Baurecht

Fehlende Antragsbefugnis für einstweilige Anordnung im Normenkontrollverfahren – Lärmsteigerung durch Straßenverkehr

Aktenzeichen  1 NE 19.927

Datum:
6.8.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 19730
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 47 Abs. 2, Abs. 6

 

Leitsatz

1. Eine planbedingte Veränderung der Verkehrssituation ist als privater Belang der Straßenanlieger abwägungserheblich, wenn das Vertrauen des Grundstückseigentümers auf das Fortbestehen der gegebenen Verkehrslage nach den Umständen des Einzelfalls als schutzwürdig anzusehen ist. (Rn. 13) (redaktioneller Leitsatz)
2. Abwägungserhebliche Interessen können berührt sein, wenn eine bisher nur oder vorwiegend der Erschließung der anliegenden Grundstücke dienende Straße den An- und Abfahrtsverkehr eines neuen Baugebiets aufnehmen soll. In solchen Fällen kann das Interesse der Anlieger der Erschließungsstraße an der Beibehaltung der bestehenden Verhältnisse auch dann schutzwürdig und damit abwägungserheblich sein, wenn nur geringfügige Änderungen im Raum stehen. (Rn. 13) (redaktioneller Leitsatz)
3. Ein Vertrauen der Anlieger einer in eine überörtliche Straße mündenden Erschließungsstraße darauf, dass sich die Verhältnisse auf der überörtlichen Straße nicht ändern, ist in aller Regel nicht schutzwürdig, weil die Abwägungserheblichkeit insoweit fehlt, als man sich „vernünftigerweise darauf einstellen muss, dass so etwas geschieht“. (Rn. 14) (redaktioneller Leitsatz)
4. Die ruhige und landschaftlich reizvolle Wohnlage, die einem an den bisherigen Außenbereich angrenzenden Grundstück im allgemeinen faktisch zukommt, begründet als solche keine Antragsbefugnis; einen Rechtsanspruch oder ein schutzwürdiges Interesse auf Beibehaltung einer solchen Lage gibt es nicht. (Rn. 17) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
III. Der Streitwert wird auf 5.000 Euro festgesetzt.

Gründe

I.
Der Antragsteller wendet sich gegen den Bebauungsplan “Erweiterung Gewerbegebiet T* …“, den die Antragsgegnerin am 11. September 2018 beschlossen und am 13. Dezember 2018 bekanntgemacht hat (im Folgenden: Bebauungsplan). Gegenstand der angefochtenen Planung der Gemeinde Bruck ist die Weiterentwicklung des vorhandenen Gewerbegebiets „T* …“ nach Süden zur Schaffung bedarfsgerechter Gewerbeflächen primär für Betriebe aus der Region. Das streitgegenständliche Gewerbegebiet wird über die St* … (G* …er Straße) erschlossen.
Der Antragsteller ist Eigentümer eines Grundstücks im Ortsteil Bruck-T* …, das rund 450 m von dem Plangebiet entfernt liegt. Das Grundstück, das eine Wohnnutzung sowie eine Nutzung als Gaststätte aufweist, liegt an der Kreuzung Oberdorf/Unterdorf und G* …er Straße.
Am 8. Mai 2019 stellte der Antragsteller einen Normenkontrollantrag gegen den Bebauungsplan (1 N 19.902) und beantragte gleichzeitig,
den Bebauungsplan „Erweiterung Gewerbegebiet T* …“ bis zur Entscheidung in der Hauptsache außer Vollzug zu setzen.
