Aktenzeichen W 2 K 16.1185
BayGO 1974 Art. 80 Abs. 3 S. 2
BayGO 2016 Art. 80 Abs. 2 S. 1
BayVwVfG Art. 35 S. 1, Art. 48 Abs. 4
Leitsatz
1 Da das Holznutzungsrecht nicht ausschließlich landwirtschaftlichen Zwecken dient, ist der Betrieb einer Landwirtschaft für die Ausübung dieses Rechts nicht allgemein Voraussetzung (Fortführung von VG Würzburg BeckRS 2017, 124683). (Rn. 19) (redaktioneller Leitsatz)
2 Die für eine isolierte Übertragung des Holznutzungsrechts nach Art. 80 Abs. 3 S. 2 BayGO 1974 erforderliche Zustimmung der Gemeinde durch Gemeinderatsbeschluss ist als Verwaltungsakt (Art. 35 S. 1 BayVwVfG) zu qualifizieren. Inhaltlich bestätigt die Gemeinde durch dessen Erlass, dass alle gesetzlichen Voraussetzungen für eine Übertragung vorliegen, insbesondere dass der Übertragung kein öffentliches Interesse entgegensteht. (Rn. 27) (redaktioneller Leitsatz)
3 Fehlt bei der isolierten Übertragung eines Holznutzungsrechts eine nach der jeweiligen Gesetzeslage erforderliche Genehmigung bzw. Zustimmung, hat dies zur Folge, dass die Übertragung schwebend unwirksam ist. Mit dem Wegfall des Genehmigungserfordernisses wird die Übertragung mit rückwirkender Kraft wirksam. (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
I. Der Bescheid der Beklagten vom 20. Oktober 2016 wird aufgehoben.
II. Die Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der jeweils zu vollstreckenden Kosten abwenden, wenn nicht die Klägerin vorher in gleicher Höhe Sicherheit leistet
Gründe
1. Die zulässige Klage ist begründet.
Der Bescheid der Beklagten vom 20. Oktober 2016 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
1.1 Die Klage ist zulässig.
1.1.1 Unstreitig ist für den vorliegenden Streitgegenstand der Verwaltungsrechtsweg i.S.v. § 40 Abs. 1 VwGO eröffnet.
Bereits im Urteil vom 6. Dezember 1965 (Nr. 337 II 64 – S. 10 d.a.U.) ist das erkennende Gericht unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofes (U.v. 20.11.1912 – Nr. 76 II 10) davon ausgegangen, dass der auch vorliegend streiterhebliche Vergleich vom 23. Juni 1901 zwischen Rechtlern und Nichtrechtlern in Stettfeld, der u.a. die der Beklagten und den Rechtlern sowie Nichtrechtlern zustehenden Nutzungsrechte am Gemeindewald Stettfeld sowie die den Rechtlern gegenüber der Gemeinde obliegenden Rechtspflichten regelt, einen öffentlich-rechtlichen Vertrag darstellt. Es handelt sich – wie vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof in der vorgenannten Entscheidung rechtskräftig festgestellt – bei den Holznutzungsrechten am Gemeindewald Stettfeld um öffentlich-rechtliche, auf der Zugehörigkeit zur Gemeinde („Gemeindeverband“) beruhende Gemeindenutzungsrechte.
1.1.2 Die Klage ist als Anfechtungsklage i.S.v. § 42 Abs. 1 VwGO zulässig, weil es sich beim angefochtenen Bescheid vom 20. Oktober 2016 um einen feststellenden Verwaltungsakt handelt.
