Aktenzeichen 1 ZB 14.1205
Leitsatz
1 § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB verlangt, dass das Vorhaben auch im Außenbereich ausgeführt werden „soll“. Das Tatbestandsmerkmal des „Sollens“ setzt eine Wertung voraus, ob das Vorhaben in einer Weise billigenswert ist, die es rechtfertigt, es bevorzugt im Außenbereich zuzulassen. Diese Einschränkung ergibt sich aus der im Vergleich zu den übrigen Fallgruppen des § 35 Abs. 1 BauGB tatbestandlichen Weite der Vorschrift, die durch erhöhte Anforderungen an die im Gesetz umschriebenen Privilegierungsvoraussetzungen auszugleichen ist. (redaktioneller Leitsatz)
2 § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB will Vorhaben der dort näher bezeichneten Art privilegieren, die singulären Charakter haben, jedenfalls nicht in einer größeren Zahl zu erwarten sind und für die deshalb nicht planerisch vorausschauend geeignete Standorte ausgewählt werden müssen, sondern eine Beurteilung des Einzelfalls am Maßstab öffentlicher Belange den Erfordernissen einer geordneten städtebaulichen Entwicklung genügt (hier verneint für Landwirtschaftlich-tiertherapeutische Einrichtung für an Demenz erkrankte Personen). (redaktioneller Leitsatz)
Verfahrensgang
M 1 K 13.5486 2014-04-15 Urt VGMUENCHEN VG München
Tenor
I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Die Kläger tragen die Kosten des Zulassungsverfahrens als Gesamtschuldner. Die Beigeladene trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 20.000 Euro festgesetzt.
Gründe
I.
Die Kläger, die ein Altenpflegeheim betreiben, begehren die Erteilung eines Vorbescheids für ein im Außenbereich in ca. 2 Kilometer Entfernung geplantes landwirtschaftlich-tiertherapeutisches Vorhaben sowie die Erteilung einer Baugenehmigung für ein diesem Vorhaben zugeordnetes Brennholzlager mit Tierunterstand. Die Errichtung der zukunftsorientierten therapeutischen Einrichtung für insbesondere an Demenz erkrankte Personen bezweckt im Wesentlichen die Förderung der Mobilität pflegebedürftiger Personen. Auf dem für das Vorhaben vorgesehenen Grundstück ist gegenwärtig ein Freilaufstall mit einer Kubatur von ca. 200 m³ vorhanden. Nach der geplanten Erweiterung sollen Gebäude mit einem Volumen von ca. 1.800 m³ entstehen.
Die Verpflichtungsklage hat das Verwaltungsgericht mit Urteil vom 15. April 2014 abgewiesen. Die Vorhaben seien bauplanungsrechtlich nach § 35 BauGB unzulässig. Es liege weder eine Privilegierung nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB, noch nach § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB vor. Denn die Vorhaben könnten auch im Innenbereich ausgeführt werden. Zudem liege trotz der Erklärung der Kläger, auch anderen demenzkranken Personen oder Kindern aus Kindergärten oder besonderen Schulen ohne finanzielle Hürden Zugang zu gewähren, eine individuelle und die Allgemeinheit insoweit ausschließende Nutzung des Außenbereichs vor. Die Vorhaben lösten auch eine Bezugsfallwirkung aus. Eine Bejahung des § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB ergebe sich auch nicht aus der Ausnutzung der (aufgegebenen) landwirtschaftlichen Nutzung, da § 35 Abs. 4 BauGB nur in ausgewählten Einzelfällen die Nutzungsänderung oder Wiederherstellung von Gebäuden im Außenbereich begünstige. Auch als „sonstiges Vorhaben“ im Sinn des § 35 Abs. 2 BauBG könnten die Vorhaben nicht zugelassen werden, da öffentliche Belange im Sinn des § 35 Abs. 3 BauGB beeinträchtigt würden.
