Baurecht

Fehlerhafter Bebauungsplan aufgrund des rechtswidrigen Zustandekommens im beschleunigten Verfahren

Aktenzeichen  15 N 15.2613

Datum:
18.10.2016
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
NVwZ-RR – 2017, 365
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BauGB BauGB § 1 Abs. 3 S. 1, Abs. 7, § 13a Abs. 1 S. 1, § 214 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, Abs. 3 S. 2, § 215 Abs. 1 S. 1 Nr. 1
VwGO 47 Abs. 2

 

Leitsatz

1. Die in einem Bebauungsplan vorgenommene Begrenzung auf das im Innenbereich bestehende Baurecht stellt keine Maßnahme der Innenentwicklung nach § 13a Abs. 1 Satz 1 BauGB dar. (amtlicher Leitsatz)
2. Ein Verkennen gemäß § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BauGB – hier der Voraussetzungen für die Durchführung des beschleunigten Verfahrens – scheidet aus, wenn die Gemeinde trotz rechtzeitiger Einwände bewusst am falschen Verfahren festhält. (amtlicher Leitsatz)
3. Die schriftliche Rüge beachtlicher Verfahrensfehler gegenüber der Gemeinde nach § 215 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB kann auch durch einen im Normenkontrollverfahren rechtzeitig an die Antragsgegnerin übermittelten Schriftsatz erfolgen. (amtlicher Leitsatz)
4 Die den Festsetzungen im Einzelfall vorausgehende Abwägung auf überplanten Grundstücken muss bestehendes Baurecht in die Überlegungen einbeziehen und entsprechend gewichten. Das private Interesse am Erhalt dieses Rechts muss mit dem öffentlichen Interesse an einer Neuordnung des Plangebiets abgewogen werden. Für eine – grundsätzlich mögliche – Einschränkung müssen gewichtige, städtebaulich beachtliche Allgemeinbelange sprechen. Deren Gewicht muss umso größer sein, je stärker die Festsetzungen des Bebauungsplans die Privatnützigkeit von Grundstücken beschränken oder gar ausschließen. (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I.
Der am 10. September 2015 bekannt gemachte Bebauungsplan „W. Straße“ ist unwirksam.
II.
Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens.
III.
Die Kostenentscheidung ist gegen Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
IV.
Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

Der zulässige (vgl. nachfolgend 1.) Antrag ist begründet (vgl. nachfolgend 2. und 3.).
1. Der Normenkontrollantrag wurde form- (vgl. § 81 Abs. 1 Satz 1, § 67 Abs. 4, Abs. 2 Satz 1 VwGO) und fristgerecht (vgl. § 47 Abs. 2 Satz 2 VwGO) gestellt. Der Antragsteller ist als Eigentümer eines Grundstücks im Geltungsbereich des Bebauungsplans „W. Straße“ gemäß § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO antragsbefugt. Er hat im Rahmen der Beteiligung der betroffenen Öffentlichkeit mit Schreiben vom 27. April 2015 rechtzeitig die formelle und materielle Zulässigkeit des Planentwurfs betreffende Einwendungen erhoben.
2. Der angegriffene Bebauungsplan ist formell fehlerhaft. Er hätte nicht im beschleunigten Verfahren nach § 13a BauGB aufgestellt werden dürfen, weil eine Innenentwicklung im Sinn des Gesetzes nicht stattfindet (vgl. 2.1). Dieser Mangel ist nicht analog § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BauGB unbeachtlich (vgl. 2.2). Eine Heilung nach § 215 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB ist nicht eingetreten, weil die Antragstellerseite in ihrer Antragbegründung mit Schriftsatz vom 14. März 2016 detailliert auf diesen Mangel hingewiesen hat (vgl. 2.3.)
2.1 § 13a BauGB ermöglicht die Aufstellung eines Bebauungsplans der Innenentwicklung im beschleunigten Verfahren. Die durch das Gesetz zur Erleichterung von Planungsvorhaben für die Innenentwicklung der Städte vom 21. Dezember 2006 (BGBl I S. 3316) mit Wirkung vom 1. Januar 2007 eingeführte Vorschrift hat zum Ziel, die vorhandenen Potentiale durch Wiedernutzung von Flächen, Nachverdichtung und andere Maßnahmen der Innenentwicklung besser auszuschöpfen, um die gezielte erstmalige Inanspruchnahme von Flächen für Siedlungszwecke weiter zu verringern. Bebauungsplanverfahren der Innenentwicklung, mit denen dem bestehenden hohen Anpassungs- und Investitionsbedarf in den Bereichen Arbeitsplätze, Wohnbedarf und Infrastruktur entsprochen werden kann, sollen gegenüber solchen Bebauungsplanverfahren, die auf eine Neuinanspruchnahme von Flächen setzen, beschleunigt durchgeführt werden können. Damit wird an die Bodenschutzklausel in § 1a Abs. 2 Satz 1 BauGB angeknüpft (vgl. BT-Drs. 16/2496 S. 1 unter A., S. 9 unter A. I. 1.und 2., S. 12 zu § 13a Abs. 1).
