Aktenzeichen M 11 S 20.5240
Leitsatz
Tenor
I. Die aufschiebende Wirkung der Klage M 11 K 20.5239 gegen Ziff. II. des Bescheids des Antragsgegners vom … September 2020 wird insoweit wiederhergestellt, als dem Antragsteller eine Frist bis zum 31. Januar 2021 zur Befolgung des Bescheids aufgegeben wurde. Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt.
II. Der Antragsteller hat 3/4 und der Antragsgegner 1/4 der Kosten zu tragen.
III. Der Streitwert wird auf EUR 5.000,- festgesetzt.
Gründe
I.
Der Antragsteller wendet sich im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes gegen eine für sofort vollziehbar erklärte Untersagung einer Wohnnutzung auf dem Grundstück mit der Fl.Nr. 1358/1 der Gemarkung … Der Antragsteller ist Eigentümer dieses Grundstücks. Das Grundstück liegt am östlichen Ufer des Lechs in einem Landschaftsschutzgebiet. Das Gelände steigt von Westen nach Osten hin an. Auf dem Grundstück befindet sich im Abstand von etwa 25 bis 30 m zum Lech eine Hofstelle in U-Form. Im südlich gelegenen Flügel des Hofes befindet sich ein Gebäude, welches derzeit als Wohnhaus genutzt wird. In nördlicher Richtung schließt sich an das Gebäude ein Mutterkuhstall an. An dessen nördlichem Ende schließt sich Richtung Osten eine Dreifachgarage mit Heuboden an. Die drei Gebäudeteile sind über ein Dach miteinander verbunden.
Das Landratsamt erteilte dem Antragsteller am 27. Dezember 2005 einen Vorbescheid und am 9. Juni 2006 eine Baugenehmigung für den Anbau eines Mutterkuhstalls an das damals auf dem Grundstück bestehende landwirtschaftliche Gebäude. Einen Vorbescheidsantrag für den Neubau eines Maschinenstadels mit Garagen nordöstlich des Mutterkuhstalls zog der Antragsteller am 26. Januar 2009 zurück. Wahrscheinlich noch im Jahr 2009 errichtete der Antragsteller eine Dreifachgarage nordöstlich des bestehenden Mutterkuhstalls. Mit Bescheid vom … Juli 2010 lehnte das Landratsamt einen Bauantrag zur Umwidmung von landwirtschaftlichen Räumen zu einer Betriebsleiterwohnung in dem bestehenden südlich liegenden Altbestand ab. Hiergegen erhob der Antragsteller Klage zum Bayerischen Verwaltungsgericht München (M 11 K 10.3839). Im Rahmen des durchgeführten gerichtlichen Augenscheins am 10. Mai 2012 wurde festgestellt, dass Umbauarbeiten in den landwirtschaftlichen Räumen im Altbestand entsprechend der beantragten Baugenehmigung im Gange waren. In der darauf folgenden mündlichen Verhandlung nahm der Antragsteller die Klage zurück. Das Gericht hatte in der Verhandlung angeregt, die Behörde möge die Wohnsituation, wie sie beim gerichtlichen Augenschein vorhanden sei, dulden, solange der Antragsteller die landwirtschaftliche Tätigkeit ausübe. Der Antragsteller hatte sich zu diesem Zeitpunkt provisorisch im Erdgeschoss des im Rohbau befindlichen Innenbereichs des Gebäudes eingerichtet.
Am 9. Oktober 2019 veräußerte der Antragsteller das streitgegenständliche Grundstück mit notariellem Kaufvertrag zu einem Preis von 1,6 Mio. EUR. Das Landratsamt brachte den Sachverhalt der Staatsanwaltschaft zur Anzeige, weil das Käuferehepaar nach Kenntnis der wahren Baurechtslage vom Vertrag zurückgetreten sei und die Geschäftsstelle des Gutachterausschusses den Wert des verkauften Grundstücks ohne Gebäude kursorisch auf lediglich ca. 342.000 EUR geschätzt habe.
