Baurecht

Keine Rechtsverletzung eines Landwirts durch erteilte Baugenehmigung im Außenbereich

Aktenzeichen  9 CS 16.1139

Datum:
2.9.2016
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO VwGO § 42 Abs. 2
BauGB BauGB § 35 Abs. 1

 

Leitsatz

Nachbarschutz aus den Vorschriften des Bauplanungsrechts kann grundsätzlich nur der jeweilige – zivilrechtliche – Eigentümer eines benachbarten Grundstücks in Anspruch nehmen, nicht aber der nur obligatorisch zur Nutzung des benachbarten Grundstücks Berechtigte. (redaktioneller Leitsatz)
Vorhaben im Außenbereich müssen auf das Interesse eines Landwirts, seinen Betrieb in den Außenbereich hinein zu erweitern, jedenfalls dann keine Rücksicht nehmen, wenn das Erweiterungsinteresse vage und unrealistisch ist. Aus dem Umstand, dass nach § 35 Abs. 1 BauGB privilegierte bauliche Nutzungen generell dem Außenbereich zugewiesen sind, folgt nicht, dass ein entsprechender Nutzungswunsch eines Landwirts allein schon die Qualität eines Rechts besitzt und deshalb eine mit ihm unvereinbare andere bauliche Nutzung ausschließt.  (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

AN 3 S 16.616 2016-05-11 Bes VGANSBACH VG Ansbach

Tenor

I.
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
II.
Die Antragsteller haben die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen als Gesamtschuldner zu tragen.
III.
Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 3.750 Euro festgesetzt.

Gründe

I. Die Antragsteller wenden sich … Inhaber bzw. Leiter eines landwirtschaftlichen, derzeit viehlosen Betriebs gegen die der Beigeladenen vom Landratsamt E. erteilte bauaufsichtliche Genehmigung vom 22. Dezember 2015 für den Neubau eines Einfamilienwohnhauses auf einer Teilfläche des Grundstück FlNr. 495 (alt; nunmehr FlNr. 495/2) Gemarkung B. (Baugrundstück).
Das Baugrundstück liegt im Geltungsbereich der Einbeziehungs- und Abrundungssatzung „A.“ im Ortsteil M. der Stadt H., die am 18. Dezember 2015 in Kraft trat; gegen diese Satzung haben die Antragsteller Normenkontrollantrag gestellt (Az.: 9 N 16.302). Etwa 85 m südlich des Baugrundstücks liegt die im Eigentum der Antragstellerin zu 2 stehende Hofstelle, sowie im weiteren Umgriff des Baugrundstücks unbebaute Landwirtschaftsflächen der Antragsteller. Für das westlich vom Baugrundstück liegende landwirtschaftlich genutzte Grundstück der Antragstellerin zu 2 FlNr. 499 wurde dem Antragsteller zu 1 am 29. Oktober 1997 ein Vorbescheid für die Errichtung eines Rinderstalls erteilt. Der im Lageplan zum Vorbescheid mit einem „X“ gekennzeichnete Standort für dieses Stallgebäude liegt etwa 100 m vom Baugrundstück entfernt.
Gegen die der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung vom 22. Dezember 2015, die den Antragstellern nicht zugestellt worden war, haben die Antragsteller am 2. März 2016 Klage erhoben, über die noch nicht entschieden wurde (Az.: AN 3 K 16.00436). Am 14. April 2016 beantragten die Antragsteller, die aufschiebende Wirkung ihrer Klage anzuordnen. Das Verwaltungsgericht lehnte den Eilantrag mit Beschluss vom 11. Mai 2016 in der Sache ab. Es könne offen bleiben, ob das Baugrundstück im Geltungsbereich einer wirksamen Ergänzungssatzung errichtet werde und deshalb nach § 34 BauGB zu beurteilen sei oder – im Fall der Unwirksamkeit der Satzung – im Außenbereich nach § 35 BauGB. In beiden Fällen könnten sich Abwehrrechte der Antragsteller nur aus dem planungsrechtlichen Gebot der Rücksichtnahme ergeben. Eine Verletzung des Rücksichtnahmegebots sei nicht ersichtlich. Dem noch nicht verwirklichten Erweiterungsinteresse des Antragstellers zu 1 sei angesichts der konkreten Umstände ein geringeres Gewicht beizumessen, als wenn die Ausnutzung des vorhandenen Bestands nachhaltig erschwert würde.
