Baurecht

Kfz-Handel im allgemeinen Wohngebiet

Aktenzeichen  AN 9 K 15.02250

Datum:
17.8.2016
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Ansbach
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BauGB BauGB § 30 Abs. 1, § 31 Abs. 1, Abs. 2
BauNVO BauNVO § 4 Abs. 3 Nr. 2

 

Leitsatz

Daran, dass ein Kfz-Handel als nicht störender Gewerbebetrieb zu qualifizieren ist, der gem. § 4 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO im allgemeinen Wohngebiet ausnahmsweise zugelassen werden kann, bestehen erhebliche Zweifel, wenn hierfür auch eine Nutzung von Außenflächen beabsichtigt ist, jedenfalls aber davon ausgegangen werden muss, dass das Grundstück zusammen mit einem noch größeren Nachbargrundstück, auf welchem bereits Autohandel betrieben wird, genutzt werden soll. (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 v. H. des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.

Gründe

Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.
1. Der ablehnende Bescheid der Beklagten ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Ihm steht ein Anspruch auf Erteilung der beantragten Baugenehmigung für die Errichtung der Kfz-Ausstellungshalle auf dem Grundstück … … …, Fl.-Nr. …, der Gemarkung … in der Stadt … ebenso wie der hilfsweise geltend gemachte Anspruch auf Neuverbescheidung nicht zu.
Das beantragte Vorhaben „Errichtung einer Ausstellungshalle für neue und gebrauchte Kraftfahrzeuge“ ist nach Art. 55 Abs. 1 BayBO genehmigungspflichtig, Ausnahmen hiervon nach Art. 57 oder Art. 58 BayBO sind nicht einschlägig.
Nach Art. 68 Abs. 1 Satz 1 1. Hs. BayBO muss die Bauordnungsbehörde die Baugenehmigung erteilen, wenn dem Vorhaben keine öffentlich-rechtlichen Vorschriften entgegenstehen, die im Baugenehmigungsverfahren zu prüfen sind. Einschlägig ist vorliegend das vereinfachte Baugenehmigungsverfahren gemäß Art. 59 BayBO, da es sich bei dem zur Genehmigung gestellten Vorhaben um keinen Sonderbau im Sinne des Art. 2 Abs. 4 BayBO handelt. Prüfungsmaßstab sind daher im Wesentlichen die Vorschriften über die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit (§§ 29 ff. BauGB).
Ein Anspruch des Klägers auf Verpflichtung der Beklagten zur Erteilung der Baugenehmigung scheitert schon daran, dass der Kläger keinen hinreichend bestimmten bzw. vollständigen und damit erst prüffähigen Bauantrag vorgelegt hat. Nach Art. 64 Abs. 2 Satz 1 BayBO hat der Bauherr mit dem Bauantrag alle für die Beurteilung des Bauvorhabens und die Bearbeitung des Bauantrags erforderlichen Unterlagen (Bauvorlagen) einzureichen. Nach § 9 BauVorlV zählt hierzu auch eine Baubeschreibung, in der das Bauvorhaben und seine Nutzung zu erläutern sind, soweit dies zur Beurteilung erforderlich ist und die notwendigen Angaben nicht im Lageplan und den Bauzeichnungen enthalten sind. Eine Baubeschreibung nach amtlichem Vordruck mit Angaben über die Kubatur, die zu verwendenden Baustoffe, die Grundflächen- und die Geschoßflächenzahl sowie die gewerbliche Nutzfläche liegt dem Bauantrag zwar bei. Eine Betriebsbeschreibung fehlt jedoch, so dass es etwa nicht möglich ist, zu erkennen, welche Betriebsabläufe auf dem streitgegenständlichen Grundstück stattfinden sollen und welche Öffnungszeiten der Betrieb haben soll. All dies müsste jedoch bekannt sein, um das Maß der von dem Betrieb zu erwartenden Störungen im Hinblick auf die Gebietsverträglichkeit und die den Nachbarn gegenüber zu nehmende Rücksicht einschätzen zu können. Bezüglich der Flächen des Grundstücks, die tatsächlich als Verkaufsflächen genutzt werden sollen, enthalten die eingereichten Bauvorlagen darüber hinaus widersprüchliche Angaben. Die Bezeichnung des Bauvorhabens stellt