Baurecht

Neubau eines Einfamilienhauses im vorläufig gesicherten Überschwemmungsgebiet

Aktenzeichen  9 CS 20.1541

Datum:
17.7.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 16971
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BauGB § 35 Abs. 3 S. 1 Nr. 6
WHG § 78

 

Leitsatz

1. Die Auffassung, dass für die Anwendung des baurechtlichen Rücksichtnahmegebots als Zulässigkeitsmaßstab für bauliche Anlagen in einem festgesetzten (oder vorläufig gesicherten) Überschwemmungsgebiet neben § 78 WHG kein Raum bleibt, erhält in jüngerer Zeit Zulauf. (Rn. 16) (redaktioneller Leitsatz)
2. Es spricht vieles dafür, dass die Zumutbarkeit hochwasserbezogener Auswirkungen eines Bauvorhabens auf ein Nachbargrundstück nicht mehr als Bestandteil des bauplanungsrechtichen Rücksichtnahmegebots zu prüfen ist. (Rn. 19) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

AN 9 S 20.891 2020-06-04 Bes VGANSBACH VG Ansbach

Tenor

I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens. Die Beigeladenen tragen ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
III. Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 3.750 Euro festgesetzt.

Gründe

I.
Der Antragsteller wendet sich gegen eine den Beigeladenen von der Beklagten erteilte Baugenehmigung für die Errichtung eines Einfamilienhauses mit Doppelgarage.
Die Beigeladenen beantragten mit Unterlagen vom 7. Januar 2019 die Erteilung einer Baugenehmigung für den Neubau eines Einfamilienhauses mit Doppelgarage auf dem Grundstück FlNr. … Gemarkung G… Für das Baugrundstück, das im vorläufig gesicherten Überschwemmungsgebiet der G… liegt, wurde – zusammen mit mehreren Nachbargrundstücken – am 10. Juni 2015 ein Vorbescheid für den Neubau von sechs Wohngebäuden erteilt. Hierbei wurde auf die Notwendigkeit wasserrechtlicher Ausnahmegenehmigungen und den Ausgleich verlorengegangenen Retentionsraumes hingewiesen. Der Antragsteller ist Eigentümer des westlich des Baugrundstücks, getrennt durch die FlNr. … Gemarkung G… gelegenen Grundstücks FlNr. … Gemarkung G… und betreibt auf dem Grundstück eine denkmalgeschützte Mühle.
Mit Bescheid vom 4. Februar 2019 wurde der G… die wasserrechtliche Ausnahmegenehmigung für die Errichtung einer Zufahrts straße auf dem Grundstück FlNr. … Gemarkung G… sowie die wasserrechtliche Genehmigung für Geländeveränderungen auf dem Grundstück FlNr. … Gemarkung G… erteilt. Hiergegen hat der Antragsteller Klage (Az. AN 9 K 19.00494) erhoben, über die noch nicht entschieden ist. Den Beigeladenen wurde laut behördlicher Stellungnahme vom 25. Juni 2016 die beantragte wasserrechtliche Genehmigung für ihr Bauvorhaben erteilt.
Mit Bescheid vom 1. April 2020 wurde den Beigeladenen die beantragte Baugenehmigung sowie Abweichungen von den Abstandsflächen zu den Nachbargrundstücken FlNr. … im Westen sowie FlNr. … im Osten jeweils Gemarkung G… zugelassen. Über die Klage (Az. AN 9 K 20.00892) des Antragstellers vom 11. Mai 2020 hiergegen ist noch nicht entschieden. Mit Schriftsatz vom selben Tag beantragte der Antragsteller vorläufigen Rechtsschutz, der vom Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 4. Juni 2020 abgelehnt wurde. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass keine Verletzung drittschützender Normen, die im Baugenehmigungsverfahren zu prüfen seien, erkennbar sei. Hinsichtlich des Hochwasserschutzes habe das baurechtliche Rücksichtnahmegebot aufgrund der Spezialität und des strengeren Maßstabes des § 78 WHG keinen eigenen Raum mehr. Anhaltspunkte für eine Verletzung des baurechtlichen Rücksichtnahmegebots seien weder vorgetragen noch ersichtlich.
