Aktenzeichen M 19 S 20.2244
Leitsatz
1. Da eine Verkehrssicherung, die jedes Risiko ausschließt, nicht erreichbar ist, sind diejenigen Vorkehrungen zu treffen, die nach den Sicherheitserwartungen des jeweiligen Verkehrs im Rahmen des wirtschaftlich Zumutbaren geeignet sind, bestehende Gefahren abzuwenden. (Rn. 39) (redaktioneller Leitsatz)
2. Der Begriff der zu duldenden Maßnahmen iSv § 65 Abs. 1 BNatSchG ist weit zu verstehen und umfasst sämtliche grundstücksbezogenen Einwirkungen, die der Verwirklichung der Ziele des Naturschutzes und der Landschaftspflege dienen. Die Duldungspflicht bezieht sich somit auch auf Schutz- und Pflegemaßnahmen. (Rn. 40) (redaktioneller Leitsatz)
3. Zumutbar ist ein durch naturschutzrechtliche Regelungen angesonnenes Verhalten dann, wenn eine Abwägung aller einschlägigen individuellen Gesichtspunkte unter Berücksichtigung der objektiven Lage und unter Berücksichtigung des Verfassungsgrundsatzes der Sozialbindung des Eigentums ergibt, dass ein solches Verhalten in Fällen dieser Art billigerweise verlangt werden kann. (Rn. 43) (redaktioneller Leitsatz)
4. Ließe man im Baumschutzrecht die allgemeine Windwurfgefahr ohne substantiierte Anhaltspunkte auch bei entfernt liegenden Schadensverläufen für eine Fällgenehmigung ausreichen, würde der Baumschutz insgesamt leerlaufen, weil sich praktisch der gesamte übrige Baumbestand in derselben Risikolage befände. (Rn. 50) (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert wird auf 2.500,- Euro festgesetzt.
Gründe
I.
Der Antragsteller wendet sich gegen eine für sofort vollziehbar erklärte naturschutzrechtliche Anordnung zur Sicherung und Erhaltung eines auf seinem Grundstück befindlichen geschützten Landschaftsbestandteils.
Die streitgegenständliche Anordnung zur Duldung einer Sicherungs- und Erhaltungsmaßnahme betrifft einen Silberahornbaum, der sich im südlichen Bereich des im Eigentum des Antragstellers stehenden Grundstück FlNr. 366/25, Gemarkung … befindet. Der nördliche Bereich des Grundstücks ist mit einem Wohnhaus bebaut und von Mietern des Antragstellers bewohnt. Mit der Verordnung über den geschützten Landschaftsbestandteil „Silberahorn Ecke … * …“ vom 22. Juni 2015, veröffentlicht am 3. Juli 2015 im Amtsblatt Nr. 15 für den Landkreis Dachau (im Folgenden: LB-Verordnung), wurde der Silberahorn zwecks seines Erhalts unter Schutz gestellt (§ 1 LB-Verordnung). Nach § 2 Abs. 1 LB-Verordnung ist es verboten, diesen Landschaftsbestandteil oder Teile davon ohne Genehmigung zu entfernen, zu zerstören oder zu verändern oder Handlungen vorzunehmen, welche zu einer nachhaltigen Störung oder zu einer Beschädigung oder Zerstörung des Landschaftsbestandteils führen können. § 3 LB-Verordnung regelt Ausnahmen für u.a. Erhaltungs- und Verkehrssicherungsmaßnahmen, § 4 LB-Verordnung sieht die Erteilung von Befreiungen nach § 67 Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) im Einzelfall vor und § 5 LB-Verordnung regelt Ordnungswidrigkeiten bei Zuwiderhandlungen gegen die LB-Verordnung.
Bei einer turnusmäßigen Überprüfung des unter Schutz gestellten Silberahorns stellte der Antragsgegner fest, dass der Baum zunehmend von Windwurf gefährdet sei. Zur langfristigen Sicherung und Erhaltung des Baumes bedürfe es des Einbaus einer Kronensicherung und eines 10 bis 15 prozentigen Rückschnitts der Krone durch eine hierfür geeignete Baumpflegefirma.
Mit Schreiben vom 12. November 2019 kündigte der Antragsgegner dem Antragsteller die Erforderlichkeit der Durchführung der entsprechenden Maßnahmen an, deren Kosten der Antragsgegner tragen werde. Aufgrund der an den Maßnahmen vom Antragsteller geäußerten Zweifel erläuterte der Antragsgegner mit Schreiben vom 3. Dezember 2019 und E-Mail vom 28. Februar 2020 deren aus seiner Sicht bestehende Notwendigkeit. Der Antragsteller verweigerte mit Schreiben vom 21. November 2019, 31. Januar 2020 und zuletzt 4. März 2020 sein Einverständnis zu dem für die Durchführung der Maßnahmen erforderlichen Zutritt zu seinem Grundstück. Ein Zutritt werde nur für die Fällung des Baumes gestattet. Auf die daraufhin mit E-Mail des Landratsamts vom 13. März 2020 angekündigte förmliche Duldungsanordnung für den Fall, dass nicht bis zum 1. April 2020 ein Signal der Akzeptanz der Maßnahmen gegeben werde, erfolgte keine Reaktion seitens des Antragstellers.
