Baurecht

Nachträgliche Sofortvollzugsanordnung bei Nutzungsuntersagung

Aktenzeichen  AN 9 S 18.00117

Datum:
6.2.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 1211
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Ansbach
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BayBO Art. 3, Art. 12, Art. 14, Art. 76 S. 2
VStättVO § 31, § 38 Abs. 4
GG Art. 12 Abs. 1

 

Leitsatz

1 Art. 76 S. 2 BayBO und § 38 Abs. 4 VStättVO sind nebeneinander anwendbar. (Rn. 36) (redaktioneller Leitsatz)
2 Im Bereich des Brandschutzes und der Sicherheit des Betriebs von Versammlungsstätten gilt der allgemeine sicherheitsrechtliche Grundsatz, dass an die Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts umso geringere Anforderungen zu stellen sind, je größer und folgenschwerer der möglicherweise eintretende Schaden ist. (Rn. 40) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Der Antrag wird abgelehnt.
2. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Der Streitwert wird auf 30.000,00 EUR festgesetzt.

Gründe

I.
Die Antragstellerin wendet sich im vorliegenden Verfahren gegen die Anordnung des Sofortvollzugs einer gegen sie ergangenen Nutzungsuntersagung für ihre Gaststätte.
Die Antragstellerin betreibt im Keller des Anwesens … in … eine Gaststätte mit Brauerei. Eigentümerin des Grundstücks mit dem gegenständlichen Gebäude, der …, ist die … in …, diese hat den Keller des Anwesens nach Angabe des Antragstellervertreters an die … GmbH & Co KG verpachtet, die Antragstellerin ist Unterpächterin.
Mit Bescheid vom 28. November 1994 wurde der … AG die Baugenehmigung für den Umbau und die Renovierung der Gaststätte und den Einbau einer Gasthofbrauerei im Kellergeschoss des Anwesens … genehmigt. In der Genehmigung wurde Abweichung zugelassen von Art. 32 Abs. 2 Ziffer 3 BayBO wegen eines Brandabschnitts von mehr als 40 m Länge. Die Baugenehmigung enthielt u.a. die Auflage Nummer 4, wonach die Zahl der Besucher auf 575 Personen zu beschränken ist, die Auflage Nummer 6, wonach die Gasträume im Kellergeschoss mit einer Rauchabzugsvorrichtung auszustatten sind, in Nummer 7 wurde eine Sicherheitsbeleuchtung vorgeschrieben, in Nummer 9 wurden feuerhemmende Türen für Lager- und Technikräume angeordnet, in Nummer 18 wurde eine mechanische Lüftungsanlage mit Außenluftrate von 30 cbm/h und Person vorgeschrieben.
Laut Vermerk der Bauordnungsbehörde der Antragsgegnerin vom 4. Mai 1995 wurde das Vorhaben nach Fertigstellung am 26. April 1995 besichtigt, soweit sichtbar und zugänglich sei die Ausführung plangemäß erfolgt. Die Abnahme der Lüftungsanlage durch eine Fachfirma sei vorzulegen.
Mit Schreiben vom 9. Mai 1995 wurde die … AG von der Antragsgegnerin aufgefordert, verschiedene Beanstandungen zu erledigen, laut Vermerk vom 29. November 1995 seien alle Auflagen laut Bauleitung erfüllt.
Am 14. September 2016 wurde durch die Bauordnungsbehörde nach vorheriger Ankündigung die Gaststätte … vor Ort überprüft, zugleich fand eine Feuerbeschau durch die Feuerwehr der Antragsgegnerin statt.
Mit Schreiben vom 15. September 2016 teilte die Feuerwehr der Antragstellerin mit, bei der Feuerbeschau seien Mängel festgestellt worden, die in der fünfseitigen Anlage aufgeführt seien. Dort waren u.a. unter 2.2 ein fehlender Nachweis über den gesicherten Rauchabzug des Treppenraums gerügt und Frist zur Erledigung binnen sechs Wochen nach Erhalt des Schreibens gesetzt worden.
Mit Schreiben vom 13. Oktober 2016 teilte die Bauordnungsbehörde (BoB) der Antragsgegnerin der Antragstellerin mit, bei der Überprüfung seien Mängel festgestellt worden und erforderliche Bescheinigungen hätten nicht vorgelegt werden können. So fehlten die Bescheinigung über die Wirksamkeit und Betriebssicherheit der Sicherheitsstromversorgung (Nummer 1), die Bescheinigung eines Prüfsachverständigen über die Wirksamkeit und Betriebssicherheit der Rauchabzugseinrichtung (Nummer 2), die Bescheinigung über die Wirksamkeit und Betriebssicherheit der Sicherheitsbeleuchtung (Nummer 3), die Bescheinigung eines Prüfsachverständigen über die Wirksamkeit und Betriebssicherheit der Lüftungsanlage (Nummer 4), für die Erledigung dieser Beanstandungen wurde jeweils eine Frist von vier Wochen eingeräumt. Daneben wurden unter Nummern 5 bis 14 weitere Mängel dargestellt und die Antragstellerin zur Beseitigung binnen im Einzelnen aufgeführter Fristen aufgefordert.
Danach wurden mehrfach, u.a. unter Hinweis auf die ungeklärten Zuständigkeiten zwischen Pächter, Unterpächter und Eigentümer, Fristverlängerungen von der Antragsgegnerin gewährt. Dabei lehnte die … GmbH & Co KG mit Schreiben vom 3. April 2017 an die Antragsgegnerin eine Verpflichtung zur Durchführung von Maßnahmen ab, da für Renovierungsarbeiten und Baukosten der Eigentümer zuständig sei und im Übrigen im Jahr 1995 die Baumaßnahme von der Antragsgegnerin abgenommen worden sei.
Bereits mit Schreiben vom 13. Oktober 2016 war auch eine Liste der festgestellten Mängel mit Anhörung zu Fristen für die Erledigung an die Eigentümerin, die …, gesandt worden.