Diese Zielsetzung verfehlt der angegriffene Bebauungsplan. Denn er lässt in den beiden mit WA gekennzeichneten Bereichen außerhalb der im Bestand bereits vorhandenen Grundrisse und über die ebenfalls bei beiden Gebäuden gegebenen zwei Geschosse hinaus (fast) keine bauliche Ergänzungen oder Erweiterungen zu, obwohl sich das wegen der Lage beider Grundstücke im Innenbereich nach § 34 Abs. 1 BauGB zumindest anböte, wenn nicht gar aufdrängte. In klarem Gegensatz zu den Intentionen des Gesetzes verhindert der Plan geradezu eine bauliche Entwicklung dieses Innenbereichs mit Hauptgebäuden. Die vorhandene Baulandreserve bleibt gezielt ungenutzt; einer entsprechenden Nachfrage müsste deshalb durch die mittels Maßnahmen der Innenentwicklung gerade zu vermeidende erstmalige Inanspruchnahme anderer Flächen begegnet werden. Von einer Innenentwicklung im Sinn des Gesetzes kann deshalb nicht die Rede sein.
2.2 Nach § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BauGB ist es für die Rechtswirksamkeit der Satzungen nach diesem Gesetzbuch unter anderem unbeachtlich, wenn die Voraussetzungen für die Durchführung der Beteiligung nach den von § 13a Abs. 2 Nr. 1 BauGB i. V. m. § 13 Abs. 2 und 3 Satz 1 BauGB gegebenen Verfahrenserleichterungen verkannt worden sind. Nach einer zu § 13 Abs. 1 BauGB ergangenen Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (U. v. 4.8.2009 – 4 CN 4/08 – BVerwGE 134, 264 = juris Ls 2. und Rn. 22 bis 24) ist diese interne Unbeachtlichkeitsklausel entsprechend anzuwenden, wenn die Gemeinde verkannt hat, dass die Änderung oder Ergänzung eines Bauleitplans die Grundzüge der Planung berührt und infolge dessen auch die Vorschriften über die Begründung der Bauleitpläne verletzt worden sind. Die direkte oder analoge Anwendung dieser Verfahrensfehler für unbeachtlich erklärenden Vorschrift setzt allerdings voraus, dass der Satzungsgeber die Voraussetzungen – hier des § 13a BauGB – „verkannt“ hat (vgl. BVerwG, U. v. 4.8.2009 a. a. O. Rn. 24). Daran fehlt es, wenn die Gemeinde sich nicht mit den jeweiligen Voraussetzungen auseinander gesetzt hat, sondern die unrichtige Verfahrensart bewusst wählt oder – wie hier – trotz einer wesentlichen Änderung der planerischen Konzeption beibehält (vgl. NdsOVG, U. v. 23.8.1993 – 6 K 3108/91 – UPR 1994, 114 = juris Rn. 21; Stock in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Stand Mai 2016, § 214 Rn. 54; Petz in Berliner Kommentar zum BauGB, Stand Mai 2016, § 214 Rn. 76). Dann bleibt der Fehler beachtlich.
Das ist hier der Fall. In der Sitzung vom 4. September 2014 hat der Marktgemeinderat des Antragsgegners die ursprünglich erwogenen Planungsvarianten mit vier Einzelhäusern bzw. einem Haus zwischen den Bestandsgebäuden auf dem Grundstück des Antragstellers und dem westlich benachbarten Grundstück der Gemeinde verworfen und beschlossen, im weiteren Verfahren nur noch die am Ende für verbindlich erklärte Alternative – „Bestandsgebäude erhalten, keine weitere Bebauung“ – zu verfolgen. Obwohl der Antragsteller anlässlich seiner Beteiligung ausdrücklich die Rechtmäßigkeit eines Aufstellungsverfahrens nach § 13a BauGB in Frage stellte, da der Planentwurf „doch eher Bauverbote als Bebauung vorsehe“ und sich das „spät im Verfahren eingeholte saP-Gutachten vom September 2014 vor diesem Hintergrund systemisch überhaupt nicht mehr erschließe“ (vgl. den oben unter 1. bereits erwähnten Schriftsatz vom 27. April 2015), geht der dem Satzungsbeschluss (TOP 5 der Sitzung des Marktgemeinderats vom 6. August 2015) vorangegangene Abwägungsbeschluss (TOP 4 dieser Sitzung), der das Einwendungsschreiben zunächst in voller Länge wiedergibt, mit keinem Wort auf dieses Problem ein.