lediglich auf die geplante Ausstellungshalle ab, und die Baubeschreibung geht von einer gewerblichen Nutzfläche von 138,82 m² aus, womit wohl die Fläche innerhalb der geplanten Halle abzüglich Teeküche und Toiletten (zusammen 11,12 m²) bezeichnet sein dürfte. Im Grundriss sind westlich und östlich der geplanten Ausstellungshalle Zu- und Abfahrt eingezeichnet und im hinteren Grundstücksbereich neun Stellplätze, so dass jedenfalls dort eine Nutzung als Verkaufsfläche auszuschließen sein dürfte. Die Stellplatzberechnung lässt indes den Schluss zu, dass nicht nur die 150,37 m² große Ausstellungshalle als Verkaufsfläche genutzt werden soll, sondern auch die Außenflächen des Grundstücks. Dort werden unter Anwendung des Berechnungsschlüssels der Stellplatzsatzung der Stadt …, der einen Stellplatz pro 120 m² Bruttogrundfläche und einen Stellplatz pro 150 m² Außenverkaufsfläche fordert, als Bruttogrundfläche 150,37 m² und als Außenverkaufsfläche 375,93 m² zugrunde gelegt. Diese auch durch Auslegung der Bauvorlagen nicht auszuräumenden Mängel stehen einer Baugenehmigung entgegen.
Das streitgegenständliche Bauvorhaben ist aber auch bauplanungsrechtlich unzulässig, da es den Festsetzungen des Bebauungsplans Nr. … der Stadt … vom 20. August 1970 in Bezug auf die Festsetzung der Art der baulichen Nutzung widerspricht. Die Erteilung einer Befreiung gemäß § 31 Abs. 2 BauGB hat die Beklagte zu Recht abgelehnt.
Für bauliche Anlagen im Geltungsbereich eines Bebauungsplans richtet sich die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit nach § 30 Abs. 1 BauGB. Enthält der Bebauungsplan Festsetzungen über die Art und das Maß der baulichen Nutzung, die überbaubaren Grundstücksflächen und die örtlichen Verkehrsflächen, so ist ein Vorhaben zulässig, wenn es diesen Festsetzungen nicht widerspricht und seine Erschließung gesichert ist. Hiervon kann im vorliegenden Fall nicht ausgegangen werden.
Für das streitbefangene Grundstück setzt der Bebauungsplan ein allgemeines Wohngebiet fest. Diese Festsetzung ist – anders als der Kläger meint – nicht unwirksam geworden. Dass Bebauungspläne – insgesamt oder in einzelnen Festsetzungen – grundsätzlich ihre Gültigkeit sowohl durch die Bildung derogierenden Gewohnheitsrechts als auch wegen eines funktionslos gewordenen Inhalts einbüßen können, ist höchstrichterlich anerkannt (vgl. BVerwG, U.v. 10.3.1967 – IV C 87.65 – BVerwGE 26, 282 (284 f.); U.v. 29.4.1977 – IV C 39.75; B.v. 9.10.2003 – IV B 85.03 – juris). An die Funktionslosigkeit und damit Unwirksamkeit einer planungsrechtlichen Festsetzung sind jedoch hohe Anforderungen zu stellen. Sie tritt wegen Funktionslosigkeit außer Kraft, wenn und soweit die Verhältnisse, auf die sie sich bezieht, in der tatsächlichen Entwicklung einen Zustand erreicht haben, der eine Verwirklichung der Festsetzung auf absehbare Zeit ausschließt. Bei der Prüfung darf nicht gleichsam isoliert auf einzelne Grundstücke abgestellt, also die Betrachtung darauf beschränkt werden, ob die Festsetzung hier und dort noch einen Sinn ergibt. Zu würdigen ist vielmehr grundsätzlich die Festsetzung in ihrer ganzen Reichweite, und zu würdigen ist ferner nicht nur die einzelne Festsetzung, sondern auch die Bedeutung, die sie für den Plan in seiner Gesamtheit hat. Hinzu treten muss eine bestimmte Offenkundigkeit und Erkennbarkeit des Mangels, die einem etwa dennoch in die Fortgeltung der Festsetzung gesetzten Vertrauen die Schutzwürdigkeit nimmt (vgl. BVerwG, U.v. 29.4.1977 – IV C 39.75 – juris). Diese Schwelle ist nicht schon dann überschritten, wenn die Festsetzung nicht mehr überall im Plangebiet umgesetzt werden kann, sondern vielmehr erst dann, wenn die tatsächlichen Verhältnisse vom Planinhalt so massiv und so offenkundig abweichen, dass der Bebauungsplan insoweit eine städtebauliche Gestaltungsfunktion unmöglich zu erfüllen vermag. Das setzt voraus, dass die Festsetzungen unabhängig davon, ob sie punktuell durchsetzbar sind, bei einer Gesamtbetrachtung die Fähigkeit verloren haben, die städtebauliche Entwicklung noch in einer bestimmten Richtung zu steuern (vgl. BVerwG, B.v. 9.10.2003 – IV B 85.03; BayVGH, B.v. 4.11.2009 – 9 CS 09.2422 – juris).