Mit ihrer Beschwerde verfolgen die Antragsteller ihr Begehren weiter. Sie sind der Ansicht, das im Außenbereich geplante Vorhaben sei rechtswidrig, weil es die Erweiterungsabsichten ihres landwirtschaftlichen Betriebs vereitle. Der Antragsteller zu 1 führe den elterlichen Betrieb als Vollerwerbslandwirt weiter. Seine Erweiterungspläne seien abwägungsbeachtlich. Wenn dessen Interessen im Bebauungsplanverfahren hätten beachtet werden müssen, so müssten sie auch im Fall der bauaufsichtlichen Genehmigung eines Wohnhauses im Außenbereich berücksichtigt werden. Die von den Antragstellern dargelegten Pläne seien nicht unklar, unverbindlich oder vage. Der Antragsteller zu 1 habe durch eidesstattliche Versicherung vom 10. Mai 2016 glaubhaft gemacht, dass er seinen nach den Bioland-Richtlinien zertifizierten Betrieb nur dann wirtschaftlich sinnvoll nutzen könne, wenn die Flächen zur Mast eigener Tiere dienten. Er sei dringend darauf angewiesen, auf den Flächen der Antragstellerin zu 2 Gebäude zu errichten, um dort Rinder- und Schweinehaltung betreiben zu können und Stellfläche sowie Lagerfläche zu gewinnen. Bereits im Jahr 2003 habe der Bioland Erzeugerring auf die Notwendigkeit der Weiterführung des vor 25 Jahren auf Biolandbau umgestellten Betriebs mit Tierhaltung hingewiesen (vgl. Schreiben des Bioland Erzeugerrings v. 16. Juni 2003). Einen entsprechenden Versuch habe der Antragsteller zu 1 schon im Vorbescheidsverfahren aus dem Jahr 1997 unternommen. Da ihm jedoch die zur Wurstherstellung notwendige Schweinehaltung vom Landratsamt untersagt worden sei, habe er sein Vorhaben vorläufig nicht weiterverfolgt. Die Notwendigkeit der Tierhaltung habe aber stets bestanden und sie bestehe noch. Die bislang vom Antragsteller zu 1 genutzte Hofstelle in M. sei für heutige betriebliche Anforderungen, aber auch für die derzeitige Heugewinnung zu klein. Insoweit bestehe der konkrete Plan, an der hierfür geeigneten Ostseite des Grundstücks FlNr. 499 eine Teilauslagerung seines Betriebs vorzunehmen. Hierzu werde eine Bauvoranfrage eingereicht (vgl. Anlage K14, „Katasterplan aus Bauvoranfrage“). Auch das Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten habe am 24. März 2015 im Aufstellungsverfahren zur Ortsabrundungssatzung „A.“ auf die Erweiterungsabsichten hingewiesen. Der Antragsteller zu 1 habe darauf vertraut, dass seine Erweiterungsabsichten in diesem Aufstellungsverfahren berücksichtigt würden. Durch die Etablierung von zwei Wohnhäusern (vgl. auch Verfahren 9 CS 16.1138) seien die Interessen der Antragsteller daran, den landwirtschaftlichen Betrieb überlebensfähig zu halten, beeinträchtigt. Die Bewohner dieser Wohnhäuser würden sich gegen Immissionen von den ausgelagerten Stallungen zu wehren versuchen und sich auf das Schutzniveau eines Wohngebiets berufen. Das (bestehende) Anwesen M. liege südöstlich des geplanten Erweiterungsstandorts, das gegenständliche Wohnhaus östlich, weshalb letzteres durch den vorherrschenden Westwind stärker betroffen sei. Bei Realisierung der genehmigten Wohnhäuser wären die Erweiterungsinteressen der Antragsteller beeinträchtigt, aber auch die aktuelle Hofstelle Einschränkungen unterworfen.