Eine Entscheidung sei zur Abwehr schwerer Nachteile und auch aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten, weil mit dem Aushub am 8. Mai 2019 begonnen worden sei. Das Plangebiet umfasse u.a. auch eine Teilfläche der Staatsstraße. Als Anlieger dieser Straße sei er von dem voraussichtlich wesentlich erhöhten Verkehrsaufkommen betroffen. Er habe bisher aufgrund der Randlage in besonderem Maße am Landschaftsschutz dieses Gebiets partizipiert. Seine Mitstreiter und er engagierten sich in der Schutzgemeinschaft T* …er Tal, deren Anerkennung als Umweltverband aber noch ausstehe. Bei Realisierung der Bauleitplanung komme es zu einer unzumutbaren Lärmentwicklung, das eigene Grundstück werde durch heranrückendes Gewerbe und andere Nutzungen auf der bisher „grünen Wiese“ gleichsam „erdrückt“, womit sich Wohnqualiltät und Verkehrswert erheblich mindern würden. Das Gewerbegebiet unterlaufe auch die in der Landespolitik gefestigte Überzeugung gegen „Flächenfraß“. Es bliebe den Gemeinden unbenommen, vorrangig Flächen (neu) zu überplanen, die bereits für Siedlungs- und Verkehrszwecke in Anspruch genommen würden und damit nicht (schützenswerte) Freiflächen im Außenbereich zu verbrauchen. Er befürchte aus den gleichen Gründen, die in dem Volksbegehren „Rettet die Bienen“ angeführt worden seien, dass sein Ortsteil sein „Gesicht“ verlieren und eine strukturelle Verarmung der Landschaft eintreten werde. Als Anlieger der Straße und aufgrund der direkten Sichtbeziehung zum Plangebiet nehme er am Schutz der Lebensgrundlagen und von Landschaft und Natur in besonderem Maße teil. Die Planung verstoße gegen den Grundsatz der größtmöglichen Schonung des Außenbereichs und verstoße gegen das Gebot baulicher Rücksichtnahme. Er sei antragsbefugt, weil er in abwägungserheblichen Rechten, insbesondere im Hinblick auf die Lärmbeeinträchtigungen und Schadstoffbelastungen, aber auch durch die Entwertung der Landschaft und Ortschaft verletzt werde. Eine schematische Anwendung von Richt- oder Grenzwerten verbiete sich. Die Geräuscherfassung/-prognose sei fehlerhaft. Soweit behauptet werde, der Immissionsbeitrag aus dem neugeplanten Gewerbegebiet liege außerhalb des Einwirkungsbereichs der TA-Lärm, sei festzustellen, dass kein Gewerbegebiet so leise sein könne und eine Überschreitung zwangsläufig sei. Bei richtiger Berechnung werde es zu einer Annäherung bis zu einer Überschreitung der Richtwerte kommen, weil der Verkehr und die Betriebe selbst voraussichtlich mehr emittieren würden als zugrunde gelegt. Die nachgereichte schalltechnische Stellungnahme vom 26. Juni 2019 belege die deutliche Erhöhung der voraussichtlichen Immissionsbelastung gegenüber anfänglichen Berechnungen in der mehrjährigen Bauleitplanung. Weder sein Grundstück noch das seiner Nachbarn seien als Immissionsort gewählt worden. Der Antragsgegner behelfe sich mit der unzureichenden Begründung, dass die Entfernung größer sei als die in der schalltechnischen Untersuchung gewählten Immissionsorte. Damit lasse sich eine zuverlässige Aussage nicht treffen. Aber auch bei unterstellter Einhaltung der Werte der TA-Lärm sei er antragsbefugt, weil es keine bzw. eine geringfügige Vorbelastung gebe. Der nahezu gewerbefreie Weiler erhalte eine gewerbliche bis industrielle Prägung durch die völlig unverträgliche Bauleitplanung, für die auch kein Bedarf bestehe. Der Antragsgegner habe nicht berücksichtigt, dass sein am Ortsrand zum Plangebiet liegendes Grundstück in besonders gravierender Weise betroffen sei. Die Planung missachte zudem die Anforderungen des § 1 Abs. 5 BauGB. Die Antragsgegnerin habe die abwägungsrelevanten Belange der gesunden Wohnverhältnisse (§ 1 Abs. 6 Nr. 1 BauGB) und der umweltbezogenen Auswirkungen (§ 1 Abs. 6 Nr. 7c BauGB) verkannt. Der Bebauungsplan sei offensichtlich rechtsfehlerhaft, da die Erweiterung nicht erforderlich im Sinn des § 1 Abs. 3 BauGB sei, weil sie nur den Interessen eines einzelnen Investors diene. Weiter verstoße der Bebauungsplan gegen Vorgaben der Raumordnung und Landesplanung nach § 1 Abs. 4 BauGB, insbesondere das sogenannte Anbindungsverbot nach dem Landesentwicklungsprogramm, aufgrund des durchgeführten Parallelverfahrens gegen § 8 BauGB und gegen das interkommunale Abstimmungsgebot nach § 2 Abs. 2 BauGB. Er genüge nicht den Anforderungen an die Umweltprüfung nach § 1a Abs. 2, § 2 Abs. 4 BauGB und seine privaten Belange seien im Rahmen der Abwägung nicht ausreichend gewichtet worden. Da durch den Bezug in der Begründung des Bebauungsplans auf die bestehende Gewerbefläche als nicht kontingentierten Bereich die Problematik des Anbindungsgebots betroffen sei, schlage dieser Mangel auch auf die Immissionskontingentierung durch. Der Antragsteller wendet sich darüber hinaus gegen einzelne Festsetzungen des Bebauungsplans und rügt formelle Fehler.