Insbesondere aufgrund des Ergebnisses des durchgeführten Augenscheins geht die Kammer davon aus, dass die Festsetzung des allgemeinen Wohngebiets hier weder teilweise, nämlich im Bereich südlich entlang der … Straße und westlich der … Straße oder im Bereich beiderseits der … Straße, noch in seiner Gesamtheit funktionslos geworden ist. Außer Betracht bleiben durfte der Bereich nördlich der … Straße, der außerhalb des Bebauungsplans liegt, sowie das Mischgebiet und das Gewerbegebiet innerhalb des Bebauungsplans Nr. …, weil es für die Frage der Funktionslosigkeit auf die Entwicklung der Zustände im allgemeinen Wohngebiet selbst ankommt und darauf, inwieweit durch sie die Verwirklichung des festgesetzten allgemeinen Wohngebiets unmöglich gemacht wird.
Es gibt keinen allgemeinen Grundsatz, dass die Verwirklichung eines allgemeinen Wohngebiets unmittelbar angrenzend an ein Misch- oder Gewerbegebiet oder an eine mitunter vielbefahrene Straße – wie die … Straße – ausgeschlossen wäre. Die Kammer fand hierfür auch im vorliegenden Fall keine Hinweise. Im festgesetzten allgemeinen Wohngebiet sind hier nach Norden hin zwar entlang der … Straße auch gewerbliche Nutzungen anzutreffen, nämlich insbesondere das … Autohaus der … in der … Straße … bis …, Fl.-Nr. …, und der Kfz-Verkaufsplatz des Klägers in der … Straße …. Selbst wenn die Gebietsverträglichkeit dieser Nutzungen in einem allgemeinen Wohngebiet zweifelhaft erscheinen kann, reicht dies angesichts der daneben vorhandenen Wohnbebauung nicht aus, um die Festsetzung WA auf Dauer als nicht durchsetzbar erscheinen zu lassen. Zudem ist die Baugenehmigung für den Kfz-Verkaufsplatz des Klägers beim Auftreten von Missständen stets widerruflich, so dass hierdurch gerade keine dauerhafte Verfestigung der gewerblichen Nutzung droht. Das …-Autohaus verfügt zwar über eine bestandskräftige Baugenehmigung und ist insofern von Dauer, hat aber nach Überzeugung der Kammer keinen Umfang erreicht, der für sich genommen ausreichen würde, das festgesetzte allgemeine Wohngebiet in dem Bereich südlich entlang der … Straße und westlich der … Straße obsolet erscheinen zu lassen. Hinzu kommt, dass auf dem Grundstück bereits in den 50er Jahren vor Inkrafttreten des Bebauungsplans Nr. … gewerbliche Nutzung stattgefunden hat, und die Beeinträchtigungen, die jetzt von dem Autohaus ausgehen, wohl nicht größer sind als die von der damaligen Kfz-Werkstatt. Die anderen in diesem Bereich angetroffenen gewerblichen Nutzungen (die in einem Wohnhaus untergebrachte Firma …, auf die lediglich ein Briefkastenaufkleber aufmerksam macht, und der vom Kläger behauptete Autohandel in der … Straße … und …, wo jeweils nur ein bzw. zwei abgemeldete Pkw gesehen wurden) sind von ihrem Umfang, den von ihnen zu erwartenden Störungen und ihrer optischen Präsenz untergeordnet, so dass von ihrer Gebietsverträglichkeit ausgegangen werden kann. Diesbezüglich bestehen auch bei den Nutzungen auf dem Hinterliegergrundstück der … Straße … Fl.-Nr. … keine Bedenken, bei der Zahnarztpraxis wegen der Regelung in § 13 BauNVO, dem …, weil er als Anlage für soziale Zwecke einzustufen ist und bei der Zahntechnikerpraxis jedenfalls wegen ihres zu vernachlässigenden Störgrads.
