Aktenzeichen M 28 S 20.495
Leitsatz
1. Der Regelung des Art. 82 Abs. 1 BayBO kommt keine Vorwirkung dergestalt zu, dass bereits ab einem früheren Zeitpunkt keine Entscheidungen nach der bis dahin geltenden Rechtslage mehr zulässig gewesen wären. (Rn. 37) (redaktioneller Leitsatz)
2. Neue Bauten müssen sich im Rahmen des § 35 Abs. 3 S. 1 Nr. 5 BauGB zwar weder völlig an vorhandene Baudenkmäler anpassen, noch unterbleiben, wenn eine Anpassung nicht möglich ist. Sie müssen sich jedoch an dem vom Denkmal gesetzten Maßstab messen lassen, dürfen es nicht gleichsam erdrücken, verdrängen, übertönen oder die gebotene Achtung gegenüber den im Denkmal verkörperten Werten vermissen lassen. (Rn. 56) (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
I. Die sofortige Vollziehung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung des Landratsamts Freising vom 22. August 2019 wird angeordnet.
II. Der Antragsgegner und die Beigeladenen zu 1) und 2) haben die Kosten des Verfahrens jeweils zu 1/3 zu tragen. Die Beigeladenen tragen ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
III. Der Streitwert wird auf 60.000 € festgesetzt.
Gründe
I.
Die Antragstellerin begehrt die sofortige Vollziehung eines Bescheides über die Genehmigung nach § 4 des Bundesimmissionsschutzgesetzes (BImSchG) über die Errichtung und den Betrieb einer Windenergieanlage.
Die Antragstellerin beantragte am 24. Oktober 2013 die Erteilung eines immissionsschutzrechtlichen Vorbescheids für den Neubau von zwei Windenergieanlagen auf den Grundstücken FlNr. 1102 und 1117 Gemarkung … im Gebiet des Beigeladenen zu 1). Sie stellte dabei die Frage, ob Anlagen an den geplanten Standorten bauplanungsrechtlich nach § 35 des Baugesetzbuches (BauGB) zulässig seien, wenn Belange des Naturschutzes im Sinne von § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB nicht entgegenstünden, und ob von Seiten der Wehrbereichsverwaltung, des Luftamts, der Bundesnetzagentur oder dem Deutschen Wetterdienst etwas gegen das geplante Bauvorhaben spreche. Mit Bescheid vom 29. Oktober 2014 erteilte der Antragsgegner „nach Maßgabe der in Ziffer 2 dieses Bescheides genannten Antrags-/Planunterlagen sowie der in Ziffer 3 dieses Bescheides genannten Voraussetzungen/Vorbehalte“ einen immissionsschutzrechtlichen Vorbescheid für die zwei geplanten Windkraftanlagen auf den Grundstücken FlNr. 1102/0 und 1117/0. Es wurde „ebenfalls nach Maßgabe der Ziffern 2 und 3 dieses Bescheids“ festgestellt, dass das privilegierte Vorhaben bauplanungsrechtlich zulässig sei und mit militärrechtlichen Belangen, mit Belangen der zivilen Luftfahrt, der Bundesnetzagentur sowie des Deutschen Wetterdienstes jeweils vereinbar sei. „Unter denselben Voraussetzungen/Vorbehalten“ wurde festgestellt, dass dem Vorhaben keine von vornherein unüberwindlichen Hindernisse entgegenstünden. In Nr. 3 des Bescheids finden sich u.a. folgende „Voraussetzungen“ und „Vorbehalte“: Der Bescheid solle unbeschadet seiner Nr. 3.2 für ein immissionsschutzrechtliches Vollgenehmigungsverfahren nur insoweit Bindungswirkung entfalten, „als die Genehmigungsvoraussetzungen im Vorbescheidsverfahren abschließend beurteilt wurden“ (Nr. 3.1). Eine Bindungswirkung des Vorbescheids für ein immissionsschutzrechtliches Vollgenehmigungsverfahren sei zudem u.a. dann nicht gegeben, wenn sich herausstelle, dass „dem Vorhaben öffentliche Belange im Sinne des § 35 Abs. 3 Nummern 2 bis 6 BauGB entgegenstehen im Sinne des § 35 Abs. 1 BauGB“. Die hiergegen vom Beigeladenen zu 1) erhobene Klage wurde mit Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 11. August 2015 abgewiesen (M 1 K 14.5368). Im Berufungsverfahren schlossen die Beteiligten des Rechtsstreits einen Vergleich dahingehend, dass der letzte Satz von Ziffer 1 des Bescheides, wonach „unter denselben Voraussetzungen/Vorbehalten (…) im Hinblick auf die übrigen Genehmigungsvoraussetzungen festgestellt“ wird, „dass dem Vorhaben keine von vornherein unüberwindlichen Hindernisse entgegenstehen“, gestrichen wird (22 BV 15.2363).
Am 12. Dezember 2017 beantragte die Antragstellerin die Erteilung einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb zweier Windkraftanlagen (Typ Nordex N 117/2400, Nabenhöhe 141 m, Rotordurchmesser 117 m, Gesamthöhe 199 m) auf den Grundstücken mit den FlNr. 1102 und 1117 Gemarkung … im Gebiet des Markts … Die Antragstellerin legte hierzu (unter anderem) naturschutzfachliche Angaben zur speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung (saP) der … … … für Planung und Projektentwicklung mbH vom 5. November 2018 sowie den der Untersuchung zugrundeliegenden Kartierbericht 2017 des „… …“ vor. Im Verlauf des Genehmigungsverfahrens wurde ergänzend ein Kartierbericht zur Erfassung des Wespenbussards im Jahr 2018 (Stand: 2.11.2018), ein Bericht zur Horstnachsuche vom 1. November 2018 sowie eine von der unteren Naturschutzbehörde zu einer Kartierung aus dem Jahr 2017 ergänzend geforderte Sonderuntersuchung zum Uhu für das Jahr 2018 vorgelegt. Die Antragstellerin reichte ferner einen landespflegerischen Begleitplan der LARS consult Gesellschaft für Planung und Projektentwicklung mbH vom 5. November 2018, ein Gutachten zu den Umweltauswirkungen auf Kulturdenkmäler des Dipl.-Ing. L2. … vom 23. Juni 2018, ein Schallgutachten des TÜV Süd vom 22. März 2018, ein Schattenwurfgutachten des TÜV Süd vom 13. September 2017 sowie eine hierzu erfolgte Nachberechnung vom 10. April 2018 zu den Akten.
Wegen Schwierigkeiten mit der Einhaltung der Abstandsflächen bat die Antragstellerin mit Schreiben vom 9. April 2018 darum, zunächst nur über die Errichtung und den Betrieb einer Windenergieanlage auf dem Grundstück mit der FlNr. 1102 (WEA 1) zu entscheiden.
Im Rahmen der Beteiligung der Träger öffentlicher Belange erklärte die untere Naturschutzbehörde mit Stellungnahme vom 9. Januar 2019, aus naturschutzfachlicher Sicht keine Bedenken zu haben. Darin heißt es unter anderem: Eine erhöhte Aufenthaltswahrscheinlichkeit windkraftempfindlicher Vogelarten gemäß Anlage 3 in den Prüfbereichen 2 und 3 der Hinweise zur Planung und Genehmigung von Windenergieanlagen (Windenergie-Erlass) vom 19. Juli 2016 (im Folgenden: BayWEE) könne grundsätzlich hinreichend konkret ausgeschlossen werden. Von den als störungssensibel eingestuften Arten nach Anlage 4 komme nur die Waldschnepfe in Betracht, die aber nicht in einem Umkreis von 550 m um den Anlagenstandort vorkomme. Nachweise zur Brut des Uhus seien der unteren Naturschutzbehörde erst weit außerhalb des 3.000 m-Radius um die geplante Anlage bekannt. Fledermäuse könnten aufgrund der im Planungsraum gegebenen Strukturausstattung nicht grundsätzlich ausgeschlossen werden. Durch ein zeitlich befristetes Gondel-Monitoring mit Festlegung eines dauerhaften Abschalt-Algorithmus könne jedoch davon ausgegangen werden, dass das Tötungsrisiko unter der Signifikanzschwelle gehalten werden könne und das Zugriffsverbot der Tötung nicht einschlägig sei.