Aus dem Verfahren 15 N 14.2804, das die Verlängerung der ersten Veränderungssperre vom September 2012 für das Plangebiet „W. Straße“ durch eine am 12. September 2014 bekannt gemachte Satzung für ein weiteres Jahr zum Gegenstand hatte, wird deutlich, dass die Antragsgegnerin das Bebauungsplanverfahren in jedem Fall noch vor dem Ende der bereits einmal verlängerten Veränderungssperre mit Ablauf des 11. September 2015 zu einem Abschluss bringen wollte. Dieses Ziel war aus der den Akten zu entnehmenden zeitlichen Abfolge nur durch ein – bewusstes – Festhalten an der einmal gewählten Form des beschleunigten Verfahrens nach § 13a BauGB zu erreichen. Der Planentwurf vom 2. Oktober 2014 wurde mit Beschluss vom 4. Dezember 2014 gebilligt. Die Beteiligung der Träger öffentlicher Belange zu diesem Entwurf wurde mit Schreiben vom 18. März 2015, die des betroffenen Antragstellers mit Schreiben vom 20. März 2015 eingeleitet. Die Würdigung der bis 27. April 2015 eingegangenen Bedenken und Anregungen fand in der Sitzung vom 6. August 2015 statt. Angesichts dessen kommt eine bloße „Verkennung“ der Voraussetzungen für das beschleunigte Verfahren nicht in Betracht. Trotz einer wesentlichen Änderung der Planungskonzeption auf dem Antragstellergrundstück und der im Westen angrenzenden, der Antragsgegnerin gehörenden Fläche, sollte das Bauleitplanverfahren so und nicht anders zu Ende gebracht werden. Die substanziierten Einwände des Antragstellers wurden entweder nicht zur Kenntnis genommen oder bewusst übergangen. Ein bloßer Irrtum bei der Rechtsanwendung, ein „Verkennen“, ist bei dieser Sachlage nicht gegeben.
2.3 Nach § 215 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB wird eine nach § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 3 BauGB beachtliche Verletzung der dort bezeichneten Verfahrens- und Formvorschriften unbeachtlich, wenn sie nicht innerhalb eines Jahres seit Bekanntmachung der Satzung schriftlich gegenüber der Gemeinde unter Darlegung des die Verletzung begründenden Sachverhalts geltend gemacht worden sind. Die Forderung, dass die Rüge gegenüber der Gemeinde erfolgen muss, erfüllt auch ein im Rahmen des Normenkontrollverfahrens innerhalb der Jahresfrist dem Antragsgegner übermittelter Schriftsatz eines Antragstellers, der die den Mangel begründenden Umstände ausreichend erläutert (vgl. statt aller BayVGH, U. v. 19.6.2009 – 1 N 07.1552 – BayVBl 2010, 247 = juris Rn. 33 m. w. N.; zum erforderlichen Inhalt der Rüge vgl. BVerwG, B. v. 19.1.2012 – 4 BN 35/11 – BauR 2013, 55 = juris Rn. 4 m. w. N.: eine nur pauschale Rüge genügt nicht).
Alle angeführten Voraussetzungen für die weitere Beachtlichkeit der falschen Verfahrenswahl sind erfüllt. Der Antragsteller hat in seinem Schriftsatz vom 14. März 2016 konkret dargelegt, dass kein Fall des § 13a BauGB gegeben ist; diese Antragsbegründung wurde dem Antragsgegner im gerichtlichen Verfahren wenige Tage später formlos zugestellt.
Der Verfahrensfehler führt damit zur Unwirksamkeit des Bebauungsplans „W. Straße“.
3. Ohne dass es noch entscheidungserheblich darauf ankommt, bleibt festzuhalten, dass der Bebauungsplan auch inhaltlich fehlerhaft ist. Zwar liegt kein die ganze Planung erfassender Verstoß gegen die von § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB geforderte städtebauliche Erforderlichkeit der Bauleitplanung vor (siehe 3.1). Jedoch begründet die Art und Weise, wie insbesondere die Belange des Antragstellers als Grundstückseigentümer mit den öffentlichen Interessen an der konkreten Planung abgewogen wurden, einen erheblichen Abwägungsfehler, der auf das Ergebnis der Abwägung von Einfluss gewesen ist (§ 1 Abs. 7, § 214 Abs. 3 Satz 2 Halbs. 2 BauGB, dazu 3.2).