Bei einer Baukontrolle am 10. Januar 2020 stellte das Landratsamt diverse bauliche Anlagen auf dem streitgegenständlichen Grundstück fest. Im Bereich des ursprünglichen Altbestands wurde das Gebäude weiter zum Wohnhaus ausgebaut, dessen Aufteilung im Wesentlichen dem Grundrissplan aus dem 2010 abgelehnten Bauantrag entspricht.
Auf ein Anhörungsschreiben des Landratsamtes äußerte sich der Antragsteller dahingehend, dass er davon ausgegangen sei, dass das Gericht ihm die Wohnnutzung erlaubt habe. Er habe die Räumlichkeiten lediglich in einen menschenwürdigen Zustand versetzt. Die nordöstliche Garage sei auf Anraten eines Juristen der Regierung von Oberbayern verfahrensfrei errichtet worden. Im Nordwesten habe er aufgrund der Witterungsverhältnisse eine provisorische Überdachung für Strohballen errichtet.
Mit Bescheid vom … März 2020, zugestellt am 12. März 2020, gab das Landratsamt dem Antragsteller auf, die auf dem streitgegenständlichen Grundstück befindlichen Anlagen, insbesondere ein Wohnhaus, einen Kälber- und Abkalbstall, eine Stube, einen Laufstall, ein Heulager (Dachboden), ein Heulager (EG) sowie eine Garagenanlage vollständig zu beseitigen. Die Verfügung wurde für sofort vollziehbar erklärt.
Der Antragsteller hat am 6. April 2020 Klage gegen diesen Bescheid erhoben (M 11 K 20.1489). Mit Schriftsatz vom 7. Mai 2020 beantragte er zudem die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen den Bescheid (M 11 S 20.1972).
Für die festgestellte Wohnnutzung beantragte der Antragsteller am 20. Juli 2020 nachträglich die Genehmigung für den „Teilausbau im Altbestand von 1665 für eine Betriebsleiterwohnung“.
Mit Beschluss vom 8. September 2020 ordnete das Verwaltungsgericht München die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die Beseitigungsanordnung vom 5. März 2020 an.
Mit Bescheid vom … September 2020 lehnte der Antragsgegner den Bauantrag ab. Unter Ziff. II. wurde dem Antragsteller „die Wohnnutzung der auf dem Grundstück Fl.Nr. 1358/1, Gemarkung …, befindlichen Gebäude bis zum 31. Januar 2021, für den Fall der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage, 4 Monate ab Bestandskraft, untersagt“. Die Anordnung unter Ziff. II. wurde für sofort vollziehbar erklärt (Ziff. III.) Für den Fall der Zuwiderhandlung gegen Ziff. II. wurde ein Zwangsgeld in Höhe von 10.000 EUR angedroht (Ziff. IV.). Zur Begründung führte der Antragsgegner aus, dass die Wohnnutzung formell illegal und nicht genehmigungsfähig sei. Die erhebliche Erweiterung der Bausubstanz sei nicht von der Baugenehmigung für den Mutterkuhstall vom 9. Juni 2006 gedeckt. Die bauliche Anlage stelle sich auch aufgrund der Wohnnutzung nunmehr als einheitliche Hofstelle dar, für die der Antragsteller keine Genehmigung habe. Hinsichtlich der Wohnnutzung bestehe zudem keine Möglichkeit der baurechtlichen Genehmigung. Eine Privilegierung scheide mangels Vorliegen eines landwirtschaftlichen Betriebs aus. Ferner würde das angestrebte Vorhaben jedenfalls nicht einem landwirtschaftlichen Betrieb dienen. Eine Genehmigung sei auch nicht als sonstiges Vorhaben möglich, da mehrere öffentliche Belange unter anderem des Naturschutzes und der Landschaftspflege beeinträchtigt und die Entstehung einer Splittersiedlung zu befürchten seien. Die Nutzungsuntersagung sei zudem verhältnismäßig. Ein etwaiger Bestandsschutz sei durch die erheblichen baulichen Veränderungen jedenfalls entfallen. Auch sei die gesetzte Frist von 4 Monaten angemessen, da der Antragsteller spätestens seit der Beseitigungsanordnung damit habe rechnen müssen, dass er das Anwesen in absehbarer Zeit nicht mehr zu Wohnzwecken nutzen dürfe. Die sofortige Vollziehung liege zudem im öffentlichen Interesse. Zum einen sei dem Antragsteller ansonsten entgegen der Verfügung die weitere Nutzung des Gebäudes über einen längeren Zeitraum durch Einlegung eines Rechtsmittels möglich. Zum anderen erwecke das Belassen des rechtswidrigen Zustands bis zur Entscheidung in der Hauptsache den Eindruck der Legalität der Nutzung und habe daher möglicherweise Bezugsfallcharakter.
