Baurecht

Kein Anspruch auf gewässeraufsichtliches Einschreiten bei Ausbringen von Gülle

Aktenzeichen  8 ZB 19.1323

Datum:
23.10.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 27442
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 124 Abs. 2 Nr. 1, Nr. 5, § 124a Abs. 4 S. 4, Abs. 5 S. 2
WHG § 9 Abs. 2 Nr. 2, § 48 Abs. 1, § 100 Abs. 1 S. 2
BayWG Art. 58 Abs. 1 S. 1
BNatSchG § 5 Abs. 2 Nr. 6
AbfKlärV § 5
BayVwVfG Art. 26 Abs. 2

 

Leitsatz

1. Mit dem Auffangtatbestand des § 9 Abs. 2 Nr. 2 WHG („unechter“ Benutzungstatbestand) bezweckt der Gesetzgeber, schon im Voraus zu überprüfen, ob sich aus bestimmten Vorhaben, die keine Gewässerbenutzung im eigentlichen Sinne zum Ziel haben, aber ein gewisses Gefährdungspotenzial in sich bergen, Gefahren für den Wasserhaushalt ergeben können. (Rn. 10) (redaktioneller Leitsatz)
2. Das Ausbringen von Gülle erfüllt den „unechten“ Benutzungstatbestand des § 9 Abs. 2 Nr. 2 WHG erfüllt und eröffnet damit den Anwendungsbereich des § 100 Abs. 1 WHG. (Rn. 10) (redaktioneller Leitsatz)
3. Nach § 100 Abs. 1 S.2 WHG besteht grundsätzlich kein Anspruch Dritter auf gewässeraufsichtliches Einschreiten, sondern nur ein solcher auf ermessensfehlerfreie Entscheidung. (Rn. 13) (redaktioneller Leitsatz)
4. Das Gefährdungspotenzial der landwirtschaftliche Ausbringung von Düngemitteln nach „guter fachlicher Praxis“ ist nicht vergleichbar mit demjenigen ortsfester Anlagen, in denen wassergefährdende Stoffe wie Jauche und Gülle gelagert werden, bei denen im Schadensfall ein großes Volumen wassergefährdender Stoffe am Anlagenstandort unkontrolliert austreten kann. (Rn. 18) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

Au 9 K 17.1139 2019-05-06 VGAUGSBURG VG Augsburg

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
III. Der Streitwert wird unter Abänderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts Augsburg vom 6. Mai 2019 für beide Rechtszüge auf jeweils 5.000 Euro festgesetzt.