Hiergegen wendet sich der Antragsteller mit seiner Beschwerde. Er ist der Ansicht, dass eine besondere Konstellation vorliege, weil er eine Wassermühle betreibe, das Niederschlagswasser über einen Bachlauf direkt über sein Grundstück abgeleitet werde und im Bereich des Überschwemmungsgebietes, das zum Schutz des Antragstellers vor Überschwemmungen bei Niederschlagsereignissen ausgewiesen worden sei, erhebliche Geländeveränderungen vorgenommen würden. Beachtlich sei auch, dass andere Eigentümer Retentionsmulden zugeschüttet hätten, weshalb der Beigeladene nicht in der Lage sei, die Auflagen des Hochwasserschutzes aufrechtzuerhalten.
Der Antragsteller beantragt,
unter Aufhebung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts Ansbach vom 4. Juni 2020 die Vollziehung der dem Beigeladenen erteilten Baugenehmigung vom 1. April 2020 auszusetzen, alternativ die aufschiebende Wirkung anzuordnen.
Die Antragsgegnerin hat sich nicht geäußert und keinen Antrag gestellt.
Der Beigeladene hat sich ebenfalls nicht geäußert und keinen Antrag gestellt.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der vorgelegten Behördenakten verwiesen.
II.
Die Beschwerde bleibt ohne Erfolg. Die vom Antragsteller dargelegten Gründe, auf die die Prüfung im Beschwerdeverfahren beschränkt ist (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), rechtfertigen keine Abänderung des verwaltungsgerichtlichen Beschlusses. Bei summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage, wie sie das Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes kennzeichnet, hat das Verwaltungsgericht den Antrag des Antragstellers zu Recht abgelehnt. Zwar sind die Erfolgsaussichten in der Hauptsache als offen anzusehen, die demnach vorzunehmende Abwägung der gegenseitigen Interessen (vgl. BayVGH, B.v. 19.7.2019 – 9 CS 19.794 – juris Rn. 20; Kopp/Schenke, VwGO, 15. Auflage 2019, § 80 Rn. 152 ff.) fällt jedoch zu Lasten des Antragstellers aus.
1. Für den Erfolg der Anfechtungsklage des Antragstellers kommt es maßgeblich darauf an, ob die im vereinfachten Verfahren nach Art. 59 Satz 1 BayBO erteilte Baugenehmigung der Beklagten vom 1. April 2020 an den Beigeladenen gegen im Baugenehmigungsverfahren zu prüfende Vorschriften verstößt, die zumindest auch dem Schutz der Interessen des Antragstellers als Nachbar im Sinne des Baurechts zu dienen bestimmt sind (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Dies kann im hier vorliegenden Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nicht abschließend beurteilt werden.
Der Antragsteller beruft sich ausschließlich auf einen Drittschutz wegen Hochwassergefahren im Zusammenhang mit dem vorläufig gesicherten Überschwemmungsgebiet der G… in dessen Bereich das Bauvorhaben ausgeführt werden soll. Das Verwaltungsgericht hat dazu ausgeführt, dass aufgrund der Spezialität und aufgrund des strengeren Maßstabs des § 78 WHG der Hochwasserschutz nicht mehr im baurechtlichen Rücksichtnahmegebot zu prüfen sei. Die Frage, ob eine unzumutbare Verschärfung einer Überschwemmungssituation auf dem Nachbargrundstück überhaupt vom Prüfprogramm des Baugenehmigungsverfahrens – hier nach Maßgabe des Art. 59 Satz 1 BayBO – umfasst ist, ist allerdings umstritten und (noch) nicht abschließend geklärt. Der 15. Senat des Verwaltungsgerichtshofs hat hierzu in seinem Beschluss vom 6. Februar 2019 (Az. 15 CS 18.2459) folgendes ausgeführt:
