Aktenzeichen 12 O 584/18
ZPO § 286
Leitsatz
An die Erfüllungsverweigerung gemäß §§ 637 Abs. 2, 323 Abs. 2 Nr. 1 BGB sind strenge Anforderungen zu stellen, insbesondere genügt nicht allein das bloße Bestreiten der Mangelhaftigkeit. (Rn. 43) (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
Beschluss
Der Streitwert wird auf 21.212,90 € festgesetzt.
Gründe
Die zulässige Klage ist in der Sache unbegründet.
1. Hinsichtlich der geltend gemachten Beschädigungen an der Glastüre (Ziffer 5) und der Fleckenbildung an den Granitsteinplatten (Ziffer 3) stützt sich der Kläger auf eine Beschädigungshandlung durch Mitarbeiter der Beklagten. Insoweit kommt grundsätzlich neben einem vertraglichen Anspruch auf Schadensersatz neben der Leistung, §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2 BGB ein deliktischer Schadensersatzanspruch gemäß § 831 BGB in Betracht.
Vorliegend hatten Mitarbeiter der Beklagten zwar in Verrichtung der streitgegenständlichen Werkleistung ohne weiteres die Gelegenheit, die Beschädigungen zu verursachen. Daneben kommen für die Beschädigung der Glastüre allerdings, wie es der Sachverständige unter Ziff. 10, S. 17 des Gutachtens vom 07.01.2014 festgestellt hat, auch Mitarbeiter der Firma Sch… in Betracht, die umfangreiche Spachtelarbeiten durchgeführt haben Durch welche Substanzen wiederum die Verfärbungen der Granitsteinplatten verursacht wurden, lässt sich nach Einschätzung des Sachverständigen zu Ziff 5, S. 12 ff. des Gutachtens vom 07.01.2014 nicht mehr feststellen Neben Mitarbeitern weiterer auf der Baustelle tätigen Firmen kommen damit für beide Schadensbilder auch sonstige Dritte als Verursacher in Betracht.
Insoweit bestehen vernünftige Zweifel an einer kausalen Schadensverursachung gerade durch Mitarbeiter der Beklagten, § 286 ZPO.
2. Was die Positionierung der Heizungsthermostate (Ziffer 6) anbelangt, ist schon nicht von einem Mangel der Werkleistung gemäß § 633 Abs. 2 BGB auszugehen. Eine aus technischer Sicht relevante funktionale Einschränkung liegt dem Sachverständigengutachten vom 07.01.2014 (S. 18, zu Ziff. 12) sowie Ergänzungsgutachten vom 23.02.2017 (S. 10 f.) zufolge nicht vor. Inwiefern die klagerseits geltend gemachte Abweichung von Angaben des Herstellers allein einen Sachmangel begründen soll, ist nicht ersichtlich.
3. Soweit der Kläger Ansprüche in Bezug auf die Fußbodenoberfläche (Ziffer 8) und die goldeffekt-gespachtelte Decke geltend macht, sind diese Gewerke nicht von der vertraglichen Leistung der Beklagten umfasst. Hiermit wurden unstreitig die Firmen Sch… sowie Oberraum und Haus vom Kläger beauftragt, so dass etwaige Ausführungsfehler auch von diesen Firmen zu verantworten wären. Allein die – im Übrigen streitige – Tatsache, dass die Beklagte die „vertragliche Abwicklung übernommen“ habe, vermag weder eine Verantwortlichkeit für die Eignung des verwendeten Materials, noch für die korrekte Ausführung dieses Gewerks zu begründen. Dabei ist schon im Ausgangspunkt unklar, was eine „Übernahme der Vertragsabwicklung“ überhaupt konkret bedeuten soll. Selbst eine – allenfalls denkbare – Übernahme von Koordinations- oder Überwachungspflichten, ergäbe noch nicht per se eine Verpflichtung, für die Verwendung geeigneten Materials und ordnungsgemäße Ausführung durch einen Drittunternehmer Sorge zu tragen, sondern ließe sich auch als reine Ablauforganisation verstehen. Eine weitergehende Verantwortlichkeit – etwa vergleichbar derjenigen eines Architekten – könnte nur angenommen werden, wenn insoweit im Einzelnen konkrete Pflichten vereinbart worden wären Diesbezüglich trägt die Klagepartei indes nichts vor.