Gründe

I.
Die Klägerin erstrebt die Untersagung bzw. Unterlassung der landwirtschaftlichen Düngung an ihr Wohngrundstück angrenzender Ackerflächen.
Die Klägerin ist Eigentümerin des Grundstücks FlNr. … Gemarkung L* …, das am südlichen Rand der Streusiedlung „S* … …“ liegt. Das Wohnanwesen ist nicht an die öffentliche Wasserversorgung angeschlossen; es verfügt über einen privaten Hausbrunnen zur Trinkwasserversorgung. Die südlich des klägerischen Anwesens gelegenen Grundstücke werden landwirtschaftlich genutzt.
Ihre Klage, die Beklagte zu verpflichten, die Ausbringung von Jauche, Gülle, Klärschlamm u.a. tierischen und chemischen Dünger auf den Ackerflächen südlich ihres Grundstücks im Abstand von bis zu 500 m zu untersagen sowie – soweit es sich um eigene Grundstücke der Beklagten handelt – die Ausbringung von Dünger zu unterlassen und dies gegenüber den Grundstückspächtern sicherzustellen, hat das Verwaltungsgericht Augsburg mit Urteil vom 6. Mai 2019 abgewiesen. Die Klägerin habe als Drittbetroffene keinen Anspruch auf gewässeraufsichtliches Einschreiten, weil von der Düngung der südlich ihres Anwesens gelegenen Landwirtschaftsflächen keine beachtliche Gefahr einer Beeinträchtigung des Wasserhaushalts drohe.
Mit dem Zulassungsantrag verfolgt die Klägerin ihr Rechtsschutzbegehren weiter.
II.
Der Zulassungsantrag hat keinen Erfolg. Die von der Klägerin geltend gemachten Zulassungsgründe sind nicht hinreichend dargelegt oder liegen nicht vor (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 und 5; § 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO).
1. Aus dem Vorbringen der Klägerin ergeben sich keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).
Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung im Sinn des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO bestehen nur, wenn einzelne tragende Rechtssätze oder einzelne erhebliche Tatsachenfeststellungen des Verwaltungsgerichts durch schlüssige Gegenargumente infrage gestellt werden (vgl. BVerfG, B.v. 9.6.2016 – 1 BvR 2453/12 – NVwZ 2016, 1243 = juris Rn. 16; B.v. 16.7.2013 – 1 BvR 3057/11 – BVerfGE 134, 106 = juris Rn. 36). Schlüssige Gegenargumente liegen vor, wenn der Antragsteller substanziiert rechtliche oder tatsächliche Umstände aufzeigt, aus denen sich die gesicherte Möglichkeit ergibt, dass die erstinstanzliche Entscheidung unrichtig ist (vgl. BVerfG, B.v. 20.12.2010 – 1 BvR 2011/10 – NVwZ 2011, 546 = juris Rn. 19). Sie sind nicht erst dann gegeben, wenn bei der im Zulassungsverfahren allein möglichen summarischen Überprüfung der Erfolg des Rechtsmittels wahrscheinlicher ist als der Misserfolg (vgl. BVerfG, B.v. 16.1.2017 – 2 BvR 2615/14 – IÖD 2017, 52 = juris Rn. 19). Dabei kommt es grundsätzlich nicht auf einzelne Elemente der Urteilsbegründung an, sondern auf das Ergebnis der Entscheidung, also auf die Richtigkeit des Urteils nach dem Sachausspruch in der Urteilsformel (vgl. BVerwG, B.v. 10.3.2004 – 7 AV 4.03 – DVBl 2004, 838 = juris Rn. 9).
Nach diesem Maßstab zeigt der Zulassungsantrag keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung auf. Die Wertung des Verwaltungsgerichts, der Klägerin stehe nach § 100 Abs. 1 Satz 2 WHG kein Anspruch auf Untersagung der Ausbringung von Düngemitteln auf den landwirtschaftlich genutzten Flächen südlich ihres Anwesens zu, ist rechtsfehlerfrei. Nach dieser Bestimmung ordnet die Kreisverwaltungsbehörde (vgl. Art. 58 Abs. 1 Satz 1 BayWG) nach pflichtgemäßem Ermessen die Maßnahmen an, die im Einzelfall notwendig sind, um Beeinträchtigungen des Wasserhaushalts zu vermeiden oder zu beseitigen oder die Erfüllung von Verpflichtungen nach § 100 Abs. 1 Satz 1 WHG sicherzustellen.
1.1 Ob die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 100 Abs. 1 Satz 2 WHG i.V.m. § 9 Abs. 2 Nr. 2 WHG oder § 48 Abs. 1 Satz 1 WHG im vorliegenden Fall gegeben sind, bedarf keiner abschließenden Entscheidung.