Die Antragsgegnerin beantragte,
den Antrag abzulehnen.
Sie sieht den Antragsteller nicht als antragsbefugt an, weil er eine mögliche Rechtsbetroffenheit nicht ausreichend dargelegt habe. Entgegen der behaupteten pauschalen Verletzung der Rechte des Antragstellers durch eine angeblich unzumutbare Lärmentwicklung aufgrund eines vervielfachten Verkehrsaufkommens und einer nicht vorhandenen bzw. nur geringfügigen Vorbelastung seien die lärmbezogenen Belange in fehlerfreier Weise ermittelt, berücksichtigt und abgewogen worden. Zum Schutz der Nachbarschaft seien Emissionskontingente für die neuen Gewerbeflächen festgesetzt worden, um die zulässigen Immissionswerte der TA-Lärm einzuhalten. Auch im Umfeld des Grundstücks des Antragstellers seien Immissionsorte festgelegt und dergestalt bestimmt worden, dass sie nicht nur die Richtwerte für das faktisch bestehende Dorfgebiet einhielten, sondern sogar die niedrigeren Richtwerte für allgemeine Wohngebiete nach § 4 BauNVO, abzüglich einer zusätzlichen Unterschreitung von 10 dB(A). Damit werde sichergestellt, dass unabhängig von dem konkreten Betrieb vor Ort der zulässige Immissionsrichtwert nach der TA-Lärm ohne Weiteres eingehalten werde. Die Emissionskontingente seien so bemessen, dass das Gewerbegebiet sicher außerhalb des Einwirkungsbereichs für ein (hypothetisches) WA-Gebiet liege. Insbesondere liege auch das Grundstück des Antragstellers weit unter dem zulässigen Immissionsrichtwert für ein Mischgebiet. Die Befürchtung des Antragstellers, es könne zu verkehrsintensiven Ansiedlungen von „Industriebetrieben“ kommen, sei aufgrund der Festsetzungen des Bebauungsplans über die Art der Nutzung unbegründet. Selbst bei einer (hypothetischen) Verdopplung des Verkehrs, den Angaben im Verkehrsmengenatlas 2015 sowie einer Geschwindigkeit vor dem Grundstück des Antragstellers von 100 km/h würde der Immissionsgrenzwert für Misch-/Dorfgebiete von 64 dB(A) noch immer eingehalten werden. Eine Antragsbefugnis als Umweltverband komme mangels Anerkennung als solcher nicht Betracht. Der Antrag sei aber auch unbegründet. Ferner fehle es auch an der Darlegung der drohenden schweren Nachteile.
Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Normaufstellungsakten sowie auf die Gerichtsakten im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes und des Hauptsacheverfahrens verwiesen.
II.
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 47 Abs. 6 VwGO hat keinen Erfolg.
Der Antrag ist unzulässig, weil dem Antragsteller die auch für die einstweilige Anordnung nach § 47 Abs. 6 VwGO notwendige Antragsbefugnis fehlt.
Nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO ist im Normenkontrollverfahren jede natürliche oder juristische Person antragsbefugt, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden. Erforderlich, aber auch ausreichend für die Antragsbefugnis ist, dass der Antragsteller hinreichend substantiiert Tatsachen vorträgt, die es zumindest als möglich erscheinen lassen, dass er durch die Festsetzungen des Bebauungsplans in einem subjektiven Recht verletzt wird. Der Eigentümer eines außerhalb des Plangebiets gelegenen Grundstücks ist dann antragsbefugt, wenn er eine mögliche Verletzung des Abwägungsgebots geltend machen kann. Drittschützenden Charakter hat das Abwägungsgebot allerdings nur hinsichtlich solcher privater Belange, die für die Abwägung erheblich sind. Deshalb muss ein Antragsteller, der in einem Normenkontrollantrag eine Verletzung des Abwägungsgebots geltend machen will, einen eigenen Belang als verletzt bezeichnen, der für die Abwägung beachtlich war. Nicht jeder private Belang ist in der Abwägung zu berücksichtigen, sondern nur solche, die in der konkreten Planungssituation einen städtebaulich relevanten Bezug haben. Nicht abwägungsbeachtlich sind insbesondere geringwertige oder mit einem Makel behaftete Interessen sowie solche, auf deren Fortbestand kein schutzwürdiges Vertrauen besteht, oder solche, die für die Gemeinde bei der Entscheidung über den Plan nicht erkennbar waren (vgl. BVerwG, U.v. 16.6.2011 – 4 CN 1.10 – BVerwGE 140, 41; B.v. 10.2.2016 – 4 BN 37.15 – ZfBR 2016, 376). Die Prüfung, ob das der Fall ist, ist allerdings nicht unter Auswertung des gesamten Prozessstoffes vorzunehmen, und sie darf nicht in einem Umfang und in einer Intensität erfolgen, die einer Begründetheitsprüfung gleichkommt. Allerdings darf das Gericht auf der Grundlage des wechselseitigen Schriftverkehrs darüber befinden, ob es einen abwägungserheblichen Belang des Antragstellers geben kann (vgl. BVerwG, B.v. 2.3.2015 – 4 BN 30.14 – BauR 2015, 967).
Nach diesen Maßgaben ist eine Antragsbefugnis des Antragstellers nicht gegeben. Die Planung berührt hinsichtlich der planungsbedingten Lärmsteigerung keine abwägungserheblich eigenen Belange des Antragstellers. Zwar verhält sich die Rechtsordnung gegenüber den Belangen des Lärmschutzes und ihrer Relevanz für die Bauleitplanung nicht neutral. Eine planbedingte Veränderung der Verkehrssituation ist als privater Belang der Straßenanlieger abwägungserheblich, wenn das Vertrauen des Grundstückseigentümers auf das Fortbestehen der gegebenen Verkehrslage nach den Umständen des Einzelfalls als schutzwürdig anzusehen ist (vgl. BVerwG, B.v. 6.12.2000 – 4 BN 59.00 – BayVBl 2001, 314; B.v. 28.11.1995 – 4 NB 38.94 – BayVBl 1996, 376). Abwägungserhebliche Interessen können berührt sein, wenn eine bisher nur oder vorwiegend der Erschließung der anliegenden Grundstücke dienende Straße den An- und Abfahrtsverkehr eines neuen Baugebiets aufnehmen soll. In solchen Fällen kann das Interesse der Anlieger der Erschließungsstraße an der Beibehaltung der bestehenden Verhältnisse auch dann schutzwürdig und damit abwägungserheblich sein, wenn nur geringfügige Änderungen im Raum stehen (vgl. BVerwG, B.v. 18.3.1994 – 4 NB 24.93 – NVwZ 1994, 263 zur Erschließung einer 2,6 ha großen, als reines Wohngebiet mit etwa 70 bis 80 Wohneinheiten festgesetzten Fläche). Jedoch begründet nicht jede durch einen Bebauungsplan ermöglichte Zunahme des Lärms für jeden davon Betroffenen eine Antragsbefugnis. Sind solche Änderungen geringfügig oder wirken sie sich nur unwesentlich aus, so kann sich daraus eine Beschränkung der Antragsbefugnis ergeben (vgl. BVerwG, U.v. 21.10.1999 – 4 CN 1.98 – NVwZ 2000, 807; B.v. 24.5.2007 – 4 BN 16.07 u.a. – BauR 2007, 2041 m.w.N.). Da jede Bauleitplanung dazu führen kann, dass sich die verkehrliche Situation in anderen Bereichen verändert, aber nicht jeder von ihr Betroffene – auch wenn sein Grundstück möglicherweise weiter entfernt liegt – ein abwägungsbeachtliches Interesse an der Beibehaltung des bisherigen Zustands besitzt, verbietet es sich, die Antragsbefugnis immer schon dann anzunehmen, wenn die Ausweisung eines neuen Baugebiets zu einer Verstärkung des Verkehrs führt. Entscheidend für die Frage der Antragsbefugnis ist daher in erster Linie die konkrete örtliche Situation (vgl. BVerwG, B.v. 28.11.1995 a.a.O.).