3.1 Für die Aufstellung eines verbindlichen Bauleitplans für das gesamte Instruktionsgebiet (19.720 m²) sind jedenfalls im Grundsatz (vgl. dazu und zum Folgenden: BVerwG, U. v. 27.3.2013 – 4 C 13/11 – BVerwGE 146, 137 = juris Rn. 9) nachvollziehbare Gründe ersichtlich. Der den überwiegenden Teil des erfassten Areals ausmachende, bewaldete steile Hang („K…“, 12.429 m²) soll vor Bebauung geschützt werden. Die dem „heute schon bebauten und dem bebauten Ortszusammenhang zuzurechnenden“ Flächen (erg.: im insgesamt 4.536 m² großen „WA“; davon bebaut ca. 630 m², unbebaute Grundstücksteile ca. 2.918 m², dort insgesamt vorhandene Verkehrsflächen von 988 m²) sollen einer geordneten städtebaulichen Entwicklung zugeführt werden. Dieser Planungskonzeption, die auch in der Begründung zum Bebauungsplan ihren Niederschlag gefunden hat, fehlt nicht die generelle Erforderlichkeit. Ein anhand dieser ersten, wenn auch strikt bindenden Schranke feststellbarer, grober und einigermaßen offensichtlicher Missgriff in Bezug auf die Planung insgesamt liegt nicht vor. Ob die Einzelheiten einer konkreten planerischen Lösung fehlerhaft ausgefallen sind, ist nach den Maßstäben des davon im Hinblick auf die gerichtliche Kontrolldichte, die Fehlerunbeachtlichkeit und die heranzuziehenden Erkenntnisquellen abweichenden Abwägungsgebots zu beurteilen.
3.2 Nach ständiger Rechtsprechung (vgl. zusammenfassend BayVGH, B. v. 21.2.2011 – 1 ZB 09.825 – juris Rn. 10 m.w.N) muss die den Festsetzungen im Einzelfall vorausgehende Abwägung auf überplanten Grundstücken bestehendes Baurecht in die Überlegungen einbeziehen und entsprechend gewichten. Das private Interesse am Erhalt dieses Rechts muss mit dem öffentlichen Interesse an einer Neuordnung des Plangebiets abgewogen werden. Für eine – grundsätzlich mögliche – Einschränkung müssen gewichtige, städtebaulich beachtliche Allgemeinbelange sprechen. Deren Gewicht muss umso größer sein, je stärker die Festsetzungen des Bebauungsplans die Privatnützigkeit von Grundstücken beschränken oder gar ausschließen. Die Bestandsgarantie des Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG erfordert, dass in erster Linie Vorkehrungen getroffen werden, die eine unverhältnismäßige Belastung des Eigentümers real vermeiden und die Privatnützigkeit des Eigentums so weit wie möglich erhalten. Besteht ein Recht zur Bebauung, kommt der normativen Entziehung desselben ein erhebliches Gewicht zu, das sich im Rahmen der Abwägung auswirken muss (BVerfG, B. v. 19.12.2002 – 1 BvR 1402/01 – DÖV 2003, 376 = juris Rn. 17 f.).
Der Antragsgegner hat im vorliegenden Fall zwar erkannt, dass sich das Grundstück des Antragstellers innerhalb eines entlang der W. Straße vorhandenen Bebauungszusammenhangs i. S. v. § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB befindet und deshalb auch der bisher unbebaute westliche Bereich desselben grundsätzlich für die Errichtung von Hauptgebäuden in Betracht kommt. In den aufgegebenen früheren Planungsentwürfen waren zwischen einem (Rest-)Bestand auf dem im Westen anschließenden Gemeindegrundstück und dem alten Forsthaus auf dem Grundstück des Antragstellers ursprünglich noch vier weitere Bauräume mit nach Süden hin abgestuften Geschosszahlen, später (wenigstens) noch eine zusätzliche Baufläche vorgesehen.