Die Antragsteller beantragen,
den Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 11. Mai 2016 aufzuheben und die aufschiebende Wirkung ihrer Klage gegen die am 22. Dezember 2015 erteilte Baugenehmigung anzuordnen.
Der Antragsgegner beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Die Realisierung der von den Antragstellern eingewandten Erweiterungsabsicht sei völlig ungewiss. Der 1997 erlassene Vorbescheid sei längst erloschen. Seit dem Schreiben des Bioland Erzeugerrings von 2003 seien mehr als 13 Jahre vergangen. Diese Zeiträume seien auch vor dem Hintergrund zu sehen, dass der Antragsteller zu 1 seinen Betrieb vor 25 Jahren auf Biolandbau umgestellt habe. Es sei nicht nachvollziehbar, dass der Antragsteller zu 1 offensichtlich seit mehr als einem Jahrzehnt in Kenntnis einer bereits 2003 für erforderlich erachteten Tierhaltung diese immer noch nicht aufgenommen habe und bisher noch nicht einmal konkretere Planungen dargelegt, geschweige denn die für eine Genehmigung erforderlichen Pläne eingereicht habe. Auch die in der eidesstattlichen Versicherung vom 10. Mai 2016 aufgeführten Planungsabsichten seien im höchsten Maße vage und unsubstantiiert. Nichts anderes ergebe sich aus dem Schreiben des Antragstellers zu 1 an die Stadt H. vom 7. Dezember 2014, in dem er die Ausweisung eines zukunftsfähigen Standorts für eine Betriebserweiterung beantragt habe. Auch hier sei kein fundiertes Betriebskonzept erkennbar, mehr als völlig vage Erweiterungsinteressen seien nicht zu erkennen, es verbleibe bei unklaren Absichtserklärungen. Die geltend gemachte Aufnahme einer Schweinehaltung sei im Vorbescheidsverfahren nicht beantragt worden; dennoch sei darauf hingewiesen worden, dass Schweinehaltung am vorgesehenen Standort aus Gründen des Immissionsschutzes nicht möglich sei. Angesichts dieser Aussage erscheine die vage Planung ohne aktuelle immissionsschutzrechtliche Feststellungen auch unrealistisch. Die Antragsteller hätten auch nicht dargelegt, dass keine Alternativstandorte zur Verfügung stünden. Im Übrigen wäre zu berücksichtigen, dass mögliche Betriebserweiterungen der Antragsteller zunächst auf die vorhandene, wesentlich näher gelegene Bebauung auf FlNr. 492 (Anm.: M.) Rücksicht zu nehmen hätten.
Die Beigeladene beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Die Antragsteller könnten keinen Abwehransprüche geltend machen, weil ihre vermeintlichen Planungsabsichten in höchstem Maße vage und unrealistisch seien. Bestritten werde, dass die Hofstelle für heutige betriebliche Anforderungen zu klein sei. Behauptete Ernte- und Einnahmeverluste aufgrund fehlender überdachter Lagerkapazitäten seien nur vorgeschoben. Dem Antragsteller zu 1 sei die Überdachung eines Fahrsilos genehmigt worden, bei deren Ausführung er ausreichend Lagerkapazitäten schaffen könne.
Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Behördenakten des Landratsamts verwiesen.
II. Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Die von den Antragstellern dargelegten Gründe, auf die die Prüfung im Beschwerdeverfahren beschränkt ist (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), rechtfertigen keine Abänderung des verwaltungsgerichtlichen Beschlusses. Nach der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nur möglichen, aber auch ausreichenden summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage hat das Verwaltungsgericht den Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz zu Recht abgelehnt.
1. Der Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz hinsichtlich des Antragstellers zu 1 dürfte bereits mangels Antragsbefugnis entsprechend § 42 Abs. 2 VwGO unzulässig sein.