Die Kläger beantragen, die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts zuzulassen. Unter Berufung auf sämtliche Zulassungsgründe tragen sie im Wesentlichen vor, dass das Verwaltungsgericht die Tatbestandsvoraussetzungen des § 35 Abs. 1 Nr. 4 und Abs. 2 BauGB verkannt habe. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils lägen insbesondere darin begründet, dass das Verwaltungsgericht verkannt habe, dass die Vorhaben eine sog. Innenbereichsunverträglichkeit aufweisen würden. Das Gesamtkonzept sehe die Schaffung einer sozialen Landwirtschaft vor und sei nicht lediglich förderlich und wünschenswert. Zudem stelle es nicht nur eine bloße Verwirklichung von Individualinteressen dar und würde bereits vorhandene Gebäude nutzen. Das Verwaltungsgericht habe zudem weder einen Augenschein noch Ermittlungen zur Genehmigungslage der bestehenden Gebäude durchgeführt, sodass auch der Zulassungsgrund der besonderen rechtlichen Schwierigkeiten begründet sei. Im Hinblick auf die grundsätzliche Bedeutung sei zum einen klärungsbedürftig, ob einem Bauvorhaben, das nachweislich einem Allgemeininteresse diene, allein deshalb die bauplanungsrechtliche Privilegierung im Sinn des § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB abgesprochen werden könne, weil es nicht in jeder Hinsicht eine uneingeschränkte Zugänglichkeit für die Allgemeinheit eröffne. Zum anderen sei klärungsbedürftig, ob § 35 Abs. 4 BauGB ausschließe, dass im Rahmen der anzustellenden wertenden Betrachtung bei der Prüfung des § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB vorhandener Bautenbestand zugunsten eines nach § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB zu beurteilenden Vorhabens herangezogen werden solle. Das Verwaltungsgericht weiche zudem in seinem Urteil von der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ab, wonach die Verfolgung partieller Individualinteressen im Zusammenhang mit der Umsetzung eines Vorhabens nach § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB kein Ausschlusskriterium für eine planungsrechtliche Zulässigkeit nach dieser Vorschrift sei. Ferner liege ein Verstoß gegen die Aufklärungspflicht vor, da das Verwaltungsgericht trotz des Bestreitens der Kläger nicht aufgeklärt habe, ob tatsächlich Innenbereichsgrundstücke im Gemeindegebiet zur Verfügung stünden und trotz eines entsprechenden Antrags im Schriftsatz vom 21. Februar 2014 keinen Augenschein durchgeführt habe. Auch sei nicht ausreichend ermittelt worden, ob die vorhandenen Bestandsbauten, die auf eine landwirtschaftliche Privilegierung des Voreigentümers zurückgingen, genehmigt seien oder hätten verfahrensfrei errichtet werden können.
Der Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil.
Wegen der weiteren Einzelheiten und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge sowie die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.
II.
Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg, weil die geltend gemachten Zulassungsgründe nicht vorliegen (§ 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO).
1. An der Richtigkeit des angegriffenen Urteils bestehen keine ernstlichen Zweifel im Sinn von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Ernstliche Zweifel im Sinn dieser Vorschrift, die die Zulassung der Berufung rechtfertigen, sind zu bejahen, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung des Verwaltungsgerichts mit schlüssigen Argumenten in Frage gestellt wird (vgl. BVerfG, B.v. 20.12.2010 – 1 BvR 2011/10 – NVwZ 2011, 546) und die Zweifel an der Richtigkeit einzelner Begründungselemente auf das Ergebnis durchschlagen (vgl. BVerwG, B.v. 10.03.2004 – 7 AV 4/03 – DVBl 2004, 838). Das ist nicht der Fall. Das Verwaltungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass die Vorhaben der Kläger – die geplante kombinierte landwirtschaftlich-tiertherapeutische Einrichtung einschließlich des Brennholzlagers – weder aufgrund des § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB (1.1) noch als sonstiges Vorhaben im Sinn des § 35 Abs. 2 BauGB (1.2) bauplanungsrechtlich zulässig sind.
1.1 Nach § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB – allein diese Vorschrift könnte im vorliegenden Fall als Privileg einschlägig sein – ist im Außenbereich ein Vorhaben bevorzugt zulässig, wenn es „wegen seiner besonderen Anforderungen an die Umgebung, wegen seiner nachteiligen Wirkung auf die Umgebung oder wegen seiner besonderen Zweckbestimmung nur im Außenbereich ausgeführt werden soll“. Diese Voraussetzungen erfüllen die von den Klägern geplanten Vorhaben nicht.