Was letztlich den Ausschlag gab, auf den beiden als WA festgesetzten, insgesamt 4.536 m² großen Grundstücken, außer dem Bestand und von kleinen Nebenanlagen (8 m² große Abstellräume oder Gartenschuppen) abgesehen, keine weiteren Baumöglichkeiten zuzulassen, ist den Akten nicht zu entnehmen. Auf dem rund 2.430 m² großen Grundstück des Antragstellers wurde zuletzt neben Verkehrs- und Garagenflächen ein circa 850 m² umfassender Bereich als Streuobstwiese festgesetzt, auf dem etwa 2.100 m² großen Gemeindegrundstück direkt daneben sind knapp 300 m² zur Nutzung als Streuobstwiese vorgeschrieben. Einen triftigen Grund für diese erhebliche Ungleichbehandlung der beiden Grundstücke untereinander nennt die Begründung zum Bebauungsplan nicht.
Der als öffentlicher Belang für die generelle Freihaltung beider im WA gelegenen Grundstücke von weiterer Bebauung („weitestgehender Verzicht auf Baurechte außerhalb der vorhandenen Kubaturen“) angegebene Ensembleschutz („aus denkmalpflegerischen Gründen wird keine weitere Bebauung zugelassen“) ist nicht geeignet, die vorgenommene Beschränkung der grundsätzlichen Baumöglichkeiten zu rechtfertigen. Eine fachliche Aussage, etwa des Landesamts für Denkmalpflege, zur Qualität des Ensembles „Ortskern D. mit W.-Landschaft“ gerade im fraglichen Umgriff fehlt in den Planungsunterlagen. Das Landesamt hat sich hier lediglich zum Vorhandensein von Bodendenkmälern geäußert. Abgesehen davon ist der Antragsgegner selbst – jedenfalls zwischen dem September 2012 und dem September 2014 – nicht davon ausgegangen, diesen Ensemblebereich durch das Verbot der Errichtung neuer Hauptgebäude im Freiraum zwischen den vorhandenen schützen zu müssen. Das in der Begründung der Abwägung bezeichnete „höhere Gewicht des dauerhaften Schutzes des Ortsbildes und der Entwicklung von Natur und Landschaft“ gegenüber den privaten Belangen erweist sich vor diesem Hintergrund als Leerformel. Die ohne weiteres ins Auge fallenden Baumöglichkeiten gerade auf dem Grundstück des Antragstellers werden im Rahmen dieser Entscheidung ausgeblendet. Die Fehlgewichtung der betroffenen öffentlichen und der privaten Interessen des Antragstellers ist offensichtlich und hat das Abwägungsergebnis beeinflusst.
Nachdem der Bebauungsplan bereits aus den unter 2. aufgezählten Gründen insgesamt für unwirksam zu erklären war, bedarf es an dieser Stelle keiner Erörterung, ob die angesprochenen Abwägungsfehler nur zur Unwirksamkeit des Teils führen würden, der das Grundstück des Antragstellers betrifft oder in dem das WA festgesetzt wurde.
4. Kosten: § 154 Abs. 1 VwGO. Vorläufige Vollstreckbarkeit: § 167 VwGO, § 709 Satz 1, § 708 Nr. 11 ZPO.
5. Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 132 Abs. 2 VwGO).
6. Ziffer I. der Entscheidungsformel ist nach der Rechtskraft des Urteils ebenso zu veröffentlichen, wie die Rechtsvorschrift bekannt zu machen wäre (§ 47 Abs. 5 Satz 2 VwGO.
Rechtsmittelbelehrung
Nach § 133 VwGO kann die Nichtzulassung der Revision durch Beschwerde zum Bundesverwaltungsgericht in Leipzig angefochten werden. Die Beschwerde ist beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof (in München Hausanschrift: Ludwigstraße 23, 80539 München; Postfachanschrift: Postfach 34 01 48, 80098 München; in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach) innerhalb eines Monats nach Zustellung dieser Entscheidung einzulegen und innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieser Entscheidung zu begründen. Die Beschwerde muss die angefochtene Entscheidung bezeichnen. In der Beschwerdebegründung muss die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts, von der die Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden.
Vor dem Bundesverwaltungsgericht müssen sich die Beteiligten, außer in Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und Rechtslehrern an den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Hochschulen mit Befähigung zum Richteramt nur die in § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO und in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen. Für die in § 67 Abs. 4 Satz 5 VwGO genannten Angelegenheiten (u. a. Verfahren mit Bezügen zu Dienst- und Arbeitsverhältnissen) sind auch die dort bezeichneten Organisationen und juristischen Personen als Bevollmächtigte zugelassen. Sie müssen in Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht durch Personen mit der Befähigung zum Richteramt handeln.
Beschluss:
Der Streitwert wird auf 10.000 Euro festgesetzt.
Gründe:
Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 52 Abs. 1 und 8 GKG unter Berücksichtigung der Nr.9.8.1 des Streitwertkatalogs 2013 für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (NVwZ-Beilage 2013, 57).

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