4. Im Übrigen setzt der vom Kläger geltend gemachte Zahlungsanspruch hinsichtlich der bereits aufgewendeten Kosten das Bestehen eines Anspruchs auf Ersatz von Kosten der Selbstvornahme gemäß §§ 634 Nr. 2, 637 Abs. 1 BGB und hinsichtlich der noch nicht durchgeführten Mangelbeseitigungsarbeiten das Bestehen eines Vorschussanspruchs gemäß §§ 634 Nr. 2, 637 Abs. 3 BGB voraus
In beiden Fällen ist vom Besteller der Werkleistung zunächst eine angemessene Frist zur Nacherfüllung zu setzen, es sei denn, eine solche Fristsetzung ist entbehrlich, §§ 637 Abs. 2, 323 Abs. 2 BGB.
Vorliegend hat der Kläger zwar unter Vorlage der Anlage K2 vorgetragen, dass bereits ab Mitte Dezember 2010 Mängelrügen erfolgt seien. In keinem der Schreiben wird indes eine Frist gesetzt, bis zu welcher die gerügten Mängel von der Beklagten zu beseitigen sein sollen.
Eine Entbehrlichkeit der Fristsetzung gemäß §§ 637 Abs. 2, 323 Abs. 2 Nr. 1 BGB aufgrund ernsthafter und endgültiger Verweigerung der Nacherfüllung ist ebenfalls nicht anzunehmen. An die Erfüllungsverweigerung sind insoweit strenge Anforderungen zu stellen, insbesondere genügt nicht allein das bloße Bestreiten der Mangelhaftigkeit.
Das vom Kläger als Anlage K10 vorgelegte Schreiben des Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 24.02.2014, welches eine Stellungnahme zu dem im selbständigen Beweisverfahren erholten Sachverständigengutachten enthält, negiert in Bezug auf die Gefälleausbildung (zu Ziffer 1) lediglich das Vorliegen eines Mangels Allein hierin kann aber nicht das im Rahmen von § 323 Abs. 2 BGB geforderte „letzte Wort des Gewährleistungsschuldners“ gesehen werden, das zum Untergang des Nacherfüllungsanspruchs aus §§ 634 Nr. 1, 635 BGB führt. Andernfalls wäre jeder Rechtsstreit über die Verpflichtung zur Nacherfüllung bereits im Ansatz obsolet.
Ob das weiter in dem Schreiben erfolgte Bestreiten einer vertraglichen Verpflichtung zur Montage der Ablageschienen sowie das Bestreiten von Gewährleistungsansprüchen in Bezug auf die Schachtabdichtung (jeweils zu Ziffer 4) wiederum zum Erlöschen eines etwaigen Nacherfüllungsanspruchs geführt hätten, kann dahinstehen. Selbst wenn der Kläger insoweit einen Anspruch auf Erstattung von Ersatzvornahmekosten hätte, wird nicht dargelegt, dass dem Kläger bezüglich dieser Mangelpositionen tatsächlich Kosten entstanden sind. So wird einerseits vorgetragen, dass der Kläger sämtliche streitgegenständlichen Mängel habe beseitigen lassen. Andererseits werden die für die Mängelbeseitigung im Einzelnen anfallenden Kosten nicht konkret zugeordnet Die als Anlagen K11, K12, K13 und K16 vorgelegten Rechnungen enthalten – soweit ersichtlich – Kosten für die Beseitigung dieser Mängel nicht.
In Bezug auf die vom Kläger geltend gemachte mangelhafte Fugenausbildung (Ziffer 2), sowie die Risse in Granitsteinplatten (Ziffer 3) und an der verputzten Wand im Bereich der Duscharmaturen (Ziffer 7) verhält sich der Schriftsatz vom 24.02.2014 ebensowenig wie zum Fehlen eines Hebemechanismus für den Schachtdeckel (Ziffer 4). Völlig unabhängig davon, dass eine im Pauschalpreis enthaltene Lieferung einer entsprechenden Vorrichtung – wie vom Kläger behauptet – fernliegend erscheint, stünde einem – im Übrigen ebenfalls nicht dargelegten – Anspruch auf Erstattung von Ersatzvornahmekosten, der Vorrang des Nacherfüllungsanspruchs entgegen.
Letztlich fehlt es in Bezug auf die mangelhafte Fugenausbildung (Ziffer 2), die Risse in den Granitsteinplatten (Ziffer 3) und dem Hebemechanismus (Ziffer 4) wiederum an einer konkreten Darlegung der für die behauptete Ersatzvornahme aufgewendeten Kosten. Auch insoweit lassen sich entsprechende Positionen nicht einmal den vorgelegten Anlagen entnehmen.
Damit liegen bezüglich sämtlicher streitgegenständlicher Mängel die gesetzlichen Voraussetzungen für die geltend gemachten Ansprüche auf Erstattung von Ersatzvornahmekosten und Vorschussleistung nicht vor.
5. Die Kosten des Rechtsstreit trägt der Kläger als unterliegende Partei, § 91 Abs. 1 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 S. 1 und 2 ZPO.