Aktenzeichen 1 S 8801/16 WEG
Leitsatz
1 Auch im Hinblick auf eine Regelung der Kostenverteilung in der Teilungserklärung erfordert der Bestimmtheitsgrundsatz, dass eine von der gesetzlichen Regelung abweichende Vorschrift klar und eindeutig ihrem Inhalt nach feststellbar sein muss. (Rn. 7) (redaktioneller Leitsatz)
2 Verbleiben hierbei Zweifel, bleibt es bei der gesetzlichen Regelung des § 16 Abs. 2 WEG, wonach die Kosten nach dem Verhältnis der Miteigentumsanteile zu tragen sind. (Rn. 8) (redaktioneller Leitsatz)
Verfahrensgang
14 C 2213/14 2016-01-08 Urt AGLANDSHUT AG Landshut
Tenor
Die Kammer beabsichtigt, die Berufung gegen das Urteil des Amtsgerichts Landshut vom 08.01.2016, Az. 14 C 2213/14, gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil sie einstimmig der Auffassung ist, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert.
Auch die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung ist nicht geboten, da das Amtsgericht Landshut die Rechtslage sorgfältig geprüft und die seitens der Kläger gegen die Beschlussfassung der Wohnungseigentümerversammlung vom 01.12.2014 erhobene Anfechtungsklage mit zutreffender Begründung abgewiesen hat.
Gründe
Die dagegen gerichteten Angriffe der Berufungsbegründung greifen aus folgenden Erwägungen nicht durch:
§ 3 2) der Teilungserklärung bestimmt zunächst allgemein, dass die Kosten und Lasten des gemeinschaftlichen Eigentums die Eigentümer im Verhältnis ihrer Miteigentumsanteile tragen, soweit nicht nachfolgend etwas anderes bestimmt ist. Insoweit entspricht die vertragliche Regelung der gesetzlichen des § 16 Abs. 2 WEG.
Sodann ist unter § 3 2) l) der Teilungserklärung geregelt, dass die Abrechnung der Betriebs- und Unterhaltskosten für den Teil der Tiefgarage, der als Schutzraum ausgebaut wird, gesondert zu erfolgen hat. Wie diese gesonderte Abrechnung auszusehen hat, schreibt die Teilungserklärung hingegen nicht vor.
Soweit nunmehr klägerseits ausgeführt wird, dass sich bereits aus dieser Systematik ergebe, dass die gesonderte Abrechnung auch eine anderweitige Verteilung beinhalte, ist dieser Schluss nicht zwingend ist. Auch unter § 3 2) c) d) e) f) g) h) i) j) k) werden weitere Einzelheiten, wie z.B. ein Aufrechnungsverbot geregelt, die mit dem Verteilungsschlüssel nichts zu tun haben. Es ist also gerade nicht so, dass sich sämtliche nachfolgenden Regelungen tatsächlich mit der Frage des Verteilungsschlüssels befassen.
Auch der Kammer ist durchaus bewusst, dass eine gesonderte Abrechnung letztlich nur dann sinnvoll ist, wenn auch ein anderer Verteilungsschlüssel angewendet werden soll. Andernfalls würde sich eine gesonderte Abrechnung erübrigen. Insofern stellt sich die Frage, welchen anderen Abrechnungsmodus die Parteien gewollt haben und ob dieser hier durch Auslegung zu ermitteln ist. In diesem Zusammenhang ist die Argumentation des Amtsgerichts, dass die Parteien damals davon ausgegangen sind, dass ein Teil der Kosten ggf. von der Stadt Landshut bzw. der Bundesrepublik Deutschland übernommen werden sollte, durchaus nachvollziehbar. Unter diesen Umständen wäre schließlich ein Teil der Kosten nicht von den Wohnungseigentümern zu tragen gewesen und eine vollständige Umlage im Verhältnis nach Miteigentumsanteilen nicht richtig. Dabei ist unerheblich, ob es letztlich tatsächlich zu einer solchen teilweisen Kostenübernahme gekommen ist oder nicht, denn zum Zeitpunkt der Erstellung der Teilungserklärung lagen die entsprechenden Vereinbarungen mit der Stadt bzw. der Bundesrepublik noch nicht vor. Dies würde im Übrigen auch erklären, warum eine weitergehende Regelung zum damaligen Zeitpunkt in der Teilungserklärung noch nicht getroffen wurde.