Die untere Denkmalschutzbehörde erklärte nach mehreren vorangegangenen Stellungnahmen des Landesamts für Denkmalpflege am 25. Januar 2019, öffentliche Belange des Denkmalschutzes stünden dem Vorhaben entgegen. Das Vorhaben beeinträchtige das Denkmal der Katholischen Filialkirche … in …, einem Ortsteil des Beigeladenen zu 2), die komplett frei stehe und weithin sichtbar sei. Mit E-Mail vom 14. März 2019 erklärte die untere Denkmalschutzbehörde dann, das Landratsamt habe im Februar einen Bauvorbescheid zum Neubau eines Doppelhauses erteilt, das die letzte Baulücke mit Blick auf die Filialkirche schließe. Die Sicht auf die Kirche sei nunmehr eingeschränkt, sodass die Ausstrahlungswirkung der Kirche erheblich verringert sei. Vor diesem Hintergrund könne von einer erheblichen Beeinträchtigung der Denkmaleigenschaft durch das privilegierte Vorhaben nicht mehr ausgegangen werden.
Nach einem Vermerk des technischen Immissionsschutzes beim Landratsamt vom 23. April 2018 würden bereits die Nachtimmissionsrichtwerte an den innerhalb des Einwirkungsbereiches liegenden Immissionsorten deutlich unterschritten, sodass davon ausgegangen werden könne, dass der Tagesrichtwert ebenfalls eingehalten werde. Das von der Antragstellerin vorgelegte Gutachten des TÜV Süd vom 22. März 2018 berechne die Schallimmimmissionen nach dem von der Bund-/Länderarbeitsgemeinschaft für Immissionsschutz (LAI) empfohlenen Interimsverfahren.
Der Beigeladene zu 1) lehnte mit Gemeinderatsbeschluss vom 9. Mai 2019 die Erteilung seines Einvernehmens ab. Dies teilte der Bürgermeister des Beigeladenen zu 1) dem Landratsamt mit Schreiben vom 10. Mai 2019 mit und führte zur Begründung aus, eine Überprüfung habe ergeben, dass Belange des Naturschutzes, des Denkmalschutzes/Landschaftsschutzes, Belange des vorbeugenden Immissionsschutzes, militärische Belange/Brandschutz und die Maßgaben des Art. 82 Abs. 1 der Bayerischen Bauordnung (BayBO) dem Vorhaben entgegenstehen.
Mit Bescheid vom 22. August 2019 erteilte das Landratsamt unter Ersetzung des gemeindlichen Einvernehmens die beantragte immissionsschutzrechtliche Genehmigung hinsichtlich des Anlagenstandorts 1 (FlNr. 1102 Gemarkung …*).
Am 19. September 2019 hat der Beigeladene zu 1) gegen den Genehmigungsbescheid des Landratsamts Klage erhoben, über die noch nicht entschieden ist (M 28 K 19.4759).
Der Beigeladene zu 1) rügt die Rechtswidrigkeit der Ersetzung des gemeindlichen Einvernehmens. Dieses habe er zurecht verweigert, weil das Vorhaben der Antragstellerin bauplanungsrechtlich unzulässig sei. Es sei bereits fraglich, ob der Vorbescheid vom 29. Oktober 2014 Bindungswirkung entfalte. Dieser sei zu einem Zeitpunkt ergangen, zu dem absehbar gewesen sei, dass eine Entprivilegierung von Windkraftanlagen in Kraft treten werde. Auch werde die Regelung des Art. 83 Abs. 1 BayBO unterlaufen. Dem Vorhaben stünden auch Belange des Naturschutzes entgegen. Der Kartierbericht aus dem Jahr 2017 berücksichtige die Vorgaben des Windenergieerlasses 2016 nicht. Unangenehme Arten, wie beispielsweise der Rotmilan, seien nicht untersucht worden, obwohl diese aber in nicht unerheblichen Sichtungen festgestellt worden seien. Auch seien die Raumnutzungsbeoachtungen unzureichend, weil lediglich von 15. März 2017 bis 22. August 2017, also nur während eines Zeitraums von fünf Monaten, Erhebungen stattgefunden hätten. Das Erhebungsprotokoll sei unzureichend, weil dort keine konkreten Temperaturen angegeben würden, wenngleich der Windenergieerlass fordere, dass bei guter Thermik beobachtet werden müsse. Der Gutachter habe auch stets von 9 bis 12 und von 14 bis 17 Uhr seine Erhebungen durchgeführt, ohne auf die unterschiedlichen Sonnenauf- und Sonnenuntergangszeiten Rücksicht zu nehmen. Schließlich sei die notwendige Beobachtungszeit nicht erfüllt worden. Wegen der schlechten Einsehbarkeit des Anlagenstandorts seien zwei Fixpunkte zu wenig gewesen. Fehlerhaft sei auch, dass das Büro … keine eigenen Daten erhoben und stattdessen die Daten des Büro … übernommen habe. Eine Erhebung zu Fledermäusen sei nicht ordnungsgemäß erfolgt. Zudem sei nicht nachvollziehbar, dass keine Horste von Wespenbussarden und Baumfalken gefunden worden seien, obwohl häufig Flugbewegungen dieser Arten festgestellt worden seien. Auch denkmalschutzrechtliche Gründe sprächen gegen das Vorhaben. Das denkmalschutzrechtliche Gutachten, das die Antragstellerin vorgelegt habe, berücksichtige die Denkmäler im Bereich des Beigeladenen zu 1) unzureichend und enthalte keine Berücksichtigung der Denkmäler der Nachbargemeinden. Der landespflegerische Begleitplan begnüge sich mit Allgemeinplätzen ohne gutachterliche Prüfung. Das vorgelegte Schallschutzgutachten sei überdies nicht verwertbar, da es auf der DIN ISO 9613-2 beruhe, die zwischenzeitlich nicht mehr angewendet werden könne. Vorbelastungen seien dort zudem nicht berücksichtigt worden. Der Beigeladene zu 1) habe bei seiner Entscheidung über die Erteilung des Einvernehmens auch nicht sämtliche hierfür erforderlichen Unterlagen gehabt. Auch sei die Bundeswehr zu Unrecht nicht zu einer Stellungnahme aufgefordert worden. Schließlich fehle auch ein Brandschutzkonzept für die geplante Anlage.
Der Beigeladene zu 2) hat am 26. September 2019 gegen den Genehmigungsbescheid des Landratsamts Klage erhoben, über die noch nicht entschieden ist (M 28 K 19.4866).
Er rügt eine Verletzung von § 2 Abs. 2 BauGB, § 1 Abs. 7 BauGB und Art. 28 GG. Auch er ist der Auffassung, der Vorbescheid entfalte keine Bindungswirkung und die vom Beigeladenen zu 1) ausgeführten naturschutz- und denkmalschutzrechtlichen Belange stünden dem Vorhaben entgegen. Überdies rügt er, die Denkmäler in seinem Gemeindegebiet seien völlig ausgeklammert worden.
Mit am 6. Februar 2020 beim Bayerischen Verwaltungsgericht München eingegangenem Schriftsatz beantragt die Antragstellerin,
die sofortige Vollziehung des Bescheides des Landratsamts Freising vom 22. August 2019 anzuordnen.
Sie ist der Auffassung, der Genehmigungsbescheid sei offensichtlich rechtmäßig. Zudem bestünden sowohl ein überwiegendes öffentliches Interesse als auch ein überwiegendes Interesse der Antragstellerin an der sofortigen Vollziehung der Genehmigung.
Der Antragsgegner stellt keinen Antrag.
Er führt aus, der Beigeladene zu 2) habe seine Klagebefugnis im Klageverfahren nicht darlegen können. Zudem sei der Genehmigungsbescheid rechtmäßig. Die Privilegierung des Vorhabens stehe aufgrund des bestandskräftigen Vorbescheids fest. Die gesetzlichen Voraussetzungen für einen Widerruf des Vorbescheids lägen überdies nicht vor. Die Belange des Denkmalschutzes seien hinreichend gewürdigt worden. Der Beigeladene zu 2) habe hinsichtlich der Bebauung des nördlich der Kirche gelegenen Feldes durch ein Doppelhaus sein Einvernehmen erteilt, sodass die Sichtbeziehung zwischen der Kirche und dem Ortsteil ohnehin abgeschwächt werde. Belange des Naturschutzes seien nicht drittschützend für den Beigeladenen zu 2) und bezögen sich überdies auf einen überholten Stand des Genehmigungsverfahrens. Soweit der Beigeladene zu 1) militärische Belange rüge, sei dies ebenfalls nicht drittschützend und überdies durch den bestandskräftigen Vorbescheid bereits abschließend entschieden.