„Die bisherige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs geht (…) bislang überwiegend davon aus, ein Bauvorhaben könne – unabhängig davon, ob es bauplanungsrechtlich nach § 34 oder nach § 35 BauGB zu beurteilen ist – gegen das Gebot der Rücksichtnahme verstoßen, wenn infolge seiner Umsetzung die Hochwassergefahr für ein benachbartes Grundstück unzumutbar erhöht wird resp. wenn es am geplanten Standort den Hochwasserabfluss so stark beeinträchtigt, dass ein Nachbargrundstück unzumutbar belastet wird (zusammenfassend BayVGH, B.v. 2.5.2003 – 25 CS 03.32 – juris Rn. 3; B.v. 9.10.2009 – 1 CS 08.1999 – juris Rn. 27 ff.). Im Fall eines nach § 35 BauGB zu beurteilenden Außenbereichsvorhabens folge dies daraus, dass der Hochwasserschutz wegen § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 6 BauGB als möglicher beeinträchtigter oder entgegenstehender Belang gesetzlich verankert sei (vgl. BayVGH, B.v. 24.1.2001 – 1 ZS 00.3650 – juris Rn. 10; B.v. 9.10.2009 a.a.O. Rn. 28; B.v. 2.5.2003 a.a.O. – juris Rn. 3; B.v. 4.6.2003 – 22 CS 03.1109 – NVwZ 2003, 1138 = juris Rn. 12; vgl. bereits BayVGH, B.v. 30.4.1997 – 27 ZS 97.984 – NVwZ-RR 1998, 358/360; vgl. auch OVG NRW, B.v. 29.7.2014 – 7 B 220/14 – juris Rn. 9 ff.). Aus § 1 Abs. 6 Nr. 12 BauGB ergebe sich, dass Auswirkungen auf den Hochwasserabfluss nicht nur bei Vorhaben im Außenbereich städtebaulich relevant seien. Deshalb könne das Gebot der Rücksichtnahme bei einer vorhabenbedingten Verschärfung der Überschwemmungslage auf einem Nachbargrundstück auch im unbeplanten Innenbereich als Teil des nach § 34 Absatz 1 Satz 1 BauGB zu beachtenden Einfügungsgebots verletzt werden, zumal für Auswirkungen auf den Hochwasserabfluss in aller Regel das den Standort des Gebäudes bestimmende Kriterium der überbaubaren Grundstücksfläche maßgeblich sei (BayVGH, B.v. 9.10.2009 a.a.O. Rn. 28). Die insbesondere in der Entscheidung des 1. Senats vom 9. Oktober 2009 (1 CS 08.1999) vertretene Linie, die bis heute Eingang in erstinstanzliche Entscheidungen gefunden hat (VG Ansbach, B.v. 12.8.2015 – AN 9 S 15.01274 – juris Rn. 40 ff.; U.v. 1.3.2018 – AN 9 K 15.01241 u.a. – juris Rn. 40), ist – soweit ersichtlich – in den letzten Jahren von den Bausenaten des Verwaltungsgerichtshofs mangels fallbezogenen Anlasses nicht mehr näher hinterfragt worden. Die Verletzung des Rücksichtnahmegebots wegen hochwasserschutzrechtlicher Folgen eines Bauvorhabens ist zwar verschiedentlich thematisiert worden, dabei waren aber unzumutbare Folgen für das Nachbargrundstück im jeweiligen Einzelfall nicht ersichtlich (BayVGH, U.v. 15.1.2013 – 15 B 11.2754 – juris Rn. 15 ff.) oder diese wurden vom rechtsmittelführenden Nachbarn nicht substantiiert vorgetragen (BayVGH, B.v. 24.4.2014 – 15 ZB 13.1167 – juris Rn. 23; B.v. 13.1.2010 – 2 ZB 08.3311 – juris Rn. 7, 11; im Geltungsbereich eines Bebauungsplans vgl. auch BayVGH, B.v. 8.11.2016 – 1 CS 16.1864 – juris Rn. 5; B.v. 31.1.2017 – 1 CS 16.2179 – juris Rn. 5).