Mit drei Prüfberichten vom 18. November 2016 stellte der Sachverständige … vom TÜV … im Auftrag der Antragstellerin fest, dass an der Lüftungsanlage der Gaststätte fünf wesentliche Mängel vorlagen, die unverzüglich zu beseitigen seien, wobei die Meldung der Mängelbeseitigung bis 16. November 2017 zu erfolgen habe; daneben wurden an der Sicherheitsbeleuchtung zwei wesentliche Mängel festgestellt, die unverzüglich zu beseitigen seien, wobei die Meldung bis zum 23. Februar 2017 zu erfolgen habe; weiter wurde bezüglich der Anlage zur Rauchableitung in Versammlungsräumen als wesentlicher Mangel festgestellt, dass der lichte Querschnitt der Rauchabzugsöffnungen kleiner als gefordert sei, da die Lichtschachtquerschnitte deutlich kleiner seien, wobei noch Gitterroste dort vorhanden seien, sowie teilweise Schutzbleche. Auch diese Mängel seien unverzüglich zu beseitigen und eine Meldung über die Mängelbeseitigung habe bis 16. Mai 2017 zu erfolgen. Jeweils wurde festgestellt, dass die Wirksamkeit und Betriebssicherheit der geprüften Anlage nicht bescheinigt werden könne.
Diese Prüfberichte des TÜV … wurden der Antragsgegnerin von der Antragstellerin am 8. Juni 2017 übermittelt und im Übrigen zu den Punkten 5 bis 14 des Schreibens vom 13. Oktober 2016 Stellung genommen.
Laut Aktenvermerk der Bauordnungsbehörde der Antragsgegnerin teilte der Sachverständige … auf telefonische Anfrage am 9. Juni 2015 mit, bei den festgestellten Mängeln liege zwar noch kein Gefahr drohender Zustand vor, gleichwohl habe die Lüftungsanlage noch nie die 30 cbm/h und Person gewährleisten können, eine Aufrüstung der Anlage erscheine problematisch. Ebenso könne die Rauchableitung bedingt durch die verengten Lichtschachtquerschnitte nur bedingt funktionieren. Auch im Hinblick auf andere Schwierigkeiten empfehle der Sachverständige eine mechanische Entrauchungsanlage.
Am 10. Juli 2017 fand eine Besprechung vor Ort statt, bei der die Mängel der Sicherheitsanlagen (Lüftungs-, Rauchabzugsanlage), sowie fehlende Feuerschutztüren besprochen wurden. Der Sachverständige … erläuterte dabei die vorhandenen Mängel und empfahl wiederum eine maschinelle Rauchabzugsanlage, da die Ertüchtigung der vorhandenen Anlage schwierig erscheine. Weiter wurden die fehlenden T30-Türen im genehmigten Plan aufgezeigt sowie vom Sachverständigen ausgeführt, eine Erneuerung des Lüftungsaggregats sei sinnvoll, da das vorhandene die geforderte Leistung nicht erbringen könne und außerdem an diesem Sicherheitseinrichtungen abgetrennt worden seien. Zugleich wies der Vertreter der BoB in der Besprechung darauf hin, dass die Mängelbeseitigung öffentlich-rechtlich durchzusetzen sei, sowohl gegen den Handlungsstörer als auch gegen den seinerzeitigen Bauherren seien entsprechende Bescheide zu erlassen. In der Folge wandte sich die … GmbH & Co KG mit Schreiben vom 17. August 2017 an die Antragsgegnerin und lehnte eine Zuständigkeit für die geltend gemachten Mängel sowie die Übernahme der Kosten einer Beseitigung ab.
Am 24. August 2017 fand eine weitere Besprechung der Antragsgegnerin mit der Eigentümerin sowie der … GmbH & Co KG Brauereibetriebsgesellschaft als Pächterin statt, wobei … sich bereit erklärte, zeitnah die Einzelmaßnahmen aus dem Schreiben vom 13. Oktober 2016, soweit noch nicht erfüllt, in Auftrag zu geben und in jedem Fall der BoB Auftragsbestätigungen bis Ende der 35. Kalenderwoche vorzulegen. Der Vertreter der Antragsgegnerin erklärte, zur Vermeidung einer Nutzungsuntersagung durch die BoB müssten alle festgestellten und noch nicht behobenen Mängel spätestens bis zum 30. November 2017 vollständig beseitigt werden.
Mit Schreiben vom 24. November 2017 teilte die Antragsgegnerin der Antragstellerin den Sachstand hinsichtlich der mit Schreiben vom 13. Oktober 2016 festgestellten Mängel mit, wobei bezüglich der Nummern 1 bis 4 festgestellt wurde, dass weder bezüglich der Sicherheitsbeleuchtung in Verbindung mit Sicherheitsstromversorgung, noch bezüglich der Rauchabzugseinrichtung und der Lüftungsanlage die Wirksamkeit und Sicherheit durch einen Prüfsachverständigen bescheinigt worden sei, vielmehr habe der TÜV … jeweils wesentliche Mängel festgestellt. Hinsichtlich Nummer 8 wurde festgestellt, dass die geforderte feuerhemmende Türe zwischen Treppenraum und Wärmetauscher/EWAG bisher nicht eingebaut worden sei. Weiter wurde ausgeführt, dass nach Art. 38 Abs. 4 VStättVO der Betreiber zur Einstellung des Betriebs verpflichtet sei, wenn für die Sicherheit der Versammlungsstätte notwendige Anlagen, Einrichtungen oder Vorkehrungen nicht betriebsfähig seien oder wenn Betriebsvorschriften nicht eingehalten werden könnten. Der Antragstellerin wurde angedroht, die Nutzung bis zur Erledigung der noch offenen Mängel gemäß Art. 76 BayBO ab dem 5. Dezember 2017 zu untersagen.