Nimmt man zusätzlich den Bereich beiderseits der … Straße in den Blick, ist von einem Funktionsloswerden der Festsetzung des allgemeinen Wohngebiets auch nicht auszugehen. Die in einem in den Obergeschossen als Wohngebäude genutzten Anwesen in der … Straße …, Fl.-Nr. … untergebrachte Dienstleistungsfirma … ist von ihrer optischen Präsens und ihrem Umfang ebenfalls untergeordnet. Ob die vom Klägervertreter benannten Wochenendhäuser einem allgemeinen Wohngebiet grundsätzlich widersprechen, bedarf keiner tieferen Erörterung – diese befinden sich größtenteils im hinteren Grundstücksbereich, so dass der Bereich innerhalb der Baugrenzen jederzeit mit Wohnhäusern bebaut werden könnte.
Noch weniger spricht dafür, dass die Festsetzung des allgemeinen Wohngebiets in seiner Gesamtheit funktionslos geworden ist. In dem Gebiet, welches im Norden durch die von Nordwest nach Südost verlaufende … Straße begrenzt wird und von der … Straße, der … Straße, der …, der … Straße, der … Straße und der Straße … durchzogen wird, sind zwar über die bereits genannten noch andere gewerbliche Nutzungen vorhanden. Bei dem …-Verkaufsplatz der … in der … Straße …, Fl.-Nr. …, der über eine bestandskräftige Baugenehmigung verfügt, dem Fachgeschäft für Süßwasseraquaristik in der …, und der Spedition … in der … und … ist die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit fraglich. Der Autohandel der … in der … Straße …, Fl.-Nr. …, ist nicht genehmigt, für den vorderen, nördlichen Grundstücksteil besteht eine Nutzungsuntersagung und Beseitigungsanordnung vom 8. Dezember 1999, die von der Beklagten lediglich derzeit nicht vollzogen wird. Die Nutzung des südlichen Grundstücksbereichs als Verkaufsfläche wurde ebenfalls aufgegriffen, zuletzt wurde der Betreiber mit Schreiben vom 22. Juni 2016 unter Androhung eines entsprechenden Bescheids zur Beseitigung der abgestellten Fahrzeuge aufgefordert. Somit kann dieser Betrieb nicht für eine etwaige Funktionslosigkeit des allgemeinen Wohngebiets herangezogen werden, da durch ihn gerade nicht die dauerhafte Verfestigung einer gewerblichen Nutzung droht und die Verwirklichung der planerischen Festsetzung nicht auf Dauer vereitelt wird. Von geringem Umfang sind daneben der Zulassungsdienst … und die Firma … in der … Straße …, die kleine Pizzeria mit Lieferservice in der … Straße … dient der Versorgung des Gebiets und auch die Gärtnerei … in der … Straße … ist als Gartenbaubetrieb im allgemeinen Wohngebiet ausnahmsweise zulässig, so dass auch durch sie die Verwirklichung eines allgemeinen Wohngebiets nicht infrage gestellt wird. Das übrige Gebiet besteht ausschließlich aus zahlreichen Wohngebäuden.