1.1.3 Die Klägerin ist auch klagebefugt i.S.v. § 42 Abs. 2 VwGO, weil der angefochtene Bescheid sie belastet. Das Holznutzungsrecht, dessen Nicht(mehr) bestehen die Beklagte im angefochtenen Bescheid feststellt, ist nicht bereits aus anderen Gründen erloschen. Insbesondere kommt es darauf, ob auf dem Grundstück FlNr. 2**, auf dem früher das streitige Holznutzungsrecht ruhte, bzw. auf dem Grundstück FlNr. 1* … der Klägerin Landwirtschaft betrieben wurde bzw. wird, nicht entscheidungserheblich an. Nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofes (U.v. 30.9.1994 – 4 B 94.1162 – VGH n.F. 48, 21) bestimmt sich die Frage, ob ein Nutzungsrecht ausschließlich landwirtschaftlichen Zwecken dient, grundsätzlich nicht danach, ob das Recht ursprünglich nur Landwirten zustand. Vielmehr ist auf die Art des Rechts abzustellen, d.h. darauf, ob das Recht seiner Natur nach ausschließlich landwirtschaftlichen Zwecken dient. Das gilt etwa für Weide-, Streu- oder Ackerrechte. Insbesondere Brennholzrechte sind dagegen in der Regel nicht ausschließlich auf den Bedarf landwirtschaftlicher Betriebe bezogen. Sie dienen jedenfalls nicht ausschließlich landwirtschaftlichen Zwecken. Auch das über das Brennholzrecht hinausgehende Nutzholzrecht dient nicht ausschließlich landwirtschaftlichen Zwecken. Nutzholz kann – ebenso wie Brennholz – auch für ein Wohnhaus eingesetzt werden. Deshalb ist der Betrieb einer Landwirtschaft für die Ausübung eines Holznutzungsrechts nicht allgemein Voraussetzung.
1.2 Die Klage ist auch begründet.
Der Bescheid der Beklagten vom 20. Oktober 2016 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin auch in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
1.2.1 Gemäß Art. 80 Abs. 2 Satz 1 GO 2016 sind (öffentliche) Nutzungsrechte nur begründet, wenn ein besonderer Rechtstitel vorhanden ist (sog. Titelrechte) oder wenn das Recht mindestens seit dem 18. Januar 1922 ununterbrochen kraft Rechtsüberzeugung ausgeübt wird (sog. Herkommensrechte).
Die Klägerin beruft sich nicht auf ein Titelrecht, sondern – unstreitig – auf ein Herkommensrecht mit dem Inhalt der Holznutzung. Für das Bestehen ist derzeit nach Art. 80 Abs. 2 Satz 1 GO 2016 erforderlich, dass das Holznutzungsrecht seit 18. Januar 1922 kraft Rechtsüberzeugung von Rechtlern und Gemeinde ununterbrochen ausgeübt wurde.
1.2.2 Das früher auf dem Grundstück Fl.Nr. 2* … Gemarkung Stettfeld, ruhende Holznutzungsrecht (zum Inhalt: vgl. die Urteile der Kammer vom 7.12.2016 – W 2 K 15. 1392 – und vom 26.4.2017 – W 2 K 15.1378) wurde im Jahr 1977 wirksam „isoliert“, bedeutet unabhängig von einer Übertragung des Grundstücks selbst, aufgrund eines notariellem Vertrages auf das Grundstück Fl. Nr. 1* …, Gemarkung Stettfeld, das nunmehr im Eigentum der Klägerin steht, übertragen.
1.2.2.1 Diese „isolierte“ Übertragung des Nutzungsrechts im Jahr 1977 bedurfte damals der Zustimmung der Gemeinde und der Genehmigung der zuständigen Rechtsaussichtsbehörde, dem Landratsamt Hassberge.e.
Maßgeblich für die Wirksamkeit der Übertragung ist vorliegend aber nicht Art. 80 Abs. 3 Satz 1 GO 2016, wonach eine solche „isolierte“ Übertragung nur aus wichtigem Grund, nur innerhalb derselben Gemeinde und nur zulässig ist, wenn das Grundstück, auf das übertragen wird, das Hofgrundstück eines ausübenden Land- oder Forstwirts ist und die Genehmigung der Gemeinde vorliegt.
Die Übertragung erfolgte vorliegend am 12. Dezember 1977. Damals galt die Bayerische Gemeindeordnung in der Fassung des Gesetzes zur Änderung der Gemeindeordnung, Landkreisordnung, der Bezirksordnung und anderer kommunaler Vorschriften (Gesetz zur Neuordnung des kommunalen Haushaltsrechts vom 25. April 1973, GVBl S. 191/195, gültig ab 1. Januar 1974 – GO 1974). Nach Art. 80 Abs. 3 Satz 1 GO 1974 war Voraussetzung u.a. für die (isolierte) Übertragung eines Nutzungsrechtes, dass ein wichtiger Grund vorlag und die Übertragung nur innerhalb der gleichen Gemeinde oder ehemaligen Ortschaft erfolgte. Erforderlich war nach Art. 80 Abs. 3 Satz 2 GO 1974 die Zustimmung der Gemeinde und die Genehmigung der Rechtsaufsichtsbehörde.