Mit Schriftsatz vom 29. November 2017 wandten sich die Antragstellervertreter an die Bauordnungsbehörde der Antragsgegnerin und teilten mit, die Sicherheitsbeleuchtung mit Sicherheitsstromversorgung sei grundsätzlich gewährleistet, die Beseitigung der Mängel in Auftrag gegeben. Die Rauchabzugseinrichtung sei grundsätzlich vorhanden, sie sei im Juli 2017 letztmalig geprüft und für in Ordnung befunden worden. Auch verfüge das Gebäude über eine Brandmeldeanlage. Zur Lüftungsanlage wurde ausgeführt, es sei der Auftrag zum Einbau einer neuen Anlage vergeben worden, der Baubeginn werde auf die Kalenderwoche 3/2018 bestimmt.
Mit Bescheid vom 4. Dezember 2017 untersagte die Antragsgegnerin gegenüber der Antragstellerin die Nutzung der Gaststätte … mit Brauerei im Kellergeschoss des Anwesens … binnen eines Tages ab Unanfechtbarkeit des Bescheids. Die Nutzungsuntersagung gelte bis zur vollständigen Erledigung der mit Schreiben vom 13. Oktober 2016 mitgeteilten und noch nicht erfüllten Forderungen. Weiter wurde ein Zwangsgeld für den Fall des Zuwiderhandelns angedroht. Zur Begründung wurde der Hergang dargestellt und insbesondere darauf verwiesen, dass bisher hinsichtlich der Mängel Nummer 1 bis 4 im Schreiben vom 13. Oktober 2016 keine Bescheinigungen über die uneingeschränkte Betriebssicherheit und Wirksamkeit vorgelegt worden seien, auch fehle nach wie vor eine T30-Türe, zu den übrigen Punkten wurde ausführlich Stellung genommen. Von den im genannten Schreiben festgestellten Mängeln seien nur die Mängel Nummern 7, 9, 10, 11, 13 und 14 erledigt. Die erforderlichen Nachweise und Mängelbehebungen seien weder von der Betreiberin noch von der Bauherrin fristgerecht vorgelegt bzw. nachgewiesen worden, dies stelle erhebliche Sicherheitsmängel bei dem Betrieb einer Versammlungsstätte dar. Dadurch würden insbesondere die Vorschriften der Art. 3, 12 und 14 BayBO sowie die §§ 31, 38 Abs. 4 VStättVO nicht eingehalten. Die Bauordnungsbehörde sei daher berechtigt im Rahmen pflichtgemäßen Ermessens die Nutzung gemäß Art. 76 Satz 2 BayBO i.V.m. § 38 Abs. 4 VStättVO zu untersagen. Dies sei auch geboten, um eine mögliche Gefahr für Leben und Gesundheit der Besucher sowie der Rettungskräfte abzuwehren. Die Antragstellerin sei als Betreiberin zur Einstellung des Betriebs nach Art. 38 Abs. 4 VStättVO verpflichtet, deshalb sei sie auch richtiger Adressat dieses Bescheids.
Mit Schreiben vom 20. Dezember 2017 an die Bauordnungsbehörde der Antragsgegnerin teilte die … GmbH & Co KG mit, die genannten Mängel seien entweder erledigt oder aber entsprechende Aufträge erteilt, diese sollten spätestens binnen zwei Wochen erledigt sein.
Mit Schriftsatz vom 3. Januar 2018 teilten die Antragstellervertreter der Bauordnungsbehörde der Antragsgegnerin mit, im Hinblick auf das neuerliche Telefonat zwischen dem Antragstellervertreter und dem Leiter der Bauordnungsbehörde werde mitgeteilt, dass man nunmehr gezwungen sei, Klage gegen die Nutzungsuntersagung zu erheben, da eine weitere Fristverlängerung bis zum endgültigen Einbau der die Mängel beseitigenden Anlagen nicht mehr gewährt worden sei.
Mit am 3. Januar 2018 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz vom selben Tag ließ die Antragstellerin Klage gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 4. Dezember 2017 erheben und beantragen, ihn aufzuheben.
Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, die Antragstellerin sei zivilrechtlich nicht für die Beseitigung der hier monierten Mängel zuständig, habe aber dennoch die Sicherheitsbeleuchtung durch ein Provisorium auf den aktuellen Stand der Technik gebracht. Die Nutzungsuntersagung zum jetzigen Zeitpunkt sei unverständlich, da die Antragsgegnerin in Kenntnis der Örtlichkeiten die Nutzung während der Weihnachtsmärkte 2016 und 2017 zugelassen habe, weshalb nicht verständlich sei, weshalb in den folgenden Monaten mit geringerem Besucheraufkommen der Betrieb untersagt werden sollte. Der vorliegende Bescheid lasse eine Interessenabwägung vermissen, zumal spätestens Ende Februar 2017 (gemeint wohl: 2018) sämtliche Mängel behoben sein würden.
Mit Änderungsbescheid vom 15. Januar 2018 ordnete die Antragsgegnerin die sofortige Vollziehung der mit Bescheid vom 4. Dezember 2017 unter Nummer 1 angeordneten Nutzungsuntersagung an, die Nutzung sei sofort ab Zustellung dieses Bescheides einzustellen. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, die Nutzungsuntersagung wegen festgestellter Brandschutzmängel sei bereits mit rechtlichem Gehör vom 24. November 2017 angedroht worden, auf Grund von Telefonaten des Antragstellervertreters mit dem Leiter der Bauordnungsbehörde sei der Beginn der Nutzungsuntersagung auf einen Tag nach Bestandskraft des Bescheids vom 4. Dezember 2017 festgesetzt worden, nachdem der Antragstellervertreter erklärt habe, gegen den Anordnungsbescheid keine Rechtsmittel einzulegen. Nachdem nun Klage erhoben worden sei, ohne dass die Behebung der festgestellten Mängel festgestellt und von Sachverständigen bescheinigt worden sei, sei es geboten, die sofortige Vollziehung anzuordnen. Nachdem die Brandschutzvorschriften durch die festgestellten und noch nicht behobenen Brandschutzmängel nicht eingehalten würden und die fehlenden Bestätigungen und Bescheinigungen über die Wirksamkeit und Betriebssicherheit hinsichtlich der sicherheitstechnischen Anlagen nicht vorgelegt worden seien, liege bei einer weiteren Nutzung der Versammlungsstätte durch die Besucher der Gaststätte eine Gefahr für Leben und Gesundheit vor. Auch ergebe sich eine besondere Betreiberverpflichtung nach § 38 Abs. 4 VStättVO, da der Betrieb einer Versammlungsstätte nur bei einwandfrei funktionierenden Sicherheitseinrichtungen zulässig sei. Der Betreiber müsse den Betrieb selbst einstellen, wenn die Anlagen nicht betriebsfähig seien. Da dies nicht erfolgt sei, sei die entsprechende Anordnung ergangen. Zudem würde die notwendige Ordnung im Bauwesen untergraben, wenn durch die Einlegung des Rechtsbehelfs gegen die angeordnete Nutzungsuntersagung die derzeit der Bauordnung widersprechende Nutzung jedenfalls zunächst weitergeführt werden könnte.
