Aktenzeichen 20 B 16.1223
§§ 3, 1 Abs. 3 WAS der Stadt Auerbach i. d. OPf.
§ 8 Abs. 2 BGS-WAS
Leitsatz
1 Für den Begriff “öffentlicher Straßengrund” iSv Art. 9 Abs. 1 BayKAG ist in erster Linie die straßenrechtliche Definition maßgeblich. Wenn der Gesetzgeber des Kommunalabgabenrechts einen vom Straßen- und Wegerecht abweichenden Straßenbegriff hätte verwenden wollen, hätte er dies wegen des aus Art. 20 Abs. 3 GG, Art. 3 Abs. 1 BV folgenden Prinzips der Einheit der Rechtsordnung ausdrücklich klarstellen müssen. (Rn. 19) (redaktioneller Leitsatz)
2 Straßengrund ist der natürlich anstehende Boden (Untergrund) unter künstlich hergestellten Straßenbauteilen wie Straßenunterbau und Fahrbahndecke, aber auch unter weiteren Straßenbestandteilen wie Dämmen, Gräben oder Seitenstreifen (ebenso BayVGH BeckRS 1997, 20984). (Rn. 20) (redaktioneller Leitsatz)
3 Andere Bestandteile der Straße (Art. 2 BayStrWG) sind für die Bestimmung des öffentlichen Straßengrundes iSv Art. 9 Abs. 1 BayKAG nicht maßgeblich. Dies gilt insbesondere für das nach Art. 2 Nr. 3 BayStrWG zur Straße gehörende Zubehör. (Rn. 21) (redaktioneller Leitsatz)
Verfahrensgang
RO 8 K 15.278 2015-04-20 Urt VGREGENSBURG VG Regensburg
Tenor
I. Die Berufung wird zurückgewiesen.
II. Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
Die Berufung ist zulässig. Die Klägerin hat dadurch, dass sie in der Berufungsbegründung auf ihr Vorbringen im Zulassungsverfahren verwiesen hat, nicht gegen § 124a Abs. 4, Abs. 3 Satz 4 VwGO verstoßen. In der Berufungsbegründung sind Bezugnahmen grundsätzlich möglich, wenn die in Bezug genommenen Ausführungen den Anforderungen an die Berufungsbegründung genügen (Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 124a Rn. 29). Dies ist hier der Fall. Aus den von der Beklagten zur Stützung ihrer Auffassung herangezogenen Entscheidungen des Senats ergibt sich nichts Gegenteiliges. So wird in den wortlautidentischen Entscheidungen mit den Aktenzeichen 20 B 12.241 und 20 B 12.248 bis 20 B 12.250 (Urteile v. 3.5.2012 – zitiert nach juris) jeweils ausgeführt, dass, soweit der Berufungsführer im Zulassungsantrag bereits erschöpfend vorgetragen hat, es genüge, wenn er darauf innerhalb der Frist des § 124a Abs. 6 Satz 1 VwGO eingehenden Schriftsatz Bezug nimmt. Genau dies ist hier der Fall. In den Entscheidungen mit den Aktenzeichen 20 BV 07.2408 (B.v. 11.2.2008 – juris) und 23 B 00.31210 (B.v. 18.10.2000 – juris) ging es anders als im vorliegenden Fall jeweils um eine eindeutige Verfristung ohne eine ausdrückliche Bezugnahme auf ein vorheriges Vorbringen. Diese Fälle sind daher mit dem Vorliegenden nicht vergleichbar.
Die Berufung ist aber unbegründet. Der Bescheid der Beklagten vom 4. April 2014 i.d.F. des Widerspruchsbescheids vom 13. Januar 2015 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
Nach Art. 9 Abs. 1 KAG können Gemeinden durch Satzung bestimmen, dass ihnen der Aufwand u.a. für die Erneuerung und Erhaltung des Teils des Grundstücksanschlusses an Versorgungs- und Entwässerungseinrichtungen, der sich nicht im öffentlichen Straßengrund befindet, erstattet wird. Dementsprechend regelt § 8 Abs. 2 der Beitrags- und Gebührensatzung zur Wasserabgabesatzung (BGS/WAS) der Beklagten vom 21. Juli 2005, dass die Kosten für u.a. die Erneuerung und Unterhaltung der Grundstücksanschlüsse im Sinne von § 3 der Satzung für die öffentliche Wasserversorgungseinrichtung der Beklagten vom 14. Mai 1996 (WAS), soweit sie nicht Bestandteil der Wasserversorgungseinrichtung sind, zu erstatten sind. Nach § 3 WAS sind Grundstücksanschlüsse die Wasserleitungen von der Abzweigstelle der Versorgungsleitung bis zur Übergabestelle. Sie beginnen mit der Anschlussvorrichtung und enden mit der Hauptabsperrvorrichtung. Nach § 1 Abs. 3 WAS gehören zur Wasserversorgungseinrichtung auch die Grundstücksanschlüsse im öffentlichen Straßengrund.
Strittig zwischen den Beteiligten ist, ob es sich bei dem nach dem Wasserrohrbruch wiederhergestellten Grundstücksanschluss um einen solchen im öffentlichen Straßengrund (mit der Folge der Kostentragungspflicht des Beklagten) oder außerhalb davon (mit der Folge der Kostentragungspflicht durch die Klägerin und der Rechtmäßigkeit des Bescheids) handelt.