Mit Bescheid vom 17. April 2020, beim Prozessbevollmächtigten des Antragstellers am 23. April 2020 eingegangen, verpflichtete der Antragsgegner den Antragsteller, den Einbau einer dynamischen Kronensicherung (3 x 8 t) und einen 10 bis 15 prozentigen Kronenrückschnitt durch eine vom Landratsamt beauftragte Fachfirma an dem geschützten Landschaftsbestandteil „Silberahorn Ecke … * … in Karlsfeld, Ortsteil …“ sowie das hierzu erforderliche Betreten des Grundstücks durch Bedienstete und / oder Beauftragte des Landratsamts zu dulden (Nr. 1), stellte für den Fall der Zuwiderhandlung der vorgenannten Anordnung ein Zwangsgeld in Höhe von 1.000 € fällig (Nr. 2) und ordnete die sofortige Vollziehung der Duldungsanordnung in Nummer 1 an (Nr. 3).
Der betroffene Silberahorn sei aufgrund seiner breiten Krone und Mehrstämmigkeit besonders windbruchgefährdet. Mittels der angeordneten Maßnahmen könne dieser Windbruchgefährdung maßgeblich entgegengewirkt und damit eine möglichst langfristige Erhaltung und Sicherung gewährleistet werden. Ohne die Durchführung der Maßnahmen sei zu befürchten, dass bei starken Windereignissen ein Stämmling oder Grobäste ausbrechen würden und der Baum an Substanz und damit an Leistungs- und Funktionsfähigkeit für den Naturhaushalt und an seiner belebenden und markanten Wirkung für das Straßen- und Ortsbild verliere. Darüber hinaus dienten die Maßnahmen auch dem Schutz der Anwohner vor einem unkontrollierten Ausbrechen oder Herunterfallen von Ästen. Die Schutzwürdigkeit des Silberahorns bleibe trotz der Maßnahmen bestehen. Die Anordnung sei auch ermessensgerecht. Das öffentliche Interesse an der Sicherung des Baumes und der damit verbundenen positiven Auswirkungen für den Naturhaushalt und das Orts- und Landschaftsbild sei höher zu gewichten als das Interesse des Antragstellers am Unterbleiben der Maßnahme. Dessen Ziel sei allein die Fällung des Baumes zur anschließenden optimalen baulichen und wirtschaftlichen Nutzung der noch unbebauten Teilfläche des Grundstücks. Der sofortige Vollzug nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) sei anzuordnen, da sich mit einem Zuwarten bis zu einer Entscheidung über einen eventuellen Rechtsbehelf die Gefahr eines unkontrollierten Ausbrechens eines Stämmlings oder Grobastes durch einen Windbruch realisieren könne. Das öffentliche Interesse sei durch die dadurch denkbare massive Schädigung und den Substanzverlust des Silberahorns sowie die Gefährdung der Anwohner begründet. Demgegenüber sei das Interesse des Antragstellers am Unterbleiben der Maßnahme, insbesondere im Hinblick darauf, dass es ihm vorrangig um die Fällung des Baumes gehe, von deutlich geringerem Gewicht. Mit der Durchführung der Maßnahmen sei für ihn kein Nachteil erkennbar.
Mit Schriftsatz vom 22. Mai 2020, eingegangen bei Gericht am selben Tag, erhob der Antragsteller durch seinen Prozessbevollmächtigten Klage (M 19 K 20.2242) gegen den Bescheid vom 17. April 2020 und beantragte zugleich,
die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Bescheid vom 17. April 2020 anzuordnen.
Zur Begründung wird im Wesentlichen vorgetragen, der Erhalt eines windbruchgefährdeten Baumes sei nicht schutzwürdig. Die aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage sei insbesondere deshalb anzuordnen, weil nach Durchführung der Maßnahmen vollendete Tatsachen geschaffen würden. Verwiesen wird auf das Klageverfahren M 11 K 16.833, in dem das Verwaltungsgericht München mit Urteil vom 19. Oktober 2017 die Klage des Antragstellers auf Erteilung einer Baugenehmigung eines Neubaus (Bauantrag v. 12.4. 2015) abgewiesen habe. Hierin habe der Antragsgegner stets den Standpunkt vertreten, der Silberahorn sei ein gesunder Baum, sodass keine Befreiung und damit auch keine Baugenehmigung habe erteilt werden können. Im Widerspruch hierzu behaupte er nunmehr, der Baum sei krank und bruchgefährdet, sodass sofortige Sicherungsmaßnahmen vorgenommen werden müssten. Es bestehe ein massiver Widerspruch in dem Vortrag, der Baum sei einerseits gesund, könne andererseits jedoch jederzeit einstürzen und Menschen gefährden, sodass Metallstützen in den Baum verbaut werden müssten und die Krone massiv zurückgeschnitten werden müsste. Ebenso widersprüchlich sei es, einerseits zu behaupten, die ausladende Krone des Silberahorns und sein großer Stammumfang seien für das Ortsbild prägend und mit dieser Begründung die Erteilung der Baugenehmigung zu versagen, andererseits jedoch einen Rückschnitt der zur Bruchgefahr beitragenden Baumkrone vornehmen zu wollen. Der Antragsgegner verfolge damit einzig eine sogenannte Negativplanung. Die Duldungsanordnung verstoße gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz. Der Silberahorn sei bereits keine schützenswerte Pflanze. Die Duldungsanordnung verletze das Eigentumsrecht (Art. 14 GG) des Antragstellers. Auch habe die Behörde aufgrund ihrer widersprüchlichen Argumentation ermessensfehlerhaft gehandelt. Mit Schriftsatz der Antragstellerseite vom 17. Juni 2020 wurde darüber hinaus betont, dass die Maßnahmen bereits nicht geeignet seien, die Windbruchgefährdung auszuschließen oder erheblich zu reduzieren. Die Behörde räume dies selbst ein, indem sie lediglich spekulativ vortrage, der Windbruchgefährdung mittels der vorgesehenen Maßnahmen entgegenwirken zu können.