Mit Schriftsatz vom 10. Januar 2018, eingegangen beim Gericht am selben Tag, ließ die Antragstellerin beantragen,
die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Nutzungsuntersagung vom 4. Dezember 2017 wiederherzustellen.
Zur Begründung wurde zu den einzelnen Sicherheitsmängeln im Wesentlichen der bisherige Vortrag wiederholt und zur Rauchabzugseinrichtung (Nummer 2) ausgeführt, diese sei grundsätzlich wirksam und betriebssicher, die Anlage sei Ende Juli 2017 überprüft und für in Ordnung befunden worden, der monierte Mangel bestehe somit nicht. Die Anordnung des Sofortvollzugs verstoße gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, die Antragstellerin betreibe die Brauereigaststätte in der vorliegenden Form bereits seit über 20 Jahren, die Antragsgegnerin habe seit Herbst 2016 Kenntnis von der Situation vor Ort. Dabei sei durch die Behebung verschiedener Mängel die Sicherheitslage jetzt besser als früher, dies sei bei der nachgeschobenen Anordnung des Sofortvollzugs nicht berücksichtigt worden. Auch habe die Antragsgegnerin trotz Kenntnis der Sachlage über ein Jahr zugelassen, dass der reguläre Betrieb aufrechterhalten worden sei, darunter auch größere Veranstaltungen. Die Antragstellerin habe davon ausgehen dürfen, dass die Antragsgegnerin auf die Anordnung des sofortigen Vollzugs verzichte, wenn sie die monierten Mängel wie bisher weiter behebe bzw. beheben lasse. Die Antragstellerin sei den Weisungen der Antragsgegnerin stets nachgekommen. Allerdings sei zu berücksichtigen, dass bei dem vorhandenen Altbau die verbliebenen Mängel (T30-Tür und Lüftungsanlage) nur im Wege einer Spezialanfertigung behoben werden könnten. Die nachträgliche Anordnung des Sofortvollzugs sei rechtswidrig, dies sei nach einem längeren Zeitraum nur dann möglich, wenn die Notwendigkeit für diese Anordnung sich nachträglich gezeigt habe. Dies sei hier aber nicht der Fall, die Antragsgegnerin stelle ausschließlich auf die bereits früher bekannte Sachlage ab. Eine tatsächliche Interessenabwägung sei hier nicht durchgeführt worden. Auch zeige der Umstand, dass die Antragsgegnerin zwei Wochen mit der Reaktion auf die Klage gewartet habe, dass sie nicht von einer lebensbedrohlichen Situation ausgegangen sei. Die Begründung der Sofortvollzugsanordnung sei lediglich formelhaft und stelle auf den Gesetzestext des § 38 Abs. 4 VStättVO sowie die notwendige Ordnung im Bauwesen ab. Im Hinblick auf den nur kurzen Zeitraum bis zur Mängelbehebung Ende Februar/Anfang März 2018 und im Hinblick auf die langzeitige Kenntnis der Antragsgegnerin sei die nachgeschobene Sofortvollzugsanordnung unverhältnismäßig. Die Antragstellerin würde demgegenüber ihrer wirtschaftlichen Existenz beraubt, wenn sie sich an die nachgeschobene Sofortvollzugsanordnung halten müsste und dadurch in ihrer Berufsausübungsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG verletzt. Im Übrigen seien alle Mängel bis auf die T30-Tür und die Lüftungsanlage behoben, die Behebung dieser beiden Mängel habe begonnen und werde zeitnah abgeschlossen. Das Abstellen auf die bloße Nichtvorlage von Prüfbescheinigungen könne im Wege der Abwägung nicht derart hoch gewichtet werden, dass es die sofortige Schließung eines Betriebs rechtfertigen könnte.
Die Antragsgegnerin erwiderte mit Schriftsatz vom 30. Januar 2018 im Klage- und Antragsverfahren und beantragte,
den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung abzulehnen.