Der Antragsteller zu 1 ist nach eigenem Vortrag weder Eigentümer des Grundstücks FlNr. 499, dessen Bebaubarkeit mit landwirtschaftlichen Gebäuden (auch) er mit seinem Antrag gegen die heranrückende Wohnbebauung der Beigeladenen sichern will, noch Eigentümer des Grundstücks FlNr. 488, auf dem sich die Hofstelle befindet. Eine irgendwie geartete, dem Eigentum gleichstehende dingliche Rechtsposition oder eine Nachbarbeeinträchtigung wegen eines ihm gehörenden benachbarten Grundstücks hat der Antragsteller zu 1 nicht eingewandt. Nach gefestigter Rechtsprechung kann Nachbarschutz aus den Vorschriften des Bauplanungsrechts aber grundsätzlich nur der jeweilige – zivilrechtliche – Eigentümer eines benachbarten Grundstücks in Anspruch nehmen (vgl. BVerwG, U. v. 11.5.1989 – 4 C 1/88 – BVerwGE 82, 61 = juris Rn. 43; BVerwG, B. v. 20.4.1998 – 4 B 22/98 – NVwZ 1998, 956 = juris Rn. 7; BayVGH, B. v. 14.7.2015 – 15 ZB 14.1067 – juris Rn. 21; BayVGH, B. v. 11.8.2014 – 15 CS 14.740 – juris Rn. 14 ff.; BayVGH, B. v. 29.1.2010 – 14 CS 09.2821 – juris Rn. 12, jeweils m. w. N.). Der hier offenbar nur obligatorisch zur Nutzung der Grundstücke FlNr. 499 und 488 berechtigte Antragsteller zu 1 kann aus dieser schuldrechtlichen Position grundsätzlich kein öffentlich-rechtliches Abwehrrecht aus den Vorschriften des Bauplanungsrechts herleiten (vgl. BVerwG, B. v. 11.7.1989, a. a. O., juris Rn. 4; BayVGH, B. v. 14.7.2015, a. a. O., Rn. 5, jeweils m. w. N.).
Eine Antragsbefugnis des Antragstellers zu 1 hinsichtlich der der Beigeladenen erteilten Baugenehmigung kann auch nicht aus der Stellung eines Normenkontrollantrags gegen die Einbeziehungs- und Abrundungssatzung „A.“ der Stadt H. hergeleitet werden. Insoweit kann dahinstehen, ob der Antragsteller zu 1 nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO überhaupt antragsbefugt ist. Selbst wenn die Einbeziehungs- und Abrundungssatzung auf seinen Antrag hin aufgehoben würde, hätte dieser Umstand allein keine Bedeutung für die Frage, ob durch die Errichtung des gegenständlichen Wohngebäudes im Plangebiet subjektiv-öffentliche Rechte der Antragsteller verletzt werden (vgl. BayVGH, B. v. 15.7.2015 – 1 CE 15.1226 – juris Rn. 9). Insbesondere hat selbst der Inhaber eines im Außenbereich gemäß § 35 Abs. 1 BauGB privilegiert ansässigen Betriebs weder einen – allgemeinen – Abwehranspruch gegen im Außenbereich unzulässige Nachbarvorhaben noch einen Anspruch auf Bewahrung der Außenbereichsqualität seines Betriebsgrundstücks (BVerwG, B. v. 28.7.1999 – 4 B 38.99 – NVwZ 2000, 552 = juris Rn. 5 m. w. N.).