Der Antragsgegner beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Es bestünden keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Duldungsanordnung. Die vom Antragsteller vertretene Auffassung, der Antragsgegner halte den streitgegenständlichen Baum nicht mehr für gesund und erhaltenswert, sei unrichtig. Im Gegenteil sei die unverändert bestehende Schutzwürdigkeit des Silberahorns mit Schreiben des Landratsamts vom 3. Dezember 2019 ausdrücklich betont worden. Gerade im Siedlungsbereich seien Verkehrssicherungs- und Pflegemaßnahmen zum Schutz von Gebäuden und Anwohnern sowie zur langfristigen Erhaltung von Gebäuden, auch nach einer Unterschutzstellung, nichts Ungewöhnliches. Erhaltungs- und Verkehrssicherungsmaßnahmen am Silberahorn seien in § 3 Nr. 1 und 3 der LB-Verordnung ausdrücklich zugelassen. Der Windbruchgefahr bei der hierfür besonders gefährdungsanfälligen Baumart Silberahorn könne mit einer fachgerechten Kronensicherung entgegengewirkt werden. Hierdurch verliere der Baum nicht seine Schutzwürdigkeit. Entgegen dem Vortrag des Antragstellers sei kein massiver Rückschnitt der Krone geplant, sondern lediglich eine Kronenentlastung von 10 bis 15 Prozent. Für den Laien sei die Maßnahme bei fachgerechter Ausführung kaum wahrnehmbar. Die bestehende gute Gesundheit und Vitalität des Baumes werde davon nicht berührt. Auch finde keine Verbauung von Metallstützen statt. Die beabsichtigte Kronensicherung finde ausschließlich über Gurte oder Seile statt. Der Baum werde hierfür nicht angebohrt oder verletzt. Die Rechtsgrundlage für die Duldungsanordnung ergebe sich – soweit nicht bereits aus den Grundsätzen und Aspekten der Verkehrssicherungspflicht nach §§ 823, 839 BGB ableitbar – aus der allgemeinen Befugnisnorm des § 3 Abs. 2 BNatSchG i.V.m. der LB-Verordnung. Nachdem den Antragsteller als Eigentümer des Baumes keine Pflicht zur Durchführung entsprechender Erhaltungs- und Sicherungsmaßnahmen treffe und aufgrund der Vorgeschichte auch nicht zu erwarten sei, dass er die aus fachlicher Sicht erforderlichen Maßnahmen durch eine hierfür qualifizierte Baumpflegefirma beauftragen werde, habe der Antragsgegner die notwendigen Maßnahmen selbst veranlassen müssen. Mit der Durchführung der Maßnahmen würden auch keine vollendeten, nicht mehr reversiblen Tatsachen geschaffen, die den Antragsteller tangieren könnten. Er habe auch nicht verdeutlicht, worin sein Interesse an einem Unterbleiben der vom Antragsgegner beauftragten und bezahlten Maßnahmen bestehen solle. Das vom Antragsteller verfolgte Ziel einer vollständigen Fällung des Baumes habe er allenfalls im Wege einer Normenkontrolle gegen die LB-Verordnung vom 20. Juni 2015 erreichen können, nicht aber durch die Anfechtung der streitgegenständlichen Duldungsanordnung. Mit Schriftsatz der Antragsgegnerseite vom 29. Juni 2020 wurde betont, dass die in der Praxis der Baumpflege bewährten Sicherungsmaßnahmen die Windbruchgefährdung des Baumes deutlich reduzierten.
Mit Schriftsätzen vom 30. Juni 2020, vom 6. Juli 2020 und vom 13. Juli 2020 erwiderte die Antragstellerseite im Wesentlichen, auch der Schriftsatz des Antragsgegners vom 25. Juni 2020 erschöpfe sich in bloßen Behauptungen. Eine fachliche Einschätzung sei nicht vorgelegt worden. Es sei nicht dargelegt, warum die Maßnahmen in der Praxis geeignete Sicherungsmaßnahmen darstellen sollten. Belastbare Grundlagen über den Erhalt des Baumes lägen nicht vor. Es sei richtig, dass eine Bruchgefahr und Verkehrsunsicherheit vorliege. Das Ermessen der Behörde sei auf Null reduziert. Nur die Fällung des Baumes sichere den Verkehr als auch Leib und Leben der Anwohner. Verwiesen wird auf einen ähnlich gelagerten Fall in der Gemeinde …
Der Antragsgegner stellte mit abschließendem Schriftsatz vom 6. Juli 2020 klar, dass die Kronensicherung kein Gewicht von 4 bis 6 Tonnen habe, sondern lediglich aus Seilen und Gurten bestehe, die einen ausbrechenden Stämmling bzw. Grobast mit dieser Last tragen könne. Sie diene zum einen dazu, dass ein ausbrechender Stämmling bzw. Grobast nicht unkontrolliert herunterfalle. Zum anderen diene sie einer Reduzierung der Windbruchgefährdung.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichts- und Behördenakte in diesem und im zugehörigen Klageverfahren M 19 K 20.2242 Bezug genommen.
II.
Der Antrag hat keinen Erfolg.
1. Der Antrag ist zwar zulässig.
Die gegen den Bescheid erhobene Klage konnte hinsichtlich der Nr. 1 des Bescheids vom 17. April 2020 aufgrund der Anordnung des Sofortvollzugs keine aufschiebende Wirkung entfalten, sodass der Antrag statthaft ist (§ 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 2, Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Alt. 1 VwGO).