Nach § 9 Abs. 2 Nr. 2 WHG gelten als Benutzungen auch Maßnahmen, die geeignet sind, dauernd oder in einem nicht unerheblichen Ausmaß nachteilige Veränderungen der Wasserbeschaffenheit herbeizuführen. Mit dem Auffangtatbestand bezweckt der Gesetzgeber, schon im Voraus zu überprüfen, ob sich aus bestimmten Vorhaben, die keine Gewässerbenutzung im eigentlichen Sinne zum Ziel haben, aber ein gewisses Gefährdungspotenzial in sich bergen, Gefahren für den Wasserhaushalt ergeben können. Die danach vorausgesetzte „Eignung“ weist eine Maßnahme auf, wenn sich der Eintritt der in § 9 Abs. 2 Nr. 2 WHG beschriebenen Folgen nicht ausschließen lässt. Ist das Grundwasser betroffen, so reicht hierfür schon die nicht ganz entfernte, nur theoretische Möglichkeit einer schädlichen Einwirkung aus (vgl. BVerwG, B.v. 14.12.2001 – 4 B 80.01 – BauR 2002, 1359 = juris Rn. 5; BayVGH, B.v. 15.2.2019 – 8 CS 18.2411 – AUR 2019, 189 = juris Rn. 13 m.w.N.). Unter welchen Voraussetzungen das Düngen landwirtschaftlicher Flächen eine „unechte“ Gewässerbenutzung nach § 9 Abs. 2 Nr. 2 WHG darstellen kann, wird in Rechtsprechung und Schrifttum nicht einheitlich beurteilt (vgl. NdsOVG, U.v. 26.9.2018 – 13 LC 204/14 – ZfW 2019, 128 = juris Rn. 53; OVG RhPf, U.v. 26.8.1992 – 10 C 11067/91 – ZfW 1993, 220/223; Schmid in Berendes/Frenz/Müggenborg, WHG, 2. Aufl. 2017, § 9 Rn. 86 ff.; Breuer/Gärditz, Öffentliches und privates Wasserrecht, 4. Aufl. 2017, Rn. 413; Reinhardt, DVBl 2012, 1195/1196 f. m.w.N.). Das Verwaltungsgericht hat es unter Würdigung dieses Meinungsstands nicht ausgeschlossen, dass das Ausbringen von Gülle den „unechten“ Benutzungstatbestand des § 9 Abs. 2 Nr. 2 WHG erfüllt und damit der Anwendungsbereich des § 100 Abs. 1 WHG eröffnet ist (vgl. UA Rn. 32).
Ob das von der landwirtschaftlichen Düngung ausgehende Gefährdungspotenzial hier einen Grad erreicht, der eine nachteilige Veränderung der Grundwasserbeschaffenheit besorgen lässt (§ 48 Abs. 1 Satz 1 WHG), ist ebenfalls nicht entscheidungserheblich. Die Wendung „nicht zu besorgen“ ist dahingehend auszulegen, dass es mit einer an Gewissheit grenzenden, alle vernünftigen Zweifel ausschließenden Sicherheit nicht zu einer nachteiligen Veränderung der Wasserbeschaffenheit kommen darf (vgl. BVerwG, B.v. 10.10.2017 – 7 B 5.17 – juris Rn. 17; BayVGH, B.v. 15.2.2019 – 8 CS 18.2411 – AUR 2019, 189 = juris Rn. 18; NdsOVG, U.v. 14.12.2016 – 13 LC 56/14 – juris Rn. 92). In zeitlicher Hinsicht ist der Maßstab auf langfristigen Schutz des Grundwassers angelegt (vgl. OVG NW, U.v. 5.12.2018 – 20 A 499/16 – juris Rn. 87; Czychowski/Reinhardt, WHG, 12. Aufl. 2019, § 48 Rn. 26).
1.2 Das zentrale Zulassungsvorbringen, das Verwaltungsgericht habe § 100 Abs. 1 Satz 2 WHG nicht als präventive Vorschrift zur Gefahrenabwehr, sondern rechtsfehlerhaft als repressive Sanktion für eine bereits eingetretene, grenzwertüberschreitende Gewässerbeeinträchtigung verstanden, geht ins Leere. Es lässt außer Acht, dass das Erstgericht einen Anspruch der Klägerin auf gewässeraufsichtliches Einschreiten nicht deshalb verneint hat, weil es die Möglichkeit eines Tätigwerdens nach § 100 Abs. 1 Satz 2 WHG als nicht eröffnet angesehen hätte. Vielmehr hat es darauf abgestellt, dass das Entschließungsermessen der Beklagten nicht „auf Null“ reduziert ist mit der Folge, dass diese nicht zugunsten der Klägerin als Drittbetroffene tätig werden musste (vgl. UA Rn. 33 und 35). Dies ist rechtlich nicht zu beanstanden.