1.1.1 Denn unabhängig von der Frage, ob ein Vorhaben bei der gebotenen konkreten Betrachtungsweise „nur“ im Außenbereich ausgeführt werden kann, verlangt der Privilegierungstatbestand des § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB zusätzlich, dass das Vorhaben auch im Außenbereich ausgeführt werden „soll“. Das Tatbestandsmerkmal des „Sollens“ setzt eine Wertung voraus, ob das Vorhaben in einer Weise billigenswert ist, die es rechtfertigt, es bevorzugt im Außenbereich zuzulassen. Diese Einschränkung ergibt sich aus der im Vergleich zu den übrigen Fallgruppen des § 35 Abs. 1 BauGB tatbestandlichen Weite der Vorschrift, die durch erhöhte Anforderungen an die im Gesetz umschriebenen Privilegierungs-voraussetzungen auszugleichen ist. Denn nur so lässt sich das gesetzgeberische Ziel erreichen, den Außenbereich, der der Land- und Forstwirtschaft sowie der Erholung für die Allgemeinheit dient, vor einer unangemessenen Inanspruchnahme zu schützen. § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB will Vorhaben der dort näher bezeichneten Art privilegieren, die singulären Charakter haben, jedenfalls nicht in einer größeren Zahl zu erwarten sind und für die deshalb nicht planerisch vorausschauend geeignete Standorte ausgewählt werden müssen, sondern eine Beurteilung des Einzelfalls am Maßstab öffentlicher Belange den Erfordernissen einer geordneten städtebaulichen Entwicklung genügt (vgl. BVerwG, B.v. 2.3.2005 – 7 B 16.05 – juris Rn. 7 unter Hinweis auf das Urteil vom 16.6.1994 – 4 C 20.93 – BVerwGE 96, 95 m.w.N.). Zudem ist ein Rechtfertigungsgrund für die mit einer Privilegierung verbundene Durchbrechung der Gleichbehandlung dann nicht gegeben, wenn das Vorhaben vornehmlich dazu dient, individuelle Bedürfnisse zu befriedigen. Die Verfolgung individueller Interessen schließt eine Privilegierung freilich nicht aus, wenn die Verwirklichung des Vorhabens zugleich auch im überwiegenden öffentlichen Interesse liegt (vgl. BVerwG, U.v. 4.11.1977 – IV C 30.75 – BauR 1978, 118). Hiervon kann indes noch keine Rede sein, wenn der mit dem Vorhaben verfolgte Zweck zwar billigenswert, ja sogar allgemein erwünscht, die damit verbundene bauliche Verfestigung jedoch als außenbereichsinadäquat zu qualifizieren ist (vgl. BVerwG, U.v. 16.6.1994 a.a.O.; U.v. 14.3.1975 – IV C 41.73 – BVerwGE 48, 109; U.v. 3.5.1974 – IV C 10.71 – BauR 1974, 328).
Nach diesen Grundsätzen lässt sich die geplante landwirtschaftlich-tiertherapeutische Einrichtung nicht den Vorhaben zurechnen, die im Sinn des § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB im Außenbereich ausgeführt werden sollen. Es mag richtig sein, dass die streitgegenständliche Einrichtung im Außenbereich „besonders gut“ zu verwirklichen ist. Unter Berücksichtigung der sich aus dem vorgelegten Therapiekonzept ergebenden Zweckbestimmung des Vorhabens, insbesondere die Mobilität der pflegebedürftigen Personen zu fördern sowie u.a. die Lebensqualität zu verbessern und den Einsatz von Psychopharmaka zu reduzieren sowie des in den Blick genommenen Bildungszwecks u.a. für Schüler wird deutlich, dass eine Vielzahl von Vorhaben dieser oder ähnlicher Art privilegiert sein müssten, wenn man eine Privilegierung des hier in Rede stehenden Vorhabens im Sinn des § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB anerkennen müsste. Dies würde jedoch – wie vorstehend ausgeführt – zu einer dem Gesetzeszweck widersprechenden Ausweitung des Privilegierungstatbestands des § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB auf dann bevorrechtigte Erholungsstätten für einen bestimmungsgemäß mehr oder weniger begrenzten Personenkreis führen. Denn entgegen der Ansicht der Kläger führt auch nicht