Aktenzeichen V ZR 139/19
§ 196 BGB
§ 311b Abs 1 S 1 BGB
§ 12 Abs 1 BauGB
Leitsatz
1a. Dass ein beurkundungsbedürftiges Grundstücksgeschäft unter der Bedingung des Zustandekommens oder des Fortbestands eines anderen Rechtsgeschäfts vorgenommen wird, rechtfertigt für sich genommen nicht die Annahme, dass die Rechtsgeschäfte nach dem Willen der Parteien eine Einheit bilden und daher beide beurkundungsbedürftig sind. Eine Geschäftseinheit liegt nur vor, wenn Teile des anderen Rechtsgeschäfts Inhalt des Grundstücksgeschäfts sein sollen.
1b. Ein notarieller Vertrag, durch den sich jemand verpflichtet, ein Grundstück an eine Gemeinde zu übereignen, ist daher nicht deshalb formunwirksam, weil er unter der (beurkundeten) aufschiebenden Bedingung der Wirksamkeit eines nicht beurkundeten Durchführungsvertrages i.S.v. § 12 Abs. 1 BauGB steht.
2. Die Verjährungsvorschrift des § 196 BGB findet auf Besitzübertragungsansprüche entsprechende Anwendung, wenn der Gläubiger die Besitzeinräumung neben der Verschaffung des Eigentums beanspruchen kann, wie dies etwa bei einem Grundstückskaufvertrag der Fall ist.
Verfahrensgang
vorgehend OLG Köln, 16. Mai 2019, Az: I-19 U 207/18, Beschlussvorgehend LG Aachen, 9. November 2018, Az: 8 O 168/18
Tenor
Auf die Revision der Klägerin wird der Beschluss des 19. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 16. Mai 2019 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Berufung in Bezug auf die Klageanträge zu 1 und 2 zurückgewiesen worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur Verhandlung und neuen Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
1
Mit notariellem Vertrag vom 11. September 2007 (nachfolgend: Grundstücksvertrag) verpflichtete sich die Beklagte zu 1, der klagenden Gemeinde zwei noch zu vermessende Teilflächen eines näher bezeichneten Grundstücks zu übertragen. Der Vertrag wurde „aufschiebend bedingt“ geschlossen und sollte erst mit „Rechtskraft“ des als Anlage 2 zur Urkunde genommenen vorhabenbezogenen Bebauungsplanes sowie mit „Rechtskraft“ des als Anlage 3 zur Urkunde genommenen Durchführungsvertrages zu diesem Bebauungsplan wirksam werden. Der Durchführungsvertrag wurde – ohne notarielle Beurkundung – am 11. Dezember 2007 geschlossen. Er regelt insbesondere die Verpflichtung der Beklagten zu 1 zur Erschließung, Planung, Vermessung und zur Herstellung der Infrastruktur in dem Plangebiet. Ebenfalls am 11. Dezember 2007 beschloss der Rat der Klägerin den vorhabenbezogenen Bebauungsplan. Dessen Bekanntmachung erfolgte am 9. Mai 2008 im Gemeindeblatt. Später übertrug die Beklagte zu 1 einen Teil der Grundstücksflächen, die Gegenstand des Grundstücksvertrags sind, auf die Beklagte zu 2. Diese wurde 2012 als Eigentümerin in das Grundbuch eingetragen.
2
Mit der Klage verlangt die Klägerin – soweit für das Revisionsverfahren von Interesse – von der Beklagten zu 1 Herausgabe und Übereignung von näher bezeichneten Grundstücken, die nach der Neuvermessung einer in dem Grundstücksvertrag aufgeführten Teilfläche entstanden sind (Klageantrag zu 1). Zudem verlangt sie mit dem Klageantrag zu 2 von beiden Beklagten Herausgabe und Übereignung einer Teilfläche des Grundstücks, das die Beklagte zu 1 auf die Beklagte zu 2 übertragen hat. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung der Klägerin ist ohne Erfolg geblieben. Mit der von dem Senat zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Beklagten beantragen, verfolgt die Klägerin ihre Ansprüche auf Herausgabe und Übereignung der Grundstücke weiter.
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