Der auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung gestellte Antrag ist im Rahmen einer klarstellenden Auslegung (§ 88 VwGO) als Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage hinsichtlich Nr. 1 des streitgegenständlichen Bescheids vom 17. April 2020 zu verstehen (§ 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 2 VwGO).
2. Der Antrag ist jedoch unbegründet.
Gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 2 VwGO kann das Gericht die aufschiebende Wirkung eines Rechtsbehelfs gegen einen Verwaltungsakt, bezüglich dessen von der Behörde die sofortige Vollziehung angeordnet worden ist, auf Antrag eines Betroffenen ganz oder teilweise wiederherstellen. Dabei trifft das Gericht im Rahmen des § 80 Abs. 5 VwGO eine eigene, originäre Ermessensentscheidung über die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung. Das Gericht hat dabei das Aussetzungsinteresse des Antragstellers und das öffentliche Interesse an einer sofortigen Vollziehung unter Berücksichtigung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache gegeneinander abzuwägen (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 24. Auflage 2018, § 80 Rn. 152; Eyermann/Hoppe, VwGO, 15. Auflage 2019, § 80 Rn. 89). Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ist in der Regel abzulehnen, wenn der Rechtsbehelf in der Hauptsache nach summarischer Prüfung voraussichtlich erfolglos bleiben wird. Ergibt eine vorläufige Überprüfung der Hauptsacheklage dagegen, dass diese offensichtlich erfolgreich sein wird, so überwiegt regelmäßig das Aussetzungsinteresse des Antragstellers. Sind die Erfolgsaussichten bei summarischer Prüfung als offen zu beurteilen, findet eine eigene gerichtliche Abwägung der für und gegen den Sofortvollzug sprechenden Interessen statt. Zentraler Maßstab bleibt dabei unabhängig davon, ob die sofortige Vollziehbarkeit kraft Gesetzes besteht oder behördlich angeordnet wurde, dass der Rechtsschutzanspruch des Antragstellers umso stärker ist und umso weniger zurückstehen darf, je mehr die Maßnahmen Unabänderliches bewirken (vgl. BVerfG, B.v. 10.5.2007 – 2 BvR 304/07 – juris Rn. 29; BVerwG, B.v. 14.4.2005 – 4 VR 1005/04 – juris Rn. 12; zum Ganzen Hoppe, in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 80 Rn. 90 ff.).
Die im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes auch ohne Durchführung eines Augenscheins mögliche Überprüfung der Angelegenheit anhand der Gerichtsakten sowie der vorliegenden Behördenakten ergibt, dass die Klage aller Voraussicht nach keinen Erfolg haben wird. Die streitgegenständliche Duldungsanordnung ist auf Grundlage der im Verfahren erforderlichen, aber auch ausreichenden, summarischen Prüfung voraussichtlich rechtmäßig und verletzt den Antragsteller nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Des Weiteren kann der Antragsteller dem Vollzugsinteresse am Erhalt eines geschützten Landschaftsbestandteiles durch schnelle und effektive Sicherungs- und Erhaltungsmaßnahmen keine eigenen Ansprüche entgegensetzen. Ein Anspruch, den Zutritt auf das Grundstück mit der Bedingung auf Fällung des Baumes zu verknüpfen, besteht nicht.
2.1 Der Antragsgegner hat dem nach § 80 Abs. 3 VwGO erforderlichen Begründungserfordernis Genüge getan.
Die Behörde hat die sofortige Vollziehung des Verwaltungsakts nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO angeordnet. Da dies die Ausnahme vom Regelfall darstellt, bedarf es nach § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO einer schriftlichen Begründung, wenn nicht bei Gefahr in Verzug eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme von der Behörde im öffentlichen Interesse getroffen wird. Eine reine Wiederholung des Gesetzeswortlauts ist nicht ausreichend. Es müssen die besonderen, auf den konkreten Fall bezogenen Gründe angegeben werden, die die Behörde dazu bewogen haben, den Suspensiveffekt auszuschließen (vgl. zum Ganzen Hoppe in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 80 Rn. 55).
Der Antragsgegner setzt sich im streitgegenständlichen Bescheid vom 17. April 2020 ausführlich mit den Gründen für die Anordnung des Sofortvollzugs auseinander. Das öffentliche Interesse an der Anordnung wird mit der Erhaltung und Sicherung des unter Schutz gestellten Baumes und dem Schutz der Anwohner vor einem unkontrollierten Ausbrechen oder Herunterfallen von Ästen begründet. Letzteres könne sich bereits durch einen Windbruch realisieren und zu einem unwiederbringlichen Substanzverlust des Silberahorns führen. Ein Zuwarten bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache liefe damit dem Schutzzweck der LB-Verordnung zuwider.
2.2. Die durch das Gericht vorgenommene Interessenabwägung fällt zulasten des Antragstellers aus.
2.2.1. Die streitgegenständlichen Anordnungen sind formell rechtmäßig.
Das Landratsamt war für den Erlass zuständig. Gemäß Art. 44 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. Art. 43 Abs. 2 Nr. 3 BayNatSchG obliegt der Vollzug des BNatSchG, des BayNatSchG sowie der Vollzug der aufgrund dieser Gesetze erlassenen Rechtsverordnungen den Kreisverwaltungsbehörden als untere Naturschutzbehörden. Die vorliegende Duldungsanordnung zur Durchführung der Sicherungs- und Erhaltungsmaßnahmen des geschützten Landschaftsbestandteils erfolgt in Vollzug der vorgenannten Gesetze und der LB-Verordnung, sodass das Landratsamt sachlich zuständig war. Seine örtliche Zuständigkeit ergibt sich aus Art. 3 Abs. 1 Nr. 1 Bayerisches Verwaltungsverfahrensgesetz (BayVwVfG).