Die nach § 100 Abs. 1 Satz 2 WHG zulässigen Maßnahmen liegen im pflichtgemäßen Ermessen der Behörde. Damit besteht grundsätzlich kein Anspruch Dritter auf gewässeraufsichtliches Einschreiten, sondern nur ein solcher auf ermessensfehlerfreie Entscheidung. Die Gewässeraufsicht wird – wie jede Aufsicht – im Interesse der Allgemeinheit wahrgenommen (vgl. BayVGH, B.v. 6.8.2015 – 8 ZB 14.1814 – W+B 2015, 240 = juris Rn. 16). Damit gilt bei der Gewässeraufsicht grundsätzlich das Opportunitätsprinzip (vgl. Kubitza in Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Stand Juni 2019, § 100 WHG Rn. 37; Schwind in Berendes/Frenz Müggenborg, WHG, § 100 Rn. 24). Allein in Fällen einer „Ermessensreduzierung auf Null“ kann sich dieser Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung zu einem Rechtsanspruch verdichten (vgl. BVerwG, U.v. 18.12.2014 – 4 C 36.13 – BVerwGE 151, 138 = juris Rn. 40). Ein solcher Anspruch Dritter setzt voraus, dass jede andere Entscheidung als das begehrte Einschreiten mit Rücksicht auf die schutzwürdigen Interessen des Dritten ermessensfehlerhaft wäre (vgl. Gößl in Sieder/Zeitler/Dahme/Knopp, WHG, Stand 1.6.2018, § 100 Rn. 100 ff.; Czychowski/Reinhardt, WHG, § 100 Rn. 49 ff.; vgl. auch BayVGH, U.v. 18.12.1979 – Nr. 169 VIII 78 – ZfW 1980, 376/378).
Bei der Frage, ob die Behörde im Interesse Einzelner ausnahmsweise zum Einschreiten verpflichtet ist, sind Ausmaß und Schwere der Störung oder Gefährdung zu berücksichtigen (vgl. Czychowski/Reinhardt, WHG, § 100 Rn. 53; Breuer/Gärditz, Öffentliches und privates Wasserrecht, Rn. 1032). Bei Gefahren für die menschliche Gesundheit wird dies regelmäßig zu bejahen sein (vgl. Czychowski/Reinhardt, WHG, § 100 Rn. 49). Das Verwaltungsgericht hat sich insoweit rechtlich zutreffend an den Grenzwerten der Trinkwasserverordnung und den Aussagen im Gutachten des Diplom-Geologen Dr. M. vom 5. Februar 2016 orientiert (vgl. UA Rn. 37 ff.).
1.3 Der Zulassungsantrag zeigt nicht substanziiert auf, weshalb die Klägerin entgegen der verwaltungsgerichtlichen Wertung hier ausnahmsweise einen Anspruch auf gewässeraufsichtliches Einschreiten gegenüber der Beklagten haben sollte.
1.3.1 Das Zulassungsvorbringen, die Beklagte hätte auch ohne Überschreitung von Grenzwerten im Grundwasser tätig werden müssen, ist nicht stichhaltig. Dass im Herbst 2015 bei drei von 29 untersuchten Brunnen der Streusiedlung coliforme Keime nachgewiesen wurden, belegt keine gesundheitliche Gefährdung der Klägerin. Im Wasser aus dem klägerischen Hausbrunnen wurden keine coliformen Bakterien festgestellt (vgl. Gutachten Dr. M. vom 5.2.2016 S. 10). Der Vorhalt der Klägerin, dies spiele keine große Rolle, weil alle Abnehmer im Gebiet der Streusiedlung aus demselben Grundwasservorrat schöpften, greift nicht durch. Denn es ist nicht belegt, dass diese Keimbelastung tatsächlich durch die landwirtschaftliche Düngung ihrer Nachbargrundstücke verursacht wurde. Anhand der Art der Bakterien (kein Clostridium perfringens oder Escherichia coli) hat der Gutachter keinen Zusammenhang mit einer frischen Fäkalverunreinigung oder einem Oberflächenwassereinfluss erkannt; in einem Fall wurde die Ursache der Hausinstallation zugeordnet (vgl. Gutachten vom 5.2.2016 S. 10). Auch die am 12. November 2015 im Wasser aus dem klägerischen Brunnen gemessenen Koloniezahlen von 208 (bei 20°C) und 93 (bei 36°C) belegen keine gravierende wasserwirtschaftliche Gefährdung der Klägerin. Die teilweise erhöhten Koloniezahlen, die nicht die Grenzwerte der Trinkwasserverordnung erreichen, geben lediglich Hinweise darauf, dass das Grundwasser im Bereich der Streusiedlung nicht völlig unbelastet ist (vgl. Gutachten vom 5.2.2016 S. 11).