2. Ob die Darlegungen der Antragsteller es im Übrigen zumindest als möglich erscheinen lassen, dass sie durch die Baugenehmigung in eigenen Rechten verletzt sind, erscheint zwar fraglich, kann vorliegend aber dahinstehen, weil das Verwaltungsgericht ihren Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz – auch hinsichtlich des Antragstellers zu 1 – aus materiell-rechtlichen Gründen zu Recht abgelehnt hat. Das Verwaltungsgericht hat zutreffend ausgeführt, dass eine Rechtsverletzung der Antragsteller durch die erteilte Baugenehmigung selbst dann nicht in Betracht kommt, wenn zu deren Gunsten unterstellt würde, dass die Ortsabrundungssatzung „A.“ unwirksam wäre und das nicht privilegierte Vorhaben im Außenbereich zur Ausführung kommen würde.
a) Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung müssen Vorhaben im Außenbereich auf das Interesse eines Landwirts, seinen Betrieb in den Außenbereich hinein zu erweitern, jedenfalls dann keine Rücksicht nehmen, wenn das Erweiterungsinteresse vage und unrealistisch ist. Aus dem Umstand, dass nach § 35 Abs. 1 BauGB privilegierte bauliche Nutzungen generell dem Außenbereich zugewiesen sind, folgt nicht, dass ein entsprechender Nutzungswunsch eines Landwirts allein schon die Qualität eines Rechts besitzt und deshalb eine mit ihm unvereinbare andere bauliche Nutzung ausschließt. Bei der Bauleitplanung abwägungsbeachtlich ist deshalb zwar das Bedürfnis nach einer künftigen Betriebsausweitung im Rahmen einer normalen Betriebsentwicklung, nicht jedoch eine unklare oder unverbindliche Absichtserklärung hinsichtlich der Entwicklung eines landwirtschaftlichen Betriebes. Erst recht braucht bei der Zulassung eines Vorhabens im Außenbereich nicht schon auf vage Erweiterungsinteressen eines Landwirts Rücksicht genommen zu werden (BVerwG, B. v. 5.9.2000 – 4 B 56.00 – NVwZ-RR 2001, 82 = juris Rn. 7 m. w. N.).
Hiervon ausgehend lag bei der gegebenen Anfechtungssituation im maßgeblichen Zeitpunkt der Baugenehmigungserteilung (vgl. Schmidt in Eyermann, VwGO, 14. Auflage 2014, § 113 Rn. 53 m. w. N.) kein schutzwürdiges Erweiterungsinteresse vor, das eine Rechtsverletzung der Antragsteller durch die angefochtene Baugenehmigung begründen könnte. Auch im Zeitpunkt der Entscheidung über ihre Beschwerde ist kein schützenswertes Erweiterungsinteresse der Antragsteller zu erkennen. Die Antragsteller tragen selbst vor, dass ihre Erweiterungsabsicht bereits seit 1997 bestehe. Dass sie die eingewandte Teilauslagerung ihres landwirtschaftlichen Betriebs seither nicht ins Werk gesetzt haben, zeigt, wie ungewiss dessen zeitnahe Realisierung nach wie vor ist. Auch unter Berücksichtigung des Vortrags der Antragsteller, bei einem landwirtschaftlichen Betrieb würden die Entwicklungen langfristig verlaufen, Strategien müssten über einen langen Horizont entwickelt und mit einem langen Atem umgesetzt werden, ist es weder den von den Erweiterungsinteressen der Antragsteller betroffenen Eigentümern benachbarter Grundstücke noch der Stadt H. als Trägerin der gemeindlichen Planungshoheit zuzumuten, ihre den Erweiterungswünschen der Antragsteller zuwiderlaufenden Nutzungsabsichten bzw. städtebaulichen Planungsabsichten über einen derart langen Zeitraum hinweg zurückzustellen, wie ihn die Antragsteller für sich in Anspruch nehmen.