Der Antragsteller hat am 20. Oktober 2020 Klage gegen den Bescheid erhoben (M 11 K 20.5239) und beantragt zudem,
die sofortige Vollziehung der Ziff. II. des Bescheids vom …09.2020 wird ausgesetzt und die aufschiebende Wirkung durch die Klage vom 20.10.2020 wiederhergestellt (§ 80 Abs. 2 Nr. 4 i.V.m. § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
Zur Begründung wird vorgetragen, dass die Nutzungsuntersagung zum sofortigen Kollaps des landwirtschaftlichen Betriebs führen würde. Ein Auszug sei während des Winters bei voll besetztem Mutterkuhstall nicht möglich. Eine Wohnnutzung sei für den Betrieb nicht nur vorteilhaft, sondern überlebensnotwendig. Ferner wurde auf die Begründungen in den Verwaltungsstreitsachen M 11 S 20.1972 und M 11 K 20.1489 verwiesen. Danach sei der sog. „… …“ bereits ursprünglich kein bloßer Holzstadel gewesen, sondern verfüge seit 1665 urkundlich nachgewiesen und vom Kreisbaumeister 2006 bestätigt über einen Wohnbereich sowie eine Stallung samt Heulager. Insofern bestehe keine Gefahr der Nachahmung durch die Eigentümer anderer rein landwirtschaftlich genutzter Holzstadel in der Umgebung. Der Wohnteil sei in seinen Außenabmessungen bis heute seit Jahrhunderten praktisch nicht verändert worden. Der Dachstuhl sei mit dem Altbestand identisch und lediglich repariert worden. Die auf dem streitgegenständlichen Grundstück erfolgreich betriebene Viehhaltung erfordere ein dortiges Wohnen. Der 82-jährige Antragsteller habe eine bescheidene, nicht luxuriöse Wohnung auf dem streitgegenständlichen Grundstück eingerichtet, nachdem das Gericht angeregt habe, die Behörde möge die Situation dulden. Die Gemeinde habe sich hieran gehalten. Außerdem seien eine neue Straße und eine eigene Kläranlage genehmigt worden, das Gebäude sei an die Wasserversorgung angeschlossen und es sei eine Hausnummer zugeteilt worden. Es sei die einzige Wohnung des Antragstellers. Durch die Landwirtschaft erwirtschafte er ein Zubrot zu seiner eher dürftigen Rente.
Der Antragsgegner beantragt mit Schriftsatz vom 6. November 2020,
den Antrag abzulehnen.
Zur Begründung wird auf den Bescheid verwiesen. Ergänzend führt der Antragsgegner aus, dass die mit einer Nutzungsuntersagung verbundenen Nachteile das Risiko einer baurechtswidrigen Nutzung darstellen würden, da der Antragsteller eine Baugenehmigung für eine Wohnnutzung unstreitig nicht vorweisen könne. Ferner bilde die Anordnung der sofortigen Vollziehung bei Nutzungsuntersagungen den Regelfall. Bereits das Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen könne eine solche Anordnung – auch unabhängig von den im vorliegenden Fall darüber hinausgehenden dargelegten Gründen – rechtfertigen.