Der Beigeladene zu 1) beantragt,
den Antrag abzulehnen
und wiederholt zur Begründung sein Vorbringen aus dem Klageverfahren.
Der Beigeladene zu 2) beantragt unter Wiederholung seines Vorbringens aus dem Klageverfahren ebenfalls,
den Antrag abzulehnen.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die vorgelegten Behördenakten sowie auf die Gerichtsakte in diesem Verfahren, im Verfahren M 28 K 19.4759 und M 28 K 19.4866 Bezug genommen.
II.
Der Antrag der Antragstellerin auf Anordnung der sofortigen Vollziehung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung vom 22. August 2019 ist zulässig.
Der Antrag ist gemäß § 80a Abs. 3 i.V.m. Abs. 1 Nr. 1 VwGO statthaft. Danach kann das Gericht auf Antrag des Begünstigten nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO die sofortige Vollziehung anordnen, wenn ein Dritter gegen den an einen anderen gerichteten, diesen begünstigenden Verwaltungsakt einen Rechtsbehelf einlegt hat. Die Klagen der Beigeladenen gegen den genannten Bescheid haben gemäß § 80 Abs. 1 Satz 2 VwGO aufschiebende Wirkung. Jedenfalls ist unter Zugrundelegung ihres Vorbringens nicht offensichtlich ausgeschlossen, dass die Genehmigung gegen subjektive Rechte der Beigeladenen verstößt.
Der Antrag ist auch in der Sache begründet.
Einen eigenständigen materiell-rechtlichen Maßstab für die Entscheidung des Gerichts enthält § 80a Abs. 3 i. V. m. Abs. 1 Nr. 1 VwGO nicht. Allerdings zeigt die Verweisung in § 80a Abs. 3 Satz 2 VwGO auf § 80 Abs. 5 VwGO, dass sich die Begründetheit eines Antrags auf Anordnung der sofortigen Vollziehung im Ansatz nach den gleichen Regeln bestimmt, die auch für die Bescheidung eines Antrags nach § 80 Abs. 5 VwGO gelten (Gersdorf in: Posser/Wolff, BeckOK VwGO, Stand 1.10.2019, § 80a Rn. 67). Daher ist auch im Rahmen des § 80a Abs. 3 VwGO eine Interessenabwägung erforderlich.
Ausgangspunkt dieser Interessenabwägung ist der Verwaltungsakt mit drittbelastender Wirkung, der dem Adressaten des Bescheids eine Begünstigung zuteilwerden lässt, einen Dritten dagegen belastet. Bei der Abwägung der kollidierenden Belange des Adressaten und des Dritten ist maßgeblich auf die Erfolgsaussicht des Rechtsbehelfs abzustellen (Puttler in: Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Auflage 2018, § 80a Rn. 26). Im Hauptsacheverfahren wäre hier die Erfolgsaussicht der Anfechtungsklagen gegen den immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsbescheid allein daran zu messen, ob die Beigeladenen durch den von ihnen angefochtenen Verwaltungsakt in ihren Rechten im Sinne des § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO verletzt werden (vgl. BVerwG, NVwZ 1994, 686; BayVGH, B.v.5.10.2007 – 22 CS 07.2073 – juris).
Die nach diesen Grundsätzen im Rahmen des summarischen Verfahrens zu treffende Entscheidung des Gerichts führt hier dazu, dass dem Antrag auf Anordnung der sofortigen Vollziehung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung stattzugeben ist, weil die Klagen der Beigeladenen voraussichtlich erfolglos bleiben werden (1.) und das Interesse der Antragstellerin an der Anordnung der sofortigen Vollziehung das Interesse der Beigeladenen am Fortbestand der aufschiebenden Wirkung ihrer Klagen überwiegt (2.)
1. Die Anfechtungsklagen der Beigeladenen haben voraussichtlich in der Sache keinen Erfolg.
Nach § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO hebt das Gericht den Verwaltungsakt auf, soweit er rechtswidrig ist und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt wird. Ein Nachbar, der eine Genehmigung nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz anficht, kann mit seinem Rechtsbehelf nur dann Erfolg haben, wenn er durch die Genehmigung in seinen subjektiven Rechten verletzt wird. Dies kann hier weder zugunsten des Beigeladenen zu 1) (hierzu unter a)) noch zugunsten des Beigeladenen zu 2) (hierzu unter b) festgestellt werden.
a) Die Klage des Beigeladenen zu 1) ist nach der im verwaltungsgerichtlichen Eilverfahren gebotenen, aber auch ausreichenden summarischen Prüfung durch das Gericht zulässig, aber unbegründet.
Die von ihm geltend gemachten Bedenken gegen die nach § 36 Abs. 2 Satz 3 BauGB i.V.m. Art.67 BayBO durch den Antragsgegner erfolgte Ersetzung des gemeindlichen Einvernehmens greifen nicht durch, denn der Beigeladene zu 1) hat sein Einvernehmen zu dem Vorhaben des Antragstellers voraussichtlich rechtswidrig versagt.
Der Beigeladene zu 1) darf sein Einvernehmen nur dann versagen, wenn das Vorhaben der Antragstellerin gemessen an den maßgeblichen bauplanungsrechtlichen Vorschriften – hier also, da es sich um ein Außenbereichsvorhaben handelt, an § 35 BauGB – unzulässig ist. Ein weitergehendes Prüfungsrecht steht ihm nicht zu (NdsOVG, B. v. 12.9.2003 – 1 ME 212/03 – juris).
Das Vorhaben der Antragstellerin ist indes gemäß § 35 BauGB bauplanungsrechtlich zulässig.
aa) Bei der strittigen Windenergieanlage handelt es sich um ein gemäß § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB privilegiertes Vorhaben. Dies wurde mit Vorbescheid vom 29. Oktober 2014 festgestellt, der Bestandskraft erlangte, nachdem das auf Klage des Beigeladenen zu 1) ergangene, klageabweisende Urteil (VG München, U.v. 11.8.2015 – M 1 K 14.5368 – juris) auf Grund eines Prozessvergleichs (BayVGH, B.v. 417.5.2016 – 22 BV 15.2363) wirkungslos geworden ist. Maßgeblich für die rechtliche Beurteilung war dabei die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Vorbescheidsantrag. Zu diesem Zeitpunkt war die Entprivilegierung von Windenenergieanlagen in Bayern nach Art. 82 Abs. 1 BayBO noch nicht wirksam geworden. Die Neuregelung dieser Vorschrift durch das Gesetz zur Änderung der Bayerischen Bauordnung und des Gesetzes über die behördliche Organisation des Bauwesens, des Wohnungswesens und der Wasserwirtschaft vom 17. November 2014 (GVBl S. 478) trat gemäß dessen § 3 am 21. November 2014 in Kraft. Entgegen der Auffassung des Beigeladenen zu 1) kam dieser Regelung keine Vorwirkung dergestalt zu, dass bereits ab einem früheren Zeitpunkt keine Entscheidungen nach der bis dahin geltenden Rechtslage mehr zulässig gewesen wären (BayVGH, B.v. 18.4.2016 – 22 ZB 15.2625; B.v. 23.8.2016 – 22 CS 16.1266 – jeweils juris). Damit kommt es auch auf die Übergangsvorschrift des Art. 83 Abs. 1 BayBO nicht mehr an.
Entgegen der Rechtsauffassung des Beigeladenen zu 1) verliert der bestandskräftige Vorbescheid seine Bindungswirkung auch nicht deshalb, weil sich zwischenzeitlich die Rechtslage geändert hat. Zu Recht verweist die Antragstellerin insoweit auf den Verweis in § 9 Abs. 3 BImSchG auf § 21 BImSchG, der keinen Sinn ergeben würde, wenn die Bindungswirkung bei einer späteren Änderung der Rechtslage eo ipso entfallen würde (vgl. BayVGH, B.v. 23.8.2016 – 22 CS 16.1266 – juris; Dietmann, in Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Stand Februar 2020, § 9 BImSchG Rn. 77).
bb) Dem Vorhaben stehen Belange des Naturschutzes nicht entgegen (§ 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB).