Die Kammer hat jedenfalls aufgrund des bei dem Augenschein gewonnenen Gesamteindrucks keinen Zweifel daran, dass – trotz der zwei genehmigten Autohäuser der … – keine tatsächlichen Zustände erreicht sind, die die Verwirklichung der planerischen Festsetzung eines allgemeinen Wohngebiets auf unabsehbare Zeit ausschließen. Ebenso wenig weichen die tatsächlichen Verhältnisse vom Planinhalt so massiv und so offenkundig ab, dass der Bebauungsplan insoweit seine städtebauliche Gestaltungsfunktion nicht mehr erfüllen könnte. Dies gilt sowohl für das festgesetzte allgemeine Wohngebiet in seiner Gesamtheit als auch für seine genannten Teilbereiche.
Damit richtet sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach der Art der baulichen Nutzung nach den Festsetzungen des Bebauungsplans. Diesen widerspricht es, da ein Kfz-Handel im vorliegenden Ausmaß im allgemeinen Wohngebiet nicht allgemein zulässig ist, was sich hier insbesondere an der von Betrieben dieser Art in ein Wohngebiet getragenen Unruhe ergibt, die sowohl optisch als auch durch Kundenverkehr entsteht, zumal hier mangels konkreter Betriebszeiten und dem Fehlen einer Abgrenzung zum Gehweg hin auch außerhalb der allgemein üblichen Verkaufszeiten mit Besuchern zu rechnen ist.
Eine Zulassung im Wege der Ausnahme gemäß § 31 Abs. 1 BauGB ist nicht möglich. § 4 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO 1968 sieht im allgemeinen Wohngebiet eine ausnahmsweise Zulässigkeit von sonstigen nicht störenden Gewerbebetrieben vor. Hierbei ist grundsätzlich eine typisierende Betrachtungsweise anzuwenden. Diese verbietet sich ausnahmsweise dann, wenn der zu beurteilende Betrieb zu einer Branche gehört, bei der die üblichen Betriebsformen hinsichtlich des Störgrades eine vom nicht wesentlich störenden bis zum störenden oder gar bis zum erheblich belästigenden Betrieb reichende Bandbreite aufweisen. Bei solchen Vorhaben sind der Zulässigkeitsprüfung stets die konkreten Verhältnisse des Betriebs zugrunde zu legen (vgl. BayVGH, B.v. 7.10.2015 – 15 ZB 12.2042). Bei einem Kfz-Handel kann es diese Bandbreite grundsätzlich durchaus geben. Ob das klägerische Vorhaben indes noch als nicht störender Gewerbebetrieb zu qualifizieren ist, kann mangels Betriebsbeschreibung nicht abschließend festgestellt werden. Gleichwohl bestehen hieran erhebliche Zweifel, da der klägerische Bauantrag unter Umständen auch eine Nutzung der Außenflächen des Grundstücks Fl.-Nr. … umfasst, jedenfalls aber davon ausgegangen werden muss, dass es zusammen mit dem noch größeren Nachbargrundstück Fl.-Nr. …, auf welchem der Kläger bereits Autohandel betreibt, genutzt werden soll, da beide Grundstücke erkennbar eine wirtschaftliche und betriebliche Einheit bilden. Die Kammer geht davon aus, dass der geplante Autoverkaufsplatz auch durch seine optische Präsenz eine störende Unruhe in das allgemeine Wohngebiet tragen würde (zu diesem Kriterium vgl. OVG Berlin, U.v. 15.8.2003 – 2 B 19.01).