1.3.2 Dass die Anforderungen der DIN 2001-1 (Trinkwasserversorgung aus Kleinanlagen und nicht ortsfesten Anlagen) im Umfeld der Privatbrunnen der Streusiedlung „nicht oder nur höchst unvollkommen erfüllt“ sind und dass bei der Bemessung der engeren Schutzzone eines Wasserschutzgebiets die 50-Tage-Linie südlich des klägerischen Anwesens einen Abstand von 500 m zum Brunnen erfordern würde, verhilft dem Zulassungsantrag ebenfalls nicht zum Erfolg. Die Beklagte ist nicht verpflichtet, den durch die genehmigte Wohnnutzung ohne Anschluss an die öffentliche Wasserversorgung entstandenen Nutzungskonflikt zwischen landwirtschaftlicher Bodenbewirtschaftung und privater Trinkwassergewinnung einseitig mit einem Düngeverbot zu lösen. Denkbar wären auch Desinfektionsmaßnahmen bei den Brunnenbetreibern, worauf das Verwaltungsgericht hingewiesen hat (vgl. UA Rn. 39 f.). Jedenfalls besteht derzeit angesichts der Einhaltung der Grenzwerte der Trinkwasserverordnung noch kein zwingender Anlass, den Nutzungskonflikt durch gewässeraufsichtliche Maßnahmen zu lösen. Dass die streitgegenständlichen landwirtschaftlichen Flächen oberstromig des klägerischen Hausbrunnens liegen und dass dieser ein oberflächennahes Grundwasser fördert, ändert daran nichts.
1.3.3 Aus der Verordnung über Anlagen zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen (AwSV) kann die Klägerin ebenfalls keinen Schutzanspruch herleiten. Das Gefährdungspotenzial der landwirtschaftliche Ausbringung von Düngemitteln nach „guter fachlicher Praxis“ (§ 5 Abs. 2 Nr. 6 BNatSchG) ist nicht vergleichbar mit demjenigen ortsfester Anlagen, in denen wassergefährdende Stoffe wie Jauche und Gülle gelagert werden, bei denen im Schadensfall ein großes Volumen wassergefährdender Stoffe am Anlagenstandort unkontrolliert austreten kann.
1.3.4 Auch der klägerische Vorhalt, die Ausbringung von Klärschlämmen unbekannter Zusammensetzung könne einen „Cocktail“ gefährlicher chemischer Substanzen enthalten, greift nicht durch. Der Klärschlammerzeuger hat vor der Abgabe des Klärschlamms diesen auf diverse Schadstoffe zu untersuchen (§ 5 AbfKlärV). Im Übrigen hat das Verwaltungsgericht auch insoweit rechtsfehlerfrei darauf abgestellt, dass bislang keine Grenzwerte der Trinkwasserverordnung überschritten wurden.
1.4 Das Zulassungsvorbringen, für den Eingriffstatbestand des § 100 Abs. 1 Satz 2 Alt. 3 WHG sei es unerheblich, ob die Gewässerbenutzung nur formell oder auch materiell illegal ist, greift ebenfalls zu kurz. Dass die Wasserrechtsbehörde regelmäßig auch bei nur formeller Illegalität einer Gewässerbenutzung einschreiten kann (vgl. BayVGH, B.v. 15.2.2019 – 8 CS 18.2411 – AUR 2019, 189 = juris Rn. 27 m.w.N.), heißt nicht, dass sie dies auch tun muss, weil jede andere Entscheidung als das begehrte Einschreiten ermessensfehlerhaft wäre. Letzteres hat das Verwaltungsgericht rechtsfehlerfrei verneint (vgl. oben unter 1.2 und 1.3); auch wenn der Tatbestand des § 100 Abs. 1 Satz 2 Alt. 3 WHG erfüllt sein sollte, kann die Klägerin deshalb keine Neuverbescheidung beanspruchen (vgl. § 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO).
1.5 Auf die erstinstanzliche Aussage, etwaige zukünftige Maßnahmen der Gewässeraufsicht seien primär gegenüber der Klägerin zu treffen, weil deren Wohnnutzung im bauplanungsrechtlichen Außenbereich gebietsfremd sei (vgl. UA Rn. 39 f.), kann der Zulassungsantrag nicht erfolgreich gestützt werden, weil diese Wertung die angegriffene Entscheidung nicht trägt (vgl. UA Rn. 40: „Sollten sich in der Zukunft …“).
1.6 Soweit der Zulassungsantrag rügt, dass nur punktuelle, stichprobenartige Messungen zur Grundwasserqualität vorliegen, verkennt er die Reichweite der behördlichen Ermittlungspflicht. Diese wird durch die Mitwirkungsobliegenheit der Beteiligten nach Art. 26 Abs. 2 BayVwVfG ergänzt (vgl. BayVGH, B.v. 9.1.2018 – 8 ZB 16.2496 – juris Rn. 9; Engel/Pfau in Mann/Sennekamp/Uechtritz, VwVfG, 2. Aufl. 2019, § 24 Rn. 43). Die Behörde muss deshalb, soweit es ein Beteiligter unterlässt, zur Klärung der für ihn günstigen Tatsachen beizutragen, obwohl ihm dies möglich und zumutbar ist, grundsätzlich nicht von sich aus weitere Aufklärungsmöglichkeiten ergreifen. Das Vorbringen, die Klägerin sei finanziell nicht in der Lage, eine „ganzjährige, engmaschige sachverständige Kontrolle“ der Trinkwasserwerte zu veranlassen erklärt nicht, weshalb sie nicht zumindest weitere stichprobenartige Messungen initiiert hat. Das Gutachten vom 5. Februar 2016 stellt diesbezüglich fest, dass es bislang wohl wenig Bereitschaft der Grundstückseigentümer gab, selbst Analysen zu beauftragen oder das Gesundheitsamt Proben entnehmen zu lassen (vgl. dort S. 6).