Mit Schriftsatz vom 6. November 2020 vertieft der Antragssteller seinen Vortrag. Seine Bevollmächtigte führte im Wesentlichen ergänzend aus, dass der Bestandsschutz für den Altbestand nicht entfallen sei. Entgegen den Feststellungen im Rahmen des gerichtlichen Augenscheins vom 10. Mai 2012 seien weder sämtliche Mauern neu gezogen, noch sei die Dachkonstruktion in ihren tragenden Elementen neu geschaffen worden. Vielmehr hätten genehmigungsfreie Instandsetzungsarbeiten am Dach und den einsturzgefährdeten Mauern stattgefunden. Auf eine Protokollberichtigung habe der Antragsteller seinerzeit verzichtet, da für ihn lediglich wichtig gewesen sei, dass er weiter im Altbestand habe wohnen dürfen. Zur Duldung der Wohnnutzung habe sich der Antragsgegner damals stillschweigend verpflichtet. Der Antragsteller führe zu dem zweifellos einen landwirtschaftlichen Betrieb. Den im Rahmen des Verwaltungsverfahrens getroffenen Feststellungen des Amtes für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten könne kein Gewicht eingeräumt werden, da diese inhaltlich substanzlos und im Vergleich zu früheren Stellungnahmen widersprüchlich seien. Hinsichtlich der Verweigerung des gemeindlichen Einvernehmens habe keine eigenständige geistige Auseinandersetzung des Gemeinderates stattgefunden. Aufgrund der bestehenden Duldung könne das Landratsamt höchstens einen Rückbau der Wohnnutzung in den Zustand, welcher 2012 vorgelegen habe, verlangen, nicht aber die Wohnnutzung komplett untersagen. Ferner vertiefte die Bevollmächtigte des Antragstellers ihr Vorbringen zur Notwendigkeit einer Wohnnutzung auf dem Hofgelände für die Bewirtschaftung des Betriebs.
Mit Schriftsatz vom 15. November 2020 trägt die Bevollmächtigte des Antragstellers vor, dass es aufgrund der Rechtswidrigkeit der Verfügung an jeglichem Vollzugsinteresse für die Nutzungsuntersagung fehle. Der faktische Zustand und die Wohnnutzung der Hofstelle seien darüber hinaus dem Antragsgegner bereits seit Jahren bekannt. Das Verbot der Wohnnutzung würde zur sofortigen Zerstörung des Betriebs des Antragstellers führen. Insbesondere aufgrund des bevorstehenden Winters und der schlechten Erreichbarkeit des Hofes sei zur Versorgung der dort befindlichen Tiere die Wohnnutzung vor Ort unerlässlich.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichts- und Behördenakten sowie auf die verwaltungsgerichtlichen Verfahren M 11 K 20.1489, M 11 S 20.1972 und M 11 K 20.5239 Bezug genommen.
II.
Nach Auslegung des Antrags anhand des Rechtsschutzbegehrens und des Vorbringens des Antragstellers (§§ 122 Abs. 1, 88 VwGO) begehrt er die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage vom 20. Oktober 2020 gegen Ziff. II. des Bescheids des Antragsgegners vom 22. September 2020.
Der so zu verstehende Antrag hat im tenorierten Umfang Erfolg.
1. Der Eilantrag ist zulässig, insbesondere statthaft, da die in der Hauptsache erhobene Klage gegen Ziff. II. des Bescheids aufgrund des angeordneten Sofortvollzugs keine aufschiebende Wirkung hat (§ 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4, Abs. 5 Satz 1 VwGO).
2. Der Eilantrag ist unbegründet, soweit er sich gegen die Anordnung der sofortigen Vollziehung der Nutzungsuntersagung richtet, weil das öffentliche Vollzugsinteresse das Aussetzungsinteresse des Antragstellers überwiegt. Er ist dagegen begründet, soweit im Rahmen der Verwaltungsvollstreckung eine Erfüllungsfrist bis zum 31. Januar 2021 bestimmt wurde.
Nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag die aufschiebende Wirkung einer Klage anordnen bzw. wiederherstellen. Hierbei hat das Gericht abzuwägen, ob diejenigen Interessen, die für einen gesetzlich angeordneten sofortigen Vollzug des angefochtenen Verwaltungsakts streiten, oder diejenigen, die für die Anordnung der aufschiebenden Wirkung sprechen, höher zu bewerten sind. Im Rahmen dieser Interessenabwägung sind die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache als wesentliches Indiz zu berücksichtigen. Zudem bedarf es für den Sofortvollzug eines öffentlichen Interesses oder überwiegenden Interesses eines Beteiligten (§ 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO).
Bei der Prüfung der Sach- und Rechtslage stellt sich die streitgegenständliche Nutzungsuntersagung als rechtmäßig dar. Hinsichtlich der Erfüllungsfrist bis zum 31. Januar 2021 ist die Anordnung dagegen rechtswidrig.
2.1 Die Anordnung des Sofortvollzugs ist in formaler Hinsicht ausreichend begründet (§ 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO). Es reicht hierbei jede schriftliche Begründung, die zu erkennen gibt, dass die anordnende Behörde eine Anordnung des Sofortvollzugs im konkreten Fall für geboten erachtet. Die Begründung muss kenntlich machen, dass sich die Behörde bewusst ist, von einem rechtlichen Ausnahmefall Gebrauch zu machen. Auf die inhaltliche Richtigkeit der Begründung kommt es nicht an (vgl. Hoppe in Eyermann, 15. Aufl. 2019, VwGO, § 80 Rn. 55). Die Anordnung des Sofortvollzugs wurde – wenn auch knapp – schriftlich begründet und das überwiegende öffentliche Interesse daran, dass die Nutzung bereits vor Ablauf einer Entscheidung in der Hauptsache zu unterbleiben habe, u.a. mit der Notwendigkeit, einen Anreiz für Dritte abzuwehren, dargelegt. Die gegebene Begründung geht auf den Einzelfall ein und begnügt sich nicht mit nur formelhaften Ausführungen.
2.2 Die Untersagung der Wohnnutzung der Gebäude auf dem streitgegenständlichen Grundstück ist weder formell- noch materiell-rechtlich zu beanstanden. Die ausgeübte Wohnnutzung des Klägers ist nicht genehmigt. Eine Genehmigung ist auch nicht möglich, da diese keinem landwirtschaftlichen Betrieb dient sowie öffentliche Belange beeinträchtigt. Die Anordnung der Nutzungsuntersagung leidet zudem auch nicht an Ermessensfehlern. Zur weiteren Begründung wird auf die Urteilsbegründung im Verfahren M 11 K 20.5239 unter Ziff. II. verwiesen.
2.3 Im Rahmen der vorzunehmenden Interessenabwägung wird das öffentliche Vollzugsinteresse vorliegend höher bewertet als das Interesse des Antragstellers an der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage gegen die Nutzungsuntersagung. Das öffentliche Vollzugsinteresse überwiegt, da die ausgesprochene Nutzungsuntersagung rechtmäßig ist. Der Antragsteller hat ein Vorhaben umgesetzt, welches im Jahr 2010 bestandskräftig abgelehnt wurde. Durch den über die Jahre immer weiter fortgesetzten Ausbau der Hofstelle hin zu einer dauerhaften Wohnnutzung wird die bestehende rechtswidrige Situation immer weiter verfestigt. Der Antragsteller hat sich so über Jahre ein nicht bestehendes Wohnrecht angemaßt. Einer solchen Rechtsanmaßung kann durch die Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit der diese Anmaßung beseitigenden Nutzungsverfügung erfolgreich begegnet werden (Eyermann/Hoppe, 15. Aufl. 2019, VwGO, § 80 Rn. 17). Die fortgeführte rechtswidrige Nutzung schafft zudem einen Eindruck von Legalität, welcher Bezugsfallswirkung für Dritte im Bereich der hier vorliegenden besonders geschützten Landschaft haben kann. Weiter ist entgegen der Auffassung des Antragstellers eine Versorgung der Tiere auch dann möglich ist, wenn dieser nicht mehr an der Hofstelle wohnt, hierzu wird auf die Ausführungen zur Frage, ob die Wohnnutzung einem landwirtschaftlichen Betrieb dient, verwiesen. Damit überwiegt vorliegend das dargestellte öffentliche Interesse das Interesse des Antragstellers an der Fortsetzung der rechtswidrigen Wohnnutzung.
