbeteiligter eine hinreichend sichere Beurteilungsgrundlage existiert (vgl. BVerwG, B.v. 24.8.2015 – 9 B 34/15 – juris Rn. 4 m.w.N.).
Nach diesen Maßstäben hat das Verwaltungsgericht seine Aufklärungspflicht zur Ermittlung der tatsächlichen Geländeverhältnisse nicht verletzt. Denn abgesehen davon, dass es aus Sicht des Verwaltungsgerichts – rechtlich zutreffend – insoweit auf die Darstellungen in den genehmigten Bauplänen und nicht auf den tatsächlichen Geländeverlauf in der Natur ankam (vgl. Urteilsabdruck S. 6), hat sich das Gericht bei seinen Feststellungen zur natürlichen Geländeoberfläche ausdrücklich auf einen in den Behördenakten befindlichen, auch von der Klägerseite nicht angegriffenen Höhenlinienplan vom 7. November 2012 gestützt. Aus welchen Gründen darüber hinaus eine Aufklärung der örtlichen Verhältnisse aufgrund der Durchführung eines Augenscheins hätte erfolgen müssen, ist im Zulassungsantrag weder dargelegt noch sonst ersichtlich. Soweit nunmehr erstmalig mit Schriftsatz vom 19. August 2016 Zweifel an der Geeignetheit des Höhenlinienplans geäußert werden, ist dieser Vortrag verspätet (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO).
E.
Die Entscheidung über die Kosten des Zulassungsverfahrens ergibt sich aus § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO. Es entspricht der Billigkeit, dass die Beigeladene trotz ihres erfolgreichen Gegenantrags ihre außergerichtlichen Kosten selbst trägt. Denn sie setzt sich im Berufungszulassungsverfahren unabhängig von einer Antragstellung (§ 154 Abs. 3 VwGO) typischerweise keinem eigenen Kostenrisiko aus (vgl. BayVGH, B.v. 18.7.2016 – 15 ZB 15.12 – juris Rn. 23 m.w.N.). Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 sowie § 52 Abs. 1 GKG. Sie orientiert sich an Nr. 9.7.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (NVwZ-Beilage 2013, 57) und folgt in der Höhe der Festsetzung des Verwaltungsgerichts.
Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).