Nach ständiger Rechtsprechung kann das Tötungsverbot des § 44 Abs. 1 Nr. 1 des Bundesnaturschutzgesetzes (BNatSchG) als naturschutzrechtlicher Belang einem immissionsschutzrechtlich zu genehmigenden Vorhaben gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG und § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB entgegenstehen (vgl. BVerwG, U.v. 27.6.2013 – 4 C 1/12 -, juris Rn. 6).
Nach § 44 Abs. 1 BNatSchG ist es u.a. verboten, wild lebenden Tieren der besonders geschützten Arten nachzustellen, sie zu fangen, zu verletzen oder zu töten oder ihre Entwicklungsformen aus der Natur zu nehmen, zu beschädigen oder zerstören (Nr. 1), oder wild lebende Tiere der streng geschützten Arten unter europäischen Vogelarten während der Fortpflanzungs-, Aufzucht-, Mauser-, Überwinterungs- und Wanderungszeiten erheblich zu stören; eine erhebliche Störung liegt vor, wenn sich durch die Störung der Erhaltungszustand der lokalen Population einer Art verschlechtert (Nr. 2). Zu den geschützten Arten zählen u.a. gemäß § 7 Abs. 1 Nr. 13 Buchst. b Doppelbuchst. aa, Nr. 14 Buchst. b BNatSchG alle nach Anhang IV Buchst. a der Richtlinie 92/43/EWG des Rates vom 21. Mai 1992 (ABl Nr. L 206 vom 22.7.1992, S. 7) streng geschützten Fledermausarten (Microchiroptera). Die streitgegenständlichen Vogelarten sind jedenfalls nach § 7 Abs. 1 Nr. 13 Buchst. b Doppelbuchst. bb BNatSchG als europäische Vogelarten geschützt.
Die in § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG genannten Verbotstatbestände sind nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts individuenbezogen. Geschützt ist damit jedes einzelne Tier (BVerwG, U.v. 9.7.2008 – 9 A 14.07 – juris Rn. 91; U.v. 18.3.2009 – 9 A 39.07 – juris Rn. 58; Lau in Frenz/Müggenborg, BNatSchG, 2. Aufl. 2015, § 44 Rn. 10). Dass einzelne Exemplare besonders geschützter Arten durch Kollisionen mit Windenergieanlagen zu Schaden kommen können, lässt sich allerdings bei lebensnaher Betrachtung nie völlig ausschließen. Vor diesem Hintergrund bedarf es nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts einer einschränkenden Auslegung der Vorschrift des § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG dahingehend, dass der Tötungsverbotstatbestand nur erfüllt ist, wenn sich das Tötungsrisiko für die betroffenen Arten durch das Vorhaben in signifikanter Weise erhöht. Dafür sind Anhaltspunkte erforderlich, dass sich das Risiko eines Vogel- oder Fledermausschlags durch das Vorhaben deutlich gegenüber dem allgemeinen Lebensrisiko erhöht. Diese höchstrichterliche Rechtsprechung hat nunmehr in § 44 Abs. 5 Satz 2 Nr. 1 BNatSchG Eingang in das Gesetz gefunden. Ob eine signifikante Erhöhung des Tötungsrisikos vorliegt, ist insbesondere anhand der artspezifischen Verhaltensweisen, der Häufigkeit des Aufenthalts im Gefährdungsbereich und der Wirksamkeit vorgesehener Schutzmaßnahmen zu bewerten (BVerwG, U.v. 14.7.2011 – 9 A 12.10 – juris Rn. 99; BayVGH B.v. 27.11.2017 – 22 CS 17.1574 – juris Rn. 32 ff.; VG Gießen, U.v. 13.6.2018 – 1 K 311.17 – juris Rn. 27).
Für die fachliche Beurteilung steht der Behörde eine naturschutzfachliche Einschätzungsprärogative zu (BVerwG, U.v. 9.7.2008 – 9 A 14.07 – juris Rn. 65). Diese hat zur Folge, dass die Annahmen der Genehmigungsbehörde insoweit einer nur eingeschränkten gerichtlichen Kontrolle zugänglich sind. Sie sind hinzunehmen, sofern sie im konkreten Einzelfall naturschutzfachlich vertretbar sind und nicht auf einem Bewertungsverfahren beruhen, das sich als unzulängliches oder gar ungeeignetes Mittel erweist, um den gesetzlichen Anforderungen gerecht zu werden. Das Gericht bleibt verpflichtet zu prüfen, ob im Gesamtergebnis die artenschutzrechtlichen Untersuchungen sowohl in ihrem methodischen Vorgehen als auch in ihrer Ermittlungstiefe ausreichen, um die Behörde in die Lage zu versetzen, die Voraussetzungen der artenschutzrechtlichen Verbotstatbestände sachgerecht zu überprüfen (BVerwG, U.v. 27.6.2013 – 4 C 1.12 – juris Rn. 14; U.v. 14.7.2011 – 9 A 12.10 – juris Rn. 99; U.v. 23.1.2015 – 7 VR 6.14 – juris Rn. 30).
Hiervon ausgehend hat die erkennende Kammer keine Bedenken am methodischen Vorgehen der erfolgten artenschutzrechtlichen Untersuchungen.
aaa) Soweit der Beigeladene zu 1) rügt, im Kartierbericht 2017 seien „unangenehme“ Arten wie beispielsweise der Rotmilan nicht näher untersucht worden, vermag die Kammer dies nicht nachzuvollziehen. Im Gegenteil enthält der Kartierbericht auch Feststellungen zu den Flugbewegungen des Rotmilan (vgl. Bl. 1192 f., 1241 der Verwaltungsakten). Diese wurde im Gutachten über die saP auch gewürdigt (Bl. 1072 f. der Verwaltungsakten). Im Beobachtungszeitraum konnten jedoch lediglich drei Individuen innerhalb des 250 m-Gefahrenbereichs der Windenergieanlage festgestellt werden. Brutplätze im 1.500 m-Umgriff konnten dabei ausgeschlossen werden. Insoweit kommt das Gutachten plausibel und nachvollziehbar zu dem Ergebnis, dass das Tötungsrisiko nicht in signifikanter Weise erhöht ist. Dem ist der Beigeladene zu 1) nicht substantiiert entgegengetreten.
Gleiches gilt für den Einwand, es sei angesichts der massiven Frequentierung des Raumes durch Wespenbussarde und Baumfalken davon auszugehen, dass entsprechende Horste in der Nähe zu finden seien. Entgegen der Behauptung des Beigeladenen zu 1) hat eine Horstnachsuche vom 1. November 2018 keine (positiven) Ergebnisse gebracht. Größere Greifvogelhorste konnten dabei nicht nachgewiesen und im Untersuchungsgebiet in einem 1000 m-Radius ausgeschlossen werden (vgl. Bl. 1156 ff. der Verwaltungsakten). Auch aus den nochmals für das Jahr 2018 nacherfassten Flugbewegungen ergaben sich keine Anhaltspunkte auf einen nahegelegenen Horststandort.
bbb) Auch geht die Kammer nicht davon aus, dass die Raumnutzungsbeoachtungen, die zwischen dem 15. März 2017 und dem 22. August 2017 durchgeführt worden sind, unzureichend gewesen sind. Nach Anlage 5 zu Nr. 8.4.1 BayWEE soll der Untersuchungszeitraum von Mitte März bis Ende August andauern. In eben jenem Zeitraum wurden die dem Gutachten zur speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung (saP) des Ingenieurbüros … zugrundeliegenden Beobachtungen des Büros „… …“ vorgenommen.
ccc) Entgegen der Auffassung des Beigeladenen zu 1) sieht die Kammer auch die notwendige Beobachtungszeit als erfüllt. Nach Satz 18 der Anlage 5 zu Nr. 8.4.1 BayWEE sind pro Beobachtungspunkt 108 Stunden vorzusehen. Dabei sollen die Beobachtungen von wenigstens zwei Fixpunkten vorgenommen werden. Die sich daraus rechnerisch ergebende Beobachtungsdauer von 216 Stunden ist ausweislich des Anhangs zum Kartierbericht 2017, wonach zwei Beobachter an 18 Tagen jeweils sechs Stunden Kartierzeit absolviert haben, erfüllt.