Davon abgesehen mangelt es der grundlegenden Umstellung ihres landwirtschaftlichen Betriebs auf eine künftige Viehhaltung nach wie vor an einer nach Außen dokumentierten, verlässlichen und hinreichend konkretisierten Planung. Nach Maßgabe des längst erloschenen Vorbescheids vom 29. Oktober 1997 wurde lediglich die Errichtung eines auf 60 Großvieheinheiten beschränkten Rinderstalls für grundsätzlich genehmigungsfähig erachtet. Insoweit wurde ergänzend darauf hingewiesen, dass eine „Schweinehaltung am vorgesehenen Standort aus Gründen des Immissionsschutzes nicht möglich“ sei. Was sich – auch im Fall der Nichtausführung des Wohnhauses der Beigeladenen – hieran geändert haben sollte, ist nicht ersichtlich; der Wunsch, eine Schweinehaltung an der Ostgrenze des Grundstücks FlNr. 499 ausüben zu wollen, erscheint deshalb auch unrealistisch. Das Schreiben der Bioland Erzeugergemeinschaft vom 16. Juni 2003 (Anlage K11) verweist auf nicht näher konkretisierte, mit dem Antragsteller zu 1 durchgesprochene und durchgerechnete Varianten einer möglichen Tierhaltung. Das Schreiben des Antragstellers zu 1 an die Stadtverwaltung vom 7. Dezember 2014 (Anlage K2), in dem er die Ausweisung eines zukunftsfähigen Standorts für eine Betriebserweiterung (Tierhaltung) auf FlNr. 499 beantragt hat, bezieht sich auf die „der Stadt seit 1997 (erste Bauvoranfrage) bekannten Erweiterungsabsichten“. In dem von den Antragstellern in Bezug genommenen „Katasterplan aus Bauvoranfrage“ (Anlage K14) ist an der Ostgrenze des Grundstücks FlNr. 499 ein „Baufenster – Vorschlag“ mit den Außenmaßen von etwa 110 m x 50 m eingezeichnet. Im Schreiben des Amts für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten F. vom 24. März 2015 (Anlage K15) macht dieses als Träger öffentlicher Belange im Rahmen der Stellungnahme zur Ortsabrundungssatzung „A.“ geltend, der Antragsteller zu 1 denke an eine Betriebszweigaussiedlung und sei hinsichtlich des Neubaus eines Außenklimastalles für 300 Mastschweine im östlichen Bereich des Grundstücks FlNr. 499 beraten worden. In der Antragsbegründung vom 14. April 2016 im erstinstanzlichen Verfahren vor dem Verwaltungsgericht wurde vorgetragen, der Antragsteller zu 1 benötige „Stallungen für mehr als 60 Mutterkühe und/oder Schweinemast“ (im weiteren Schriftsatz vom 10. Mai 2016 auf „Stallungen für Rinder und Schweine“). Die Beschwerdebegründung vom 1. Juni 2016 nennt neben den Gebäuden für die Rinder- und Schweinehaltung auch einen Bedarf an Stellfläche für landwirtschaftliche Maschinen und Geräte sowie an Lagefläche für die landwirtschaftlichen Produkte („Heu und Getreide“, „hunderte Quaderballen Heu“, „Erbsen und Sommergerste“) bzw. eine „Teilauslagerung seines Betriebs“. Das mit Schriftsatz vom 20. August 2016 nachgereichte „Beiblatt zur Voranfrage: Errichtung eines Dunglagers“ vom 24. Mai 2016 hat demgegenüber als „Teil eines Gesamtvorhabens“ eine „Freiland-Tierhaltung (Rinder, Schweine, Schafe) auf wechselnden Parzellen der gesamten Flurnummer (Anm.: FlNr. 499), falls erforderlich auch in versetzbaren Unterständen“ zum Gegenstand. Das Dunglager solle danach auch der vorübergehenden oder dauerhaften Unterbringung der Tiere, der Aufnahme von derzeit betriebsfremdem Dung (zunächst 1.200 m³ Pferde- und Schafsdung) bzw. der Herstellung von Bio-Kompost dienen; eine Erweiterung müsse möglich sein. Das Lager solle ebenso wie weitere Gebäude (Lagerhalle für 1.000 Quaderballen Heu, Grummet und Stroh) für die vorübergehende oder dauernde Unterbringung von Tieren geeignet sein; auch eine zeitweise Nutzung als Maschinenhalle werde angestrebt. Die an die Stadt H. gerichtete Voranfrage wurde mit Schreiben vom 1. Juli 2016 mangels Bezug auf ein konkret-individuelles Vorhaben an den Antragsteller zu 1 mit der Bitte um Kenntnisnahme und ggf. Einreichung eines entsprechend abgeänderten Antrags zurückgegeben.