Der in der Entscheidung des 1. Senats vom 9. Oktober 2009 (1 CS 08.1999) vertretene und dort dogmatisch näher untermauerte Ansatz war allerdings auch in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs nicht immer unumstritten. Abweichend vertrat etwa der 14. Senat die Ansicht, Fragen des Hochwasserschutzes seien im Anwendungsbereich des § 34 BauGB generell nicht über das bauplanungsrechtliche Rücksichtnahmegebot zu prüfen mit der Folge, dass dieser Belang keinen Eingang in die Baugenehmigung finde und eine Rechtsverletzung des Klägers insoweit ausscheide (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO): Ein nach § 34 Abs. 1 BauGB zu beurteilendes Vorhaben müsse sich nach der Art und dem Maß der baulichen Nutzung, nach der Bauweise und hinsichtlich der zu überbauenden Grundstücksfläche in den von der näheren Umgebung bestimmten Rahmen einfügen. Belange des Hochwasserschutzes gehörten aber – anders als bei Außenbereichsvorhaben (§ 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 6 BauGB) – nicht zu den bauplanungsrechtlich zu berücksichtigen Kriterien (BayVGH, B.v. 6.6.2002 – 14 B 99.2545 – NVwZ-RR 2003, 478 = juris Rn. 14; ebenso: VGH BW, B.v. 18.11.2013 – 5 S 2037/13 – NVwZ-RR 2014, 265 = juris Rn. 13; SächsOVG, U.v. 9.6.2011 – 1 A 504/09 – juris Rn. 48; B.v. 10.7.2012 – 1 B 158/12 – juris Rn. 15; Schmidt/Gärtner, NVwZ 2018, 534/537).
In jüngerer Zeit erhält die auch vom Verwaltungsgericht im angegriffenen Beschluss vertretene These, dass der Hochwasserschutz unter Einschluss der Gewährleistung von Retentionsflächen wegen S p e z i a l i t ä t der Normen zum wasserrechtlichen Genehmigungsverfahren gem. § 78 WHG in festgesetzten bzw. vorläufig gesicherten (§ 78 Abs. 8 WHG) Überschwemmungsgebieten nicht vom baurechtlichen Gebot der Rücksichtnahme umfasst sei, Zulauf. Unabhängig von der Eigenschaft des Hochwasserschutzes als städtebaulichem Belang gem. § 1 Abs. 6 Nr. 12 BauGB finde hiernach die Anwendung des Rücksichtnahmegebots über bauplanungsrechtliche Normen wie § 34 BauGB oder § 15 BauNVO ihre Grenze jedenfalls dort, wo der Gesetzgeber – wie in § 78 WHG – eine spezielle Inhalts- und Schrankenbestimmung des Bodeneigentums getroffen und ein besonderes Verfahren zur Prüfung dieses Belangs festgelegt habe. Die wasserrechtlichen Anforderungen gem. § 78 Abs. 3 WHG a.F. (bzw. nunmehr § 78 Abs. 5 Satz 1 WHG) zielten darauf ab, jede Verschlechterung der Hochwassersituation zu vermeiden. Damit gehe die insofern strengere wasserrechtliche Regelung in § 78 WHG über den Maßstab der Unzumutbarkeit im Sinne des bauplanungsrechtlichen Rücksichtnahmegebots hinaus. Für die Anwendung des baurechtlichen Rücksichtnahmegebots als Zulässigkeitsmaßstab für bauliche Anlagen in einem festgesetzten (oder vorläufig gesicherten) Überschwemmungsgebiet bleibe daneben kein Raum (HambOVG, B.v. 28.1.2016 – 2 Bs 254/15 – NVwZ-RR 2016, 686 = juris Rn. 22; VG München, B.v. 22.8.2016 – M 1 SN 16.2810 – juris Rn. 23; B.v. 6.12.2017 – M 11 SN 17.4959 – juris Rn. 23; B.v. 15.1.2019 – M 9 SN 18.4926 – juris Rn. 31; Rossi in Sieder/Zeitler/Dahme/Knopp, WHG/AbwAG, Stand: Juni 2018, § 78 WHG Rn. 71).