ddd) Dass für die naturschutzrechtliche Bewertung der strittigen Windenergieanlage mehr als zwei Beobachtungspunkte erforderlich seien, wird vom Beigeladenen zu 1) zwar behauptet. Eine nähere Begründung dieser Behauptung bleibt er indes schuldig. Die erkennende Kammer vermag deshalb und angesichts des Umstands, dass die geplante Windenergieanlage auf offenem Gelände errichtet werden soll, keinen Grund dafür zu erkennen, dass die vom Windenenergie-Erlass als grundsätzlich hinreichend angesehene Zahl von zwei Beobachtungspunkten vorliegend nicht ausreichend sein könnte.
eee) Schließlich ist das Erhebungsprotokoll des Büros „… …“ zum Kartierbericht 2017 auch nicht deshalb unzureichend, weil dort keine Temperaturangaben enthalten sind. Die Anlage 5 zu 8.4.1 BayWEE enthält keine Angaben zu einer Erfassung von Wetterdaten. Nach Satz 16 sind die Beobachtungen allerdings bei guten Beobachtungsbedingungen, also an warmen Tagen mit guten Thermik-/Flugbedingungen durchzuführen. Soweit hierzu im Erhebungsprotokoll angegeben ist, ob es sich um einen warmen, warm-kühlen, kühlen oder heißen Tag gehandelt hat, hält die Kammer dies für ausreichend, zumal für jede Beobachtungszeit explizit auch Angaben zur Thermik gemacht worden sind.
fff) Dass die Kartierer regelmäßig in der Zeit von 9 bis 12 Uhr und von 14 bis 18 Uhr die Untersuchung durchgeführt haben, begegnet ebenfalls keinen durchgreifenden methodischen Bedenken, denn nach Satz 15 der Anlage 5 zu Nr. 8.4.1 BayWEE können die Beobachtungszeiten unter Aussparung der Mittagszeit von 12 bis 14 Uhr auf Vor- und Nachmittag verteilt werden.
ggg) Der Beigeladene zu 1) vermag auch nicht mit seinem Einwand, der Gutachter der saP habe sich der Daten des Kartierberichts bedient, ohne selbst Beobachtungen anzustellen, durchzudringen. Zwar ist zutreffend, dass die Büros … … und „… …“ arbeitsteilig vorgegangen sind. Worin die methodischen Bedenken des Beigeladenen zu 1) gegen eine solche Vorgehensweise begründet sein sollen, vermag das Gericht indes nicht zu erkennen und wird vom Beigeladenen zu 1) auch nicht näher dargelegt.
hhh) Letztlich ist auch die artenschutzfachliche Prüfung des Tötungsverbots hinsichtlich der Fledermausarten ordnungsgemäß erfolgt. Soweit der Beigeladene zu 1) rügt, es hätten hierzu keine Erhebungen stattgefunden, verkennt er, dass gemäß Ziffer 8.4.2 b) BayWEE Fledermausaktivitäten nur mit Hilfe eines Gondelmonitorings erfasst werden können. Die Einzelheiten hierzu sind in Anlage 7 zu Nr. 8.4.2 BayWEE geregelt. Ein solches Monitoring ist im streitgegenständlichen Genehmigungsbescheid als Nebenbestimmung angeordnet worden. Die Frage der ordnungsgemäßen Durchführung dieser Erhebungen ist im Verwaltungsvollzug zu prüfen und keine Frage der Rechtmäßigkeit des Genehmigungsbescheides.
cc) Dem Vorhaben stehen Belange des Denkmalschutzes nicht entgegen (§ 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB).
Vorhaben, welche die Denkmalwürdigkeit erheblich beeinträchtigen, dürfen nur zugelassen werden, wenn das Vorhaben durch überwiegende Gründe des Gemeinwohls oder durch überwiegende private Interessen gerechtfertigt ist (vgl. BVerwG, U.v. 21.4.2009 – 4 C 3.08 – BVerwGE 133, 347/353 f. Rn. 14). Insofern erfordert § 35 BauGB für privilegierte Vorhaben eine nachvollziehende und gerichtlich voll überprüfbare Abwägung der beeinträchtigten Belange unter besonderer Berücksichtigung der Privilegierung (vgl. BVerwG, U.v. 13.12.2001 – 4 C 3.01 – BauR 2002, 751/753). § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB gewährleistet insofern ein Mindestmaß an bundesrechtlich eigenständigem, von landesrechtlichen Denkmalschutzregelungen unabhängigem Denkmalschutz und greift ein, wo grobe Verstöße in Frage stehen (vgl. BVerwG, U.v. 21.4.2009 – 4 C 3.08 – BVerwGE 133, 347/356 Rn. 21; NdsOVG, U.v. 21.4.2010 – 12 LB 44/09 – NuR 2010, 649/656). Es muss daher eine besondere, erhebliche Beeinträchtigung eines Denkmals vorliegen (vgl. BayVGH, U.v. 18.7.2013 – 22 B 12.1741 – BayVBl. 2014, 23).
Als erhebliche Beeinträchtigung eines Denkmals ist nicht nur eine Situation anzusehen, in der ein hässlicher, das ästhetische Empfinden des Betrachters verletzender Zustand, also ein Unlust erregender Kontrast zwischen der benachbarten Anlage und dem Baudenkmal hervorgerufen wird, sondern auch die Tatsache, dass die Wirkung des Denkmals als Kunstwerk, als Zeuge der Geschichte oder als bestimmendes städtebauliches Element geschmälert wird (so BayVGH, U.v. 18.7.2013 – 22 B 12.1741 – BayVBl. 2014, 23). Neue Bauten müssen sich danach zwar weder völlig an vorhandene Baudenkmäler anpassen, noch unterbleiben, wenn eine Anpassung nicht möglich ist. Aber sie müssen sich an dem vom Denkmal gesetzten Maßstab messen lassen, dürfen es nicht gleichsam erdrücken, verdrängen, übertönen oder die gebotene Achtung gegenüber den im Denkmal verkörperten Werten vermissen lassen (vgl. zur Beeinträchtigung am Maßstab von Art. 6 Abs. 2 Satz 2 BayDSchG BayVGH, U.v. 24.1.2013 – 2 BV 11.1631 – NVwZ-RR 2013, 545 ff. Rn. 30). Die genannten Merkmale müssen in schwerwiegender Weise gegeben sein, damit von einer erheblichen Beeinträchtigung gesprochen werden kann. Je höher der Wert des Denkmals einzuschätzen ist, desto eher kann eine erhebliche Beeinträchtigung seines Erscheinungsbilds anzunehmen sein; je schwerwiegender das Erscheinungsbild betroffen ist, desto eher kann die Schwelle der Unzumutbarkeit überschritten sein (vgl. insgesamt BayVGH, U.v. 18.7.2013 – 22 B 12.1741 – BayVBl. 2014, 23).
Weder die Filialkirche … (nachfolgend aaa) noch umliegende sonstige Denkmäler (nachfolgend bbb) sind aufgrund ihrer Bedeutung und ihrer denkmal- bzw. landschaftsschutzbezogenen Wirkung geeignet, eine Ablehnung des privilegierten Vorhabens zu rechtfertigen.
aaa) Zunächst ist festzuhalten, dass weder aus dem „Energie-Atlas Bayern“ ersichtlich ist noch vorgetragen wurde, dass es sich bei der Filialkirche … um ein landschaftsprägendes Denkmal i.S.d. Erfassung bedeutender landschaftswirksamer Denkmäler durch das Bayer. Landesamt für Denkmalpflege gemäß Nr. 10 Sätze 7 bis 10 BayWEE handeln würde, deren Umgebung regelmäßig von Windenergieanlagen freigehalten werden soll.
Diese Kirche ist wie folgt als Baudenkmal in die Denkmalliste eingetragen: „…, neugotischer Sichtziegelbau mit eingezogenem Polygonalchor, angefügter zweigeschossiger Sakristei und Chorflankenturm, nach Plänen von …; mit Ausstattung“.