Diese sich im Lauf der Zeit wandelnden und zum Teil widersprechenden Nutzungsvorstellungen der Antragsteller zeigen zwar, dass ihnen seit 1997 eine irgendwie geartete landwirtschaftliche Bebauung im Bereich der Ostgrenze des Grundstücks FlNr. 499 vorschwebt, die in erster Linie der Wiederaufnahme des Betriebszweigs der Tierhaltung dienen soll. An einem hinreichend bestimmbaren Erweiterungsvorhaben der Antragsteller, dem ein nachvollziehbares Betriebskonzept zugrunde liegt, das insbesondere den konkreten Umfang der künftigen Tierhaltung sowie Ausmaß, konkrete Lage und Ausstattung der hierfür erforderlichen Stallungen oder sonstigen Gebäude beschreibt, fehlt es aber nach wie vor. Da die Antragsteller nicht lediglich die Sicherung oder Erweiterung ihres bestehenden landwirtschaftlichen Betriebs durch bauliche Modernisierungsmaßnahmen oder Aufstockung eines vorhandenen Tierbestands einwenden, sondern eine grundlegende betriebliche Umstellung anstreben (vgl. BVerwG, B. v. 5.9.2000, a. a. O.), kann ihr Erweiterungswunsch auch nicht aus dem vorhandenen baulichen Bestand abgeleitet werden. Vor diesem Hintergrund ist das von den Antragstellern vorgebrachte Interesse, den bestehenden landwirtschaftlichen Betrieb zu erweitern, in objektiver Hinsicht allenfalls als vage Absichtserklärung zu bewerten. Das Anfechtungsbegehren der Antragsteller zielt letztlich darauf, vor einer Wohnbebauung im östlichen Umfeld des bislang unbebauten, landwirtschaftlich genutzten Grundstücks FlNr. 499 verschont zu bleiben, um sich Spielräume für dessen bauliche Nutzung offen zu halten, deren Umfang ebenso ungewiss ist wie deren zeitnahe Umsetzung. Das Interesse, sich alle Entwicklungsmöglichkeiten offen zu halten, ist aber schon nicht abwägungsbeachtlich; es muss vielmehr die Entwicklung des landwirtschaftlichen Betriebs entweder bereits konkret ins Auge gefasst sein oder bei realistischer Betrachtung der Entwicklungsmöglichkeiten nahe liegen (vgl. Söfker in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Stand Mai 2016, § 1 Rn. 162 m. w. N.; vgl. auch BVerwG, B. v. 10.11.1998 – 4 BN 44.98 – NVwZ-RR 1999, 423 = juris Rn. 3); daran fehlt es hier. Erst recht kann aus dem vagen Erweiterungsinteresse der Antragsteller kein Rücksichtnahmeverstoß hergeleitet werden (vgl. BVerwG, B. v. 5.9.2000, a. a. O.)
b) Eine weitergehende, dem Vorhaben der Beigeladenen zuzurechnende Nutzungseinschränkung der Hofstelle auf dem Grundstück FlNr. 488 ist angesichts der bereits in der Nachbarschaft vorhandenen Wohnnutzungen nicht ernstlich zu besorgen.
Die Antragsteller haben die Kosten des Beschwerdeverfahrens als Gesamtschuldner zu tragen (§ 154 Abs. 2, § 159 Satz 2 VwGO). Es entspricht billigem Ermessen, die der Beigeladenen im Beschwerdeverfahren entstandenen außergerichtlichen Kosten für erstattungsfähig zu erklären, weil sie im Beschwerdeverfahren einen eigenen Sachantrag gestellt und sich damit einem Kostenrisiko ausgesetzt hat (§ 162 Abs. 3, § 154 Abs. 3 VwGO). Die Streitwertfestsetzung für das Beschwerdeverfahren beruht auf § 47, § 52 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

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