Aktenzeichen B 4 K 14.733
KAG Art. 2 I, 5 I 1
Leitsatz
1 Eine leitungsgebundene Einrichtung erschließt ein Grundstück in der Regel dann, wenn die rechtliche und tatsächliche Möglichkeit der Inanspruchnahme gegeben ist.Dies ist bereits dann der Fall, wenn der Kanal bis zur Höhe der Grundstücksgrenze heranreicht und unmittelbar und dauerhaft verbunden werden kann. (redaktioneller Leitsatz)
2 Alternative Möglichkeiten der Beseitigung des Niederschlagwassers können zwar vom Anschluss- und Benutzungszwang befreien, die Herstellungsbeitragspflicht entstehtjedoch unabhängig von dieser Befreiung. (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
Die zulässige Klage ist gemäß § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO nicht begründet, weil der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 13.10.2014 rechtmäßig und der Kläger dadurch nicht in seinen Rechten verletzt ist.
Gemäß Art. 2 Abs. 1, Art. 5 Abs. 1 Satz 1 KAG können die Gemeinden aufgrund einer besonderen Abgabesatzung, welche die Schuldner, den die Abgabe begründenden Tatbestand, den Maßstab, den Satz der Abgabe sowie die Entstehung und die Fälligkeit der Abgabeschuld bestimmen muss, zur Deckung des Aufwands für die Herstellung ihrer öffentlichen Einrichtungen (Investitionsaufwand) Beiträge von den Grundstückseigentümern erheben, denen die Möglichkeit der Inanspruchnahme dieser Einrichtungen besondere Vorteile bietet.
Auf dieser Grundlage erhebt die Beklagte gemäß § 1 ihrer Beitrags- und Gebührensatzung zur Entwässerungssatzung vom 29.11.2010 (BGS-EWS) zur Deckung ihres Aufwandes für die Herstellung der Entwässerungseinrichtung einen Beitrag. Das Recht, Vorauszahlungen auf den künftigen Beitrag zu fordern, ergibt sich unmittelbar aus Art. 5 Abs. 5 Satz 1 KAG (BayVGH, Beschluss vom 23.05.2013 – 20 CS 13.766, juris Rn. 16). Danach können für ein Grundstück, für das eine Beitragspflicht noch nicht oder nicht in vollem Umfang entstanden ist, Vorauszahlungen auf den Beitrag verlangt werden, wenn mit der Herstellung der Einrichtung begonnen worden ist.
Gemäß § 2 Nr. 1 BGS-EWS wird der Beitrag unter anderem für bebaute Grundstücke erhoben, wenn für sie nach § 4 der Satzung für die öffentliche Entwässerungseinrichtung der Stadt Hollfeld (Entwässerungssatzung – EWS) ein Recht zum Anschluss an die Entwässerungseinrichtung besteht.
Gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 der EWS vom 25.02.2013, mit deren Inkrafttreten die EWS vom 29.11.2010 außer Kraft getreten ist, kann jeder Grundstückseigentümer verlangen, dass sein Grundstück nach Maßgabe dieser Satzung an die Entwässerungseinrichtung angeschlossen wird, wobei sich das Anschlussrecht gemäß § 4 Abs. 2 Satz 1 EWS nur auf solche Grundstücke erstreckt, die durch einen Kanal erschlossen sind.
Nach ständiger Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs ist ein Grundstück durch eine leitungsgebundene Einrichtung in der Regel dann erschlossen, wenn die rechtliche und tatsächliche Möglichkeit einer Inanspruchnahme gegeben ist. Das ist anzunehmen, wenn der in der öffentlichen Straße verlegte Kanal bis zur Höhe der Grundstücksgrenze heranreicht (BayVGH, Beschluss vom 11.12.2014 – 4 ZB 13.2666, juris Rn. 4).
Das Grundstück des Klägers ist in diesem Sinne erschlossen, weil der Regenwasserkanal in der an diesem Grundstück vorbeiführenden Kreisstraße bis in Höhe der Fl.-Nr. X herangeführt ist. Die leitungsmäßige Erschließung des klägerischen Grundstücks mit der Möglichkeit der Inanspruchnahme der öffentlichen Entwässerungseinrichtung auch für die Niederschlagswasserbeseitigung wird nicht dadurch in Frage gestellt, dass der Regenwasserkanal nicht in der abzweigenden Ortsstraße bis in Höhe des Wohnhauses des Klägers verlegt worden ist. Nach den Regelungen der Entwässerungssatzung bildet die Grundstücksgrenze zu dem Straßengrundstück, in dem der Kanal liegt, die Schnittstelle für die Beurteilung des Erschlossenseins. Gemäß § 4 Abs. 2 Satz 2 EWS kann der Grundstückseigentümer nicht verlangen, dass neue Kanäle hergestellt oder bestehende Kanäle geändert werden. Demgemäß hat der Kläger keinen Anspruch darauf, dass die Kanalführung in der öffentlichen Straße mit Blick auf eine möglichst einfache Anschlussnahme seines Grundstücks optimiert wird. Es reicht für das Erschlossensein aus, dass sein Grundstück mit der in der Kreisstraße bis in Höhe des Grundstücks herangeführten Regenwasserleitung unmittelbar und dauerhaft verbunden werden kann (BayVGH, a. a. O. Rn. 5 m. w. N.). An der Möglichkeit, vom Schachtbauwerk DR 21 aus eine Grundstücksanschlussleitung bis zur östlichen Grenze des klägerischen Grundstücks zu verlegen, bestehen keine Zweifel, nachdem der Landkreis Bayreuth als Straßenbaulastträger der Kreisstraße mit Schreiben vom 12.04.2016 ausdrücklich bestätigt hat, dass die Verlegung einer Hausanschlussleitung bis zur Grundstücksgrenze der Fl.-Nr. X jederzeit möglich ist.
Die rechtliche und tatsächliche Möglichkeit einer Inanspruchnahme der Entwässerungseinrichtung für die Niederschlagswasserbeseitigung scheitert auch nicht an den Verhältnissen auf dem Grundstück des Klägers. Nach seiner Darstellung kann er auf seinem Grundstück die für eine Ableitung des dort anfallenden Niederschlagswassers in Richtung Kreisstraße erforderliche Anschlussleitung nur herstellen, wenn zuvor der im Grundstück verlegte Ortsstraßenentwässerungskanal beseitigt wird, weil eine höhengleiche Kreuzung beider Leitungen unvermeidbar ist. Verhält es sich tatsächlich so, sind keine Gründe ersichtlich, die einer Beseitigung des Ortsstraßenentwässerungskanals zwingend entgegenstehen würden, da offensichtlich kein dinglich gesichertes Leitungsführungsrecht der Beklagten besteht und eine Entwässerung der Ortsstraße in den in der Kreisstraße verlegten Regenwasserkanal grundsätzlich möglich erscheint.
Die ordnungsgemäße Möglichkeit der Versickerung oder anderweitigen Beseitigung von Niederschlagswasser entbindet gemäß § 5 Abs. 6 EWS nur vom Anschluss- und Benutzungszwang. Das die Herstellungsbeitragspflicht begründende Anschlussrecht besteht trotzdem, nachdem § 4 Abs. 5 der EWS vom 25.02.2013 mit der 1. Änderungssatzung vom 05.02.2014 entfallen ist.
Nach alledem ist die Klage mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO, wonach der unterliegende Teil die Kosten des Verfahrens trägt, abzuweisen.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO in Verbindung mit § 708 Nr. 11 ZPO.