Auch die – hier im Übrigen gar nicht beantragte – Befreiung von der genannten Festsetzung wurde in rechtlich nicht zu beanstandender Weise von der Beklagten abgelehnt, da sie die Grundzüge der Planung berühren würde. Nach § 31 Abs. 2 BauGB kann von den Festsetzungen eines Bebauungsplans befreit werden, wenn neben weiteren Voraussetzungen die Grundzüge der Planung nicht berührt werden. Was ein Grundzug der Planung ist, lässt sich nicht pauschal sagen, regelmäßig jedoch zählen hierzu die für einen qualifizierten Bebauungsplan im Sinne des § 30 Abs. 1 BauGB erforderlichen Mindestfestsetzungen. Daneben kommt es im Einzelfall darauf an, ob die fragliche Festsetzung Bestandteil eines Plankonzepts ist, das das gesamte Plangebiet oder doch maßgebliche Teile davon gleichsam wie ein roter Faden durchzieht, so dass eine Abweichung zu weitreichenden Folgen führt, oder ob die einzelne Festsetzung entweder gewissermaßen zufällig ist oder aber eine Abweichung von ihr keinen nachhaltigen Eingriff in das Plangefüge zur Folge hätte (vgl. Jäde/Dirnberger/Weiß, BauGB/BauNVO, 7. Aufl., 2013, § 31 BauNVO, Rn. 14). Von einer solchen Berührung der Grundzüge der Planung muss hier ausgegangen werden. Bei der Festsetzung eines allgemeinen Wohngebiets handelt es sich um eine Festsetzung hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung und damit um die letztlich entscheidende Festsetzung für den Charakter des Plangebiets. Auch wenn der Bebauungsplan durch die in seinem nördlichen Bereich, angrenzend an die … Straße, vorhandenen gewerblichen Nutzungen – wie dargestellt – noch nicht funktionslos geworden ist, so würde dennoch jede Neuzulassung eine Verfestigung des eindringenden Gewerbes bedeuten und schließlich doch ein Umkippen des Gebiets drohen.
Vor diesem Hintergrund gehen auch die Einwände des Klägers ins Leere, ihm stehe aufgrund des Gleichbehandlungsgrundsatzes in Art. 3 GG ein Anspruch auf Erteilung der Befreiung zu, und die Beklagte könne nach der Erteilung der Baugenehmigung an die … seinen Bauantrag nicht mehr ermessensfehlerfrei ablehnen. Hier liegen wegen der Berührung der Grundzüge der Planung schon die Tatbestandsvoraussetzungen von § 31 Abs. 2 BauGB nicht vor, so dass für eine Ermessensbetätigung der Beklagten, wo sie sich unter Umständen hätte binden können, kein Raum bleibt.
Die Frage, ob das geplante Vorhaben auch gegen die planerischen Festsetzungen bezüglich der Baugrenze und der Grundflächenzahl verstößt und ob seine verkehrliche Erschließung gesichert ist, kann dahinstehen.
2. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO.
3. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO in Verbindung mit § 709 ZPO.
Rechtsmittelbelehrung
Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zugelassen wird. Die Zulassung der Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils beim Bayerischen Verwaltungsgericht Ansbach,
Hausanschrift:
Promenade 24 – 28, 91522 Ansbach, oder
Postfachanschrift:
Postfach 616, 91511 Ansbach,
schriftlich zu beantragen.
Der Antrag muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist; die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof,
Hausanschrift:
Ludwigstraße 23, 80539 München;
Postfachanschrift:
Postfach 34 01 48, 80098 München, oder in
in Ansbach:
Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach
einzureichen.
Die Berufung ist nur zuzulassen,
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
das Urteil von einer Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, des Bundesverwaltungsgerichts, des gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind Rechtsanwälte oder Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz mit Befähigung zum Richteramt oder die in § 67 Abs. 2 Satz 2 Nrn. 3 bis 7 VwGO bezeichneten Personen und Organisationen zugelassen. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich auch durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen.
Beschluss:
Der Streitwert wird auf 23.000,00 Euro festgesetzt.
(§ 52 Abs. 1 GKG i. V. m. 9.1.2.1 des Streitwertkatalogs 2013)
Rechtsmittelbelehrung
Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200 EUR übersteigt oder die Beschwerde zugelassen wurde.
Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht Ansbach,
Hausanschrift:
Promenade 24 – 28, 91522 Ansbach, oder
Postfachanschrift:
Postfach 616, 91511 Ansbach,
schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.
Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde auch noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.

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