Die nach Art. 28 Abs. 1 BayVwVfG erforderliche Anhörung hat der Antragsgegner vorgenommen. Das Landratsamt hat dem Antragsteller mehrfach Gelegenheit gegeben, sich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern.
2.2.2. Die streitgegenständlichen Anordnungen sind bei summarischer Prüfung auch materiell rechtmäßig.
Die Duldungsanordnung in Nr. 1 des streitgegenständlichen Bescheids findet ihre Rechtsgrundlage in § 3 Abs. 2 Halbs. 2 BNatSchG i.V.m. § 1 Abs. 2 LB-Verordnung und § 65 Abs. 1 BNatSchG.
Nach § 3 Abs. 2 BNatSchG überwachen die für Naturschutz und Landschaftspflege zuständigen Behörden die Einhaltung der Vorschriften dieses Gesetzes und der aufgrund dieses Gesetzes erlassenen Vorschriften und treffen nach pflichtgemäßem Ermessen die im Einzelfall erforderlichen Maßnahmen, um deren Einhaltung sicherzustellen, soweit nichts anderes bestimmt ist. Gemäß § 65 Abs. 1 BNatSchG haben Eigentümer und sonstige Nutzungsberechtigte von Grundstücken Maßnahmen des Naturschutzes und der Landschaftspflege auf Grund von Vorschriften dieses Gesetzes, Rechtsvorschriften, die auf Grund dieses Gesetzes erlassen worden sind oder fortgelten, oder Naturschutzrecht der Länder zu dulden, soweit dadurch die Nutzung des Grundstücks nicht unzumutbar beeinträchtigt wird.
2.2.2.1. Vorliegend stellt der Antragsgegner mit seiner Duldungsverpflichtung die Einhaltung des in § 1 Abs. 2 der Verordnung über den geschützten Landschaftsbestandteil „Silberahorn Ecke … * …“ vom 22. Juni 2015 genannten Schutzzwecks sicher. Dieser besteht im „Erhalt dieses Baumes für die Leistungs- und Funktionsfähigkeit des Naturhaushalts, die heimische Tierwelt und die Belebung des Orts- und Landschaftsbildes“.
Die vorgenannte LB-Verordnung wurde auf Grundlage von § 29 Abs. 1 BNatSchG und Art. 12 Abs. 1 BayNatSchG i.V.m. § 20 Abs. 2 Nr. 7 BNatSchG, § 51 Abs. 1 Nr. 5a BayNatSchG ordnungsgemäß erlassen und ist unverändert in Kraft.
Anhaltspunkte, weshalb der Schutzgegenstand und Schutzzweck der Verordnung (§ 1 LB-Verordnung) entfallen sein sollten, sind nicht ersichtlich. Aus den naturschutzfachlichen Äußerungen des Antragsgegners lässt sich nichts Gegenteiliges ableiten. Hiernach wird der Baum als schutzwürdig und gesund dargestellt. Die Windbruchgefährdung des Baumes stellt nicht dessen Gesundheitszustand in Frage. Naturereignisse können auch gesunde Bäume entwurzeln, knicken oder sonst beschädigen. Im Übrigen stellt der Antragsgegner den unverändert bestehenden Gesundheitszustand des Baumes in seinem Schreiben vom 3. Dezember 2019 ausdrücklich klar (Bl. 204 VV). Trotz der erforderlichen Pflege- und Sicherheitsmaßnahmen wird er als vital und gesund betrachtet. Die auch im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes erforderliche Nachvollziehbarkeit der Begründung des Antragsgegners stellt sich vor dem Erkenntnis- und Erfahrungsstand des Gerichts auch ohne Einholung einer fachlichen Einschätzung als plausibel dar. Es ist nichts Ungewöhnliches, dass gerade im Siedlungsbereich, auch nach einer Unterschutzstellung, Pflege- und Erhaltungsmaßnahmen zur verkehrssicheren, langfristigen Erhaltung der geschützten Bäume getroffen werden müssen. Auch nach Vornahme der angeordneten Sicherungsmaßnahmen büßt der Baum nichts von seiner Schutzwürdigkeit ein. Die in § 1 Abs. 2 LB-Verordnung dargelegte Bedeutung für die Leistungs- und Funktionsfähigkeit des Naturhaushalts, die heimische Tierwelt und die Belebung des Orts- und Landschaftsbildes liegt unverändert vor.
Auch nach der erkannten Windwurfgefährdung besteht keine Veranlassung, von der bereits vom Verwaltungsgericht im Verfahren M 11 K 16.833 getroffenen, rechtskräftigen Einschätzung abzuweichen. Der dort getroffenen Feststellung, dass keine formellen Fehler der LB-Verordnung erkennbar sind, diese materiell den Anforderungen nach § 29 Abs. 1 BNatSchG entspricht und auch keine Verstöße gegen höherrangiges Recht, insbesondere Art. 14 GG, erkennbar sind, schließt sich das erkennende Gericht an. Zur Vermeidung von Wiederholungen sei auf die diesbezügliche Urteilsbegründung verwiesen (VG München, U.v. 19.10.17 – M 11 K 16.833 – juris Rn. 28 – 34). Auch nach der derzeitigen Situation ist an dieser obergerichtlich bestätigten (BayVGH, B.v. 24.3.20 – 1 ZB 18.69 – juris Rn. 3 ff.), nunmehr rechtskräftigen Einschätzung festzuhalten.