1.2.2.2 Vorliegend erfolgte die Übertragung – unstreitig – innerhalb der gleichen Gemeinde. Die Zustimmung der Gemeinde wurde laut Gemeinderatsbeschluss am 13. Dezember 1977 erteilt (vgl. Niederschrift vom selben Tag, Bl. 52 d. GA.), was durch den Beschlussbuchauszug vom 14. Dezember 1977 (Bl. 53 d. GA.) bestätigt wird. Diese Zustimmung erfolgte nach der Niederschrift in Kenntnis der einschlägigen Notarurkunde. Sie hat öffentlich-rechtlichen Charakter und ist ein Verwaltungsakt i.S.v. Art. 35 Satz 1 BayVwVfG (so BayVGH, U.v. 25.1.1952 – Nr. 188 IV – VGH n.F. 11,130; vgl. auch Bauer, Öffentliche Nutzungsrechte – Rechtsverkehr, Praxis der Gemeindeverwaltung, Stand: 2/2012, Rn 5.1.3.2.5; Hölzl/Hien/Huber, GO mit VGemO/LKrO/BezO, Stand: 12/2016, Art. 80 Rn 3). Inhalt dieser Zustimmung (ohne inhaltliche Änderung nunmehr ab 2004 als Genehmigung bezeichnet – vgl. Hölzl/Hien/Huber, a.a.O.) ist das Vorliegen der sachlichen Voraussetzungen nach Art. 80 Abs. 3 GO in der jeweils gültigen Fassung (Bauer, a.a.O.), weil die Übertragung von Nutzungsrechten im öffentlichen Interesse durch Genehmigungsvorbehalte erschwert werden sollte (vgl. BayVGH, U.v. 6.12.1991 – FSt 1992, 149 ). Diesen Inhalt ihrer Zustimmung im Jahr 1977 verkennt die Beklagte durchgängig. Wenn – wie die Beklagte vorträgt – die Übertragung des Holznutzungsrechtes „willkürlich“ gewesen wäre, hätte die Beklagte die Zustimmung verweigern müssen, was sie aber nicht getan hat. Mit der Zustimmung hat die Beklagte aber gegenüber den an der Übertragung Beteiligten gerade bestätigt, dass alle gesetzlichen Voraussetzungen vorliegen, und damit auch festgestellt, dass der Übertragung kein öffentliches Interesse entgegensteht.
Diesen bestandskräftig gewordenen Verwaltungsakt hat die Beklagte bis heute nicht zurückgenommen. Die Frage, unter welchen Voraussetzungen etwa in Anlehnung an Art. 48 BayVwVfG diese Zustimmung zurückgenommen werden könnte (vgl. dazu FSt. 1988, 68 ; Bauer, Praxis der Gemeindeverwaltung, Rn. 5.1.3.2.5), kann als entscheidungsunerheblich offenbleiben. Der angefochtene Bescheid enthält schon keine Rücknahme der 1977 erteilten Zustimmung, zudem würde es auch an jeglicher Ermessensausübung und Vertrauensschutzerwägungen unter Berücksichtigung der Interessen Klägerin, aber auch des früheren Rechtsinhabers (vgl. FSt 1988, 68 ) fehlen. Eine Rücknahme der Zustimmung ist – unabhängig von der Frist des Art. 48 Abs. 4 BayVwVfG – derzeit und in Zukunft zudem schon deshalb ausgeschlossen, weil das Gebot der Rechtsstaatlichkeit aus Art. 20 Abs. 3 GG eine zeitliche Grenze – unabhängig von der Frage eines Vertrauensschutzes – erfordert. Hinsichtlich der Ausübung der behördlichen Rücknahmebefugnis bildet die längste im Zivilrecht und im öffentlichen Recht vorkommende Frist von 30 Jahren nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG, U.v. 15.3.2017 – 10 C 1/16 – juris – m.w.N.) einen absoluten Schlusspunkt, nach dem die Ausübung einer Befugnis treuwidrig und durch den auch im öffentlichen Recht anzuwendenden § 242 BGB ausgeschlossen ist (vgl. auch BVerfG, B.v. 5.3.2013 – 1 BvR 2457/08 – BayVBl 2013, 465). Diese Frist ist hinsichtlich der 1977 erteilten Zustimmung ersichtlich längst abgelaufen.