die für die Betreuung pflegebedürftiger Personen sowie den Betrieb der geplanten Einrichtung zweifelsfrei erforderliche Fachausbildung und Qualifikation der Betreuer per se zu einer Beschränkung und damit zur erforderlichen Singularität. Denn diese Voraussetzungen können nicht nur die Kläger, sondern auch eine Vielzahl anderer Personen oder Betreiber von gleichermaßen ausgerichteten Einrichtungen oder sonstige qualifizierte Dritte erfüllen. Wie die Kläger zutreffend ausgeführt haben, ist angesichts der Zunahme der an Demenz erkrankten Personen mit einer verstärkten Neuausrichtung der Pflege zu rechnen. Dabei ist auch in den Blick zu nehmen, dass die Einrichtung, die primär auf die Pflege ausgerichtet ist, durch die Erweiterung des Personenkreises die besondere Erholungseignung des Standorts auch in gewisser Weise ausnutzt, um die Nachfrage beispielsweise von Schulklassen überhaupt erst zu erzeugen (vgl. BVerwG, B.v. 6.9.1999 – 4 B 74.99 – NVwZ 2000, 678). Auch der in diesem Zusammenhang erfolgte Hinweis der Kläger auf das Vorliegen der infrastrukturellen Voraussetzungen – hier die räumliche Nähe zu dem ehemaligen landwirtschaftlichen Betrieb – sowie auf eine Vorbelastung der Umgebung durch ein Wohnhaus und einen Gartenbaubetrieb mit Wohnhaus führt nicht zu einer für sie günstigen Bewertung.
Schließlich kann weder die geplante Schaffung einer „sozialen Landwirtschaft“, die in ihrer Ausrichtung der Verwirklichung anerkannter Therapiekonzepte mit entsprechendem Landwirtschafts- und Naturbezug dienen soll, noch Art. 4 der Europäischen Charta der Rechte und Pflichten älterer hilfs- und pflegebedürftiger Menschen, der die Position der pflegebedürftigen Menschen stärken soll, als Indiz für einen Privilegierungswillen des Gesetzgebers gewertet werden. Denn daraus ergibt sich keine unmittelbare oder mittelbare Einwirkung auf die bauplanungsrechtliche Situation.
Aus den vorstehenden Erwägungen ergibt sich, dass es entgegen den Ausführungen der Kläger auf die Frage, ob eine zur Versagung der Privilegierung führende Beschränkung des Kreises der Benutzer vorliegt, nicht entscheidungserheblich ankommt (vgl. dazu BVerwG, B.v. 9.5.2012 – 4 B 10.12 – BauR 2012, 1360 zu den Voraussetzungen des Vorliegens eines überwiegenden allgemeinen Interesses im Zusammenhang mit der Zulässigkeit von Schießplätzen und Schießständen im Außenbereich; U.v. 16.6.1994 a.a.O.; U.v. 4.11.1977 a.a.O.). Gleichermaßen kommt es auf die von den Klägern weiter aufgeworfene Frage, ob sie auf einen Standort im Innenbereich verwiesen werden könnten oder gemäß ihrem Vorbringen eine sog. Innenbereichsunverträglichkeit vorliegt (vgl. dazu BVerwG, U.v. 7.5.1976 – IV C 62.74 – BauR 1976, 347), nicht entscheidungserheblich an. Eine weitere Aufklärung ist daher nach Auffassung des Senats weder erforderlich noch geboten.
1.1.2 Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Umstand, dass das geplante Therapieprojekt eine vorhandene Bebauung teilweise nutzt. Die Ausführungen des Verwaltungsgerichts, eine aufgegebene (landwirtschaftliche) Nutzung präge den Außenbereich grundsätzlich nicht, sind nicht zu beanstanden (vgl. BayVGH, U.v. 8.12.2009 – 2 B 09.2257 – BayVBl 2010, 565). Ungeachtet dessen, dass die Kläger sich dazu nicht verhalten, scheidet eine Begünstigung nach § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 BauGB jedenfalls unabhängig von dem Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen dieser Vorschrift, die den Strukturwandel in der Landwirtschaft erleichtern soll (vgl. BVerwG, U.v. 18.8.1982 – 4 C 33.81 – NJW 1983, 516), schon deshalb aus, weil es sich bei den Vorhaben der Kläger um überwiegend neu errichtete und wesentlich größere Gebäude handelt.