2.2.2.2. Die vom Antragsgegner beabsichtigten Maßnahmen des Einbaus einer dynamischen Kronensicherung und eines 10 bis 15 prozentigen Kronenrückschnitts durch eine von ihm beauftragte Fachfirma stellen die im Einzelfall erforderlichen Maßnahmen zur Einhaltung der LB-Verordnung im Sinne des § 3 Abs. 2 Halbs. 2 BNatSchG dar.
(1) Sie dienen dem Erhalt des Baumes und sind im Einzelfall erforderlich, da ohne sie eine Bruchgefährdung des Baumes nicht ausgeschlossen werden kann. Die Frage, ob akut die Verkehrssicherheit durch den Baum gefährdet ist oder nicht, kann letztlich dahinstehen, da sich die Erforderlichkeit der Maßnahmen bereits aus ihrem Sicherungs- und Erhaltungszweck rechtfertigt. Der betroffene Silberahorn ist aufgrund seiner breiten Krone und Mehrstämmigkeit sowie seiner Baumart besonders windbruchgefährdet. Die beabsichtigte Kronensicherung und der Kronenrückschnitt wirken dieser Windbruchgefährdung maßgeblich entgegen. Sie stellen sich somit als präventive Maßnahmen zum Erhalt des geschützten Baumes dar.
Die Annahme des Antragstellers, die Maßnahmen seien nicht geeignet, die Windbruchgefährdung auszuschließen oder erheblich zu reduzieren – gestützt auf die Aussage des Antragsgegners, mittels der Maßnahmen „könne“ der Gefährdung entgegenwirkt werden -, wird vom Gericht nicht geteilt. Aus dem Inhalt des Bescheids und den Stellungnahmen des Antraggegners ergibt sich, dass ohne die Durchführung der Maßnahmen zu befürchten ist, dass bei starken Windereignissen ein Stämmling oder Grobäste ausbrechen und der Baum an Substanz und damit an Leistungs- und Funktionsfähigkeit für den Naturhaushalt und an seiner belebenden und markanten Wirkung für das Straßen- und Ortsbild verliert. Die Erforderlichkeit der Maßnahmen begründet sich somit aus der damit einhergehenden weitgehenden Verhinderung einer Windbruchgefährdung. So bewirkt die Kronensicherung, dass die windbedingte Hebelwirkung an gesicherten Ästen gegenüber frei beweglichen Ästen reduziert wird. Anlass für Zweifel an dieser fachlichen Einschätzung des Antragsgegners, dass die beabsichtigten Maßnahmen gängige, gute fachliche Praxis seien, bestehen nicht.
Die Sicherungsmaßnahmen sind daher zum Erhalt des Baumes (§ 1 Abs. 2 LB-Verordnung) erforderlich und dienen der Erhaltung und ordnungsgemäßen Pflege des unter Schutz gestellten Silberahorns (§ 3 Nr. 1 LB-Verordnung).
(2) Zudem begründet sich die Erforderlichkeit der Maßnahmen mit dem Schutz der Anwohner und der Nutzer des angrenzenden öffentlichen Verkehrsraumes vor einem unkontrollierten Ausbrechen oder Herunterfallen von Ästen; sie sind somit notwendige, der Verkehrssicherheit dienende Maßnahmen im Sinne von § 3 Nr. 3 LB-Verordnung.
Auf die mit Windbruch begründete Gefahr geht der Antragsteller selbst ausführlich ein, indem er die für seine Mieter bei der Nutzung der Gartenfläche bestehende Gefahr und die für die am Grundstück vorbeigehenden Fußgänger und Schulkinder auf den gesamten Straßenverkehr und den Gebäudeschutz ausweitet. Wie vorgenannt beschrieben, wirken die Maßnahmen einer Windbruchgefährdung entgegen. Der Kronenrückschnitt entlastet den Baum im Gesamten, die Kronensicherung hindert ausbrechende Äste am unkontrollierten Herunterfallen. Nachdem eine Verkehrssicherung, die jedes Risiko ausschließt, nicht erreichbar ist, sind diejenigen Vorkehrungen zu treffen, die nach den Sicherheitserwartungen des jeweiligen Verkehrs im Rahmen des wirtschaftlich Zumutbaren geeignet sind, die Gefahren abzuwenden (Palandt, 79. Auflage 2020, § 823 BGB, Rn. 51).
2.2.2.3. Der Antragsteller hat die erforderlichen Maßnahmen nach § 65 Abs. 1 BNatSchG zu dulden. Er ist Eigentümer des Grundstücks, das von den nach § 3 LB-Verordnung vorgesehenen Erhaltungs- und Sicherungsmaßnahmen betroffen ist. Der Begriff der zu duldenden Maßnahmen ist weit zu verstehen und umfasst sämtliche grundstücksbezogene Einwirkungen, die der Verwirklichung der Ziele des Naturschutzes und der Landschaftspflege im Sinne des §§ 1, 2 BNatSchG dienen. Die Duldungspflicht bezieht sich somit auch auf Schutz- und Pflegemaßnahmen (vgl. Appel in Frenz/Müggenborg, BNatSchG, 2. Aufl. 2016, § 65 Rn. 22; Sauthoff in Schlacke (Hrsg.), 2012, GK-BNatSchG, § 65 Rn. 5; Gellermann in Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Werkstand: 92. EL Februar 2020, § 65 BNatSchG Rn. 8).