1.2.2.3 Die Übertragung im Jahr 1977 ist auch nicht deshalb unwirksam, wie die Beklagte meint, weil die 1977 grundsätzlich erforderliche Genehmigung der Rechtsaufsichtsbehörde (Art. 109 Abs. 1, 110 GO) damals nicht erteilt wurde. Unabhängig davon, ob sich die Beklagte hierauf im Hinblick auf § 242 BGB nach fast 40 Jahren noch berufen kann (vgl. BayVGH, U.v. 6.12.1991 – FSt 1992, 149 ), ist diese 1977 bestehende Genehmigungsplicht ab dem 1. August 2004 entfallen. Die Gemeindeordnung in der Fassung vom 26. Juli 2004 (GVBl S. 272) sieht ab diesem Zeitpunkt nur noch eine Genehmigung durch die Gemeinde vor, die Genehmigung der Rechtsaufsichtsbehörde ist entfallen.
Die Beklagtenseite verkennt die Rechtslage, wenn sie meint, beim Wegfall der rechtsaufsichtlichen Genehmigungspflicht ab 1. August 2004 seien dann auch die in der zu diesem Zeitpunkt maßgebliche Fassung der Gemeindeordnung normierten weiteren Voraussetzungen anzuwenden, insbesondere müsse das Grundstück, auf das das Recht übertragen wird, das Haus- und Hofgrundstück eines ausübenden Land- oder Forstwirts sein.
Fehlt bei der isolierten Übertragung eines Holznutzungsrechtes eine nach der jeweiligen Gesetzeslage erforderliche Genehmigung (bzw. Zustimmung), hat dies zur Folge, dass die Übertragung schwebend unwirksam ist (vgl. Bauer, Öffentliche Nutzungsrechte – Rechtsverkehr, Praxis der Gemeindeverwaltung, Stand: 2/2012, Rn 5.1.3.2). Unwirksam wird die Übertragung erst mit der (ausdrücklichen und durch Bescheid erfolgten) Versagung der Genehmigung, die vorliegend nicht gegeben ist. Zu beachten ist weiter, dass diese Genehmigung allein das dingliche Verfügungsgeschäft im Sinne von Art. 80 Abs. Satz 2 GO 1974 betrifft, somit den eigentlichen Übertragungsakt selbst (vgl. BayVGH, U.v. 31.7.1963 – Nr. 27 IV 59 – FSt 1964, Nr. 135) und nicht das etwa zugrundeliegende Verpflichtungsgeschäft (vgl. Bauer, a.a.O. unter Hinweis auf FSt 1988, Nr. 68 unter 3.). Die vorliegend erfolgte Genehmigung der Beklagten (Gemeinde) vervollständigt den Übertragungsakt ab dem Zeitpunkt, zu dem den Beteiligten der einschlägige Beschluss des Gemeinderates bekanntgegeben – hier wohl Dezember 1977 – wurde (vgl. BayVGH, U.v. 31.7.1963 – Nr. 27 IV 59 – FSt 1964, Nr. 135).