Zur Begründung wurde der Hergang nochmals dargestellt und ausgeführt, die Anordnung des Sofortvollzugs sei bei Erlass der Nutzungsuntersagung unterblieben, da der Antragstellervertreter in Aussicht gestellt hatte, keine Klage gegen diesen Bescheid zu erheben. Zur Klage- und Antragsbegründung werde auf die Ausführungen im Bescheid vom 14. Dezember 2017 verwiesen und dort insbesondere auf den Sachstand zu den einzelnen Mängeln. Die bloße Vorlage von Angeboten oder Auftragsbestätigungen stelle keine Erledigung eines Mangels dar, es stehe zeitlich nicht fest, wann die notwendigen Sachverständigenbescheinigungen vorlägen und die Arbeiten vollständig umgesetzt seien. Dies gelte insbesondere hinsichtlich der sicherheitstechnischen Anlagen, wie Lüftungsanlage, Sicherheitsbeleuchtung mit Sicherheitsstromversorgung sowie Rauchabzugseinrichtung. Nach § 38 Abs. 4 VStättVO sei der Betreiber zur Einstellung des Betriebs verpflichtet, wenn u.a. die erforderlichen Vorrichtungen nicht betriebsfähig seien. Die Einstellung müsse vom Betreiber selbst erfolgen. Eine Anlage gelte auch dann als nicht betriebsfähig, wenn ihre Funktionsfähigkeit eingeschränkt oder aufgehoben sei oder vorgeschriebene wiederkehrende Prüfungen nicht durchgeführt worden seien, auf § 2 der Sicherheitsanlagenprüfverordnung werde ergänzend verwiesen. Die Bauaufsichtsbehörde müsse den derzeitigen Zustand bzw. die Funktionsfähigkeit der Anlagen nicht selbst überprüfen, dafür seien die amtlich eingeführten Formblätter zum Nachweis geschaffen worden. Die Bauordnungsbehörde habe ihr Ermessen ausgeübt, indem dem Betreiber großzügige Fristverlängerungen gewährt worden seien, nachdem bereits der Prüfsachverständige eine Erledigungsfrist zur Mangelbehebung angesetzt habe. Art. 76 Satz 1 BayBO sei neben Art. 54 Abs. 4 BayBO anwendbar, die Vorschrift erlaube der Bauaufsichtsbehörde, Anforderungen zu stellen bzw. Maßnahmen anzuordnen, wenn die Nutzung gegen öffentlich-rechtliche Vorschriften verstoße. Da hier die Betriebssicherheit und Wirksamkeit der sicherheitstechnischen Anlagen durch einen Sachverständigen nicht bescheinigt worden sei, hätte der Betreiber bereits auf Grund der am 26. November 2016 ausgestellten Prüfberichte den Betrieb einstellen müssen. Nachdem dies nicht geschehen sei, sei die Bauordnungsbehörde im Rahmen des pflichtgemäßen Ermessens berechtigt, die Nutzung bis zur Vorlage der Nachweise einzustellen. Den Maßstab für die Abwägung bilde dabei der allgemeine sicherheitsrechtliche Grundsatz, dass an die Wahrscheinlichkeit des Schadeneintritts umso geringere Anforderungen zu stellen seien, je größer und folgenschwerer der möglicherweise eintretende Schaden sei. Bei den Rechtsgütern Leben und Gesundheit könne es auf Grund deren hohen Stellenwerts im Normalfall genügen, wenn die Möglichkeit eines Schadeneintritts nach einer auf konkreten Tatsachen beruhenden Prognosen nicht von der Hand zu weisen sei. Es handele sich um brandschutzrechtliche Anforderungen, mit der Entstehung eines Brandes müsse praktisch jederzeit gerechnet werden, ein Gebäudebrand gehe auch regelmäßig mit erheblichen Gefahren für Leben und Gesundheit von Personen einher. Personen in einem Gebäude müssten sich darauf verlassen können, dass die vorgesehenen Rettungswege im Brandfall hinreichend gefahrfrei und sicher benutzbar seien und die hierfür notwendigen sicherheitstechnischen Anlagen funktionierten. Mängel innerhalb der Rettungswege indizierten eine erhebliche Gefahr. Die hier in der Baugenehmigung vom 28. November 1994 enthaltenen sicherheitstechnischen Anlagen verfolgten den Schutzzweck, im Brandfall den Brandübergriff auf den Rettungsweg sowie eine Verrauchung in diesem zu verhindern und damit die Umsetzung der allgemeinen Vorgaben in Art. 12 und 14 BayBO für eine sichere und gefahrfreie Benutzbarkeit des Rettungswegs zu gewährleisten. Ermessensfehler seien nicht ersichtlich, nach Art. 76 Abs. 2 BayBO sei das Ermessen regelmäßig auf Null reduziert, wenn Anordnungen zur Abwehr von erheblichen Gefahren für Leben und Gesundheit notwendig seien. Auch sei die Antragstellerin zutreffend als Adressat ausgewählt worden, insoweit werde auf Art. 38 Abs. 4 VStättVO verwiesen, diese Vorschrift stelle auch nicht auf die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Pflichtigen ab. Im Hinblick auf die betroffenen Güter Leib und Leben sei auch nicht ersichtlich, dass die im Rahmen der Zwangsgeldandrohung verfügten Fristen von zunächst einem Tag an Unanfechtbarkeit des Anordnungsbescheides zur endgültigen Mängelbehebung unter Zumutbarkeitsgesichtspunkten zu kurz bemessen gewesen seien. Wenn gerügt werde, die Bauordnungsbehörde hätte früher handeln sollen, so könne daraus jedenfalls nicht geschlossen werden, aus Gründen der Verhältnismäßigkeit sei jetzt eine Nutzungsuntersagung bis zur Wiederherstellung eines für Leben und Gesundheit gefahrfreien baulichen Zustandes nicht mehr möglich. Da die Nutzung der Kellergaststätte … ohne im Brandfall hinreichend sicher benutzbare Rettungswege mit erheblichen Gefahren für Leib und Leben der Gäste und dort aufhaltender Personen verbunden sei, sei das Ermessen der Behörde, eine Nutzungsuntersagung anzuordnen, grundsätzlich auf Null reduziert. Das Verbot des weiteren Betriebs sei geeignet, die bestehende erhebliche Gefahr für Leben und Gesundheit der Gäste und anderer Personen abzuwehren, ein milderes Mittel als die komplette Schließung, das ebenso effektiv sei, sei nicht ersichtlich. Die Antragstellerin könne sich nicht auf