Baurecht

Nachbarklage gegen Baugenehmigung für Containeranlage zur Unterbringung von Asylbewerbern

Aktenzeichen  M 11 K 15.2475

Datum:
14.7.2016
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2016, 131120
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BauGB § 9 Abs. 1 Nr. 20, § 29 Abs. 1

 

Leitsatz

Nachbarn haben bauplanungsrechtlich keinen Anspruch darauf, dass ein Bauherr abwägt, welcher Standort für sein Vorhaben am geeignetsten ist und die Nachbarschaft am geringsten beeinträchtigt. Sofern im Ergebnis der ausgewählte Standort zu keiner unzumutbaren Beeinträchtigung der dortigen Nachbarschaft führt, ist das Gebot der Rücksichtnahme nicht verletzt. Einen weitergehenden Schutzanspruch vermittelt das Gebot der Rücksichtnahme auch nicht deshalb, weil Bauherr der „Staat“ – hier in Gestalt einer kommunalen Gebietskörperschaft – ist. (Rn. 22) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Von den Kosten des Verfahrens tragen die Kläger zu 1 und 2 jeweils 1/10, die Kläger zu 3 bis 6 jeweils 1/5. Der Beigeladene trägt seine außergerichtlichen Kosten selbst.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Kostenschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

Die Klage ist unbegründet. Die streitgegenständliche Baugenehmigung verletzt keinen der Kläger in seinen Rechten.
Die Kammer nimmt zur Vermeidung von Wiederholungen entsprechend § 117 Abs. 5 VwGO zunächst Bezug auf die Ausführungen unter Nummer II des Eilbeschlusses vom 24. Juli 2015, an denen für die Entscheidung über die Klage festgehalten wird.
Ergänzend ist auszuführen:
Der weiteren ausführlichen Klagebegründung vom … August 2015 sind keine Argumente zu entnehmen, aufgrund derer die Sach- und Rechtslage anders als im Eilbeschluss zu beurteilen wäre. Die Frage, ob es besser geeignete Alternativstandorte für die Containeranlage gibt oder gegeben hätte, ist, wie im Eilbeschluss dargelegt (dort S. 13), nicht erheblich. Die Kläger als Nachbarn haben bauplanungsrechtlich keinen Anspruch darauf, dass ein Bauherr abwägt, welcher Standort für sein Vorhaben am geeignetsten ist und die Nachbarschaft am geringsten beeinträchtigt. Sofern im Ergebnis der ausgewählte Standort zu keiner unzumutbaren Beeinträchtigung der dortigen Nachbarschaft führt, ist das Gebot der Rücksichtnahme nicht verletzt. Einen weitergehenden Schutzanspruch vermittelt das Gebot der Rücksichtnahme den Klägern entgegen ihrer Rechtsansicht auch nicht deshalb, weil Bauherr der „Staat“ – hier in Gestalt einer kommunalen Gebietskörperschaft – ist. Ob die von den Klägern monierte archäologische Untersuchung vor Aufstellung der Containeranlage durchgeführt wurde, ist ebenfalls ohne Bedeutung. Die diese Untersuchung regelnde Nebenbestimmung des Bescheids besitzt erstens ersichtlich keine nachbarschützende Qualität. Außerdem würde ein Verstoß des Bauherrn gegen diese Nebenbestimmung selbst im Falle einer nachbarschützenden Wirkung nicht zur Rechtswidrigkeit der Baugenehmigung führen. Allenfalls etwaige (Ermessens-)Ansprüche auf bauaufsichtliches Einschreiten könnte ein solcher Verstoß auslösen. Soweit die Kläger daran festhalten, die Fläche „B2“ habe nachbarschützende Wirkung zu ihren Gunsten, teilt die Kammer diese Einschätzung aus den im Eilbeschluss ausführlich (S. 8 f.) dargelegten Gründen nicht. Nicht zu folgen ist auch aus den im Eilbeschluss ausführlich (S. 10 ff.) dargelegten Gründen dem aufrechterhaltenen Einwand, das Vorhaben verstoße gegen drittschützende Festsetzungen zur überbaubaren Grundstücksfläche, zur Bauweise und zur baulichen Gestaltung. Wie im Eilbeschluss bereits ausgeführt, kommt es in diesem Zusammenhang auch nicht darauf an, ob – wie von den Klägern in Abrede gestellt – die Containeranlage ein „Einzelhaus“ im Sinne des § 22 Abs. 2 BauNVO ist. Denn die entsprechende Festsetzung des Bebauungsplans bezieht sich nicht auf die Fläche „B2“. Der von den Klägern geltend gemachte „gebietsüberschreitende“ Gebietserhaltungsanspruch besteht nach der Rechtsprechung des BVerwG, der die Kammer folgt, nicht. Auf die entsprechenden Ausführungen im Eilbeschluss (S. 7 f.) wird verwiesen. Das Vorhaben ist auch nicht rücksichtslos. Der durchgeführte Augenschein hat nichts ergeben, das Anlass böte, die im Eilbeschluss (S. 12 f.) aufgrund der Aktenlage getroffene Einschätzung zu revidieren.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO i. V. m. § 100 ZPO. Da der Beigeladene keinen Antrag gestellt und sich somit keinem Kostenrisiko ausgesetzt hat (vgl. § 154 Abs. 3 VwGO), entspricht es der Billigkeit, dass er seine außergerichtliche Kosten selbst trägt (§ 162 Abs. 3 VwGO). Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. ZPO.

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