Im Übrigen führte das Landesamt für Denkmalpflege in seinen Stellungnahmen im Verwaltungsverfahren (insbesondere E-Mails vom 1.2.2018, 29.3.2018, 18.6.2018, 6.12.2018 und 7.1.2019) im Wesentlichen aus: Die Kirche sei 1875 als Ersatzbau eines ein wenig unterhalb liegenden Vorgängerbaus, der den Ansprüchen der Kirchenbesucher nicht mehr genügt habe, errichtet worden. Polygonalchor, hoher Turm mit Spitzhelm und lange Lanzettfenster in gotischen Maßwerkformen seien dem gotischen Formenschatz der Architektur entnommen. Einen großen Wert habe die Kirche auch hinsichtlich ihrer vollständig erhaltenen neugotischen Ausstattung mit drei Altären, Orgelempore, Gestühl und weiteren Bildwerken, die den damaligen Reichtum der Kirchenstiftung widerspiegelten. Die Kirche sei in landschaftlich besonders herausragender Lage errichtet worden. Von der Straße von … nach … zeige die Kirche ihre besonders dominierende Wirkung in ihrer exponierten Lage, der Kirchturm sei historisch das dominierende Merkmal der Kulturlandschaft. Gerade der Blick von der … … … gegenüber der Kirche bewahre die besondere Lage der Kirche in … Die Kirche sei gemeinsam mit dem Anger als Dominante besonders hervorgehoben. Sie werde mit ihrem Turm durch die Windenergieanlage bedrängt, der Turm werde als Teil der Kulturlandschaft durch die sich drehenden Rotorblätter herabgewürdigt. Wesen und Erscheinungsbild der Kirche mit dem weithin sichtbaren Glockenturm als Alleinstellungsmerkmal in kulturhistorischer Hinsicht würden in ihrem kulturlandschaftlichen Raum daher erheblich beeinträchtigt
α) Diese Aussagen des Landesamts für Denkmalpflege zeigen schon nicht hinreichend konkret und nachvollziehbar auf, dass und warum aus denkmalschutzfachlicher Sicht der Denkmalwert der … wesentlich davon bestimmt wird und abhängt, dass die Sicht auf das Denkmal und seine Wirkung auf die Umgebung frei von Elementen heranrückender, zu dem Baudenkmal unter bestimmten Blickwinkeln möglicherweise in optische Konkurrenz tretender, neuzeitlich wirkender baulicher Anlagen bleiben:
Die große Bedeutung des Inneren der Kirche, die diese durch ihre vollständig erhaltene neugotische Ausstattung enthält, ist durch die nur von außen zu sehenden Windenergieanlage nicht beeinträchtigt (vgl. auch die Stellungnahme der Denkmalschutzbehörde des Landratsamts, die den „besonderen Wert der Kirche auch aus der neugotischen farbigen Raumschale und der vollständig erhaltenen neugotischen Ausstattung mit drei Altären, Orgelemporen, Gestühl und weiteren Bildwerken“ herleitet, Bl. 793 der Verwaltungsakten). Auch der bloße Anblick eines Denkmals an sich hat denkmalschutzrechtlich noch keine Relevanz.
Zwar wurde nachvollziehbar dargelegt, dass die Kirche im Zeitpunkt ihrer Errichtung eine vom übrigen Dorf abgesetzte, von freien Feldern umgebene Alleinlage hatte. Insoweit ist eine historisch ableitbare und – über die Jahre hinweg zumindest in Teilen erhalten gebliebene – gewisse Bedeutung der konkreten örtlichen Lage des Denkmals nachvollziehbar. Dafür, dass die Kirche seinerzeit bewusst mit diesem Standort gleichsam in die Landschaft „hineinkomponiert“ worden wäre (dies ausdrücklich verneinend die Denkmalschutzbehörde des Landratsamts, vgl. Bl. 796 oben der Verwaltungsakte) und dass und warum das Wesen, das überlieferte Erscheinungsbild oder die künstlerische Wirkung des Denkmals durch die konkrete Einbettung der Kirche in den Nähebereich des Denkmals wesentlich geprägt oder hiervon abhängig wäre, sind der Kammer belastbare denkmalschutzfachlich begründete Erkenntnisse bislang nicht erkennbar.
Dies gilt insbesondere auch unter Berücksichtigung der für die Beurteilung sog. „Nähefälle“ zu berücksichtigenden Sichtachsen und -beziehungen (vgl. hierzu auch die tatsächlichen Darlegungen, etwa zur „Kirchwegachse“, im Gutachten von Prof. Dr. S. vom 23.6.2018, Bl. 656 ff. der Verwaltungsakten). Es kommt insofern darauf an, ob ein Gebäude bei seiner erstmaligen Errichtung oder bei einer denkmalschutzrechtlich relevanten Umgestaltung so konzipiert wurde, dass es auf das Vorhandensein bestimmter Sichtachsen angelegt wurde; es kann also sein, dass es nach dem zugrundeliegenden architektonischen Konzept gerade auf eine bestimmte Blickbeziehung zu einer Kirche bzw. einen Kirchturm besonders ankommt, z.B. von einem ganz bestimmten Zugangsweg aus (vgl. BayVGH, B.v. 20.5.2015 – 22 ZB 14.2827 – juris Rn. 21 m.w.N.). Denkmalschutzfachlich hinreichend nachvollziehbar belegte Anhaltspunkte hierfür vermag die Kammer den Stellungnahmen des Landesamts für Denkmalpflege auch unter Berücksichtigung der Darstellung, die Kirche sei gemeinsam mit dem Anger als Dominante besonders hervorgehoben, indes nicht zu entnehmen.
Im Übrigen ist die historische Alleinlage der Kirche durch die inzwischen in … bestehende und genehmigte (vgl. zur zu erwartenden Baulückenschließung entlang der D.-straße die Feststellungen des Landratsamts, Bl. 858 der Verwaltungsakten) Bebauung östlich und nördlich der Kirche deutlich geschmälert. Die Kirche ist im Osten unmittelbar von Bebauung umgeben, im Norden beginnt in einem Abstand von 80 bis 90 Metern die weitere Bebauung. Der Blick auf die Kirche ist im Wesentlichen lediglich noch von Betrachtungspunkten im Westen und Süden aus frei von dazwischentretender Bebauung. Damit stellt die Kirche an ihrem konkreten Standort zwar immer noch ein reiz- und wertvolles städtebauliches Element des Ortsteils … dar. Von einer nach wie vor besonders exponierten Stellung des Denkmals kann indes weder unter dem Aspekt der Lage des Denkmals in Bezug auf die Bebauung des Ortsteils sowie die freie Landschaft einerseits noch unter dem Aspekt der Höhenlage des Baudenkmals und dessen topographischer Einbettung in die weitere Umgebung andererseits ausgegangen werden. Zwar ist zutreffend, dass der Kirchturm die unmittelbare Umgebungsbebauung übersteigt, allerdings ist dies im ländlichen Bereich regelmäßig der Fall. Dass der 32 Meter hohe Kirchturm und/oder der Baukörper der Kirche die Umgebungsbebauung in … und den Nähebereich des Denkmals dominieren würde, der Denkmalwert der Kirche hierdurch maßgeblich geprägt werden würde oder der Kirche eine Ausstrahlungswirkung über das unmittelbare örtliche Umfeld hinaus zukommen würde, erscheint der Kammer nicht hinreichend nachvollziehbar. Hingewiesen wird insoweit auch auf die aus den nördlich von … gelegenen Hopfengärten aufgenommene Fotoaufnahme (Bl. 663 der Verwaltungsakten), bei der nennenswerte optische Bezüge und Wechselwirkungen zwischen dem Denkmal und der Windenergieanlage kaum mehr erkennbar werden, die Erlebbarkeit des Denkmals auf Grund der Topographie ohnehin stark eingeschränkt ist und die Windenergieanlage trotz gleichzeitiger Wahrnehmbarkeit dem maßgeblichen Nähebereich des Denkmals eher „entrückt“ wirkt.
β) Im Übrigen beeinträchtigt die Tatsache, dass die Filialkirche … und die Windenergieanlage aus bestimmten Blickwinkeln hinter- bzw. nebeneinander zu erkennen sein werden, das Erscheinungsbild des Denkmals und seine Wirkung, die es als Zeuge der Geschichte, der Kunst oder als bestimmendes städtebauliches Element auf den Betrachter ausübt, gemessen an den o.g. rechtlichen Maßstäben aller Voraussicht nach jedenfalls nicht erheblich.