Die Genehmigung der Rechtsaufsichtsbehörde ist nicht notwendiger Bestandteil des Übertragungsaktes selbst (vgl. BayVGH, U.v. 31.7.1963 – Nr. 27 IV 59 – FSt 1964, Nr. 135). Ein genehmigungspflichtiges Erfüllungsgeschäft ist bis zur Entscheidung über die Genehmigung der Rechtsaufsichtsbehörde schwebend unwirksam (vgl. u.a. BGH, U.v. 9.11.1994 – VIII ZR 41/94 – BGHZ 127, 368; U.v. 28.6.1968 – V ZR 77/65 – NJW 1968, 1928; siehe auch Nasall, jurisPK-BGB Bd. 1, § 134 Rn 12). Wird die Genehmigung erteilt oder fällt (wie vorliegend) das Genehmigungserfordernis Weg, wird das Erfüllungsgeschäft (Verfügungsgeschäft) wirksam und zwar mit rückwirkender (ex tunc) Kraft (vgl. BGH, U.v. 9.11.1994 – VIII ZR 41/94 – BGHZ 127, 368 unter Hinweis auf BGHZ 37, 233; U.v. 28.6.1968 – V ZR 77/65 – NJW 1968, 1928; siehe auch Palandt-Grüneberg, BGB, 75. Auflage 2016, § 275 Rn. 41; Nasall, jurisPK-BGB Bd. 1, § 134 Rn 13). Grundsätzlich erfasst neues öffentliches Recht, durch das ein bisheriges Genehmigungserfordernis aufgehoben wird, auch bereits früher abgeschlossene dingliche Rechtsgeschäfte. Das gilt allerdings nur für solche Rechtsverhältnisse, die bei Inkrafttreten der Norm noch in der Schwebe waren und noch nicht im Geltungszeitraum der alten Norm ihren Abschluss gefunden hatten oder wenn die Genehmigung im Einzelfall oder allgemein bereits versagt wurde (vgl. BGH, U.v. 28.6.1968 – V ZR 77/65 – NJW 1968, 1928; siehe auch Nasall, jurisPK-BGB Bd. 1, § 134 Rn 13). Maßgeblich ist insoweit der Wille der Beteiligten (so Nasall, jurisPK-BGB Bd. 1, § 134 Rn 13 unter Hinweis auf BGH, U.v. 23.10.1980 – III ZR 62/79).
Eine endgültige Versagung der Genehmigung durch die Rechtsaufsichtsbehörde – das Landratsamt Haßberge – ist vorliegend zu keinem Zeitpunkt erfolgt. Die beteiligten Grundstückseigentümer (der frühere Rechtsinhaber und Eigentümer des Grundstücks FlNr. 2** sowie die Eltern der Klägerin und die Klägerin selbst) haben den Willen zur Vertragsdurchführung auch nie aufgegeben und das Holznutzungsrecht entsprechend der Übertragung ausgeübt. Sie durften im Hinblick auf die durch den Notar beim Abschluss des Vertrages am 12. Dezember 1977 erfolgte Belehrung auch darauf vertrauen, dass keine weitere Genehmigung erforderlich war. Der Schwebezustand, dessen sich die Beteiligten gar nicht bewusst waren, hat sonach bis zur Aufhebung der Genehmigungspflicht (Rechtsaufsichtsbehörde) weiter bestanden und die Übertragung ist mit dem Wegfall dieser Genehmigungspflicht ex tunc – rückwirkend auf den Zeitpunkt der Vollständigkeit des Übertragungsaktes durch die Genehmigung der Beklagten (Gemeinde) im Dezember 1977 – wirksam geworden (vgl. BGH, U.v. 23.10.1980 – III ZR 62/79; Nasall, jurisPK-BGB Bd. 1, § 134 Rn 13; vgl. auch bereits: BayVGH, U.v. 31.7.1963 – Nr. 27 IV 59 – FSt 1964, Nr. 135).
Die Neuregelungen des Art. 80 Abs. 3 GO ab dem 1. Januar 1983 durch Gesetz vom 20. Juli 1982 (GVBl S. 471), wonach das Nutzungsrecht nur auf das Haus- und Hofgrundstück eines ausübenden Land- und Forstwirts übertragen werden darf, und ab dem 1. August 2004 in der Fassung vom 26. Juli 2004 (GVBl S. 272), mit dem Wegfall der Genehmigung durch die Rechtsaufsichtbehörde und der Änderung der Bezeichnung von Zustimmung auf Genehmigung durch die Gemeinde (vgl. Hölzl/Hien/Huber, GO mit VGemO/LKrO/BezO, Stand: 12/2016, Art. 80 Rn 3), ist auf den 1977 geschlossenen Vertrag auch nicht rückwirkend anwendbar, wie die Beklagte meint. Denn die gesetzlichen Änderungen der Gemeindeordnung in den Jahren 1983 und 2004 erfolgten ersichtlich ohne gesetzlich normierte Rückwirkung. Schon deshalb sind die 1983 bzw. 2004 neu eingeführten Einschränkungen bei der Übertragung des Rechts nicht auf einen im Jahr 1977 abgeschlossenen Vertrag anwendbar. Das entspricht auch dem Rechtsstaatsprinzip aus Art. 20 Abs. 3 GG und Art. 3 Abs. 1 BV. Etwas anderes gilt nur, wenn – wie hier – eine zunächst erforderliche Genehmigung wegfällt. Eine rückwirkende Anwendung der – statt der Genehmigung der Rechtsaufsichtbehörde – neu normierten Einschränkungen würde zu einer – unter Vertrauensschutzgesichtspunkten – grundsätzlich unzulässigen Rückwirkung von Rechtsfolgen führen. Diese würde in unzulässiger Weise an den bereits 1977 abgeschlossenen dinglichen Übertragungsakt anknüpfen.