wirtschaftliche Gründe berufen, weil diese hinter den Rechtsgütern Leben und Gesundheit zurücktreten müssten. Dies gelte auf Grund der verheerenden Schäden, die im Brandfall zu erwarten seien, nachdem gerade in den Räumen eines Kellerlokals Personen bei einem Feuer durch den sich frei ausbreitenden Rauch regelrecht in einer Falle säßen, so dass nicht nur mit Verletzungen, sondern mit dem Tod zu rechnen sei. Dass der Brandschutz in den Räumlichkeiten mangelhaft sei, sei der Antragstellerin zudem seit vielen Jahren bekannt. Auch wenn die Bauaufsichtsbehörde länger nicht tätig geworden sei, habe die Antragstellerin nicht darauf vertrauen dürfen, dass die Brandschutzmängel dauerhaft geduldet würden. Wenn sie dennoch Reservierungen entgegengenommen habe, so sei dies auf eigenes Risiko geschehen. Trotz der betrieblichen Einbußen und der nicht unerheblichen Aufwendungen für die Antragstellerin stelle sich die Nutzungsuntersagung als verhältnismäßig dar, zumal die Bauordnungsbehörde Härten dadurch abgefedert habe, dass zunächst noch die durch den TÜV … vorgegebenen Erledigungsfristen abgewartet und unter der Erwartung eines Rechtsmittelverzichts auf eine Anordnung der sofortigen Vollziehung verzichtet worden sei. Mit der Antragsbegründung seien die erforderlichen Nachweise nicht vorgelegt worden, an der Situation habe sich tatsächlich nichts geändert. Die vom Anwalt angeführte Brandmeldeanlage sei nur für Nutzungen ab dem Erdgeschoss eingebaut, ob die vorhandene nicht geforderte Brandmeldeanlage auch den Bereich des Kellerlokals mit abdecke, sei der Bauordnungsbehörde nicht bekannt. Außerdem könne eine Brandmeldeanlage Brandschutzmängel nicht kompensieren. Die Antragstellerin kenne die Mängel seit Oktober 2016; obwohl die Prüfberichte des TÜV … vorgelegen hätten, habe sie keine zeitnahe Beauftragung von Fachfirmen veranlasst. Erst durch den Zwischenpächter seien die TÜV-Berichte im Juni 2017 der Bauordnungsbehörde vorgelegt worden. Nachdem bei einer Besprechung der damalige Bauherr und derzeitige Zwischenpächter eine Erledigung der Mängel zugesagt hatte, sei am 3. Juli 2017 einer weiteren Fristverlängerung nochmals zugestimmt worden. Hier bestehe auch ein überwiegendes öffentliches Interesse an der Anordnung des Sofortvollzugs, ein Zuwarten bis zur Unanfechtbarkeit des Bescheids hätte ein Fortbestehen der Gefährdungslage über längere Zeit zur Folge, das nicht hinnehmbar sei.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und Behördenakten (auch im Verfahren AN 9 K 18.00019) verwiesen.
II.
Der zulässige Antrag ist unbegründet.
Im Rahmen eines Verfahrens nach § 80a Abs. 3 i.V.m. § 80 Abs. 5 VwGO trifft das Gericht auf Grund der sich im Zeitpunkt seiner Entscheidung darstellenden Sach-und Rechtslage eine originäre Ermessensentscheidung darüber, welche Interessen höher zu bewerten sind:
Die für einen sofortigen Vollzug des angefochtenen Verwaltungsakts oder die für die Anordnung der aufschiebenden Wirkung Streitenden. Das Gericht nimmt somit eine eigene Interessenbewertung vor, bei der auch die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache zu berücksichtigen sind. Diese sind ein wesentliches, aber nicht das alleinige Indiz für und gegen den gestellten Antrag. Sind die Erfolgsaussichten offen, findet eine reine Abwägung der für und gegen den Sofortvollzug sprechenden Interessen statt (zum Vorstehenden: vgl. BayVGH, B.v. 24.3.2009 – 14 CS 08.3017).
Nach § 80 Abs. 1 VwGO haben Widerspruch und Anfechtungsklage grundsätzlich aufschiebende Wirkung, die Behörde hat allerdings nach § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO die Möglichkeit, die sofortige Vollziehung anzuordnen, wenn die dort genannten Voraussetzungen erfüllt sind.
Die Sofortvollzugsanordnung begegnet in formeller Hinsicht keinen rechtlichen Bedenken. Insbesondere ist die Antragsgegnerin ihrer Pflicht aus § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO zu einer auf den Einzelfall eingehenden und nicht bloß formelhaften Begründung nachgekommen. Sie stellt dabei auf die erheblichen Gefahren für Leben und Gesundheit ab, die den Gästen und dem Personal eines Gastronomiebetriebes drohen, der nicht über einen mangelfreien Brandschutz verfügt, insbesondere nicht über eine wirksame und betriebssichere Lüftungsanlage, Rauchableitung sowie einen gesicherten und vor Verrauchung geschützten Rettungsweg verfügt und stellt außerdem dar, dass ein Zuwarten bis zur Unanfechtbarkeit ein hinnehmbares Fortbestehen dieser Gefährdungslage zur Folge habe. Hinzu kommt, dass der gegenständliche Gastronomiebetrieb vollständig im Kellergeschoss gelegen ist, was die Gefährdung der Gäste, Mitarbeiter sowie sonstiger sich dort aufhaltender Personen im Brandfall deutlich erhöht. Schließlich verweist die Antragsgegnerin zu Recht darauf, dass bei Nutzungsuntersagungen im Allgemeinen ein besonderes öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung anzunehmen ist, zumal wenn es sich um Mängel im Bereich der Brandschutz- und Sicherheitstechnik handelt.
Die hier vom Gericht vorzunehmende Interessenabwägung fällt zu Lasten der Antragstellerin aus, der von ihnen eingelegte Rechtsbehelf hat nach summarischer Prüfung in der Hauptsache keine hinreichende Aussicht auf Erfolg, weil die angefochtene Nutzungsuntersagung voraussichtlich rechtmäßig ist und die Antragstellerin nicht in ihren Rechten verletzt. Auch besteht nach Überzeugung des Gerichts ein besonderes öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehbarkeit der Anordnung.