Die in § 3 Nr. 1 und Nr. 3 LB-Verordnung hinreichend bestimmten Erhaltungs-, Pflege- und Sicherungsmaßnahmen (s. vorgehend unter 2.2.2.2.) richten sich mithin nicht an den Bürger, sondern an die Behörden, denen die Durchführung der Maßnahmen obliegt (dazu BayVGH, U.v. 28.8.2018 – 14 B 15.2206 – juris Rn. 42). Die streitgegenständlichen Sicherungs- und Erhaltungsmaßnahmen fallen somit in den Verantwortungsbereich des Antragsgegners, sodass sich das Landratsamt im Bescheid richtigerweise selbst dazu verpflichtet hat, die Maßnahmen in Eigenregie auszuführen. Eine Alternative, dem Duldungspflichtigen die Durchführung der Maßnahme aufzuerlegen bestand nicht (Appel in Frenz/Müggenborg, BNatSchG, 2. Aufl. 2016, § 65 Rn. 26; Gellermann in Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Werkstand: 92. EL Februar 2020, § 65 BNatSchG Rn. 6).
Dieser begrenzte Pflichteninhalt führt dazu, dass der Duldungspflichtige auch nicht zur Tragung der Kosten der in Rede stehenden Maßnahmen herangezogen werden kann (vgl. Appel in Frenz/Müggenborg, BNatSchG, 2. Aufl. 2016, § 65 Rn. 26; Gellermann in Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Werkstand: 92. EL Februar 2020, § 65 BNatSchG Rn. 6; Sauthoff in Schlacke, § 65 Rn. 9). Der Antragsgegner kam somit durch seine Bereitschaft zur Kostenübernahme seiner aus der LB-Verordnung erwachsenen Verantwortung für den geschützten Landschaftsbestandteil nach.
Die zu duldenden streitgegenständlichen Maßnahmen stellen sich auch nicht als unzumutbar im Sinne des § 65 BNatSchG dar. Zumutbar ist ein durch naturschutzrechtliche Regelungen angesonnenes Verhalten dann, wenn eine Abwägung aller einschlägigen individuellen Gesichtspunkte unter Berücksichtigung der objektiven Lage und unter Berücksichtigung des Verfassungsgrundsatzes der Sozialbindung des Eigentums ergibt, dass ein solches Verhalten in Fällen dieser Art billigerweise verlangt werden kann (Sauthoff in Schlacke (Hrsg.), 2012, GK-BNatSchG, § 65 Rn. 5). Dies ist hier der Fall. Mit den Maßnahmen ist kein Nachteil für das Grundstück des Antragstellers verbunden, insbesondere schmälern sie nicht dessen wirtschaftliche Nutzbarkeit. Den Antragsteller trifft keine Pflicht zum Tätigwerden oder zur Kostentragung, sondern eine reine Duldungspflicht, sodass er keine wirtschaftlichen Einbußen erleidet, die eine Unzumutbarkeit begründen könnten.
Die Duldungspflicht des Antragstellers erstreckt sich in gleicher Weise auf das mit der Durchführung der Maßnahmen einhergehende Betreten des Grundstücks. Gemäß § 65 Abs. 3 BNatSchG richtet sich die Befugnis der Bediensteten und Beauftragten der Naturschutzbehörde, zur Erfüllung ihrer Aufgaben Grundstücke zu betreten, nach Landesrecht. Unerheblich ist, dass das BayNatSchG keine Regelungen für das Betreten zwecks der hier in Rede stehenden Erhaltungs- und Sicherungsmaßnahmen vorsieht (Art. 28 Abs. 2, Art. 27 Abs. 3 und Art. 38 Abs. 2 BayNatSchG stellen anderweitige Betretungsregelungen dar). Denn der Bundesgesetzgeber bezweckte mit § 65 Abs. 3 BNatSchG nicht, dass jedes Bundesland seine eigenen Betretungsregelungen schaffen sollte. Er enthielt sich nur deshalb der Regelung einer Betretensduldung, um dem landesrechtlich unterschiedlichen, zur Durchführung der Maßnahmen im Sinne des § 65 Abs. 1 Satz 1 BNatSchG berechtigten Personenkreis gerecht zu werden (BT-Drs. 16/12274 v. 17.3.2009, S. 76 zu § 65 Abs. 3; Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Werkstand: 92. EL Februar 2020, § 65 BNatSchG Rn. 7; Appel in Frenz/Müggenborg, BNatSchG, 2. Aufl. 2016, § 65 Rn. 36). Beabsichtigt ist somit die Möglichkeit einer landesrechtlichen Erweiterung der Duldungspflichten (vgl. Sauthoff in Schlacke (Hrsg.), 2012, GK-BNatSchG, § 65 Rn. 18), nicht aber eine Einschränkung. Andernfalls liefe die Duldungspflicht der streitgegenständlichen Sicherungs- und Erhaltungsmaßnahmen leer.
Der Benachrichtigungspflicht des § 65 Abs. 2 BNatSchG ist das Landratsamt ordnungsgemäß nachgekommen.
2.2.2.4. Das im Rahmen der Duldungsanordnung ausgeübte Ermessen des Antragsgegners hält der nach § 114 VwGO durchzuführenden inhaltlichen Überprüfung stand. Der Antragsgegner hat mit der streitgegenständlichen Anordnung zur Duldung einer Sicherungs- und Erhaltungsmaßnahme (Kronensicherung und Kronenrückschnitt) nicht die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht. Ermessensfehler hinsichtlich der Entscheidung, einzuschreiten („Entschließungsermessen“) und hinsichtlich der Wahl der konkreten Maßnahme („Auswahlermessen“) sind nicht ersichtlich.