1.2 Das Urteil des Verwaltungsgerichts begegnet auch nicht insoweit ernstlichen Zweifeln an seiner Richtigkeit, als es eine Beeinträchtigung öffentlicher Belange durch die als sonstige Vorhaben im Sinn von § 35 Abs. 2 BauGB anzusehenden Bauvorhaben feststellt. Die Vorhaben widersprechen den Darstellungen des Flächennutzungsplans, der im fraglichen Bereich eine Fläche für die Landwirtschaft ausweist (§ 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BauGB). Der von den Klägern vorgetragene „landwirtschaftliche Charakter“ der Vorhaben vermag daran nicht zu ändern. Denn bei den Vorhaben, die im Wesentlichen die beiden Gewächshäuser sowie den Stall und den überdachten Bewegungs Platz für Tiere umfassen, handelt es sich erkennbar nicht um eine landwirtschaftliche Nutzung. Sie beeinträchtigen zudem die natürliche Eigenart der Landschaft (§ 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 Alt. 4 BauGB). Aufgrund der vorliegenden Unterlagen kann auch ohne Durchführung eines Ortstermins festgestellt werden, dass die natürliche Eigenart der Landschaft in diesem Bereich durch landwirtschaftliche Nutzung als Feldflur und Wald und einem (ehemaligen) landwirtschaftlichen Gebäude geprägt ist. Die geplanten Vorhaben erweisen sich demgegenüber als störender Fremdkörper. Die beabsichtigte massive Erweiterung des ehemaligen landwirtschaftlichen Gebäudes, das gegenwärtig als Freilaufstall genutzt wird, lässt befürchten, dass weitere Bauwünsche im näheren Umfeld des Baugrundstücks oder auf dem Baugrundstück selbst aufkommen und damit die Erweiterung einer Splittersiedlung droht (§ 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 BauGB). Das Gesamtprojekt beruht nach den vorgelegten Unterlagen entgegen der Auffassung der Kläger auch nicht zu einem wesentlichen Teil auf Bestandsgebäuden zur Tierhaltung. Denn die Bauvorhaben sollen maßgeblich gerade nicht auf dem Grundstück ausgeführt werden, auf dem das Bestandsgebäude der (ehemaligen) landwirtschaftlichen Hofstelle steht. Eine entsprechende Privilegierung der Vorhaben durch Erweiterung des Garten-, Gemüse- und Obstanbaus auf therapeutischer Basis ist – wie vorstehend unter Nummer 1.1 ausgeführt – nicht gegeben.
2. Aus den vorstehenden Erwägungen ergibt sich zugleich, dass die Streitsache keine besonderen tatsächlichen und rechtlichen Schwierigkeiten im Sinn von § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO aufweist, die eine Zulassung der Berufung erforderlich machen würden. Auch das Vorbringen der Kläger, tatsächliche Schwierigkeiten ergäben sich aufgrund der Unsicherheit über den Gebäudebestand vor Ort, da das Verwaltungsgericht ihren Sachvortrag übergangen und keinen Ortstermin anberaumt habe, kann eine Zulassung der Berufung nicht rechtfertigen. Die Einwände beschränken sich darauf, dem Verwaltungsgericht vorzuhalten, bestimmte tatsächliche Umstände übersehen oder nicht im Sinn der Kläger gewertet zu haben. Auf die Genehmigungslage der Gebäude kommt es jedoch – wie vorstehend unter Nummer 1 ausgeführt – nicht entscheidend an.