Dabei ergeben sich – wie dargelegt – hinsichtlich des äußeren Erscheinungsbilds nach den dem Gericht vorliegenden Stellungnahmen des Landesamts für Denkmalpflege keine Anhaltspunkte für eine derart herausragende Bedeutung des Baudenkmals, dass an die Erheblichkeit der Beeinträchtigung nur geringe Anforderungen zu stellen wären (vgl. BayVGH, U.v. 18.7.2013 – 22 B 12.1741 – BayVBl. 2014, 23). Wie ebenfalls dargelegt, kann auch nicht (mehr) von einer besonders exponierten oder dominierenden Stellung des Denkmals unter dem Aspekt der Lage des Denkmals in Bezug auf die Bebauung des Ortsteils sowie die Kulturlandschaft einerseits oder unter dem Aspekt der Höhenlage des Baudenkmals und dessen topographischer Einbettung in die weitere Umgebung andererseits ausgegangen werden. In diesem Zusammenhang ist zu betonen, dass nicht schon jedes Aufragen einer Windenergieanlage hinter einem – denkmalgeschützten – Kirchturm eine erhebliche Beeinträchtigung eines Baudenkmals darstellt und aus gewichtigen Gründen des Denkmalschutzes unterbleiben müsste (BayVGH, B.v. 20.5.2015 – 22 ZB 14.2827 – juris Rn. 15).
Maßgeblich ist vielmehr der im konkreten Einzelfall vom jeweiligen Denkmal verkörperte Maßstab innerhalb des Bereichs, auf den das Denkmal ausstrahlt und der es seinerseits prägt und beeinflusst. Gemessen hieran vermag die Kammer insbesondere den im Genehmigungsverfahren vorgelegten Visualisierungen (vgl. Bl. 659 ff. der Verwaltungsakten [Gutachten aus den Antragsunterlagen]; Bl. 621 bis 623 der Verwaltungsakten [wohl von der Beigeladenen zu 2. zur Verfügung gestellt, hinsichtlich der dargestellten Proportionen von der Antragstellerin bestritten, vgl. Bl. 827, 831 der Verwaltungsakte]), auf die sich auch das Landesamt für Denkmalpflege bei seiner Bewertung stützt, sowie den der Kammer sonst nach Aktenlage verfügbaren Erkenntnissen zur örtlichen Situation nicht zu entnehmen, dass die Windenergieanlage die Kirche … … in schwerwiegender Weise gleichsam erdrücken, verdrängen oder übertönen würde oder die gebotene Achtung gegenüber den in dieser Kirche verkörperten Werten vermissen ließe.
Soweit die Kammer die Einschätzung des Landesamts für Denkmalpflege, der Kirchturm der Filialkirche … stelle ein „dominierendes“ Merkmal der Kulturlandschaft dar, überhaupt nachvollziehen kann, dürfte dies am ehesten noch bei einer Annäherung an das Denkmal von Westen aus angenommen werden können (vgl. hierzu insbesondere die Fotoaufnahmen 1 und 8, Bl. 657 der Verwaltungsakten). Eine erheblich störende Konkurrenz zwischen Denkmal und Windenergieanlage, insbesondere die vom Landesamt für Denkmalpflege angeführte Herabwürdigung des Turms als Teil der Kulturlandschaft, ist aber insoweit angesichts der deutlich in Richtung Süden und gleichzeitig auch vom Bezugspunkt des Denkmals – der Ortschaft … – abgesetzten, außerhalb eines natürlichen Sichtfeldes liegenden Position der Windenergieanlage nicht plausibel nachvollziehbar (vgl. die Visualisierung Bl. 662 der Verwaltungsakte).
Soweit das Landesamt für Denkmalpflege betonte, gerade der Blick von der … am Anger gegenüber der Kirche bewahre die besondere Lage der Kirche in … und die Kirche sei gemeinsam mit dem Anger als Dominante besonders hervorgehoben, vermag auch hier die Kammer der entsprechenden Visualisierung (Bl. 659, 661 der Verwaltungsakte) nicht hinreichend zu entnehmen, dass die Windenergieanlage – selbst unter Berücksichtigung ihres Betriebs mit sich drehenden Rotorblättern – das Denkmal gleichsam erdrücken, verdrängen oder übertönen würde. Auf Grund der Entfernung der Windenergieanlage vom Denkmal und den sich daraus ergebenden Proportionen bleibt diese Blickbeziehung vorrangig, mindestens aber noch gleichwertig durch das Denkmal geprägt und verliert das Denkmal nicht seine vor allem im Zusammenspiel mit der vor dem Denkmal liegenden Freifläche geprägte Wirkung.
γ) Im Ergebnis geht die Kammer deshalb bezüglich der Filialkirche … in … davon aus, dass sich bei der gerichtlichen Überprüfung im Hauptsacheverfahren nicht ergeben wird, dass sich der Belang des Denkmalschutzes nach § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB gegenüber dem – privilegierten – Belang der Nutzung der Windenergie als höherwertig durchsetzen wird.
bbb) Soweit der Beigeladene zu 1) im Übrigen auf weitere Baudenkmäler im Gemeindegebiet und eine hierzu der Klage als Anlage beigefügte Liste verweist, vermag das Gericht dem Vorbringen bereits nicht zu entnehmen, welches Denkmal aufgrund der Windenergieanlage in welcher Weise beeinträchtigt werden soll. Auch hat es der Beigeladene zu 1) versäumt, sich mit dem von der Antragstellerin im Verwaltungsverfahren vorgelegten Gutachten zu den Umweltauswirkungen auf Kulturdenkmäler (Prof. Dr. S. vom 23.6.2018, Bl. 643 ff. der Verwaltungsakten) hinreichend auseinanderzusetzen und die darin enthaltenen Bewertungen substantiiert in Frage zu stellen. Das Gutachten ermittelt in einem ersten Schritt, welche landschaftsprägenden Denkmäler, welche Ensembles und raumbedeutsamen Denkmäler in Siedlungen und welche Einzeldenkmäler im Nahbereich überhaupt in einem relevanten Zusammenhang zur Wirkung der geplanten Windenergieanlage stehen und prüft sodann in einem zweiten Schritt die Frage der erheblichen Beeinträchtigung des jeweiligen Denkmals (Bl. 651 ff. der Verwaltungsakten). Eine hinreichende Auseinandersetzung mit diesen gutachterlichen Ausführungen enthält das Vorbringen des Beigeladenen zu 1) nicht. Soweit er lediglich weitere Denkmäler benennt, die im Gutachten nicht enthalten sind, ist dies nicht hinreichend substantiiert. Im Übrigen verfängt auch die Rüge des Beigeladenen zu 1), der Gutachter habe die im Gebiet des Beigeladenen zu 2) gelegenen Denkmäler keiner Prüfung unterzogen, bereits deshalb nicht, weil das einzige näher behandelte Denkmal, die Filialkirche …, gerade im Gebiet des Beigeladenen zu 2) liegt. Überdies berücksichtigt das Gutachten auch Denkmäler, die sich außerhalb des Gebiets der Beigeladenen befinden (vgl. Bl. 665 ff. der Verwaltungsakten).
dd) Auch Belange der Landschaftspflege, § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB, stehen dem Vorhaben nicht entgegen.
Soweit der Beigeladene zu 1) rügt, der landespflegerische Begleitplan begnüge sich mit Allgemeinplätzen ohne gutachterliche Prüfung, vermag die Kammer diesen – inhaltlich gänzlich unsubstantiierten – Einwand bereits nicht nachzuvollziehen. Der von der Antragstellerin vorgelegte landespflegerische Begleitplan vom 5. November 2018 enthält insbesondere auf den Seiten 35 ff. eine konkrete Bewertung der Beeinträchtigungen der Schutzgüter durch das Vorhaben der Antragstellerin sowie auf den Seiten 47 ff. Maßnahmenvorschläge zur Vermeidung und Minimierung dieser Auswirkungen.
ee) Schließlich ist das Vorhaben nicht wegen der Gefahr schädlicher Umwelteinwirkungen nach § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB bauplanungsrechtlich unzulässig.