2. Die Berufung ist auch nicht wegen eines Verfahrensmangels, auf dem das Ersturteil beruhen kann (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO), zuzulassen.
Der gerügte Verstoß gegen die gerichtliche Aufklärungspflicht (§ 86 Abs. 1 VwGO) liegt nicht vor. Das Vorbringen, das Verwaltungsgericht hätte die Auswirkungen der streitgegenständlichen Jauchedüngung und Ausbringung von Klärschlämmen weiter aufklären müssen, erfüllt nicht die Darlegungsanforderungen einer erfolgreichen Aufklärungsrüge. Diese erfordert die substanziierte Darlegung, welche Tatsachen auf der Grundlage der materiell-rechtlichen Auffassung des Ausgangsgerichts aufklärungsbedürftig waren, welche für erforderlich oder geeignet gehaltenen Aufklärungsmaßnahmen hierfür in Betracht kamen, welche tatsächlichen Feststellungen dabei voraussichtlich getroffen worden wären und inwiefern diese unter Zugrundelegung der materiell-rechtlichen Auffassung des Ausgangsgerichts zu einer für den Rechtsmittelführer günstigeren Entscheidung hätten führen können (vgl. BVerwG, B.v. 19.8.2019 – 2 B 72.18 = juris Rn. 13; vgl. auch Happ in Eyermann, VwGO, § 124a Rn. 75). Bei anwaltlich vertretenen Beteiligten ist zudem aufzuzeigen, dass ein Beweisantrag erstinstanzlich gestellt wurde oder dass es sich dem Ausgangsgericht die weitere Aufklärung von Amts wegen hätte aufdrängen müssen (vgl. BVerwG, B.v. 8.7.2016 – 2 B 57.15 – ZBR 2017, 41 = juris Rn. 13).
Daran fehlt es hier. Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht ausweislich des Sitzungsprotokolls keinen Beweisantrag gestellt. Ein solcher wäre aber erforderlich gewesen. Bei dem im erstinstanzlichen Anwaltsschriftsatz vom 26. Juli 2017 benannten Beweisangebot handelt es sich um eine bloße Beweisanregung, die für eine Aufklärungsrüge nicht ausreichend ist (vgl. BVerwG, B.v. 20.12.2012 – 4 B 20.12 – juris Rn. 6; BayVGH, B.v. 2.2.2018 – 8 ZB 17.1271 – juris Rn. 23). Der Zulassungsantrag legt auch nicht dar, inwiefern sich dem Erstgericht auf der Grundlage seiner Rechtsauffassung die Notwendigkeit einer weiteren Aufklärung der Auswirkungen der streitgegenständlichen Jauchedüngung samt Ausbringung von Klärschlamm hätte aufdrängen müssen.
3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 3, Abs. 1 Satz 1, § 52 Abs. 1 GKG unter Orientierung an Nr. 1.1.1 des Streitwertkatalogs 2013 für die Verwaltungsgerichtsbarkeit. Eine Addition der Streitwerte nach § 39 Abs. 1 GKG unterbleibt, wenn die Klageanträge keine selbständige Bedeutung haben, mithin wirtschaftlich oder ideell denselben Gegenstand betreffen (vgl. BVerwG, U.v. 16.12.1988 – 7 C 93.86 – NVwZ-RR 1989, 581 = juris Rn. 12; OVG NW, B.v. 27.8.2018 – 19 E 459/18 – juris Rn. 11; BayVGH, B.v. 2.3.2009 – 7 C 08.1731 – juris Rn. 8). So liegt der Fall hier. Die sich aus beiden Anträgen der Klägerin und dem zugrunde liegenden Lebenssachverhalt für sie ergebende Bedeutung der Sache lag darin, die landwirtschaftliche Düngung der Flächen südlich ihres Anwesens zu unterbinden. Die erstinstanzliche Streitwertfestsetzung war deshalb abzuändern (§ 63 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 GKG).
Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

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