2.4 Die Androhung des Zwangsgelds unter Ziff. IV. des angegriffenen Bescheids des Antraggegners ist dem Grunde nach rechtlich nicht zu beanstanden. Die für die Androhung von Zwangsmitteln nach Art. 36 Abs. 1 Satz 2 VwZVG erforderliche Fristsetzung zur Erfüllung der auferlegten Verpflichtung ist jedoch nicht ausreichend.
Bei der unter Ziff. II. des angegriffenen Bescheids aufgenommenen Fristbestimmung „bis zum 31. Januar 2021“ handelt es sich um eine im Rahmen der Verwaltungsvollstreckung notwendige Erfüllungsfrist und nicht um eine Bescheidsfrist als Bestandteil des Grundverwaltungsakts mit materiell-rechtlichem Charakter (zur Unterscheidung Linhart, Schreiben, Bescheide und Vorschriften in der Verwaltung, 47 AL Juli 2018, § 18 Rn. 185 ff). Im vorliegenden Fall beinhaltet die Nutzungsuntersagung als Grundverfügung keine reine Unterlassungspflicht. Nach Untersagung der Wohnnutzung muss sich der Antragsteller zunächst um eine neue Wohnung bemühen. Ohne Einräumung einer gewissen Reaktionszeit ist das nicht durchführbar. Es ist klar zwischen der Grundverpflichtung und dem zur ihrer Erfüllung gesetzten Termin unterschieden. Die Androhung des Zwangsgelds sowie dessen Begründung, welche auf die Möglichkeit einer weiteren Zwangsgeldandrohung hinweist, machen deutlich, dass es hier darum geht, die Grundverpflichtung unabhängig von einer Fristsetzung fortbestehen zu lassen und diese Verpflichtung – gegebenenfalls durch mehrfache Androhung und Fälligstellung – im Rahmen der Vollstreckung zwangsweise durchzusetzen. Die gesetzte Frist bis zum 31. Januar 2021 ist vorliegend zu kurz und daher nicht angemessen. Wie dargestellt, muss sich der Antragsteller zum einen zunächst um eine neue Wohnung bemühen, welche sich in einem Umkreis um das streitgegenständliche Grundstück befindet, der es ihm ermöglicht, sein Grundstück in vertretbarer Zeit zu erreichen. Ferner ist angesichts der gesetzten Frist zu berücksichtigen, dass diese in die Winterzeit fällt. Zwar ist eine Versorgung der Tiere auch ohne direkte Wohnung am Hof möglich, allerdings ist zu berücksichtigen, dass die Erreichbarkeit während der Winterzeit mitunter schwierig ist. Dies bedeutet, dass insbesondere zur Sicherstellung der Versorgung der Tiere im Winter durch den Antragsteller logistische Vorbereitungen zu treffen sind, um diese sicherzustellen. Hierfür scheint die zudem über die Weihnachtszeit fallende Frist als zu knapp. Es wäre damit Sache des Antragsgegners, dem Antragsteller nochmals eine angemessene Frist für die Befolgung der Nutzungsuntersagung einzuräumen, bevor das angedrohte Zwangsmittel fällig gestellt werden kann.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 2 VwGO. Der Streitwert wird gemäß § 52 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG und Nrn. 9.4 und 1.5 des Streitwertkatalogs 2013 für die Verwaltungsgerichtsbarkeit auf 5.000 EUR festgesetzt.