Ungeachtet dessen, dass ein Vertrauen der Anlieger einer in eine überörtliche Straße mündende Erschließungsstraße darauf, dass sich die Verhältnisse auf der überörtlichen Straße nicht ändern, in aller Regel nicht schutzwürdig ist, weil die Abwägungserheblichkeit insoweit fehlt, als man sich „vernünftigerweise darauf einstellen muss, dass so etwas geschieht“ (vgl. BVerwG, B.v. 9.11.1979 – 4 N 1.78 u.a. – BVerwGE 59, 87), sind in dem Plangebiet über die textliche Festsetzung A.2.2 über die Art der baulichen Nutzung verkehrsintensive Betriebe ausgeschlossen. Damit ist die vom Antragsteller pauschal befürchtete verkehrsintensive Ansiedlung u.a. von Industrie-, Gewerbe- und Logistikbetrieben ausgeschlossen. Ausweislich der im Aufstellungsverfahren eingeholten schalltechnischen Untersuchungen, zuletzt von Mai 2018, ist aufgrund der Erschließung der „Erweiterung Gewerbegebiet T* …“ unmittelbar über die G* …er Straße bei einem gegenwärtig bemittelten durchschnittlichen täglichen Verkehrsaufkommen von 1.965 Kfz/h und einer Prognose von 1% hochgerechnet auf das Jahr 2035 nicht mit einem relevanten Betriebsverkehr, der gemäß TA-Lärm organisatorische Maßnahmen erfordern würde, im nächsten Wohn- und Mischgebiet zu rechnen. Im Übrigen muss die G* …er Straße, in deren Kreuzungsbereich das Grundstück des Antragstellers liegt, bereits jetzt den Verkehr bewältigen, der in das vorhandene Gewerbegebiet T* … ein- und ausfährt sowie den Durchgangsverkehr. An dieser Situation ändert der angefochtene Bebauungsplan nichts. Selbst bei der in der ergänzenden schalltechnischen Stellungnahme vom 26. Juni 2019 unterstellten – und rein hypothetischen – Verdoppelung des Verkehrs tagsüber kommt es nicht zu einer Überschreitung des Immissionsgrenzwerts der 16. BImSchV für ein Misch-/Dorfgebiet von 64 dB(A). Im Übrigen dürfte die ergänzende schalltechnische Stellungnahme nicht berücksichtigt haben, dass im Bereich des Grundstücks des Antragstellers die unterstellte Geschwindigkeit nicht mehr zulässig sein dürfte. Nach den konkreten Gegebenheiten sind daher angesichts der Vorprägung des hier inmitten stehenden Dorf-/Mischgebiets keine Belästigungen zu befürchten, die die Geringfügigkeitsschwelle überschreiten.