3. Die Rechtssache hat auch keine grundsätzliche Bedeutung (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO). Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache, wenn eine im Zulassungsantrag formulierte Rechts- oder Tatsachenfrage für die Entscheidung des Rechtsstreits von Bedeutung, bislang höchstrichterlich oder obergerichtlich nicht geklärt und über den zu entscheidenden Einzelfall hinaus relevant ist; die Frage muss ferner im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder der Fortentwicklung des Rechts einer berufungsgerichtlichen Klärung zugänglich sein und dieser Klärung auch bedürfen (vgl. BVerwG, B.v. 30.3.2005 – 1 B 11.05 – NVwZ 2005, 709; B.v. 9.6.1999 – NVwZ 1999, 1231). Die vom Kläger als grundsätzlich bedeutsam aufgeworfenen Fragen stehen sämtlich im Zusammenhang mit der Auslegung der Tatbestandsmerkmale des § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauBG, u.a. auch im Hinblick auf § 35 Abs. 4 BauGB und einem insoweit vorhandenen Bautenbestand. Ungeachtet dessen, dass die Kläger im Rahmen der Frage der Zugänglichkeit des Vorhabens für die Allgemeinheit ein nachweisliches Allgemeininteresse nur behaupten, ist diese Rechtsfrage aus den vorstehend unter Nummer 1 ausgeführten Gründen nicht entscheidungserheblich (vgl. BVerwG, B.v. 30.3.2005 a.a.O.). Ebenso kommt es auf die Frage, ob bei der Prüfung der Tatbestandsmerkmale des § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB die Wertung eines vorhandenen Bautenbestands durch § 35 Abs. 4 BauGB ausgeschlossen sein könnte, nicht an, da die Voraussetzungen des § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 BauGB nicht vorliegen.
4. Die Berufung ist nicht wegen einer Divergenz nach § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO zuzulassen. Der Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO setzt voraus, dass das angefochtene Urteil mit einem seine Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz von einem eben solchen Rechtssatz eines in der Vorschrift genannten Gerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht. Im Zulassungsantrag muss ein abstrakter Rechtssatz des angefochtenen Urteils herausgearbeitet werden und einem Rechtssatz des anderen Gerichts unter Darlegung der Abweichung gegenüber gestellt werden (vgl. BVerwG, B.v. 11.8.1998 – 2 B 74.98 – NVwZ 1999, 406; B.v. 28.1.2004 – 6 PB 15.03 – NVwZ 2004, 889; B.v. 26.6.1995 – 8 B 44.95 – Buchholz 310 § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO Nr. 2). Das Verwaltungsgericht hat vorliegend – insbesondere zur Frage der Verfolgung partieller Individualinteressen im Zusammenhang mit der Umsetzung eines Vorhabens nach § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB – bereits keinen Obersatz aufgestellt, der im Widerspruch zu der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 16. Juni 1994 (4 C 20.93 – BVerwGE 96, 95) steht. Insoweit kleidet der Zulassungsantrag seine Kritik an dem angefochtenen Urteil lediglich in das Gewand einer Divergenzrüge.
Im Übrigen widerspricht das angefochtene Urteil ausweislich der vorstehenden Ausführungen unter Nummer 1 nicht der angeführten Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts.
5. Die Berufung ist auch nicht wegen eines Verfahrensfehlers zuzulassen (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO). Die im Zusammenhang mit der Frage einer vorrangigen Innenbereichsverwirklichung der Vorhaben und der Unterlassung der Durchführung eines Ortstermins erhobene Aufklärungsrüge (§ 86 Abs. 1 VwGO) entbehrt nach den Ausführungen unter Nummer 1 jeder Grundlage. Denn auf die Frage einer vorrangigen Innenbereichsverwirklichung der Vorhaben kommt es vorliegend aufgrund der fehlenden Singularität der Vorhaben nicht entscheidend an. Gleiches gilt – unabhängig davon, dass die Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht keinen förmlichen Beweisantrag zur Durchführung eines Ortstermins gestellt haben – für die rechtliche Bewertung der Bestandsbauten sowie für die Beurteilung der Vorbelastung des Außenbereichs
Die Kläger haben die Kosten des Zulassungsverfahrens als Gesamtschuldner zu tragen, weil ihr Rechtsmittel erfolglos geblieben ist (§ 154 Abs. 2, § 159 Satz 2 VwGO). Es entspricht der Billigkeit, dass die Beigeladene ihre außergerichtlichen Kosten selbst trägt, weil sie sich im Zulassungsverfahren nicht geäußert hat (§ 162 Abs. 3 VwGO).
Die Festsetzung des Streitwerts für beide Vorhaben beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 3 und Abs. 1 Satz 1 sowie § 52 Abs. 1 GKG.
Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).