Der Antragsgegner hat unter Nr. II.3. seiner Bescheidsgründe seine Ermessengründe dargelegt und das öffentliche Interesse an der notwendigen Sicherung und dem langfristigen Erhalt des Silberahorns und den damit verbundenen positiven Auswirkungen für den Naturhaushalt und das Orts- und Landschaftsbild mit dem Interesse des Antragstellers am Unterbleiben der Maßnahme abgewogen. Geplant ist kein massiver Rückschnitt der Krone, sondern lediglich eine Kronenentlastung von 10 bis 15 Prozent. Die ausladende und markante Krone und damit die charakteristische natürliche Wuchsform des Baumes wird damit bewahrt. Für den Laien wird bei fachgerechter Ausführung der Maßnahme der Rückschnitt kaum wahrnehmbar sein. Auch die beabsichtigte Kronensicherung, die ausschließlich über Gurte oder Seile stattfinden soll, wird im belaubten Zustand nicht wahrnehmbar sein. Der in der Antragsschrift geäußerten Befürchtung der Verbauung schwerer Metallstützen in den Baum wird damit die Grundlage entzogen. Ebenso wird der Baum durch die Kronensicherung nicht angebohrt oder verletzt werden.
Der vom Antragsteller angeführte Ermessensfehler, in der Versagung der Baugenehmigung wegen des Baumes und der gleichzeitigen Sicherung des Baumes liege ein Widerspruch, wird nicht gesehen. Sicherungsmaßnahmen an einem Baum stehen nicht im Widerspruch zu seiner Unterschutzstellung. Im Gegenteil sind mit steigender Schutzwürdigkeit eines Schutzgegenstands auch höhere Anstrengungen zu seiner Erhaltung zu unternehmen. Ebenso handelt der Antragsgegner nicht in Verhinderungsabsicht einer Bebauung. Im vorliegenden Verfahren steht ein dahingehender Anspruch des Antragstellers nicht in Rede. Dem aus dem Baugenehmigungsverfahren erneut herangezogenen Argument einer Negativplanung fehlt damit bereits seine Grundlage.
Dem mit den Maßnahmen des Kronenrückschnitts und der Kronensicherung zu erreichenden Zweck des langfristigen Erhalts eines geschützten Landschaftsbestandteils steht letztlich allein das Interesse des Antragstellers am Unterbleiben der Maßnahme und Fällen des Baumes gegenüber. Das Eigentümerinteresse an einer optimalen baulichen und wirtschaftlichen Nutzung des Grundstücks muss jedoch gerade mit den öffentlich-rechtlichen Vorschriften und damit auch der rechtsgültigen LB-Verordnung vereinbar sein.
Ebenso besteht keine Ermessensreduzierung auf Null, in dem Sinne, dass nur die Fällung des Baumes die Verkehrssicherheit gewährleistet. Das Landratsamt war in der Wahl seiner Maßnahmen nicht gebunden. Die streitgegenständlichen Maßnahmen bezwecken nicht nur die Verkehrssicherung, sondern den Erhalt des geschützten Landschaftsbestandteils (s. 2.2.2.2.(1)). Zum anderen stellen sie hinsichtlich des Zwecks der Verkehrssicherung das mildeste Mittel dar. Die vom Antragsteller vorgeschlagene Fällung des Baumes stellt zwar zweifellos zumindest hinsichtlich der Verkehrssicherheit und des Anwohnerschutzes ein weiteres geeignetes, jedoch das hierfür am wenigsten milde Mittel dar. Ließe man im Baumschutzrecht die allgemeine Windwurfgefahr ohne substantiierte Anhaltspunkte auch bei entfernt liegenden Schadensverläufen für eine Fällgenehmigung ausreichen, würde der Baumschutz insgesamt leerlaufen, weil sich praktisch der gesamte übrige Baumbestand in derselben Risikolage befände (VGH Kassel, U.v. 6.8.1992 – 3 UE 2486/91 – juris Rn. 30).
2.3. Auch die Zwangsgeldandrohung in Nr. 2 des streitgegenständlichen Bescheids erweist sich nach Art. 29 Abs. 2 Nr. 1, Art. 31 und Art. 36 Bayerisches Verwaltungszustellungs- und Vollstreckungsgesetz (VwZVG) als rechtmäßig. Insbesondere ist die moderat bemessene Höhe des angedrohten Zwangsgeldes in Höhe von 1.000,- Euro nicht unangemessen.
2.4. Erweist sich der Bescheid somit nach vorläufiger Prüfung als rechtmäßig, so besteht darüber hinaus ein besonderes öffentliches Interesse an dessen sofortigem Vollzug. Dem gewichtigen öffentlichen Interesse des Schutzes von Landschaftsbestandteilen (§ 29 BNatSchG) stehen hier keine gleichwertigen oder höher zu bewertenden privaten Interessen des Antragstellers gegenüber. Er wird durch die Duldungspflicht hinsichtlich der im Bescheid aufgeführten Sicherungsmaßnahmen weder tatsächlich noch in wirtschaftlicher Hinsicht unangemessen belastet. Es werden zu seinen Lasten weder vollendete Tatsachen geschaffen noch wird er durch die Duldungsanordnung zur Kostentragung verpflichtet. Es kann nicht hingenommen werden, dass der Antragsteller während der Dauer des Rechtsbehelfsverfahrens die Sicherungs- und Erhaltungsmaßnahmen verhindern kann. Damit könnte im Falle eines Windbruchs sowohl der Schutzzweck der LB-Verordnung als auch die Verkehrssicherheit beeinträchtigt werden.
3. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO. Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
4. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 2 Gerichtskostengesetz (GKG) i.V.m. Nr. 1.5 Satz 1 des Streitwertkatalogs. Der Streitwert beträgt die Hälfte des Regelstreitwerts.