Nicht überzeugend erscheint in diesem Zusammenhang hingegen das eigentliche Rechtsschutzziel der Kläger, nämlich die Betriebs- und Unterhaltskosten der Tiefgarage, soweit sie als Schutzraum ausgebaut wird, nur auf die Eigentümer zu verteilen, die auch Eigentümer eines Tiefgaragenstellplatzes sind. Es ist nicht ersichtlich, warum gerade diese Eigentümer für einen öffentlichen Schutzzweck der Tiefgarage einstehen sollen. Etwas anderes wäre vielleicht anzunehmen, wenn es um die übrigen Betriebs- und Unterhaltungskosten der Tiefgarage gehen würde. Hier könnte durchaus argumentiert werden, dass nur die Eigentümer dafür aufkommen sollen, die auch Eigentümer eines Tiefgaragenstellplatzes sind. Dies ist aber nach dem klaren Wortlaut des § 3 2) l) der Teilungserklärung, wonach eine gesonderte Abrechnung gerade nur den Teil der Tiefgarage, der als Schutzraum umgebaut wird, betreffen soll, nicht der Fall. Es sollte im Grundsatz für die Betriebs- und Unterhaltskosten des Schutzraumes eben nicht das Verursacherprinzip gelten, sondern der klägerseits zutreffend beschriebene Grundgedanke der Solidarität der Wohnungseigentümergemeinschaft. Ergänzend sei darauf hingewiesen, dass angesichts der zeitlichen Abfolge unschädlich ist, dass letztlich die gesamte Tiefgarage als Schutzraum dienen sollte. Dies stand offensichtlich bei Erstellung der Teilungserklärung noch nicht fest.
Hinzu kommen die weiteren vom Amtsgericht zutreffend aufgeführten Bedenken. Die Regelung des § 3 2) l) der Teilungserklärung ist – gerade auch im Vergleich zur Regelung des § 3 2) m), in der ausdrücklich klargestellt wird, dass nur bestimmte Eigentümergruppen für den Betrieb, Unterhalt, die Reparatur und Erneuerung der Liftanlage aufkommen sollen – unvollständig und unklar. Es ist gerade nicht normiert, welcher Abrechnungsmodus der gesonderten Abrechnung zu Grunde gelegt werden soll. Was genau mit Unterhaltskosten für die Tiefgarage gemeint ist, erschließt sich der Kammer ebenfalls nicht. Wiederum im Vergleich zu § 3 2) m) ergibt sich aus systematischer Sicht, dass wohl zwischen „Unterhalt“, „Reparatur“ und „Erneuerung“ differenziert werden sollte, wobei die einzelnen Abgrenzungskriterien offen bleiben. Insofern ist auch der klägerische Hinweis darauf, dass auch die Begrifflichkeiten der „Instandhaltung“ und „Instandsetzung“ zum Teil (z.B. in § 21 Abs. 5 Ziff. 4 WEG) jedenfalls missverständlich verwendet werden, nicht hilfreich. Es verbleibt für die Auslegung der Gemeinschaftsordnung schließlich bei dem Grundsatz, dass dortige Vereinbarungen objektiv-normativ auszulegen sind. Maßgebend sind dabei der Wortlaut der Eintragung und der Sinn, wie er sich aus unbefangener Sicht als nächstliegende Bedeutung des Wortlauts ergibt. Dabei erfordert der Bestimmtheitsgrundsatz, dass eine von der gesetzlichen Regelung abweichende Vorschrift klar und eindeutig ihrem Inhalt nach feststellbar ist. Verbleiben hierbei Zweifel, verbleibt es bei der gesetzlichen Regelung (Spielbauer/Then, 3. Aufl. 2017, § 10 WEG Rn. 29 m.w.N.).
Ebendies ist hier der Fall. Aufgrund der o.g. Problematiken steht letztlich nicht sicher fest, wie die Reglung des § 3 2) l) der Teilungserklärung auszulegen ist. Es verbleibt daher bei dem Grundsatz des § 3 2) der Teilungserklärung bzw. des § 16 Abs. 2 WEG, wonach die Kosten nach dem Verhältnis der Miteigentumsanteile zu tragen sind, auch wenn dadurch die Erforderlichkeit einer gesonderten Abrechnung der Betriebs- und Unterhaltskosten der Tiefgarage in Frage gestellt wird. Das Amtsgericht hat die Klage dementsprechend zutreffend abgewiesen.
Da die Berufung keine Aussicht auf Erfolg hat, legt das Gericht aus Kostengründen die Rücknahme der Berufung nahe. Im Falle der Berufungsrücknahme ermäßigen sich vorliegend die Gerichtsgebühren von 4,0 auf 2,0 Gebühren (vgl. Nr. 1222 des Kostenverzeichnisses zum GKG).
Hierzu besteht Gelegenheit zur Stellungnahme binnen drei Wochen nach Zustellung dieses Hinweises.