Es ist nicht Aufgabe des Senats, im Rahmen des vorliegenden (Beschwerde-) Eilverfahrens, das durch eine lediglich summarische Prüfung der Sach- und Rechtslage gekennzeichnet ist, diesen Meinungsstreit, der durch die am 5. Januar 2018 in Kraft getretene Neuregelungen der §§ 78, 78a WHG aktuell eine neue Dynamik erhalten hat, einer abschließenden Klärung zuzuführen. Vor diesem Hintergrund bewertet der Senat die Erfolgsaussichten in der Hauptsache (…) auch in der Sache als offen.“
Der hier erkennende Senat schließt sich dieser Auffassung (BayVGH, B.v. 6.2.2019 – 15 CS 18.2459 – juris Rn. 32 – 35 = NVwZ 2019, 1136) an.
2. Die allgemeine Interessenabwägung bei offenen Erfolgsaussichten fällt zu Lasten des Antragstellers aus.
Die Ansicht des Verwaltungsgerichts vermag eine gewisse Plausibilität für sich zu verbuchen und es spricht vieles dafür, dass die Zumutbarkeit hochwasserbezogener Auswirkungen eines Bauvorhabens auf ein Nachbargrundstück nicht mehr als Bestandteil des bauplanungsrechtichen Rücksichtnahmegebots zu prüfen ist (vgl. BayVGH, B.v. 6.2.2019 – 15 CS 18.2459 – juris Rn. 37 f.). Ob im Falle eines Außenbereichvorhabens – wie hier – wegen der gesetzlichen Bestimmung des § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 6 BauGB etwas anderes zu gelten hat, ist ebenfalls umstritten (vgl. Rossi in Sieder/Zeidler/Dahme/Knopp, a.a.O., § 78 Rn. 75), bedarf aber hier keiner Vertiefung. Abgesehen davon, dass einiges dafür spricht, das bauplanungsrechtliche Rücksichtnahmegebot insoweit einheitlich zu bewerten, ist hier aber auch im Falle eines weiter anzunehmenden Prüfungsmaßstabes nichts für eine Rechtsverletzung des Antragstellers durch die Baugenehmigung vom 1. April 2020 ersichtlich. Die mit umfasste wasserrechtliche Anlagengenehmigung ist nicht drittschützend (vgl. BayVGH, B.v. 11.6.2013 – 8 ZB 12.725 – juris Rn. 9 ff.). Der durch das Bauvorhaben verloren gegangene Retentionsraum wird offenbar entsprechend des im Vorbescheid vom 10. Juni 2015 festgelegten Rahmenplans im Rahmen der wasserrechtlichen Genehmigungen ausgeglichen. Fachliche Einwendungen hiergegen wurden im Beschwerdeverfahren nicht vorgetragen. Soweit der Antragsteller geltend macht, ein weiterer Nachbar würde sich nicht an die wasserrechtlichen Auflagen halten und Retentionsmulden zuschütten, kann dieses Verhalten nicht den Beigeladenen angerechnet werden; insoweit wäre vielmehr ein bau- oder wasserrechtliches Aufsichtsverfahren durchzuführen, das die Rechtmäßigkeit der den Beigeladenen erteilten Baugenehmigung allerdings unberührt lässt (vgl. BayVGH, U.v. 26.5.1998 – 14 B 295.2566 – juris Rn. 21). Anhaltspunkte dafür, dass die angefochtene Baugenehmigung gerade einen Zustand schafft, der für Missbrauch besonders anfällig ist (vgl. BayVGH, B.v. 23.1.2018 – 15 ZB 06.3019 – juris Rn. 12), sind weder dargelegt noch ersichtlich.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Da die Beigeladenen im Beschwerdeverfahren keinen Antrag gestellt haben und keinen Beitrag geleistet haben, entspricht es der Billigkeit, dass sie ihre außergerichtlichen Kosten selbst tragen (§ 162 Abs. 3 VwGO).
Die Festsetzung des Streitwerts ergibt sich aus § 47 Abs. 1, § 52 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 1 GKG und folgt der Festsetzung des Verwaltungsgerichts, gegen die keine Einwendungen erhoben wurden.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

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