Die Rüge des Beigeladenen zu 1), das von der Antragstellerin vorgelegten Schallschutzgutachten sei deshalb nicht verwertbar, weil es auf der DIN ISO 9613-2 beruhe, die zwischenzeitlich nicht mehr angewendet werden könne, verfängt schon deshalb nicht, weil diese Behauptung nur teilweise zutreffend ist. Zwar hat die Antragstellerin offenbar zunächst wirklich ein schalltechnisches Gutachten vom 13. September 2017 auf der Grundlage einer Ausbreitungsberechnung nach DIN ISO 9613-2 vorgelegt. Allerdings ergibt sich aus dem angefochtenen Bescheid wie einer E-Mail des Antragsgegners an den Beigeladenen zu 1) vom 8. Februar 2018, dass sich dieses Gutachten nicht mehr in den Akten befindet und die Antragstellerin aufgefordert worden ist, ein neues schalltechnisches Gutachten unter Berücksichtigung der „Hinweise zum Schallimmissionsschutz bei Windkraftanlagen“ des LAI und unter Anwendung des Interimsverfahrens vorzulegen. Dies ist mit der Vorlage des Gutachtens des … vom 22. März 2018 geschehen. In diesem Gutachten heißt es zu den gesetzlichen Vorgaben der Berechnung (S. 6):
„Die Prognose der Schallausbreitung wird gemäß den Vorgaben der Technischen Anleitung zum Schutz gegen Lärm (TA Lärm) auf Basis der DIN ISO 9613-2 durchgeführt. Die hierzu notwendigen Eingangsdaten sowie Vorgehensweise innerhalb der Prognose der Schallausbreitung werden durch die Hinweise zum Schallimmissionsschutz bei Windkraftanlagen (WKA) präzisiert. Dabei wird das Verfahren nach der DIN ISO 9613-2 durch die Vorgaben des Interimsverfahrens modifiziert, um die Berechnung der Schallausbreitung auch für Quellen höher als 30 m durchführen zu können.“
Ebenso wenig durchzudringen vermag der Beigeladene zu 1) mit seinem Einwand, das Schallgutachten berücksichtige etwaige Vorbelastungen nicht. Zwar ist dies zutreffend, allerdings hätte die Genehmigung der strittigen Windenergieanlage nach Nr. 3.2.1 der Sechsten Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum Bundes-Immissionsschutzgesetz (Technische Anleitung zum Schutz gegen Lärm – TA Lärm) nicht wegen etwaiger Vorbelastungen versagt werden dürfen, da die prognostizierte, von der Anlage ausgehende Zusatzbelastung die Immissionsrichtwerte nach Nummer 6 TA Lärm um 9 dB(A), somit um mehr als 6 dB(A) unterschreitet. Eine Ermittlung der Vorbelastung durfte daher vorliegend unterbleiben.
ff) Schließlich greifen auch die weiteren Rügen des Beigeladenen zu 1) nicht durch. Dass ihm bei der Entscheidung über die Erteilung des Einvernehmens nicht sämtliche hierfür erforderlichen Unterlagen vorgelegen hätte, ist nicht ersichtlich. Soweit er in diesem Zusammenhang Unterlagen zu den Themen Richtfunkstrecken, Belange der Flugsicherung, Belange des Wetterdienstes und militärische Belange benennt, waren diese bereits Gegenstand des bestandskräftigen Vorbescheids und im Genehmigungsverfahren nicht erneut zu prüfen. Überdies ist die Unvollständigkeit der Antragsunterlagen nur für die Frage einer – hier nicht einschlägigen – Einvernehmensfiktion relevant, für die Frage der Rechtmäßigkeit des Ersetzens eines gemeindlichen Einvernehmens jedoch unbeachtlich.
Der Einwand, die Bundeswehr sei nicht zu einer Stellungnahme aufgefordert worden, ist inhaltlich unzutreffend, denn in den Verwaltungsakten des Antragsgegners finden sich gleich mehrfach solche Aufforderungen (siehe Bl. 29, 138 f., 499 und 505 der Verwaltungsakten). Da die Vereinbarkeit des Vorhabens mit Belangen des Militärs jedoch auch bereits Gegenstand des bestandskräftigen Vorbescheids gewesen ist, hätte es einer solchen Prüfung allerdings ohnehin nicht mehr bedurft.
Schließlich ist auch die Rüge, es fehle ein Brandschutzkonzept, nicht geeignet, der Klage des Beigeladenen zu 1) zum Erfolg zu verhelfen. Ungeachtet des Umstandes, dass der Beigeladene zu 1) insoweit nicht in eigenen Rechten verletzt sein kann, befindet sich ein Brandschutzkonzept bei den Antragsunterlagen. Überdies hat weder der Kreisbrandrat des Landkreises Freising, der mit Schreiben vom 15. Mai 2018 zu den Belangen des Brandschutzes Stellung genommen hat, noch der 1. Kommandant der Freiwilligen Feuerwehr …, ein darüberhinausgehendes oder anderes Brandschutzkonzept gefordert. Die vom Kreisbrandrat geforderten Maßnahmen sind als Nebenbestimmungen in den Genehmigungsbescheid aufgenommen worden. Deren Einhaltung ist nunmehr eine Frage des Verwaltungsvollzugs.
b) Auch die Klage des Beigeladenen zu 2) bleibt voraussichtlich ohne Erfolg. Die von ihm erhobenen Rügen sind im Wesentlichen identisch mit denen des Beigeladenen zu 1). Da diese bereits in der Sache nicht durchgreifen, braucht auf die Frage einer Verletzung des Beigeladenen zu 2) in eigenen Rechten nicht eingegangen zu werden.
2. Bei der Bewertung der maßgeblichen Interessen in Bezug auf die Anordnung des Sofortvollzugs sind die Interessen der Antragstellerin höher zu bewerten als die der Beigeladenen. Die ergibt sich bereits daraus, dass der Genehmigungsbescheid des Antragsgegners nach summarischer Überprüfung durch die Kammer rechtmäßig ist, die von den Beigeladenen erhobenen Anfechtungsklagen daher voraussichtlich keinen Erfolg haben werden. Die Antragstellerin hat nach eigenen Angaben bereits in der Planungs- und Genehmigungsphase erhebliche Investitionen getätigt, sodass auch ihr Interesse an der Wirtschaftlichkeit ihres Vorhabens für eine Anordnung des Sofortvollzugs streitet. Schließlich verkennt die Kammer auch nicht, dass an der Erzeugung erneuerbarer Energien mittels Nutzung von Windkraft ein erhebliches öffentliches Interesse besteht, das nicht zuletzt im Gesetz für den Ausbau erneuerbarer Energien vom 21. Juli 2014 (BGBl I S. 1066) Ausdruck gefunden hat (vgl. BayVGH, B.v. 5.10.2007 – 22 CS 07.2073 – juris; VGH BW, B.v. 6.7.2015 – 8 S 534/15 – juris).
Dem Antrag ist daher mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 und 3, § 159 S. 1, § 162 Abs. 3 VwGO stattzugeben. Auch wenn der Antragsgegner keinen Sachantrag stellte, wurde die vorliegende gerichtliche Entscheidung auch dadurch veranlasst, dass eine behördliche Anordnung des Sofortvollzugs unterblieben ist (vgl. § 156 VwGO).
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetz (GKG) i.V.m. 9.2 und 2.2.2 des Streitwertkatalogs 2013 der Verwaltungsgerichtsbarkeit. Das Gericht orientiert sich dabei an dem Streitwert in den Hauptsacheverfahren der Beigeladenen. Da das Interesse der Antragstellerin nicht mehr im Erlass des Genehmigungsbescheides besteht, sondern lediglich in der Beschleunigung des Verfahrens, diesem jedoch die von den Beigeladenen erhobenen Anfechtungsklagen und deren aufschiebende Wirkung entgegenstehen, erscheint es als sachgerecht, von diesem Hauptsachestreitwert für das vorliegende Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes eine Halbierung vorzunehmen, wobei der sich hieraus ergebende Streitwert von 30.000 € angesichts zweier Hauptsacheverfahren zu verdoppeln ist (vgl. hierzu auch BayVGH, B.v. 5.10.2007 – 22 CS 07.2073).