Dabei hat die Vernehmung des Ehemanns der Klägerin als Zeuge in der mündlichen Verhandlung vom 21. Dezember 2017 in Übereinstimmung mit den bereits in den Akten der Beklagten befindlichen Planunterlagen in tatsächlicher Hinsicht ergeben, dass die Schadensstelle an der fraglichen Grundstücksanschlussleitung unterhalb einer Stelle, die sich westlich von der Böschungsoberkannte befand, lag. Hierbei handelt es sich entgegen der Rechtsauffassung der Klägerin aber um eine Stelle, die nicht im öffentlichen Straßengrund im Sinne von § 1 Abs. 3 WAS, Art. 9 Abs. 1 KAG liegt.
Der Begriff Straßengrund findet sich neben Art. 9 Abs. 1 KAG auch in Art. 2 Nr. 1 Buchst. a) des Bayerischen Straßen- und Wegegesetzes (BayStrWG). Für die Frage, was öffentlicher Straßengrund im Sinne von Art. 9 KAG ist, ist daher in erster Linie auf diese straßenrechtliche Definition abzustellen. Denn wenn der Gesetzgeber des KAG oder der Satzungsgeber einen vom Straßen- und Wegegesetz abweichenden Straßenbegriff hätte verwenden wollen, so hätte er dies wegen des aus Art. 20 Abs. 3 GG, Art. 3 Abs. 1 BV folgenden Prinzips der Einheit der Rechtsordnung ausdrücklich zum Ausdruck bringen müssen. Nachdem dies aber hier nicht erfolgt ist, wie sich insbesondere auch aus der Gesetzesbegründung des Art. 9 Abs. 1 KAG ergibt (vgl. LT-Drs. 12/8082, S. 9), ist dies der Ausgangspunkt jeglicher Betrachtung.
Straßengrund ist demnach der natürlich anstehende Boden (Untergrund) unter künstlich hergestellten Straßenbestandteilen wie (Straßen-)Unterbau und Fahrbahndecke (Oberbau), aber auch unter weiteren Straßenbestandteilen wie Dämmen, Gräben, Seitenstreifen etc. (BayVGH, B.v. 19.2.1997 – 8 CE 96.3960 – juris Rn. 8 m.w.N.). Zu ihm gehören die für die Straße benötigten Grundstücke, für die der Straßenbaulastträger enteignungsrechtlich das Eigentum beanspruchen könnte (Zeitler/Häußler in Zeitler, BayStrWG, 27. EL Mai 2017, Art. 2 Rn. 14).
Mit der Verwendung des Begriffs Straßengrund hat der Gesetzgeber des KAG ebenfalls zu erkennen gegeben, dass andere Bestandteile der Straße im Sinne von Art. 2 BayStrWG für die Bestimmung des öffentlichen Straßengrundes im Sinne vom Art. 9 Abs. 1 KAG gerade nicht maßgeblich sein sollen. Insbesondere gehört zum öffentlichen Straßengrund nicht das nach Art. 2 Nr. 3 BayStrWG zur Straße gehörende Zubehör, jedenfalls soweit es sich nicht auf dem Straßengrund im dargestellten Sinne befindet. Eine Bepflanzung im Sinne vom Art. 2 Nr. 3 BayStrWG (regelmäßig als „Straßenbegleitgrün“ bezeichnet) kann daher für sich genommen zur Bestimmung des öffentlichen Straßengrundes im Sinne des Art. 9 Abs. 1 KAG nicht ausreichen. Die Argumentation der Klägerin, es handle sich bei dem Bewuchs an der Schadensstelle um „Straßenbegleitgrün“ ist daher ungeachtet der Frage, ob die Tatbestandsvoraussetzungen des Art. 2 Nr. 3 BayStrWG hier überhaupt erfüllt sind, unerheblich.
Vorliegend lag die Schadensstelle auch nicht unter der Böschung im Sinne von Art. 2 Nr. 1 Buchst. a) BayStrWG, die im Einzelfall grundsätzlich Teil des Straßengrundes sein kann (zu den Einzelheiten vgl. Häußler in Zeitler, BayStrWG, 27, EL Mai 2017, Art. 2 Rn. 27). Denn eine Böschung endet jedenfalls an ihrer Oberkante. Da die Schadensstelle hier aber aufgrund des Ergebnisses der Beweisaufnahme und des Akteninhalts jenseits von der Böschungsoberkante, im von der Straße abgewandten, westlich von ihr gelegenen Bereich des Grundstücks FlNr. 157 lag, war sie nicht mehr Bestandteil der Böschung.
Schließlich kann sich die Klägerin auch nicht auf die in der Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums des Innern vom 6. März 2012 vertretene Auffassung, unter „öffentlichem Straßengrund“ seien auch nach Art. 21 GO gewidmete, der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellte Flächen wie Parkplätze, Kinderspielplätze oder Grünanlagen zu verstehen, berufen. Denn bei der Schadensstelle handelt es sich um keine derartige, der Öffentlichkeit gewidmete Fläche. Vielmehr liegt sie im Randbereich der im Westen der FlNr. 157 bestehenden landwirtschaftlichen Fläche, der in keiner Art und Weise öffentlich gewidmet ist.
Im Ergebnis lag die Schadensstelle damit nicht in einem Teil der Grundstücksanschlussleitung, die im öffentlichen Straßengrund verlegt war. Der Kostenerstattungsbescheid der Beklagten ist daher rechtmäßig.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor, § 132 VwGO.