Die Kammer nimmt insoweit Bezug auf die Gründe des angefochtenen Bescheids der Antragsgegnerin vom 4. Dezember 2017 in der Fassung des Änderungsbescheids vom 15. Januar 2018. Ergänzend ist insbesondere im Hinblick auf die Einwendungen der Antragstellerin Folgendes auszuführen:
Als Rechtsgrundlage für die im angefochtenen Bescheid ausgesprochene Nutzungsuntersagung hat die Antragsgegnerin Art. 76 Satz 2 BayBO angeführt, gleichzeitig aber sich ergänzend auch auf § 38 Abs. 4 VStättVO gestützt. Nach Auffassung der Kammer liegen die Voraussetzungen für eine Nutzungsuntersagung nach beiden Vorschriften vor, beide sind auch neben-einander anwendbar. Die Antragsgegnerin ist im angefochtenen Bescheid zu Recht davon ausgegangen, dass die hier gegenständliche Gaststätte im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften, nämlich insbesondere den Art. 3 und 12 BayBO sowie §§ 31 und 38 Abs. 4 VStättVO genutzt wird, so dass nach Art. 76 Satz 2 BayBO die Tatbestandsvoraussetzungen für eine Nutzungsuntersagung vorliegen.
Nach Auffassung der Kammer zeigen insbesondere die von der Antragstellerin mit Mail vom 8. Juni 2017 der Antragsgegnerin vorgelegten drei Prüfberichte des Sachverständigen … vom TÜV …, dass sowohl hinsichtlich der Lüftungsanlage der Gaststätte, der Sicherheitsbeleuchtung und der Anlagen zur Rauchableitung wesentliche Mängel vorlagen, die nach den Feststellungen des Sachverständigen unverzüglich zu beseitigen seien. Hinzu kommt das von der Antragsgegnerin bereits mit Schreiben vom 13. Oktober 2016 gegenüber der Antragstellerin gerügte Fehlen einer feuerhemmenden T30-Tür zum Technikraum.
Entgegen dem Vortrag der Antragstellerin handelt es sich dabei weder um kleine, auf unabsehbare Dauer hinnehmbare Mängel noch sind diese Mängel zwischenzeitlich beseitigt worden. Hinsichtlich der T30-Türe hat der Antragstellervertreter zwar vorgetragen, deren Einbau sei bis Ende Februar geplant, bis zum Zeitpunkt des Erlasses des gegenständlichen Bescheides in der Fassung des Änderungsbescheids war somit der entsprechende Mangel ebenso wenig beseitigt wie der nach den Angaben des Sachverständigen … notwendige Austausch der Lüftungsanlage. Insbesondere aber der vom Sachverständigen … ebenfalls als wesentlich festgestellte Mangel an der Anlage zur Rauchableitung, dass der lichte Querschnitt der Rauchabzugsöffnungen kleiner sei als der geforderte, wurde nicht nur bisher nicht behoben, vielmehr hat die Antragstellerin vortragen lassen, ein solcher Mangel bestehe gar nicht, obwohl der von ihr selbst eingeschaltete Prüfsachverständige des TÜV … den Zustand der Rauchabzugsöffnungen als wesentlichen Mangel bezeichnet und dessen sofortige Behebung angeordnet hatte. Dass gerade bei einem Kellerlokal, das von einer großen Zahl von Gästen zuzüglich des Personals besucht werden kann, ein zureichender Rauchabzug im Brandfall überlebenswichtig für die Sicherheit der Personen und für die Möglichkeit, dass diese sich über die Rettungswege ins Erdgeschoss in Sicherheit bringen, unabdingbar ist, liegt auf der Hand. Dass, wie von der Antragstellerin vorgetragen, die vorhandene Rauchabzugsanlage bei einer Überprüfung im Jahr 2017 funktioniert hat, reicht hier nicht aus, da es sich zum einen um die Angabe der mit der Überprüfung beauftragten Firma, nicht aber um die Feststellung des hier zuständigen Prüfsachverständigen handelt und zum anderen gerade der unzureichende Querschnitt der Rauchabzugsöffnungen ersichtlich nicht Gegenstand dieser Prüfung war. Allein dieser wesentliche Mangel reicht nach Überzeugung der Kammer aus, um eine Gefahr für Leib und Leben der sich im Kellerlokal der Antragstellerin aufhaltenden Personen zu begründen, so dass ein Zuwarten bis Ende Februar oder bis zum Ende der 10. Kalenderwoche, also einem Zeitpunkt, an dem nach den Angaben der Antragstellerin ein Teil der wesentlichen Mängel behoben sein sollte, nicht zu einem betriebssicheren Zustand der gesamten Anlage geführt hätte, zumal der bloße Austausch bzw. Einbau der entsprechenden Lüftungsanlage noch nicht den vom Gesetz geforderten Nachweis durch einen Sachverständigen ersetzt.
Soweit die Antragstellerin vortragen lässt, die Antragsgegnerin habe sie zu Unrecht in Anspruch genommen, so folgt dem die Kammer nicht. Die Antragstellerin ist zum einen als Betreiberin der hier gegenständlichen Gaststätte im Keller der Mauthalle unmittelbar Handlungsverantwortlicher und zum anderen nach § 38 Abs. 1 und 4 VStättVO unmittelbar Verpflichteter für die Sicherheit und die Einhaltung der entsprechenden Vorschriften. Im Übrigen war es der Antragsgegnerin angesichts der hier drohenden Gefahrenlage nicht zuzumuten, erst den Abschluss zivilrechtlichen Auseinandersetzungen zwischen Eigentümerin, Pächterin und Unterpächterin abzuwarten, sondern die Inanspruchnahme des Störers, der als Betreiber am ehesten in der Lage ist, den Betrieb zu beenden, erscheint sachgerecht und rechtmäßig. Da es vorliegend um die Untersagung der Nutzung zur Gefahrenabwehr und nicht um die Durchsetzung der erforderlichen Einzelmaßnahmen ging, war auch eine Beiladung der Eigentümerin bzw. der Hauptpächterin als Bauherrin für das Vorhaben nicht geboten.