Auch soweit im Bebauungsplan zum Schutz der Nachbarschaft Emissionskontingente für die neuen Gewerbeflächen festgesetzt wurden, um die zulässigen Immissionsrichtwerte der TA-Lärm einzuhalten, liegt eine relevante Beeinträchtigung des Antragstellers nicht vor. Dass die schalltechnische Untersuchung auf dem Grundstück des Antragstellers keinen Immissionsort ausgewählt hat, ist unschädlich. Denn jedenfalls wird aus dem Ergebnis der schalltechnischen Untersuchung, insbesondere bei Betrachtung der Immissionsorte IO 2 und IO 3 (allgemeines Wohngebiet), bei denen ein Unterschreitung des Planwerts von 0,2 dB(A) bzw. 0,3 dB(A) vorliegt, deutlich, dass der Antragsteller außerhalb des Einwirkungsbereichs der TA-Lärm liegt. Dabei ist auch in den Blick zu nehmen, dass die Immissionsorte nicht nur die Richtwerte für Dorfgebiete einhalten, sondern sogar die strengeren Werte für allgemeine Wohngebiete, abzüglich einer zusätzlichen Unterschreitung von 10 dB(A). Das Grundstück des Antragstellers liegt nach den vorliegenden Unterlagen mit 41 dB(A) weit unter dem zulässigen Immissionsrichtwert für ein Mischgebiet von 60 dB(A). Die Antragsgegnerin hat damit der gesteigerten Rücksichtnahmepflicht der gewerblichen Nutzung im Hinblick auf das angrenzende Wohn- und Dorf-/Mischgebiet Rechnung getragen.
Anhaltspunkte für die vom Antragsteller behauptete Schadstoffbelastung als Folge der Planung sind weder dargelegt, noch in relevantem Umfang erkennbar.
Die ruhige und landschaftlich reizvolle Wohnlage, die einem an den bisherigen Außenbereich angrenzenden Grundstück im allgemeinen faktisch zukommt, begründet als solche keine Antragsbefugnis; denn einen Rechtsanspruch oder auch nur ein schutzwürdiges Interesse auf Beibehaltung dieser Außenbereichslage gibt es nicht (vgl. BVerwG, U.v. 21.10.1999 – 4 CN 1.98 – NVwZ 2000, 807; B.v. 22.8.2000 – 4 BN 38.00 – NVwZ 2000, 1413; BayVGH, B.v. 19.8.2016 – 9 NE 16.1512 – juris Rn. 15). Das gleiche gilt auch für die vom Antragsteller befürchtete Minderung des Verkehrswerts seines – außerhalb des Plangebiets liegenden – Grundstücks durch die planerischen Festsetzungen des Bebauungsplans (vgl. BVerwG, B.v. 9.2.1995 – 4 NB 17.94 – NVwZ 1995, 895; BayVGH, U.v. 3.3.2011 – 2 N 09.3058 – juris Rn. 45). Anhaltspunkte dafür, dass ein Ausnahmefall vorliegt, wonach die Aussichtslage durch einen bestehenden Bebauungsplan geschützt oder wegen außergewöhnlicher Gegebenheiten aus sich heraus besonders schutzwürdig ist, wurden weder vorgetragen noch sind solche erkennbar.
Soweit der Antragsteller eine mögliche Verletzung in seinen Rechten daraus ableitet, dass die Planung schützenswerte Freiflächen im Außenbereich verbrauche und dem Schutz von Landschaft und Natur widerspreche, beruft er sich auf objektiv-rechtliche Belange der Allgemeinheit (hier: Belange der gesunden Wohnverhältnisse nach § 1 Abs. 6 Nr. 1 BauGB, der umweltbezogenen Auswirkungen nach § 1 Abs. 6 Nr. 7c BauGB und der Gestaltung des Orts- und Landschaftsbildes nach § 1 Abs. 6 Nr. 5 BauGB). Eine die Antragsbefugnis begründende mögliche Verletzung subjektiver Rechte des Antragstellers folgt daraus aber nicht.
Hat der Antragsteller nach alldem keine materiell-rechtliche Position, die ihm eine Antragsbefugnis vermittelt, so kann er unabhängig davon auch nicht Verstöße gegen formelles oder materielles Recht geltend machen. Gleichermaßen kann dahingestellt bleiben, ob beim Vollzug des Bebauungsplans Auswirkungen auf das Grundstück des Antragstellers zu erwarten sind, die es rechtfertigen würden, die Verwirklichung der von ihm beanstandeten bauplanerischen Festsetzungen für das Gewerbegebiet vorläufig zu verhindern.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts ergibt sich aus § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1 und 8 GKG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

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