1.2.3 Ohne dass es entscheidungserheblich darauf ankäme, ist – im Hinblick auf das jüngste Vorbringen der Beklagten – nochmals auf die Ausführungen der Kammer im Verfahren W 2 K 15.1378 (U.v. 26.4.2017; rechtskräftig) zum Vergleich vom 23. Juli 1901 hinzuweisen, dessen Auswirkungen im Hinblick auf Art. 80 GO 2016 die Beklagte weiterhin nicht erkennt. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat rechtskräftig entschieden (U.v. 20.11.1912 – Nr. 76 II 10), dass dieser Vergleich wirksam abgeschlossen wurde und keine neuen Rechte begründet, sondern die bereits bestehenden beiderseitigen Rechte lediglich aufgrund des damals bekannten Herkommens neu beschrieben und abgegrenzt hat (vgl. auch VG Würzburg, U.v. 6.12.1965 – Nr. 337 II 64). Es trifft daher nicht zu, wenn die Beklagte behauptet, es seien durch diesen Vergleich neue Rechte begründet worden. Das Gegenteil ist rechtskräftig entschieden. Unzutreffend ist auch das erneute Vorbringen, dieser Vergleich wirke nur zwischen Rechtlern und Nichtrechtlern, weil ebenfalls bereits durch die Kammer rechtskräftig entschieden ist (vgl. U.v. 26.4.2017 – W 2 K 15.1378 – S. 20 d.a.U.), dass dieser Vergleich zunächst zwar nur zwischen den Rechtlern und Nichtrechtlern geschlossen wurde, allerdings hat – was die Beklagte nicht zur Kenntnis nehmen will – der Vertreter der gemeindlichen Interessen diesem Vergleich mit Genehmigung des Bezirksamtes und unter Beteiligung der Regierung zugestimmt, weil bereits damals die gemeindlichen Gremien der Beklagten beschlussunfähig waren (vgl. dazu BayVGH, U.v. 20.11.1912 – Nr. 76 II 10 – S. 20 d.a.U.). Die Beklagte unterliegt deshalb ebenfalls der Bindungswirkung dieses Vergleichs. Was vor 1901 zwischen den Rechtlern und Nichtrechtlern, ggfs. auch der Beklagten verhandelt wurde, ist deshalb vorliegend rechtlich nicht erheblich. Der Inhalt dieses Vergleichs ist maßgeblich, soweit er ab dem 18. Januar 1922 (Art. 80 Abs. 2 Satz 1 GO) ununterbrochen kraft gemeinsamer Rechtsüberzeugung zwischen Rechtlern und Gemeinde ausgeübt wurde. Er beschreibt – anders formuliert -, die allein rechtlich relevante gemeinsame Rechtsüberzeugung zwischen Rechtlern, Nichtrechtlern und der Beklagten (vgl. BayVGH, B.v. 16.3.2015 – 4 ZB 14.359 – juris – m.w.N.). Eine einseitig nur von der Beklagten gewünschte Änderung der Holzverteilung und ihre daraus resultierende, vom allein aufgrund gelebter gemeinsamer Rechtsüberzeugung maßgeblichen Inhalt des Vergleichs abweichende rechtlichen Bewertung wie auch etwaiges reines Wunschdenken der Beklagten reichen nicht aus, um eine Änderung der Rechtslage herbeizuführen, vielmehr muss ein Wandel der Rechtsüberzeugung die Ausübung der Nutzungsrechte selbst prägen und auch von den Rechtlern zumindest hingenommen werden (vgl. BayVGH, U.v. 30.11.1994 – 4 B 94.1162 – VGH n.F. 48, 21). Das ist hinsichtlich des Wunsches der Beklagten auf andere Verteilung des Holzes, insbesondere auf Beteiligung am Stammholzverkauf ersichtlich nicht der Fall.
2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
3. Die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung folgt aus § 167 VwGO, § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.