Soweit die Antragstellerin darauf verweisen lässt, dass hier eine Brandmeldeanlage vorhanden sei, so hat sie nicht glaubhaft gemacht, dass damit eine Gefahr für Leib und Leben der Besucher im Brandfall ausgeschlossen oder soweit verringert wäre, dass der bisherige Zustand hinzunehmen sei. Denn im Bereich des Brandschutzes und der Sicherheit des Betriebs von Versammlungsstätten gilt der allgemeine sicherheitsrechtliche Grundsatz, dass an die Wahrscheinlichkeit des Schadeneintritts umso geringere Anforderungen zu stellen sind, je größer und folgenschwerer der möglicherweise eintretende Schaden ist (vgl. BayVGH, U.v. 16.1.1977 – 22 B 96.3491, Rn. 20; B.v. 29.11.2011 – 14 CS 11.2426, Rn. 90 – juris). Im Übrigen erscheint es der Kammer auch nicht als naheliegend, dass eine Brandmeldeanlage, die zu einer direkten Information der Feuerwehr und damit zu einem schnelleren Einsatz der Rettungskräfte führen dürfte, ausreichend wäre, um die hier offensichtliche Gefahr von körperlichen Schäden an den Personen, die sich im gegenständlichen Kellerlokal aufhalten, auf Grund insbesondere der mangelhaften Rauchabzugsanlage auszuschließen.
Soweit die Antragstellerin anführt, der angefochtene Bescheid weise keine Interessenabwägung und keine ausreichende Ermessensausübung auf, so folgt dem die Kammer nicht. Da es hier um Gefahren für Leib und Leben geht, und um die Beseitigung von vom Prüfsachverständigen als wesentlich bezeichneter Mängel beim Brandschutz, haben die wirtschaftlichen Auswirkungen auf die Antragstellerin demgegenüber geringeres Gewicht. Zudem hat die Antragstellerin nicht substantiiert dargelegt, dass ihr durch die zeitweilige Schließung der Gaststätte bis zur Beseitigung der Mängel unzumutbare wirtschaftliche Schäden zugefügt würden. Soweit die Antragstellerin vortragen lässt, die Antragsgegnerin könne nicht eine Nutzungsanordnung mit Sofortvollzug versehen, nachdem sie lange untätig geblieben sei, so entspricht dies zum einen nicht dem Hergang, da die Antragsgegnerin nach Bekanntwerden der Mängel auf Grund der Betriebsbesichtigung und der Feuerbeschau die zunächst erforderlichen Maßnahmen zur Beseitigung der Mängel angeordnet hat. Dass der Antragsgegnerin der Umfang der Mängel erst im Juni 2017 vollständig bekannt wurde, als nämlich von der Antragstellerin die bereits am 18. November 2016 erstellten Prüfberichte des Prüfsachverständigen vorgelegt wurden, kann nicht zu Lasten der Antragsgegnerin gehen. Selbst wenn die Antragsgegnerin in der Folgezeit außergewöhnlich großzügig war, was die Verlängerung von Fristen und das Vertrauen auf die Mängelbeseitigung durch die Verpflichteten angeht, so kann dies nach Auffassung der Kammer nicht dazu führen, dass dann, wenn die Antragsgegnerin erkennen muss, dass die Beseitigung zumindest einzelner schwerwiegender Mängel auf unabsehbare Zeit nicht erfolgen dürfte, ihr die Untersagung der Nutzung mit Sofortvollzug unmöglich würde. Vielmehr hat die Antragsgegnerin hier zum Schutz von Leib und Leben von Menschen gehandelt, und zwar lange darauf vertraut, dass die Antragstellerin selbst bzw. die Verpächterin und Bauherrin die Betriebssicherheit vollständig und dauerhaft wiederherstellen würden. Nachdem dies aber trotz großzügiger Fristverlängerung nicht zum Erfolg geführt hat, war es nach Überzeugung der Kammer geboten, das einzig effektive Mittel zur Beendigung der Gefahr, nämlich eine Nutzungsuntersagung, anzuwenden. Da auf Grund der aufschiebenden Wirkung der Klage das Ende der Nutzung auf unabsehbare Zeit hinausgeschoben worden wäre, ist es auch nicht zu beanstanden, dass die Antragsgegnerin nach Klageerhebung die sofortige Vollziehung ihres Bescheids angeordnet hat, insbesondere wenn man davon ausgeht, dass – wie von der Antragstellerseite nicht bestritten – der Sofortvollzug im Ausgangsbescheid vom 4.12.2017 nur deshalb nicht angeordnet wurde, weil die Antragstellerin ein Absehen von einer Klage gegen diesen Bescheid in Aussicht gestellt hatte. Der Antragsgegnerin stand auch nach Auffassung der Kammer kein milderes Mittel zur Verfügung, um die Gefahr für Personen im Keller des gegenständlichen Anwesens auszuschließen, insbesondere hätte eine Beschränkung auf eine geringere Besucherzahl, etwa auf 200 Personen wie von der Antragstellerseite angesprochen, nicht ausgereicht, um die insbesondere vom fehlerhaften Rauchabzug ausgehende Gefahr eines Schadeneintritts im Brandfall für die Besucher auszuschließen. Im Übrigen wäre es bereits seit Bekanntwerden der Mängel spätestens im September bzw. Oktober 2016 Sache der Antragstellerin als Betreiber der Anlage gewesen, von sich aus den Betrieb einzustellen oder, wenn dies nach ihrer Auffassung ausgereicht hätte, die Besucherzahl zu begrenzen.
Auch der weitere Inhalt des angefochtenen Bescheids, insbesondere das angedrohte Zwangsgeld, begegnet keinen Bedenken der Kammer im Hinblick auf die Rechtmäßigkeit, das Zwangsgeld erscheint sowohl als Zwangsmittel als auch in der konkreten Höhe als angemessen und nicht zu beanstanden. Die Antragstellerin hat es selbst in der Hand, durch eine zügige Beseitigung der von ihrem eigenen Sachverständigen festgestellten wesentlichen Mängel die Wiedereröffnung ihres Betriebs zu ermöglichen, zumal die Nutzungsuntersagung im Bescheid vom 4. Dezember 2017 nur bis zum Zeitpunkt der vollständigen Erledigung der mit Schreiben der Bauordnungsbehörde vom 13. Oktober 2016 mitgeteilten Forderungen befristet ist.
Damit war der Antrag abzulehnen.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO.
Der Streitwert wurde gemäß § 52 Abs. 1 GKG festgesetzt und entspricht dem Vorschlag des Antragstellervertreters.

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